Loe raamatut: «Die Jungbrunnen-Küche»

Font:

Margit Fensl P. A. Straubinger Nathalie Karré

Die

Jungbrunnen KÜCHE

Wie Sie mit den

Geheimnissen der Natur lange und glücklich leben


INHALT


Cover

Titel

Vorwort

Wie Ihnen dieses Buch hilft

Die alternde Gesellschaft

MYTHOS JUNGBRUNNEN

DAS MYSTERIUM DES ALTERNS

Schadenstheorien – Zellschäden als Ursachen des Alterns

Informationstheorie des Alterns

DIE ALTERSBESCHLEUNIGER

Gerontotoxine: „Alterungsgifte“ im Essen

Zubereitung und Zucker – mit dem AGE-Express ins Altersheim

JUNGBRUNNEN-WERKZEUGE

Autophagie – Zellreinigung durch Fasten, Bewegung und richtige Ernährung

Telomerase – Wie wir das „Jungbrunnen“-Enzym aktivieren

Interview mit Paul Clayton

Die Sirtuine – So mobilisieren Sie die Jungbrunnen-Reparaturtruppe

Blutzucker senken, Glykation und chronische Entzündungen reduzieren

Natürliche Senolytika – So befreien Sie sich von „Zombie“-Zellen

Anti-Aging mit den Mitteln der Natur

JUNGBRUNNEN-NAHRUNG

Jungbrunnen-Lebensmittel

Jungbrunnen-Getränke

Jungbrunnen-Zubereitung

Jungbrunnen-Rezepte

EIWEISS-TYP

Kraftsuppe für mehr Lebensenergie

Pfiffiger Pilzzauber mit Parmesan

Göttliches Gewürz-Tempeh

(o)MEGA-Lachs mit aktiviertem Blumenkohl

Sagenhafter Seesaibling an grünem Spargel

Glücks-Garnelen auf zarten Karottennudeln

Tausend-Kräuter-Wald-und-Wiesen-Ragout

Himmlischer Chiapudding

KOHLENHYDRAT-TYP

Sonniger Regenbogensalat mit Quinoa

Köstlicher Kräuter-Zander mit Schmorgemüse

Jungbrunnen-Roulade mit Süßkartoffeln

Belebendes Petersilien-Tabouleh

Bärenstarker Bohnenburger

Erdfrüchte-Traum mit frischem Schafskäse

Vollkornbrot mit richtig guter Erdnussbutter

Märchenhafte Minz-Avocado-Schokocreme

MISCH-TYP

Vitalisierende Amarant-Bowl mit Brokkoli

Leckere Linsen mit Aubergine und Ei

Delikates Pilzgulasch mit Vollkornknödeln

Sommerliche Prinzessinnenrollen

Forelle blau mit erfrischendem Pak Choi

Aubergine mit buntem Gemüse und Tempeh

Würziges Wiesen-Huhn mit Liebstöckel-Kohlrabi

Paradiesische Pancakes mit Beeren

Die schnelle Jungbrunnen-Küche

ACHTSAMKEIT IN DER JUNGBRUNNEN-KÜCHE

Buchboni und Weblinks

Weitere Bücher

Impressum

Wichtiger Hinweis

Die Inhalte dieses Buches wurden gewissenhaft und sorgfältig geprüft, die Vorschläge und Empfehlungen haben sich in der Praxis bewährt. Die vorgestellten Methoden, Ideen und Rezepte ersetzen nicht die Beratung durch eine/n ÄrztIn und sind nicht zur medizinischen Behandlung von Beschwerden gedacht. Bestimmte Lebensmittel, wie zum Beispiel Kräuter und Gewürze, können bei Überdosierung zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Schwangere und stillende Frauen, Kinder sowie Menschen, die an Krankheiten leiden oder Medikamente einnehmen, sollten diesbezüglich besondere Vorsicht walten lassen und im Zweifelsfall immer professionelle medizinische Beratung suchen. Fasten, intensive körperliche Bewegung und Kälteanwendungen können bei vulnerablen Personengruppen zu Komplikationen führen und brauchen medizinische Begleitung. Eine Haftung der AutorInnen beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

VORWORT


Liebe LeserInnen,

Intervallfasten hat sich in den letzten Jahren zum gesellschaftlichen Megatrend entwickelt – wir freuen uns, dass wir mit unseren Jungbrunnen-Büchern dazu beitragen können. Besonders wichtig ist uns, das Fasten nicht isoliert zu betrachten, sondern mit Meditation und Mentaltechniken, Bewegung und der richtigen Ernährung zu ergänzen. So wird der Jungbrunnen-Lebensstil nicht nur effektiver – er macht auch mehr Freude und spendet mehr Genuss.

Im dritten Jungbrunnen-Band fällt es uns besonders leicht, diesen Anspruch zu erfüllen, denn hier legen wir den Fokus im Speziellen auf das Essen. „Die Jungbrunnen-Küche“ widmet sich der Wirkung unserer Lebensmittel: Was macht uns krank und beschleunigt unsere Alterung? Was hält uns gesund und jung? Wie können wir die Apotheke der Natur nutzen und dabei noch gut essen?

In den letzten Jahren hat uns die Wissenschaft mit zahlreichen neuen Erkenntnissen versorgt, die uns diesen natürlichen Jungbrunnen besser verstehen lassen. Uraltes Wissen über die heilende Kraft der Lebensmittel wurde und wird neu entdeckt und wir freuen uns, es Ihnen besonders schmackhaft zugänglich machen zu können: mit wohlschmeckenden und typgerechten Gerichten – aus den effektivsten Jungbrunnen-Lebensmitteln zubereitet. Bringen Sie den Jungbrunnen-Effekt mit jeder Mahlzeit intensiver in Ihr Leben.

Viel Freude beim Entdecken, Nachkochen und Genießen! Ihr Jungbrunnen-Team


Margit Fensl, P. A. Straubinger, Nathalie Karré


Wie Ihnen dieses Buch hilft

In diesem Buch zeigen wir Ihnen, dass der „Jungbrunnen“ realer sein kann, als Sie vielleicht denken.

Wir möchten Sie zu konkreten Lebensstil-Entscheidungen anregen, die Ihnen dabei helfen, Ihren inneren Jungbrunnen zu aktivieren. Wenn Sie verstehen, wie die „Alterungsgifte“ der Lebensmittelindustrie Gesundheit und Jugend rauben, werden Sie motiviert sein, wieder die Kontrolle über Ihr Essen zu erlangen, noch bewusster einzukaufen und besser zweimal auf die Inhaltsstoffe zu achten. „Fehler“, die Sie nicht begehen, sind schon der halbe Weg zur Regeneration und Gesundheit.

Im nächsten Schritt geht es um die Wahl der richtigen Lebensmittel. Wir bieten Ihnen klare und einfache Orientierungshilfen und zeigen Ihnen, wie Sie Ihre persönliche „Jungbrunnen-Nahrung“ finden.

Last but not least haben wir abwechslungsreiche, typgerechte Rezepte für Sie zusammengestellt, die nicht nur gesund sind, sondern auch richtig gut schmecken. Unser Wunsch ist, Sie wieder zum Selberkochen zu animieren. Wie immer liegt der Fokus auf Leichtigkeit und Freude. Auch „Sündigen“ ist auf dem Jungbrunnen-Weg erlaubt, ja sogar erwünscht. Wir sagen Ihnen, weshalb.

Die Botschaft lautet: Genießen Sie das Leben in seiner vollen Bandbreite! Bleiben Sie entspannt, wenn äußerliche Alterserscheinungen auftauchen – eine faltenlose Haut ist nicht wertvoller als Lebenserfahrung, ganz im Gegenteil. Wir dürfen das Leben allerdings in einem Körper erfahren, der möglichst lange jung und vor allem gesund bleibt. Und bei dieser Wahlmöglichkeit wollen wir Sie unterstützen.


Die alternde Gesellschaft

Unsere zunehmend älter werdende Gesellschaft hat durchaus paradoxe Züge: Die steigende Lebenserwartung gilt als Errungenschaft der Zivilisation, während das Alter im gleichen Atemzug zunehmend ausgegrenzt wird. Sozialkontakte nehmen drastisch ab, sobald man in Pension ist, alte und gebrechliche Menschen werden ins Pflegeheim verlagert. Wer alt wirkt, wird uninteressant. Das eigene Alter so lange wie möglich zu verneinen, ist die logische Konsequenz daraus. Falten werden wegoperiert, alte Menschen versuchen, so jung wie möglich auszusehen. Mit dem Credo „60 ist das neue 40“ haben Begriffe wie „Down-Ageing“ Einzug in unseren Sprachgebrauch gehalten. Nicht mehr mithalten zu können ist ein Fluch, dem jeder entgehen will.

Dem Schreckgespenst des Alterns entgehen

Erstens gibt es keinen Grund, sich durch Äußerlichkeiten und fremde Erwartungshaltungen unter Druck setzen zu lassen. Zweitens lassen sich die wirklich schlimmen Folgen des Alterungsprozesses in der modernen Welt weitgehend verhindern. Abnehmende Mobilität, chronische Schmerzen und schlussendlich auch die Pflegebedürftigkeit sind in den meisten Fällen die Folge sogenannter Zivilisationskrankheiten. Dabei wissen wir heute, dass diese großteils auf unseren westlichen Lebensstil mit Bewegungsmangel, Stress und falscher Ernährung zurückzuführen – und damit vermeidbar – sind. Und sie zu vermeiden lohnt sich, denn ein höheres Lebensalter hält viele schöne Überraschungen bereit.

Je älter, umso glücklicher

Ob Sie es glauben oder nicht, in späteren Jahren empfindet man mehr Zufriedenheit und Glück als in der Jugend. Ab fünfzig steigt das individuelle Glücksempfinden, den durchschnittlichen Glückshöhepunkt erlebt man im achtzigsten Lebensjahr. Die Kurzformel für diese Glückszunahme lautet: Weisheit und Gelassenheit im Austausch gegen Spannkraft und Faltenlosigkeit. Die Gründe für das Wohlbefinden im Alter liegen in einer veränderten Neurochemie des Gehirns wie auch in der Tatsache, dass die Lebenserfahrung uns lehrt, Emotionen besser im Griff zu haben, Zufriedenheit in kleinen Dingen zu finden und sich nichts mehr beweisen zu müssen. Wer neben dem Erfahrungsschatz des Lebens auch Freundschaften und soziale Verbindungen pflegt, darf sich auf eine weitere fundamentale Glücksquelle im Alter freuen.

Auch Frauen dürfen in Würde altern

Ein anderes Dogma, an dem wir rütteln möchten, ist das gesellschaftlich geprägte Bild der Frau, das für viele zum idealen Selbstbild geworden ist: die multifunktionale Perfektion in allen Lebensbereichen. Egal ob beruflich oder privat: Die junge, sportliche, fitte, schlanke, erfolgreiche Frau ist das Role-Model der Stunde. Man braucht nur einen Blick in die sozialen Medien zu werfen: Endlich gibt es nur noch glückliche, erfolgreiche und schöne Frauen! Die weibliche Fettverteilung ist abgeschafft, Cellulite haben nur diejenigen, die zu faul zum Sporteln sind und Kleidergrößen jenseits der 36 werden besser nicht erwähnt.

Dabei zeigt ein Blick hinter die Kulissen die Auswirkungen dieser Illusion: 91 Prozent der Frauen im deutschsprachigen Raum sind mit ihrem Körper unzufrieden. 45 Prozent aller Frauen mit gesundem Gewicht denken, sie wären übergewichtig, 90 Prozent aller Fälle von Bulimie bzw. Magersucht betreffen Frauen. Allein in Deutschland werden jährlich rund 1,8 Milliarden Euro für Diätmittel ausgegeben, weltweit gehen 90 Prozent der rund 23 Millionen Schönheitsoperationen auf das Konto von Frauen. Zahlen, die in dieser Dimension kaum zu glauben sind und zu deren Veränderung wir mit der Jungbrunnen-Effekt-Serie beitragen wollen. Aus unserer Sicht kommt Schönheit aus einer anderen Quelle.

„Ich fühle mich endlich wohl in meinem Körper, von Diäten habe ich mich verabschiedet“, so lautet eine der häufigsten – und für uns schönsten – Aussagen, die wir im Austausch mit unseren LeserInnen hören. Es geht nicht mehr darum, ein perfektes Image zu erreichen, sondern durch den Jungbrunnen-Effekt Ansätze und Routinen gefunden zu haben, die einen selbstbewussten, kraftvollen und gesunden Lebensstil ermöglichen. So wird der Weg in ein hohes, glückliches und vitales Alter zum freudvollen Vergnügen. Schritt für Schritt. Dieser Lebensstil wird Sie nicht nur innerlich jünger und zufriedener machen, sondern auch äußerlich. Denn der Jungbrunnen ist realer und näher, als man vermuten möchte.


MYTHOS JUNGBRUNNEN

Traum und Wirklichkeit


Die Suche nach dem Jungbrunnen, der Quelle der ewigen Jugend, fasziniert die Menschheit seit Jahrtausenden – wir finden diesen Mythos in unterschiedlichen Ausformungen und unter verschiedenen Namen in fast allen Kulturen und zu allen Zeiten.

Lucas Cranach, „Der Jungbrunnen“, 1546

Der Mensch, der einen Schluck aus dem Jungbrunnen trinkt oder ein Bad darin nimmt, werde von der Bürde des Alterns befreit, besagt der Mythos. Schon in der Antike erzählte man sich von der verjüngenden Wirkung des Wassers aus dem Quellteich der Nymphe Juturna. Alexander der Große, so berichten seine Biographen, soll sich ebenfalls auf die Suche nach dem Quell der ewigen Jugend gemacht haben. Im Mittelalter verbreitete sich dann die Ansicht, dass die Künste der Alchemisten den zeitlichen Verfall aufhalten könnten. Der Mythos der Jungbrunnen-Elixiere stammt aus jener Zeit. Und der „Stein der Weisen“ sollte nicht nur Gold, sondern auch ewige Jugend schenken. In der islamischen Tradition findet sich zu diesem Thema die Geschichte von Al-Chidr. Der mysteriöse Heilige erkannte den Jungbrunnen, als ein toter Fisch, den er darin gewaschen hatte, wieder lebendig wurde. Er nahm einen Schluck aus der Quelle des Lebens, badete darin und wurde der Sage nach unsterblich. Im tibetischen Buddhismus wird die Idee der vom Altern befreiten Menschen den Bewohnern des verborgenen Königreichs „Shambhala“ zugeschrieben, das zahlreichen Literaten als Inspiration gedient hat. Und der englische Schriftsteller James Hilton setzte den immer jungen Bewohnern des fiktiven Himalaya-Tales Shangri-La in seinem Klassiker „Der verlorene Horizont“ ein Denkmal. Auch Maler wie Lucas Cranach haben die Idee des Jungbrunnens in ihren Bildern verarbeitet. Die Populärkultur wiederum hat den Mythos in Hollywood-Blockbustern wie „Fluch der Karibik 4“ oder in Videospielen wie „Indiana Jones and the Fountain of Youth“ aufgegriffen. Aber kann jemand ernsthaft nach dem Jungbrunnen suchen? Und vor allem: Wo und wie könnte man ihn finden?

Die Suche nach dem Jungbrunnen im Silicon Valley

Überraschenderweise lassen sich auch Wissenschaft und Wirtschaft in jüngster Zeit vom Jungbrunnen-Mythos begeistern. Den einen oder anderen Visionär im Silicon Valley, Kaliforniens Zentrum der Hochtechnologie, scheint jedenfalls seit einigen Jahren die provokante Devise „Disrupt Aging“ („Das Altern zerstören“) zu faszinieren. Internet-Pionier und Paypal-Milliardär Peter Thiel sieht die Bekämpfung des Alterns als eine der wichtigsten Herausforderungen für die Menschheit. Deshalb investiert er Millionen in entsprechende Forschungsprojekte – und in Firmen, die sich dem sogenannten „Bio-Hacking“ verschrieben haben. Auch Larry Ellison, Gründer des Software-Konzerns Oracle, hat für die Anti-Aging-Forschung 430 Millionen Dollar gespendet, weil der Tod ihn, wie es heißt, „wütend“ mache. Microsoft-Milliardär Paul Allen soll insgesamt eine halbe Milliarde für den Kampf gegen das Altern und die damit verbundenen Krankheiten zur Verfügung gestellt haben und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg dem Vernehmen nach drei Milliarden für die „Beendigung aller Krankheiten“. Amazon-Chef Jeff Bezos investiert in die Firma Unity Biotechnology, die dem altersbedingten Kranksein ein Ende setzen will – und steht damit in Konkurrenz zur Firma Calico, die von den Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin mit 750 Millionen Dollar finanziert wird. Die Unternehmens-Website verkündet das Motto: „Wir bekämpfen das Altern, eines der größten Mysterien des Lebens.“

Allerdings stehen all diese Firmen erst am Anfang ihrer Arbeit und so manche vielversprechende Anti-Aging-Technologie hat sich als riskante Therapie mit gefährlichen Nebenwirkungen herausgestellt. Die künstlich verstärkte Zufuhr des Wachstumshormons HGH etwa steht, wie Studien nahelegen, im Verdacht, das Krebsrisiko zu erhöhen. Man darf sich fragen, ob es sich bei diesen hochtrabenden Plänen, das Altern mithilfe der Technologie abzuschaffen, nicht bloß um größenwahnsinnige Wunschträume spleeniger Milliardäre handelt, die sich ihrer Endlichkeit nicht bewusst werden wollen. Ist Alterung nicht etwas Unvermeidbares, das automatisch abläuft und Teil der physischen Existenz ist?


„Disrupt Aging“ – Das Altern zerstören, lautet die provokante Devise der High-Tech-Konzerne im Silicon Valley.


Dinge altern – Lebewesen entwickeln sich

An dieser Stelle gilt es ein paar Begriffe zu definieren: „Altern“ ist ein recht unscharfer, schwammiger Begriff. Streng genommen ist Alterung etwas, dem nur unbelebte Dinge unterliegen. Die Möbel in einem Hotel „altern“: Das Material wird brüchig, rostig oder zersetzt sich. Organismen entwickeln und erneuern sich dagegen ständig; ihr Älterwerden ist mit Wachstum und positiver Reifung verbunden.

Wir denken beim Begriff „altern“ meist nur an die negativen Erscheinungen des Älterwerdens, sprich an seine degenerativen Auswirkungen. Der wissenschaftlich korrekte Begriff dafür ist „Seneszenz“: Die Vergreisung der Zellen. Dabei ist auch die Pubertät Teil des Älterwerdens, hat aber nichts mit Seneszenz zu tun. Beide Prozesse sind biologisch programmiert und müssen nicht zwangsläufig in allen Organismen stattfinden. Altern ohne Seneszenz wäre das Ergebnis eines Bades im Jungbrunnen – und tatsächlich gibt es Organismen, für die der innere Jungbrunnen schon Realität ist.

Der „echte“ Jungbrunnen – und wo wir ihn finden

Ein großer Unterschied zwischen belebten Organismen und unbelebten Dingen ist die Tatsache, dass bei unbelebten Dingen in der physischen Substanz kein Austausch stattfindet, während sie bei belebten Organismen ununterbrochen erneuert wird. Beim Menschen bilden sich täglich 50 bis 70 Milliarden neue Zellen, während die abgestorbenen ausgeschieden werden. Rudolf Steiner, der Begründer der Waldorf-Schulen und der Anthroposophie, postulierte schon vor über 100 Jahren, dass der Mensch im Laufe von sieben bis acht Jahren seine gesamte physische Materie abstoße und erneuere. Dieser Sieben-Jahres-Zyklus galt lange als Mythos, wurde aber von der Zellbiologie mittlerweile mehr oder weniger bestätigt. Während wir z. B. alle paar Stunden neue weiße Blutkörperchen oder alle zwei bis fünf Wochen eine komplett neue Haut bekommen, kann es für eine neue Leber bis zu zwei Jahre dauern. Das ganze Skelett braucht zur Rundumerneuerung etwa zehn Jahre. Unterm Strich hat sich der Körper eines 80-Jährigen im Laufe seines Lebens mehrmals komplett erneuert. Das Zellmaterial eines Greises ist selbst kurz vor dem Tod noch „frisch wie ein Babypopo“. Warum dann die Falten, der Haarausfall, die Krankheiten und all der Rest an degenerativen Erscheinungen, die wir mit dem Altern verbinden?

Wir bestehen aus Billionen von Körperzellen, die sich ständig erneuern. Warum gibt es trotzdem einen körperlichen Verfall?

Auch wenn es noch viele offene Fragen gibt, wird immer offensichtlicher, dass der Prozess des Alterns vielleicht doch verlangsamt, gestoppt oder sogar umgekehrt werden könnte. Es scheint allerdings, dass die Natur genau das nicht beabsichtigt. Für das Individuum mag es tragisch sein, wenn der Körper verfällt und der Tod naht. Im Sinne der Arterhaltung ist es allerdings ein großer Vorteil, dass der einzelne Mensch nicht allzu lange lebt, sondern sich paart und dann seinen Nachkommen die Ressourcen überlässt. Durch die ständige Rekombination der Erbsubstanz kann sich die Art schneller und besser an die Umwelt anpassen. Für die Evolution sind ewig lebende, immer junge Individuen kein Vorteil – im Gegenteil: Zur genetischen Optimierung braucht es den ewigen Kreislauf von Geburt, Nachkommenschaft und Tod.

Die „unsterbliche Qualle“ Turritopsis dohrnii bleibt ewig jung.

Wie in so vielen anderen Bereichen könnte es aber auch hier sein, dass sich der Mensch irgendwann über die Natur hinwegsetzt oder ihre Prinzipien in seinem Sinne zu nutzen beginnt. Tiere wie die „unsterbliche Qualle“ Turritopsis dohrnii zeigen uns, dass der Jungbrunnen eine biologische Realität sein kann. Altersforscher wie David Sinclair von der Harvard Medical School sind der Ansicht, dass diese Prinzipien auch auf den Menschen umgelegt werden können. Für ihn ist die Frage nicht, ob, sondern nur wann sich Menschen wie die „unsterbliche Qualle“ immer wieder ein Bad im Jungbrunnen gönnen werden, um sich auf zellulärer Ebene komplett zu regenerieren. Vorerst ist das noch Zukunftsmusik. Das wachsende Verständnis über die Mechanismen des Alterns eröffnet uns dennoch Möglichkeiten, uns zu verjüngen – oder die Vergreisung der Zellen zumindest zu verlangsamen.

INFOBOX

Die „unsterbliche Qualle“ und andere alterslose Wesen

Viele niedere Organismen wie Algen, Amöben oder Süßwasserpolypen sind potenziell unsterblich, auch wenn ihre Lebenserwartung durch Fressfeinde und ökologische Veränderungen natürlich begrenzt ist. Das degenerative Altern scheint primär auf höhere Organismen mit geschlechtlicher Fortpflanzung begrenzt zu sein, vor allem im Tierreich. Bei den Pflanzen finden wir dagegen zahlreiche hochkomplexe Organismen, die nach gegenwärtigem Kenntnisstand ebenfalls nicht altern müssen. Eine tausendjährige Stieleiche produziert jedes Jahr Blätter und Eicheln von derselben Qualität. Diese Blätter unterscheiden sich in ihrer jugendlichen Frische in nichts von denen einer nur 50-jährigen Stieleiche. Wenn der Baum stirbt, geschieht dies durch äußere Einflüsse wie einen Waldbrand, durch Pilzbefall oder weil er gefällt wird.

Besonders beeindruckend sind in diesem Zusammenhang die amerikanischen Mammutbäume. Da sie über Jahrtausende hinweg nicht aufhören zu wachsen, erreichen sie Höhen von über 100 Metern und nicht selten ein Gewicht von mehr als 2.000 Tonnen. Ihr Leben ist bedroht von Klimaveränderungen oder durch Parasiten, aber nicht, weil sie alt werden. Der älteste bekannte Baum der Erde ist übrigens „Pando“, eine amerikanische Zitterpappel im Fishlake National Forest in Utah. Mit einem Gewicht von geschätzten 6.000 Tonnen ist Pando nicht nur das älteste Lebewesen des Planeten, sondern auch das schwerste. Es existiert seit geschätzten 80.000 Jahren und treibt noch immer jedes Jahr junge Stämme aus. Sogar im Tierreich meinen Wissenschaftler einige seltene Ausnahmen entdeckt zu haben, die die Natur anscheinend vom degenerativen Altern befreit hat.

Der arktische Ozean ist die Heimat von Tieren, die schon gelebt haben, bevor Kolumbus Amerika entdeckt hat: Wissenschaftler haben einen Grönlandhai gefangen, dessen Alter auf 510 Jahre datiert wurde. Exemplare dieser Art werden erst mit 150 Jahren geschlechtsreif und wenn sie altern, dann äußerst langsam. Auch für die amerikanische Sumpfschildkröte, den Felsenbarsch Sebastes aleutianus und sogar – als einziges Säuetier – den Nacktmull wird eine sogenannte „vernachlässigbare Seneszenz“ vermutet. Im Gegensatz zu alternden Tieren bleibt ihre Sterberate mit zunehmendem Alter konstant. Die Beweisführung gestaltet sich allerdings schwierig, da auch diese Tiere in freier Wildbahn auf der Speisekarte zahlreicher Fressfeinde stehen und Opfer von Krankheiten oder Katastrophen werden können.

Im Polarmeer leben Grönlandhaie mit einem Alter von über 500 Jahren.

Ein jahrtausendealter Mammutbaum produziert noch immer die gleichen jugendlich frischen Blätter wie ein 50-jähriger Artgenosse.

Zu Tieren in Gefangenschaft fehlen noch Daten über ausreichend lange Zeiträume – das Postulat der „vernachlässigbaren Seneszenz“ wurde erst im Jahr 1990 aufgestellt. Damals hat man die unglaublichen Fähigkeiten der „unsterblichen Qualle“ Turritopsis dohrnii in ihrer Bedeutung für die Gerontologie erkannt. Wenn ihre Lebensfunktionen nachlassen, lässt sich diese unscheinbare Qualle auf den Meeresboden sinken, regeneriert ihr gesamtes Zellvolumen und bringt es in den Urzustand zurück. Wir können das Tier gleichsam beim „Bad im Jungbrunnen“ beobachten: Turritopsis dohrnii lebt ohne zeitliche Begrenzung in einem immer jungen Körper, solange sie nicht dem Katastrophentod zum Opfer fällt.