Loe raamatut: «Heilmittel der Sonne - eBook»
Margret Madejsky
Olaf Rippe
Heilmittel
der Sonne
Mythen, Pflanzenwissen,
Rezepte und Anwendungen
Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur überarbeiteten Neuauflage
Auf den Spuren der Sonne in Mensch und Natur
Die Schlüssel zur Sonne
Das Wesen des Lichts
Lebenselixier Sonne
Im Einklang mit der Sonne leben
Das Sonnenorgan Herz
Die Sonne in Tier, Pflanze und Mineral
Sonnentiere
Die Schlange
Schlangengift als Lebenselixier
Tier der Unsterblichkeit
Schlangengifte in der Homöopathie
Infektabwehr mit Lachesis
Blutdruckregulierung mit Naja
Schlangengifte regulieren die Hormone
Häutung der Seele durch Schlangengifte
Lachesis – Tratschtante mit Giftspritze
Innere Ruhe finden
Naja – Sorgen lasten auf dem Herz
Tiere der Weisheit
Die Biene
Bienengift als Heilmittel
Feurige Witwe mit Putzfimmel
Die Bienenkönigin – Seid fruchtbar und mehret Euch
Honig – Götterspeise und Heilmittel aus dem Bienenvolk
Met – ein Göttertrunk
Sonnenwirken in der Pflanzenwelt
Die Handschrift der Sonne
Schöllkraut – Goldwurz der Alchemisten
Sonnenblume – Sonnenstern und Gottesauge
Sonnenelixier Olivenbaum
Sonnenkräfte in Lichtwirkstoffen
Strahlenschutz durch Pflanzenfarben
Wenn Sonnenlicht in Pflanzen kondensiert
Sonnenfeuer aus Doldenblütlern
Sonne riechen, schmecken und fühlen
Mit Sonne würzen
Die Orakelkräuter des Apollon
Lorbeer – Der Kranz des Apollon
Bilsenkraut – Pflanze der prophetischen Begeisterung
Sonnenmedizin selbst gemacht
Traditionelle Sonnenrezepte
Im Licht des Sonnenspiegels – Mondtinkturen
Sonnenfeuer in Mineralien und Edelsteinen
Bergkristall – Kristallines Licht
Karneol – Der Stein des Friedens
Chrysolith – Wissen, das von Herzen kommt
Topas – Magnet des Lichts
Lichtträger Phosphor
Die reinigende Kraft des Schwefels
Bernstein – Das Gold des Nordens
Ammonit – Sonnenstein und Götterrad
Sonnenmetall Gold
König der Metalle
Zauberkräfte in Gold
Gold als Lebenselixier
Lichtmetall der Selbsterkenntnis
Gold als Mittel des Seelenfriedens
Heilmittel bei Schwermut und Einsamkeit
Im Rhythmus von Sonne und Mond
Pflanzliches Gold für die Seele
Sonnenwirken im Jahreslauf
Die Jahreszeiten im Licht der Sonne
Frühling – Das Erwachen der Sonne
Frühlingskraft durch Wildkräuter
Löwenzahn – Sonnenblüte mit Raubtierzähnen
Bärlauch – Bärenstark durch wilden Lauch
Die Lichtblumen der Ostara
Gänseblümchen – Die Lichtkünderin
Huflattich – Sonne für die Lunge
Immergrün – Blume der Inspiration
Vergissmeinnicht – Die blaue Schatzblume
Schlüsselblume – Schlüssel zur Frühlingssonne
Spiegel der Frühlingssonne
Küchenschelle – Lichtblick für die Seele
Adonisröschen – Die Blume des Frühlingsgottes Adonis
Die Himmelskraft der Bäume
Sonnenbaum Esche
Sommer – Der Sieg der Sonne
Bärlapp und Beifuß – Sonnenkraft der Gürtelkräuter
Die Blumen des Lichtgottes Baldur
Johanniskraut – Sonnenkönig der Pflanzenwelt
Baldrian – Lichtblick in der Nacht
Lichtzauber mit Sonnenpflanzen
Arnika – Blütengold der Götterthrone
Ringelblume – Die Goldblume der Gärtner
Königskerze – Himmelsbrand schützt vor Ozon
Goldrute – Pflanzengold für die Nieren
Odermennig – Königskraut für die Leber
Sonnenhut – Das Immunsystem anfeuern
Herbst – Der Abschied von der Sonne
Herbstzeitlose – Lichtblume des Jahresabends
Kornfrüchte –Abschiedsgeschenke der Sonne
Hafer – Sonnennahrung für Körper und Seele
Wurzeln – Sonnenkräfte aus der Unterwelt
Silberdistel – Blütensonne mit Dornenkranz
Wegwarte – Himmelblauer Sonnenwirbel
Erzengelwurz – Die Botin des Lichts
Der Wein – Götterblut und Lebenselixier
Über die heilsamen Kräfte des Weines
Winter – Geburt der unbesiegbaren Sonne
Die magische Zeit der Zwölften
Die Zeit der Räucherungen
Gold, Weihrauch und Myrrhe
Heilmittel aus dem Morgenland
Der nordische Weihrauch
Mysterienpflanzen der Wintersonne
Efeu – Himmelsleiter und Götterschmuck
Bartflechte – Das Kleid des wilden Mannes
Buchsbaum – Schutz vor finsteren Mächten
Fichte und Tanne – Lichtsäulen zum Himmel
Vom Wacholdergeist
Zypresse – Die Krone der Unterweltgötter
Schwarze Nieswurz – Verkünderin des neugeborenen Lichts
Mistel – Kultpflanze der Druiden
Tod und Wiedergeburt des Lichtgottes Baldur
Anhang
Wichtiges zur Selbstbehandlung und zu den Rezepten
Adressen und Bezugsquellen
Quellen und Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Rezepte und Anwendungen
Stichwortverzeichnis
Sonnenwirken im Jahreslauf
»Jeder Sonnenschein ist ein Gedanke Gottes.«(Maria Szepes)
Vorwort zur überarbeiteten Neuauflage
Als 1996 der damalige Peter Erd Verlag auf uns zukam, um uns für das Buchprojekt »Heilmittel der Sonne« zu gewinnen, boomte gerade der Mond. Voller Elan machten wir uns an das Sonnenthema, auch um einen Gegenpol zu den vielen Mondbüchern zu schaffen. Fortan drehte sich für uns ein Jahr lang alles um die Sonne. Wir recherchierten in alten und neuen Kräuterbüchern, studierten Veröffentlichungen, suchten Imker und Schlangenhalter auf, befragten Mineralienexperten und Phytopharmakologen, diskutierten mit Heilpraktikerkollegen und Apothekern, entwarfen Rezepte und probierten diese zusammen mit unseren Freunden, Patienten und Seminarteilnehmern aus. Jede freie Minute widmeten wir unserem Projekt, denn das Sonnenfieber hatte uns gepackt. Das Ergebnis war ein wahrhaft sonniges Buch, das sich über ein Jahrzehnt lang konstanter Beliebtheit erfreute und viele begeisterte Leser und Leserinnen fand. Darüber hinaus bildete unser Erstlingswerk eine Art Fundament unserer Weltsicht, aus der schließlich NATURA NATURANS, unsere Arbeitsgemeinschaft für Traditionelle Abendländische Medizin, geboren worden ist und das auch die Grundlage unserer Praxistätigkeit darstellt.
Inzwischen hat unser Sonnenbuch weite Kreise gezogen, und immer wieder finden wir das durch uns in die Welt gebrachte Gedankengut in anderen Texten und sogar in Werbeslogans so mancher Heilmittelhersteller wieder. Doch geht der Weg weiter, denn die Kräfte der Sonnenheilmittel werden heute mehr denn je benötigt. Viele Menschen leiden in unserer Zeit unter Existenzängsten, Sorgen, an depressiven Verstimmungen oder unter einer tiefgreifenden Erschöpfung an Körper, Geist und Seele. Man könnte dies auch als einen Verlust der Sonnenkräfte im Menschen bezeichnen, den man eben am besten mit den Heilmitteln der Sonne behandelt. Daher hoffen wir, dass wir mit der überarbeiteten Neuauflage dieses Buches nicht nur ein besonders sonniges, sondern vor allem ein nützliches Werk in die Welt bringen. Lassen Sie sich also vom Sonnenfieber ergreifen, denn es kann sehr heilsam sein, sowohl für die Seele als auch für den Körper, wenn man ein tieferes Verständnis für die Sonnenrhythmen aufbaut und das Wirken der Sonne in der Heilmittelwelt erkennen und für sich selbst oder andere zu nutzen lernt. Nicht umsonst lautet eine Grundregel der Astromedizin nach Nicholas Culpeper (1616–1654), den man auch den Paracelsus Englands nannte: »Die Sonne heilt alle Leiden.«
Margret Madejsky und Olaf Rippe, im Frühling 2018
»Der Himmel trägt deine Seele
Die Erde trägt dein Ebenbild
Die Tiefe hütet dein Geheimnis.«
(Sonnenhymne an Osiris)
»Oh suche, Du Seele,
In Steinen den Strahl,
In Blüten das Licht,
Du findest Dich selbst.«
(Rudolf Steiner)
Auf den Spuren der Sonne in Mensch und Natur
Alles dreht sich um die Sonne. Sie ist der leuchtende Mittelpunkt unseres Planetensystems und der Urquell des Lebens. Aus ihrem Licht wird alles geboren, von ihrem Feuer alles belebt. Ihr Lauf durch Tag und Jahr und der dadurch bedingte Wechsel zwischen Licht und Dunkelheit, Wärme und Kälte, lässt alles Leben in ihrem Rhythmus schwingen.
Die Sonne ist aber weit mehr als nur ein strahlender Himmelskörper oder ein kosmischer Taktgeber. Über Jahrtausende verehrten unsere Vorfahren sie als Gottheit und feierten ihr zu Ehren heilige Feste. Der Astronom Johannes Kepler sah in ihr noch den Wohnort der Vernunft und eine Quelle der Harmonie. Auch Paracelsus (1493–1541) wusste: »Von der Sonne empfangen wir das natürliche Licht der Weisheit.«
In unserer Zeit werden viele Mythen unserer Vorfahren neu entdeckt und mit ihnen vergessene Traditionen und altes Brauchtum wiederbelebt. Diese Rückbesinnung auf unsere kulturellen Wurzeln lässt auch die Sonne, die immer schon im Mittelpunkt der Überlieferungen stand, wieder in neuem Licht erscheinen. Die Naturbetrachtung unserer Vorfahren ist der Schlüssel zu einem erweiterten Verständnis des Sonnenwirkens in Mensch und Natur. Diese Betrachtungsweise lässt uns begreifen, dass die Sonne die Seele alles Lebendigen ist.
Tanz der Planeten um die Sonne, das Herz des Sonnensystems. (Stuckvilla, München)
»Im Menschen sind nämlich Sonne, Mond und alle Planeten, desgleichen sind auch in ihm alle Sterne und das ganze Chaos [= Kosmos].« (Paracelsus)
In bestimmten Tieren, Pflanzen und Mineralien aber spiegeln sich die Eigenschaften der Sonne auf ganz besondere Weise, dies sind die »Heilmittel der Sonne«. Von ihren heilenden Kräften handelt dieses Buch.
Die Schlüssel zur Sonne
Am Anfang stellt sich die Frage: Was macht Pflanzen wie das Johanniskraut,Tiere wie die Biene oder Mineralien wie den Bernstein zu Heilmitteln der Sonne, und welche Wirkung haben sie auf uns? Um diese Fragen zu beantworten, betrachten wir die Lehre des ägyptischen Eingeweihten Hermes Trismegistos: »Wie oben so unten, wie unten so oben.« Nach dieser uralten Weltsicht sind Makrokosmos und Mikrokosmos im Wesentlichen identisch, sie bedingen einander und folgen ähnlichen Gesetzmäßigkeiten.
Nach antiker Vorstellung besteht der Makrokosmos aus zwölf Sternzeichen und sieben kosmischen Grundkräften, den fünf Wandelplaneten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sowie den zwei Lichtern Sonne und Mond; heute kommen noch die erst in neuerer Zeit entdeckten Planeten Uranus, Neptun und Pluto hinzu. Diese Kräfte stehen in einer dynamischen Wechselwirkung mit den stofflichen Elementen Erde und Wasser, die von den geistartigen Elementen Luft und Feuer umgeben sind. Die vier Elemente sind mit den Naturreichen identisch: Die Erde bildet das Mineralreich, das Wasser die Welt der Pflanzen, die Luft die animalische Welt und das Feuer als Brücke zum Kosmos ist das Reich des Menschen.
Da die Welt ein Spiegelbild kosmischer Kräfte darstellt, findet man die energetischen Qualitäten der Planeten in Pflanzen, Tieren und Mineralien, aber auch im Menschen, seinen Organen, Organfunktionen und Krankheiten wieder; dies ist die »Lehre von den Entsprechungen oder Korrespondenzen«. Sie ist die Grundlage einer hermetischen Betrachtungsweise der Natur.
»Wie oben so unten, wie unten so oben«, lautet die Weisheit des Eingeweihten Hermes Trismegistos. Tür eines Arzneischrankes der Hofapotheke in Innsbruck, um 1740. (Pharmaziehistorisches Museum Basel)
Licht, Wärme, Rhythmus
Von allen kosmischen Kräften beeinflusst uns die Sonne am meisten. Sie ist das mächtigste Gestirn am Firmament. Nur der Mond, das Licht der Nacht, beeinflusst ähnlich intensiv das irdische Leben. In der griechischen Mythologie sind Sonne und Mond Zwillinge, die sich gemeinsam die Welt teilen – interessanterweise erscheinen beide von der Erde aus gleich groß. Sie sind ein Symbol für die Polarität des Lebens: Tag und Nacht, Wärme und Kälte, Bewegung und Ruhe.
Die Eigenschaften, nach denen wir suchen müssen, um den universellen Geist der Sonne zu finden, sind Licht, Wärme und Rhythmus. Entdecken wir diese in den Naturreichen, dann haben wir die Heilmittel der Sonne gefunden. Dann haben wir auch verstanden, was die sonst so unterschiedlichen Naturreiche miteinander verbindet.
Ein Beispiel: Die Farben, die wir der Sonne zuordnen, sind vor allem Gelb bis Gold-Orange. Wir finden sie in allen Naturreichen wieder, in den Blüten vieler Pflanzen wie Johanniskraut, Ringelblume oder Schöllkraut, aber auch im Gold, im Schwefel oder im Bernstein und nicht zuletzt in der Biene wie auch im Honig. Die Farbe ist einer der Schlüssel zum lebenspendenden Wesen der Sonne, viele andere lernen wir noch kennen.
Die goldene Kette
Diese Sichtweise lässt nicht nur Ähnliches in scheinbar Getrenntem erkennen, sie erlaubt auch eine besondere Art der Heilkunde, die auf dem Analogiedenken basiert. Menschen, die das Licht der Sonne wahrnehmen wollen, können sich auf diese Weise beispielsweise einen »Sonnentrank« herstellen, der sich aus sonnengelben Naturheilmitteln zusammensetzt. Solche Rezepte heißen auch »Goldene Ketten«. Eine solche Kette aus Sonnenheilmitteln bilden beispielsweise Johanniskraut, Biene und Gold. Weil sie der gleichen Grundkraft unterstehen, entfalten solche Rezepte eine besonders intensive synergistische Wirkung. Jede Substanz ergänzt und verstärkt die Wirkung der anderen, wobei jede Einzelsubstanz auf einer anderen Ebene im Menschen zum Wirken kommt.
Diese Art der Heilkunde unterscheidet sich natürlich ganz erheblich von einer rein wirkstofforientierten Medizin, wie sie heute üblich ist. Das heißt aber nicht, dass wir in der Heilkunde auf wissenschaftliche Erkenntnisse über das Stoffliche verzichten können. Ganz im Gegenteil: Auch die chemische Zusammensetzung eines Minerals oder der Wirkstoff einer Pflanze sind Wege, das Wirken der Sonne zu verstehen.
Die Signaturenlehre
Die Heilkraft einer Natursubstanz leitet man heute vor allem von deren Inhaltsstoffen sowie der Wirkung auf der strukturellen Ebene ab. Diese Betrachtungsweise führt zu einem sehr genauen, aber auch sehr beschränkten Wirkprofil einer Substanz. Heilkunde gibt es aber nicht erst seit zweihundert Jahren pharmakologischer Forschung. Sie ist so alt wie die Menschheit, und fähige Heiler hat es zu allen Zeiten gegeben. Sie kannten jedoch weder Labor noch chemische Formeln, sondern ganz andere, weit sinnlichere Wege der Heilmittelerkenntnis wie die Signaturenlehre. Sie ist keine analytische, sondern eine assoziative Methode, die aus den sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaften eines Stoffs wie Gestalt, Farbe, Geruch oder Geschmack eine Heilwirkung ableitet. Doch erst die Verknüpfung von überlieferten Sichtweisen mit den Erfahrungen der Volksmedizin und mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen unserer Zeit ergibt ein wirklich umfassendes Bild von den Möglichkeiten der Naturheilkunde. Und auf diese Weise lässt sich das Wirken der Sonne in der Natur wohl am besten begreifen.
»Die Sonne an ihrem östlichen Tor.« (William Blake, um 1820)
Bevor wir uns dazu auf die Spurensuche nach Sonnenhaftem in der Natur machen, sollten wir aber noch etwas genauer die Eigenschaften der Sonne und ihren Einfluss auf uns Menschen kennenlernen.
Das Wesen des Lichts
In manchen Alpentälern scheint die Sonne monatelang nicht. Wenn ihre Strahlen erstmals im Jahr die Schatten verdrängten, gingen früher die festlich gekleideten Bewohner mancher Alpentäler der wiederkehrenden Sonne entgegen. In den Händen hielten sie eine Schüssel voll Milch, die sie dem lebenspendenden Gestirn als Dankesopfer darbrachten. Was mit diesem Brauch gefeiert wurde, ist aber nicht nur die Wiederkehr des Lichts, sondern auch der Götterfunke im Anbeginn der Schöpfung, von dem uns alte Mythen erzählen.
In Ägypten, dem heiligen Land der Sonne, erklärte man sich den Ursprung des Lebens auf folgende Weise: Vor der Erschaffung der Welt gab es nur das dunkle Urmeer, aus dessen Fluten sich eine Insel mit einem leuchtenden Ei auf der Spitze erhob. Dem Ei entstieg der Sonnengott Re, und das gesamte Universum erstrahlte in seinem Licht. Sodann schuf er Götter, Menschen und alles Leben. Nachts weilt er in der Unterwelt, aus der er jedes Mal im Morgengrauen am östlichen Horizont wiedergeboren wird. Der Osten ist die Heimat des Sonnengottes. Dessen Name »Flammeninsel« ist ein Bild für die Morgenröte.
»Wär nicht das Auge sonnenhaft, die Sonne könnt es nie erblicken.« (J.W Goethe)
Noch heute zeugen die nach Osten ausgerichteten Altäre christlicher Kirchen von der ursprünglichen Sonnenverehrung. Denn aus dem Osten kommen das Licht und alle Weisheit. Der Osten ist auf alten Karten oftmals als Orient bezeichnet. Somit schenkt die Sonne dem Menschen nicht nur ihre Lebenswärme, sondern an ihr können wir uns auch »orient«-ieren.
Sonnensymbol Auge
Erst das Sehen macht uns für den Geist der Sonne empfänglich. So wundert es nicht, wenn das Auge in vielen Religionen ein Sonnensymbol ist. Bei den Ägyptern war die Sonne das Auge des Re. Bei den Griechen verkörperte sie sich im allessehenden Helios und in Apollon, im Gott der Prophetie. Die Germanen verehrten den hellsichtigen Lichtgott Baldur. Im Christentum schließlich symbolisiert das Auge im nach oben gerichteten Dreieck den sonnenhaften Geist Gottes.
Für den Menschen bedeutet Sehen eine bunte Welt. Farben geben der Welt ein Gesicht und unterscheiden das eine vom anderen. Sie lassen aber auch das Gemeinsame erkennen – erinnern wir uns an das Beispiel von den Sonnenfarben. Sehen bedeutet also eine bewusste Wahrnehmung der Außenwelt, analog dem sehenden Geist der Sonne.
Es wundert daher nicht, dass viele Augenheilmittel von sonnenhafter Natur sind wie Schöllkraut und Chrysolith. Sie stärken unsere Sehfähigkeit und heilen manche Augenleiden. Vor allem aber nehmen wir durch sie das Licht besser wahr, und manchmal öffnen sie uns sogar die Augen für die verborgenen Wahrheiten der Welt.
Das »Sonnen«auge im Dreieck symbolisiert den allessehenden Geist Gottes.
Der Geist der Sonne bescheint die Erde. Die Sonnenkugel besteht aus sieben Sphären mit Augen, die den sieben Himmelskörpern oder Planetenkräften entsprechen. (Jacob Böhme, 1682)
Erkenne Dich selbst
Das Licht der Sonne entspricht der Bewusstheit unseres Geistes. »Erkenne Dich selbst« lautet die Botschaft des Sonnengottes Apollon an uns Menschen.
In der Astrologie stellt die Sonne die innere Wahrheit, den Wesenskern eines Menschen, seine Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie sein »Ich-Bewusstsein« dar. Besonders ausgeprägt gilt dies für Löwegeborene, denn die Sonne regiert das Tierkreiszeichen Löwe (23. Juli–22. August). Kinder der Sonne sind wir aber alle, und für jeden von uns bedeutet ihr Licht das Streben nach Weisheit und einem bewussten Ich, nur die Wege sind verschieden. Der eine ist dabei still und versonnen, der andere voll glühendem Tatendrang oder strahlender Begeisterung.
Das astrologische Symbol der Sonne ist ein Kreis mit einem Punkt in der Mitte. Es entspricht unserem heliozentrischen Weltbild, das seinen Namen dem Sonnengott Helios verdankt. Der Punkt stellt die Sonne als Herz unseres Planetensystems dar, der Kreis die um sie laufenden Planeten. Vor allem aber symbolisiert es die Geburt des kosmischen Lichts als Ursprung und Mittelpunkt des Universums und wie es sich in den Raum ausbreitet, um alles zu beleben. Der Punkt entspricht auch unserem Ich. Der Kreis zeigt, wie weit sich unsere Bewusstheit nach außen erstreckt.
Heilmittel als Brücke zum Licht
Viele der im Buch erwähnten Sonnenheilmittel helfen uns, unser Ich, also die eigene Persönlichkeit besser zu begreifen oder zu stärken. Besonders das Sonnenmetall Gold fördert die Selbsterkenntnis. Es gilt als die reinste Verkörperung des Sonnenlichts in der Natur. Gold ist sozusagen der Schweiß der Sonnengötter. Doch von den Orakelkräutern des Apollon oder durch den Dichtermet kann man ebenso Inspiration erhalten.Visionen oder innere Wahrheiten findet man manchmal auch im Leuchten eines Bergkristalls oder eines Topas.
Heilmittel der Sonne dienen also nicht nur dazu, Krankheiten zu behandeln, sie sind auch Hilfsmittel für den Gesunden, der seine Bewusstseinsentwicklung unterstützen möchte. Sie machen aber nicht aus jedem gleich einen Erleuchteten. Viele hellen einfach nur die Stimmung auf und wirken als Seelenbalsam.
Wenn sich die Sonne in unseren Breiten wieder einmal wochenlang nicht blicken lässt, dann verdunkelt sich meist auch das innere Licht. Erschöpfungszustände, Depressionen oder Abwehrschwäche sind nur einige der möglichen Folgen.
Die Sonne spiegelt sich in unserem Ich und in unserer Lebenskraft wieder. Wird dieser Spiegel glanzlos, sprechen wir von einer »Ich-Schwäche« oder von einem Sonnenmangel.
Mit den zahlreichen Sonnenrezepten in diesem Buch braucht man aber nicht länger Trübsal blasen. Zum einen fördern sie den Kontakt zur Natur. Wer einmal im ersten Frühling einen »Trank der Begeisterung« gesammelt hat, wird sich immer an diese Naturerfahrung erinnern und von den Gedanken an die freundlichen Lichtblumen auch in dunklen Stunden zehren. Zum anderen stellen wir viele Möglichkeiten vor, wie man »Sonne pur« zuführen kann.
Wer nach Versonnenheit sucht, Lebenswärme benötigt oder ganz einfach auf der Sonnenseite des Lebens stehen möchte, braucht eigentlich nur sein persönliches Sonnenrezept zu wählen.
»Im Mikrokosmos ist das Auge, was im Makrokosmos Sonne genannt wird.« (Paracelsus)
Das egozentrische Weltbild
Nun gibt es aber auch Menschen, die alles andere als »Ich-schwach« sind. Wer kennt sie nicht, die Partylöwen, Exzentriker und Egomanen. Wo sie hinkommen, stehen sie im Mittelpunkt, werden bewundert, verehrt und auch gefürchtet. Ihr Leitspruch ist: »Ich kam, sah und siegte.«
Was früher eher das Lebensthema einzelner Persönlichkeiten war, ist heute zum Zeitgeist geworden – alles dreht sich um das Individuum und um gesellschaftlichen Erfolg. Was mit der Natur und den Mitmenschen passiert, ist vielen egal. Naturzerstörung und das Elend der Dritten Welt sind nur zwei der vielen Folgen. Aus einem heliozentrischen Weltbild wurde ein egozentrisches.
Dieser von sich selbst besessene Menschentyp – der Egomane – verkörpert ein Übermaß der Sonne, während der verzagte Mensch einen Sonnenmangel darstellt.
Nichts darf sich aber in der Natur ins Unmäßige ausbreiten, und so lautet eine weitere Botschaft des Sonnengottes Apollon: »Alles mit Maß.« Als Attribut hält Apollon eine Leier in seinen Händen, und um harmonische Akkorde spielen zu können, dürfen deren Saiten weder zu locker, noch zu fest gespannt sein.
Das richtige Maß finden
Das notwendige Regulativ zu einem Übermaß an Sonne finden wir in den Qualitäten von Mond und Saturn, die uns noch des Öfteren begegnen werden. Im Gegensatz zur solaren Anspannung und Wachheit vermittelt Luna, das Licht der Nacht, innere Ruhe und Regenerationskraft. Saturn, das kosmische Licht, hütet einerseits die Tore zur metaphysischen göttlichen Welt, andererseits verkörpert er das Prinzip der Einschränkung und der Prüfungen. Er stellt auch die Weisheit, das Schicksal und die Berufung dar. Folgen wir der Berufung, erkennen wir uns selbst. Folgen wir ihr nicht, missachten wir uns und andere. Persönliches Leid ist die Folge. Und was für Einzelschicksale gilt, kann auch uns alle betreffen, wenn wir nicht anfangen umzudenken, um den wahren Geist der Sonne zu entdecken, das soziale Wesen, das mit sich und der Welt in Einklang lebt. Die höchste Tugend der Sonne besteht weder in Minderwertigkeitsgefühlen noch im Größenwahn, sondern in der Besonnenheit.
Hiervon erzählt die Geschichte des Phaeton, Sohn des Sonnengottes Helios, der bei seinem Vater einen Wunsch frei hatte. Obwohl noch viel zu jung und unerfahren, wollte der ehrgeizige Phaeton einmal den Sonnenwagen des Vaters steuern.
Phaeton wird von Zeus aus dem Sonnenwagen gestürzt, nachdem er der Erde zu nah kam und diese zu verbrennen drohte. Im Hintergrund sieht man das Sternzeichen des Löwen, das von der Sonne regiert wird. (»Phaeton«; Gustave Moreau, 1878)
Durch seine Unbesonnenheit fuhr er jedoch zu tief, so dass die Erde fast verbrannte. Zeus beendete den Spuk, indem er Phaeton in den Tartarus schleuderte (Sinnbild des Saturns).
Entsprechend fördern zahlreiche Heilmittel der Sonne, die zum Teil auch dem Saturn unterstehen (z. B. Bergkristall), die innere Ruhe und Ausgeglichenheit, die wir für unsere Entwicklung brauchen. Sie helfen uns auch dabei, unser egozentrisches Weltbild zu überwinden und sie geben uns ein Gefühl für das rechte Maß.
Lebenselixier Sonne
Im Licht entdecken wir den Geist der Sonne und uns selbst. In der Wärme finden wir dagegen ihre befruchtende Kraft, die uns das Leben schenkt und es erhält. Von der Sonne als Fruchtbarkeitsspenderin erzählen ebenfalls viele Mythen.
Im antiken Griechenland war der Sonnengott Helios zusammen mit der Erdenmutter Gaia Ursprung des Lebens. Das erste Wesen entstand der Überlieferung nach dort, wo seine wärmenden Sonnenstrahlen erstmals die kalte und feuchte Erde trafen. Ähnlich in der germanischen Mythologie: Dort entstand die Welt aus der dunklen Kälte des Nordens, die sich mit der Hitze des Südens vereinigte. Die heißen Sonnenwinde schmolzen das Eis, und die fallenden Tropfen wurden lebendig durch die Kraft, die das Feuer sandte. So entstand das Urwesen Ymir, das zugleich Mann und Frau war.
Wärme und Kälte (Sonne und als Gegenpol Mond/Saturn) sind die zwei Pole der Lebenskraft. Wärme bedeutet pulsierendes Leben und Bewegung, Kälte dagegen ruhende Erstarrung und scheinbarer Tod. Jeden Frühling erleben wir die vitalisierende Kraft der Sonne, die im Sommer ihren Höhepunkt findet. Mit der nachlassenden Sonnenwärme im Herbst und Winter zieht sich das Leben schließlich unter die Erde zurück und kommt zur Ruhe.
Sonnenfeuer als Allheilmittel
Das Geheimnis und Streben aller Heilkunst ist es, den Lebensfunken so lange wie möglich zu erhalten. Niemand kann dies besser als die Sonne selbst. Die belebende Kraft des Sonnenfeuers tragen jedoch auch viele Natursubstanzen in sich.
Will man die Wirkung von Sonnenheilmitteln beschreiben, so tut man sich schwer, denn unter ihnen finden sich zahlreiche Allheilmittel. Lebensverlängernde Elixiere wie das »Danziger Goldwasser« beinhalten beispielsweise absichtlich mehrere Sonnenheilmittel. Besonders alte und lebensschwache Menschen brauchen solche wärmenden Elixiere. Aber auch chronische Erkrankungen (z. B. Allergien) zeugen davon, dass die Lebenskräfte erlahmen und das Immunsystem angefeuert werden muss. Die meisten Heilmittel der Sonne regen von daher nicht nur die Lebensgeister an, sondern stärken auch die Abwehr. Dies entspricht wiederum dem astrologischen Sonnensymbol: Der Lebensgeist entspricht dem Punkt, die Abwehr dem Kreis.
Wärme brauchen wir auch, wenn wir uns erschöpft und ausgebrannt fühlen oder uns Infekte plagen. Erkältungen sind Krankheiten aus der Kälte. Erkrankungen wie Rheuma entstehen bevorzugt dort, wo es feucht und kalt ist. Sinkt der Blutdruck ab, frieren wir. Haben wir Angst, überfällt uns der kalte Schweiß. Dies alles sind Zeichen eines Sonnenmangels.
Heilmittel der Sonne erleuchten die verdunkelte Seele des Melancholikers. (»Jerusalem The Emanation of The Giant Albion.« William Blake, 1804)
Kann der Körper die notwendige Lebenswärme nicht mehr selbst erzeugen, dann helfen oftmals Zubereitungen aus Heilmitteln der Sonne wie etwa homöopathisches Bienengift (Apisinum), Schlangenreintoxine oder Arzneikomplexe, die Phosphor oder Gold enthalten, um nur einige Beispiele aufzuführen. Natürlich wirken auch viele Heilpflanzen wie etwa Sonnenhut, Engelwurz oder Mistel erwärmend.
Der Geschmack dieser anregenden Heilmittel ist häufig bitter, würzig bis brennend und scharf. Ihr Feuer regt alle lebenswichtigen Funktionen an: Abwehr, Appetit oder Kreislauf. Dieses Sonnenfeuer läutert aber auch den Geist und öffnet die Sinne für die Außenwelt.
Melancholie – Sonnenfinsternis der Seele
Wenn die Sonne in der Nacht in die Unterwelt abtaucht und die Regentschaft dem Mond überlässt, kommt auch unsere Seele zur Ruhe. Doch ab und an geschieht es, dass es für kurze Zeit auch tagsüber dunkel wird. Heute haben wir gelernt, dass eine Sonnenfinsternis ein astronomisches Ereignis ist, weil Erde, Mond und Sonne sich auf einer Linie befinden und sich der Mond vor die Sonne schiebt. Doch es gibt kaum einen Menschen, der nicht von diesem Phänomen fasziniert wäre. Es macht uns bewusst, wie fragil unser Dasein eigentlich ist und wie sehr es von kosmischen »Zufällen« abhängig ist.