Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik

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Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik
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Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik

Strategien, Innenansichten, Erfolge, Misserfolge, Zeitzeugen, Herausforderungen

2., überarbeitete und erweiterte Auflage

UVK Verlag ‧ München

© UVK Verlag München 2019 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

www.narr.de • info@narr.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-8252-5138-3 (Print)

ISBN 978-3-8463-5138-3 (ePub)

Inhalt

 „Es werden so viele ...Geleitwort von Dirk MessnerVorwortZusammenwirken staatlicher Entwicklungspolitik, nicht-staatlicher Organisationen und PartnerlandDanksagungAbkürzungsverzeichnis

 1 Grundwissen Entwicklungspolitik❋ Definitionen❋ Ziele❋ ArtenEntwicklungspolitik im engeren Sinne (Entwicklungszusammenarbeit)Entwicklungspolitik im weiteren Sinne (globale Strukturpolitik)❋ Erfolgskontrolle❋ Grafiken

 2 Die mühseligen Anfänge der deutschen Entwicklungspolitik (1953–1961)❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Walter Kiefer, Dr. Günther OldenbruchErwachende Solidarität: Die Kirchen als Wegbereiter der EntwicklungszusammenarbeitDer lange Weg zum Uhlhof – die Vorbereitungsstätte der DSE

 3 Entwicklungspolitik im Dienste der Deutschlandpolitik❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Harald Hofmann, Winfried Böll, Prof. Peter Molt, Dr. Martin GreiffAller Anfang ist schwerDie freischaffenden KünstlerDie Geburt der Auslandsarbeit der Politischen Stiftungen, eines weltweit einzigartigen DialoginstrumentsKennedy, Adenauer und Lübke geben sich die Ehre

 4 Entwicklungspolitik unter erschwerten innenpolitischen Bedingungen❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Wolf Preuss, Dr. Helmut Giesecke, Dr. Sigvard ClasenDer GerechteAusbau der jungen Entwicklungspolitik trotz WirtschaftsflauteEntwicklungszusammenarbeit als Schlüsselelement für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Prosperität in Südkorea und Malaysia

 5 Entwicklungspolitik im Lichte der ökologischen Grenzen des Wachstums❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Manfred Kulessa, Herbert SahlmannWeltinnenpolitik und PietcongManfred Kulessa: Abgang Erhard Eppler (1974)Klarer Denker und wertorientiertes Handeln

 6 Entwicklungspolitik im Zeichen des Ölpreisschocks❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Prof. Uwe Holtz, Karsten Hinrichs, Jochen KennewegEin Real- und wirkmächtiger Entspannungspolitiker in Nord-Süd-FragenEin strategischer DenkerBahr’sche Triolen

 7 Entwicklungspolitik zur Förderung der Frauen❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Hans-Jürgen Stryk, Elisabeth D’HondtEine Ministerin mit Herz und engagierte ParlamentarierinEine Vorkämpferin für die Gleichberechtigung der Frauen

 8 Entwicklungspolitik in einer Phase verschärfter Ost-West-Spannungen❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Hans-Peter Schipulle, Georg Lührs, Prof. Dr. Heinz-Günter Geis, Christian Wilmsen, Dr. Hans-Dietrich Pallmann, Heinrich LehneWie ein Hobby die Amtsführung prägtKonzeption und WirklichkeitSchwierige Beziehung zwischen BMZ und kritischer ForschungZwei ungläubig Staunende: Die Entdeckung der Omnipotenzfalle

 9 Entwicklungspolitik im Zeichen wirtschaftlicher Rezession❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Hans-Helmut Taake, Dr. Helmut Schaffer, Walter Kiefer, Dr. Susanne Nonnen, Bernd Blank, Gert-Robert LiptauEin Mann der klaren AnsageWarnke und die „Linksabweichler“ im entwicklungspolitischen Vorfeld des BMZNeue Ideen brauchen Zeit oder die begrenzte Sichtweise eines MinistersZukunft braucht Erfahrung: Die Erfolgsgeschichte des Senior Experten ServiceEin Haushaltsloch wird entdeckt„Steter Tropfen …“10 Entwicklungspolitik im geschichtlichen Zusammenhang❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Manfred H. Obländer, Dr. Alexander G. Friedrich, Dr. Gero Jentsch, Cay GabbeImmer mit Fliege und viel Humor: der Außen- und Entwicklungspolitiker Hans KleinDer vaterlandsbewusste Sudetendeutsche mit internationalem WeitblickEntbürokratisierung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit den KirchenKleins politischer Coup: der Schuldenerlass

 11 Entwicklungspolitik im Prozess der Wiedervereinigung und das Schicksal der DDR-Entwicklungsprojekte❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Gerd Schetting, Prof. Dr. Matthias Weiter„Entwicklungszusammenarbeit“ der DDRDer Entwicklungspolitische Runde Tisch

 12 Entwicklungspolitik in gesamtdeutscher Verantwortung❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Klemens van de Sand, Prof. Franz Nuscheler, Reiner Kraetsch, Dr. Günter BonnetDer Minister, der von rechts kam und links überholteVom innenpolitischen Saulus zum entwicklungspolitischen PaulusPolitik der Armutsbekämpfung – ein administrativer Quantensprung unter SprangerBonn wird Deutsches Zentrum für internationale Zusammenarbeit

 13 Entwicklungspolitik als globale Strukturpolitik❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Dr. Michael Hofmann, Adolf Kloke-Lesch, Wolfgang Kroh, Prof. Dirk Messner, Dr. Reinhard HermleEntwicklungspolitische Fortschritte durch vier PowerfrauenSicherheitspolitik für MenschenEine kraftvolle Neuerung: Fachliche und Regionale Schwerpunktbildung in der bilateralen EntwicklungszusammenarbeitDie Globalisierung gestaltenDistanz und Nähe: Zum Verhältnis von NRO und BMZ

 14 Entwicklungspolitik mit wirtschaftsfreundlichem Profil❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Prof. Dr. Jürgen Wilhelm, Gerold Dieke, Thomas AlbertDie TurbofusionWichtige Reformen, schwierige ÖffentlichkeitsarbeitEine gelungene Integration der Entwicklungspolitik in die Außenpolitik

 15 Paradigmenwechsel: Nachhaltigkeit rückt ins Zentrum❋ Beschreibung und Wertung❋ Stimmen von Zeitzeugen: Prof. Dr. Dr. hc. Joachim von Braun, Hans-Joachim Daerr, Prof. Constantin von BarloewenEntwicklungspolitischer Wandel nach 2010: Suche nach neuer Identität im WettbewerbHerausforderung: das FlüchtlingsproblemIst Modernisierung zwingend Verwestlichung?

  16 Licht und Schatten nach 60 Jahren Entwicklungspolitik ❋ Wirkungen der Entwicklungszusammenarbeit ❋ Erfolgsfaktoren ❋ Fünfzehn Lehren für aktuelle und zukünftige entwicklungspolitische Herausforderungen ❋ Fazit

  Tabellarische Übersichten

 

 Die handelnden Personen im Überblick❋ Die Minister des BMZ1)❋ Die Parlamentarischen Staatssekretäre des BMZ1)❋ Die beamteten Staatssekretäre des BMZ1)❋ Die Abteilungsleiter des BMZ (die sog. „politischen Beamten“)❋ Die Unterabteilungsleiter des BMZ❋ Organisationspläne des BMZ aus den unterschiedlichen Epochen (1961–heute)❋ Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AwZ) des Deutschen Bundestages❋ Institutionen der EntwicklungszusammenarbeitKurzbiographie des Autors

  Literaturverzeichnis

  Personenverzeichnis

  Stichwortverzeichnis

für Heidi,

Max, Hans, Nikolina,

Leonel und Hannes

„Es werden so viele schöne Worte über Freiheit geredet, aber nichts in der Welt macht so unfrei wie Armut!“

Martin AndersenNexø (1869–1954), dänischer Schriftsteller

Geleitwort von Dirk MessnerMessner, Dirk

Die erste Auflage der „Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik” war ein großer Erfolg. Die zweite, nun vorgelegte Auflage, wurde von Michael Bohnet gründlich erarbeitet und ergänzt, insbesondere durch eine präzise Analyse der Entwicklungspolitik unter Bundesminister Müller. Die Lektüre der 2. Auflage lohnt in jedem Falle, schon um das neue Kapitel „Licht und Schatten nach 60 Jahren Entwicklungspolitik – fünfzehn Lehren für die zukünftige Entwicklungspolitik“ zu studieren. Nur wenige Autoren verfügen, aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive zugleich, über so viel Überblick, Kontext und Detailkenntnisse, Wissen über das Innenleben der Entwicklungspolitik sowie die Fähigkeit zu kritischer und konstruktiver Analyse, wie Michael Bohnet.

Michael Bohnet war fünf Jahre Leiter der Entwicklungsländer und Afrikaabteilung des ifo-instituts für Wirtschaftsforschung in München, bevor er 1973 ins BMZ wechselte. Über 40 Jahre hat er die deutsche und die multilaterale Entwicklungspolitik mitgeprägt, zunächst als Leiter des Planungsstabes des BMZ, dann als Leiter des Evaluierungsreferates und des UNReferates. Ab 1991 gestaltete er als Unterabteilungsleiter die sektorale und globale Entwicklungspolitik des Ministeriums mit. Ab 1998 war er Abteilungsleiter der multilateralen Abteilung des BMZ, ab 1999 Leiter der bilateralen Abteilung und zugleich stellvertretender Staatssekretär. Michael Bohnet kennt die deutsche Entwicklungspolitik, mit allen ihren Facetten, wie nur sehr wenige andere.

Zwischen 1961 und heute gab es vierzehn EntwicklungsministerInnen. Michael Bohnet hat in vierzig Jahren mit über zehn von ihnen zusammengearbeitet. Das vorliegende Buch untersucht nicht nur die sich wandelnden Strategien der deutschen Entwicklungspolitik und ihre jeweiligen Rollen in der internationalen Zusammenarbeit für Entwicklung, sondern diskutiert mit klarem, kritischen, aber auch immer problemlösungsorientiertem Blick die Erfolge und Misserfolge. Dabei bietet dieses Buch eine interessante Doppelperspektive auf die Entwicklungspolitik. Als Insider vermittelt Bohnet detaillierte Innenansichten aus dem „Maschinenraum“ der Entwicklungspolitik, die externen Betrachtern üblicherweise eher verborgen bleiben. Als Mitgestalter und Macher der Entwicklungspolitik weiß er, was funktionierte und was nicht. Zugleich setzt Michael Bohnet in der Rückschau auf 60 Jahre Entwicklungspolitik die Brille des kritischen, aber konstruktiven Beobachters auf. Es sind diese Perspektivwechsel, die dieses Buch besonders lesenswert machen.

Das Buch wird angereichert durch Beiträge von Zeitzeugen, die aus ihren jeweiligen Perspektiven die Etappen der deutschen Entwicklungspolitik kommentieren, einordnen, Kontroversen sichtbar machen, zuweilen ironisch betrachten. Die zweite Auflage enthält zudem einprägsame InfoGraphiken, ergänzt durch ein Kapitel über das „Grundwissen der Entwicklungspolitik“, ihre Ziele, Organisationen, Heuristiken, Instrumente. Ein 15PunkteProgramm zur Zukunft der Entwicklungspolitik macht Reformbedarfe in der deutschen Entwicklungspolitik deutlich, die sich nicht zuletzt aus den großen Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts ergeben: Wie kann Wohlstand für bald 10 Mrd. Menschen in den Grenzen des Erdsystems geschaffen werden? Wie kann die Entwicklungspolitik auf autoritärpopulistische Bewegungen im Westen und die Erosion des Multilateralismus reagieren? Wie gelingt Europa eine tragfähige Partnerschaft mit Afrika?

Michael Bohnet ist ein Chronist der deutschen Entwicklungspolitik, ein Brückenbauer zwischen Praxis und Theorie, ein Volkswirt, der immer wieder seine disziplinären Grenzen überschreitet, indem er die kulturellen, sozialen, politischen, ökologischen Dimensionen menschlicher Entwicklung ausleuchtet, ein Analyst, der Detailwissen mit der Analyse des Systems der Entwicklungspolitik zu verbinden versteht. Dem Buch ist zu wünschen, dass es dazu beiträgt, die oft vorherrschende Sprachlosigkeit zwischen den Praktikern, Beobachtern und Theoretikern der Entwicklungspolitik aufzubrechen. Michael Bohnet weiß, dass bessere Entwicklungspolitik nicht nur ein Umsetzungsproblem ist, sondern Investitionen in Wissen und Forschung auch in der Entwicklungspolitik Grundlage von Innovations und Zukunftsfähigkeit sein müssen. Sein Buch zeigt zugleich, dass kritische Wissenschaft und wirksame wissenschaftliche Politikberatung in der Entwicklungspolitik von dem Wissen, der Erfahrung und den Innenansichten der Praktiker profitieren können. Entstehen solch epistemische Gemeinschaften aus Praktikern, Theoretikern, Beobachtern, Kritikern, sind die Chancen für eine Entwicklungspolitik „auf der Höhe der Zeit“ groß. Wo Praktiker und Theoretiker sich aus dem Weg gehen, drohen Pfadabhängigkeiten und geringe Innovationskraft – auf beiden Seiten.

Bonn, im April 2019 Dirk MessnerMessner, Dirk

Zur Person

Prof. Dr. Dirk Messner ist seit Oktober 2018 Leiter des Instituts für Umwelt und Menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen in Bonn. Er war von 2003 bis 2018 Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn und hat den Aufstieg des DIE zur einem der weltweit führenden Forschungsinstituten im Bereich der Kooperation mit Entwicklungsländern entscheidend vorangetrieben und geprägt.

Vorwort

Die vergangenen 60 Jahre deutscher Entwicklungspolitik waren geprägt durch ein Wechselbad unterschiedlicher strategischer Ansätze – deutschlandpolitische, außenpolitische, sicherheitspolitische, wirtschaftspolitische, rohstoffpolitische, umweltpolitische und friedenspolitische Interessen waren und sind durchwoben von moralischhumanitären Motiven. Dieses Buch verdeutlicht den häufigen Paradigmenwechsel in der deutschen Entwicklungspolitik.

Auf den folgenden Seiten beschreibe und bewerte ich die Strategien, Inhalte und Ergebnisse von 14 Etappen deutscher Entwicklungspolitik, beginnend mit den mühseligen Anfängen in den 1950er-Jahren und dem ersten Entwicklungsminister Walter Scheel in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre bis hin zum Entwicklungsminister Gerd Müller heute.

Das erste Kapitel skizziert die Kernelemente der deutschen Entwicklungspolitik. Es definiert Ziele, Arten, Instrumente und Formen der Entwicklungspolitik und vermittelt Ihnen dadurch einen guten Einstieg. Diese Begriffsklärungen erleichtern es Ihnen, die in den folgenden Kapiteln genannten Fachausdrücke zu verstehen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen.

Um den zeitgeschichtlichen Hintergrund zu verdeutlichen, werden Äußerungen einzelner Minister an verschiedenen Stellen im Originalwortlaut wiedergegeben und zu allen Epochen deutscher Entwicklungspolitik Stimmen von Zeitzeugen aufgenommen. Sie erläutern und bewerten die entwicklungspolitischen Inhalte der einzelnen Phasen und die Arbeit der verschiedenen Minister.

Das Buch schließt mit einer Bilanz. Fortschritte und Rückschläge werden deutlich benannt.

Die Erfolgsgeschichten betreffen vor allem die verbesserte wirtschaftliche und soziale Lage in Entwicklungsländern – auch in Afrika. Angesichts einer Medienlandschaft, in der oft gilt: „bad news sells“, zeige ich anhand faktenbasierten Wissens auf, wie sich in den letzten 20 bis 30 Jahren die Armut, die Kinder und Müttersterblichkeit, die Ausbreitung von Tuberkulose, Malaria und AIDS verringert haben und wie sich der Grundschulbesuch und der Zugang zu sauberem Trinkwasser drastisch erhöht haben – auch in Afrika. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist, da sie überdeckt wird durch aktuelle Katastrophenmeldungen, z.B. Ebola in Sierra Leone, oder politische Krisen in Syrien, Yemen, Mali und Südsudan.

Ich schildere allerdings auch die Rückschläge: Die Misserfolgsgeschichten betreffen vor allem die Hungerbekämpfung und die ökologische Lage (Zerstörung der Wälder, Verlust der Artenvielfalt, Anstieg der Treibhausgasemissionen, Überfischung der Meere). Der Anteil der Entwicklungspolitik an diesen positiven und negativen Entwicklungen wird deutlich benannt.

Der Blick in die Zukunft verlangt von der Entwicklungspolitik sich gegen die Globalisierung der Gleichgültigkeit zu stemmen. Sie verlangt aber auch einen intelligenten strategischen Mix, denn in den vergangenen Jahren wurde die Welt von zwei heftigen Turbulenzen erschüttert, der globalen Finanzkrise und der Nahrungsmittelkrise. Hinzu kommt ein drastischer Klimawandel als eine Art Schiffbruch in Zeitlupe. Diese drei Faktoren zusammen haben unsere Vorstellung davon, wie sich die Welt entwickelt, gründlich verändert. Hier gilt es, „neu zu denken“ und UN-Konventionelle entwicklungspolitische Antworten zu finden. Das Buch zeigt deswegen fünfzehn große Herausforderungen auf dem Weg von der Entwicklungszusammenarbeit zur globalen Kooperation auf.

Die nächsten Jahrzehnte werden entscheiden, ob Armut und Hunger ebenso Geschichte werden wie die Sklaverei oder ob ein neues von Konflikten und Chaos bestimmtes Zeitalter die Fortschritte der vergangenen 60 Jahre wieder zunichtemachen wird.

Zusammenwirken staatlicher Entwicklungspolitik, nicht-staatlicher Organisationen und Partnerland

Konkrete Politik wird nicht nur von Ministern gemacht, die entscheidenden Akteure sind daneben die Staatssekretäre und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der entwicklungspolitischen Institutionen. Deshalb werden in einem Anhang die Namen aller Minister, aller beamteten und parlamentarischen Staatssekretäre, der Abteilungsleiter (die sog. politischen Beamten) und der Unterabteilungsleiter des BMZ von 1961 bis heute aufgeführt. Auch die Vorsitzenden des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Deutschen Bundestag von 1961 bis heute werden genannt. Ferner werden Organisationspläne aus allen Perioden des BMZ zugänglich gemacht, aus denen die Namen aller Referatsleiter seit 1961 bis heute zu ersehen sind. Des Weiteren wird eine Liste wichtiger entwicklungspolitischer Institutionen (mit dem Namen der derzeit Verantwortlichen) beigefügt.

Politik wird nicht nur „von oben“ gemacht, sondern entscheidend auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien im Zusammenspiel mit den Durchführungsorganisationen, mit dem Parlament und vielen zivilgesellschaftlichen Gruppen. Da in historischen Abhandlungen fast ausschließlich die „Oberen“ genannt werden, halte ich es für angemessen und notwendig, stellvertretend für die entwicklungspolitische Community die Namen der BMZPersonen aus den vergangenen über 60 Jahren zu nennen, die die eigentlichen „Gestalter“ waren.

Zu warnen ist vor einer „MachbarkeitsEuphorie“ von Ministern, Machern im Apparat und Experten in Entwicklungsorganisationen (die „MetaEbene“), deren Ideen und Vorschläge häufig an der harten Realität vor Ort zerbröseln. Nicht Verkündung von Politik ist oberstes Gebot, sondern die Umsetzung, und die bedarf einer Bodenhaftung an die Wirklichkeit von Armut, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen vor Ort. Die Menschen in den Partnerländern sind es letztendlich, die entscheiden, ob ein Weg aus der Armuts und Ökologiefalle gefunden wird. Entwicklungszusammenarbeit ist immer nur Hilfe zur Selbsthilfe.

 

Es muss deutlich betont werden, Entwicklungspolitik ist nicht nur eine staatliche Aufgabe, sondern eine gesamtgesellschaftliche. Die sog. nicht-staatliche Entwicklungszusammenarbeit, d.h. die Arbeit vieler großer und kleiner zivilgesellschaftlichen Organisationen leistet einen beachtenswerten Beitrag zur Bewältigung von Hunger und Armut, doch letztlich gilt: Entwicklung braucht Selbstbestimmung. Änderungen, die die Wurzel der Armut erfassen, können nur die Betroffenen selbst herbeiführen. Generell stellt sich für unsere entwicklungspolitischen Konzeptionen die Entlastung von uneinlösbaren Ansprüchen, die Rückkehr zum Gedanken der Eigenverantwortlichkeit der Entwicklungsländer. Mut ist gefordert, um eine andere Art der Definition von Entwicklungspolitik ins Auge zu fassen: Entwicklungspolitik ist Rücksichtnahme auf das, was andere können.

Bonn, im Mai 2019

Michael Bohnet

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich insbesondere Herrn Dipl. oec. Rainer Berger danken, der als verantwortlicher Lektor des UVK Verlages das Buch in all seinen Phasen auch die 2. Auflage äußerst kundig und wirkungsvoll betreut hat. Ihm verdanke ich viele wertvolle Hinweise.

Ich danke auch den zahlreichen Zeitzeugen, die durch ihre konstruktiven und kritischen Beiträge, die in diesem Buch abgedruckt sind, dem Buch die richtige Würze gegeben haben.

Ferner danke ich meiner langjährigen Sekretärin Frau Elke Treu, die durch ihren unermüdlichen Einsatz, ihren bewundernswerten Fleiß, ihre Sachkunde und ihre Geduld das Buch erst ermöglicht hat.

Mein Dank gilt auch meiner Frau Dr. Heidi Bohnetvon der Thüsen, die als Lektorin – jahrzehntelang beim Piper Verlag München tätig – darauf verzichtet hat, den Rotstift zu ziehen. Sie wusste mich bei Herrn Rainer Berger in besten Händen.

Ich danke auch meinem Sohn Dr. Johannes Bohnet für die Hilfe bei der Erstellung der Infografiken.

Organisationspläne

Die Organisationspläne des BMZ aus den unterschiedlichen Epochen finden Sie beim Buch online unter dem Reiter „Zusatzmaterial“ auf utbshop.de.