Loe raamatut: «Unbemannte Systeme und Cyber-Operationen», lehekülg 2

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1.1.3.Seefahrt und Technologie: Vier Stufen der „Autonomie“ nach IMO

Die International Maritime Organization (IMO) hat im Hinblick auf erste projektierte und bereits fahrende unbemannte Seefahrzeuge vier Stufen der Autonomie identifiziert und bietet damit mehr Unterscheidungsoptionen an.

„The degrees of autonomy identified for the purpose of the scoping exercise are:

•Degree one: Ship with automated processes and decision support: Seafarers are on board to operate and control shipboard systems and functions. Some operations may be automated and at times be unsupervised but with seafarers on board ready to take control.

•Degree two: Remotely controlled ship with seafarers on board: The ship is controlled and operated from another location. Seafarers are available on board to take control and to operate the shipboard systems and functions.

•Degree three: Remotely controlled ship without seafarers on board: The ship is controlled and operated from another location. There are no seafarers on board.

•Degree four: Fully autonomous ship: The operating system of the ship is able to make decisions and determine actions by itself.“16

Immerhin bietet die IMO vier Stufen zur Differenzierung an, was für den militärischen Bereich nutzbringend zur Differenzierung bei der Betrachtung praktischer, rechtlicher und ethischer Fragen sein könnte. Ihnen ist jedoch die gleiche Schwäche zu eigen wie die der Industriedefinition in Kapitel 1.1.1., nämlich die fehlende Differenzierung danach, ob das System oder ein Mensch entscheidet, ob das System überhaupt aktiv wird oder nicht und ob die Aktivität wieder gestoppt wird – unausgesprochen liegt den vier Graden ein Faktum zugrunde, nämlich die Tatsache, dass jede Tätigkeit maritimer Systeme stets durch Menschen ausgelöst wird. Damit wäre die für den militärischen Bereich entscheidende Differenzierung nach den IMO-Definitionen nicht möglich.

Für den militärischen Bereich sind die vier Grade indes auch nicht gemacht, sie dienen speziell der Differenzierung in der zivilen Seefahrt. Allerdings erfassen die vier Grade nicht alle in der zivilen Seefahrt aktuell existierenden und künftig denkbaren Varianten, wie die nachfolgenden zwei Überlegungen zeigen.

Die vier Grade der „Autonomie“ der IMO beschreiben Systeme, die ganz überwiegend klar unter den Oberbegriff der „Automatisierung“ fallen. Erst ein theoretisch in der Zukunft denkbares mit künstlicher Intelligenz arbeitendes System, das unter Grad vier der IMO fällt und sich selbstständig aktivieren kann, etwa eine Seenotrettungseinheit, wäre als autonom zu beschreiben. Im Grad vier müsste entsprechend differenziert werden und ein Grad fünf wäre einzuführen wie folgt:

•Modified Degree four – partly autonomous ship: The operating system of the ship is able to make decisions and determine actions by itself.

•New Degree five – fully autonomous ship: The operating system of the ship is able to decide when to plan, begin and stop activity and make decisions and determine actions within activity by itself. Human intervention is excluded.

Ein konkreter Fall zeigt weiterhin, dass die vier Ebenen zur Unterscheidung der Automatisierungs- oder Autonomiegrade für zivile maritime Systeme nicht ausreichen: die Havarie des Kreuzfahrtschiffes Viking Sky durch Abschalten der Treibstoffzufuhr im März 2019.17 Viking Sky könnte man fast als ein Beispiel für den Grad eins der obigen Differenzierung der IMO ansehen, ein Teilsystem des bemannten Schiffes arbeitet automatisch, doch war dieser Teil der Automatisierung der schiffstechnischen Abläufe nicht dafür eingerichtet, dass die Besatzung des Schiffes die Kontrolle übernimmt. In der konkreten Situation hatte das die fatale Folge, dass bei starkem Seegang in Küstennähe die Treibstoffzufuhr zu den Hauptmaschinen irreversibel abgeschaltet wurde. Es müsste zur Beschreibung des Treibstoffsystems der Viking Sky ein neuer Grad zwei eingeschoben werden, der ein bemanntes Seefahrzeug beschreibt, das über ein Teilsystem verfügt, das von der Besatzung in keiner denkbaren Situation beeinflusst werden kann.

New Degree two – ship with automated processes and decision support: Seafarers are on board to operate and control shipboard systems and functions. Some operations are automated and unsupervised with no option to seafarers on board to take control.

Am vernünftigsten wäre es aber, erstens eine IMO-Regel zu schaffen, die die Zulassung solcher nicht beeinflussbaren Systeme ausschließt, und zweitens solche gänzlich unbeeinflussbaren Systeme nicht mehr in Seefahrzeuge einzubauen.

1.1.4.Mensch und Technologie: Stufen der Interaktion von Mensch und System

Ausgegangen wird von der Grundform des militärischen Zirkels aus Beobachten, Einordnen ins Lagebild, Entscheiden über nächste Aktion, Aktion durchführen, wieder Beobachten usw., der sogenannte Boydsche „OODA-Loop“.18 Am vereinfachten abstrakten Beispiel: Der Soldat beobachtet das Gefechtsfeld und sichtet ein gegnerisches Ziel (Observe), ordnet dieses ins Lagebild ein (Orient), entscheidet darüber, ob und wie es bekämpft wird (Decide), bekämpft das Ziel (Act) und beginnt den Kreislauf erneut mit der Beobachtung der Wirkung seiner Aktion.


Die Interaktion des Menschen mit Systemen, wie sie in den vorhergehenden Unterkapiteln definiert sind, können in drei wesentliche Kategorien eingeteilt werden.19 Mit den drei Stufen werden zugleich Grade der Interaktion des Menschen und der Eigenständigkeit der Operationen von automatisierten und autonomen Systemen beschrieben.

Wenn der Mensch in den Entscheidungskreislauf des Systems so eingebunden ist, dass an einem bestimmten Punkt – etwa Einordnung der Beobachtungsergebnisse ins Lagebild oder Entscheidung über das weitere Vorgehen – ohne aktiv mitwirkende Handlung des Menschen oder mindestens Freigabe durch den Menschen keine Fortsetzung der Systemarbeit erfolgt, spricht man vom „Man in the Loop“. Das Minimum der Mitwirkung des Menschen ist die Auslösung der weiteren Arbeit des Systems per Knopfdruck, also die Entscheidung über die Frage, ob das System für eine Aktion aktiviert wird. Weitergehende Beteiligung des Menschen ist denkbar, so kann der Prozess des Einordnens ins Lagebild (Orient) mehr oder weniger manuell oder automatisiert stattfinden. Die Rolle des „Man in the Loop“ ist skalierbar.


Vom „Man on the Loop“ spricht man, wenn der Mensch das System überwacht und jederzeit eingreifen kann. Der Entscheidungskreislauf des Systems läuft grundsätzlich eigenständig ohne Mitwirkung des Menschen ab und befindet sich lediglich unter Beobachtung. Die Optionen des Eingreifens sind je nach Systemart und Erfordernis dann auch wieder skalierbar von der Option des Fernsteuerns bis hin zum Knopfdruck, um die Arbeit des Systems zu stoppen.


Unter Vorliegen von zwei Bedingungen spricht man vom „Man out of the Loop“. Erstens läuft der Entscheidungskreislauf des Systems eigenständig ab, und der Mensch verzichtet freiwillig auf Überwachung, oder es fehlt technisch bedingt oder wegen physikalischer Limitierungen oder praktischer Umstände die Option zum Eingreifen.


1.1.5.Conclusio: Neue Definition von „autonomen Systemen“

Die Aussicht auf bestmögliche Trennschärfe zur Abgrenzung bietet die UK-Definition aus Kapitel 1.1.2., die zwischen „automatisiert“ und „autonom“ unterscheidet.

Definition „automatisiert“:

System beherrscht technische Durchführung von programmierten Abläufen und realisiert bzw. konkretisiert vorprogrammierte Absichten im Einzelfall. Der Mensch als Operator entscheidet immer noch darüber, ob ein System überhaupt aktiviert wird und mit welchem Ziel.

Definition „autonom“:

System trifft Entscheidung über das Ob einer konkreten Aktivität unter Einbeziehung von allgemeinen Zielsetzungen, Umgebungsvariablen, Kontext und Regeln, definiert das zu erstrebende Ergebnis (Was) und den Weg dorthin (Wie) im Einzelfall und steuert die Durchführung der Mission. Alle Schritte erfolgen ohne Eingriff eines Menschen.

Im Kapitel 1.1.2. ist diskutiert worden, dass die Option der Kontrolle durch den Menschen ein wesentlicher Aspekt ist für die Entscheidung darüber, ob ein System als „autonom“ angesehen werden kann. Die Diskussion hat gezeigt, dass die Schwelle zum Zugestehen der Eigenschaft der Autonomie höher angesetzt werden muss als von der UK-Definition. Es bedarf noch einer weiteren Voraussetzung zur vollständigen Autonomie, nämlich der Exklusion des Menschen aus der Systemtätigkeit. Die Formen der Interaktion in Kapitel 1.1.4. offerieren den argumentativen Lösungsweg dazu. In der UK-Definition kann der Mensch optional „on the Loop“ sein und gegebenenfalls noch eingreifen. Erst wenn der Mensch während der Systemtätigkeit „out of the Loop“ ist, besteht indes echte vollständige Autonomie des Systems.

Daher kann ein System nur dann als „autonom“ bezeichnet werden,

wenn das System „Higher Level Intent and Direction“ verarbeitet

und

wenn es eigenständig eine selbstgeplante Handlung beginnt und beendet

und

wenn der Mensch während des gesamten Ablaufs der Aktion des Systems „out of the Loop“ ist und keine Möglichkeit zum Eingreifen hat.

Die Beteiligung des Menschen an der Tätigkeit eines derart autonomen Systems endet mit dem Abschluss von dessen Herstellung, der allgemeinen Programmierung und der allgemeinen grundsätzlichen Freigabe seiner Aktivität. Die Autonomie drückt sich aus in der Freiheit des Systems zu Entscheidung und Handlung und im nicht vorhersagbaren konkreten Ergebnis.

1.2.Aktuelle Beispiele für unbemannte und weitere digitalisierte Systeme und deren Einordnung in das Raster der Definitionen

Sind die Definitionen aus Kapitel 1.1.1. bis 1.1.5. geeignet, historische, aktuelle und künftig denkbare Systeme hinreichend trennscharf in ein Raster einzuordnen?

Unter den nachfolgenden 16 Beispielen finden sich auch zwei Führungs- und Waffeneinsatzsysteme, die in bemannte Gesamtsysteme eingefügt sind, zudem einige virtuelle Systeme wie Stuxnet. An ihnen werden in den nachfolgenden Unterkapiteln die Arbeitsweisen digitalisierter Systeme und die besonderen Probleme erläutert, die im Rahmen der Interaktion von Mensch und Maschine auftreten können.

1.2.1.Sechzehn Beispiele für unbemannte und virtuelle Systeme sowie Führungs- und Waffeneinsatzsysteme

Nachfolgend einige Vergleichsobjekte, nicht nur militärische:

1.ZAUNKÖNIG, Torpedo der Kriegsmarine, ab September 1943 im Einsatz:20 weltweit erster akustisch zielsuchender Torpedo, eingesetzt von U-Booten.

•Er folgte dem lautesten von seinen Mikrofonen wahrgenommenen Schraubengeräusch bis zum Aufschlag oder Auslösung des Magnetzünders, es brauchte kein präzises Zielen mit der U-Boot-Zieloptik und keine Vorhaltberechnung.

•War der Zaunkönig einmal in Bewegung gesetzt, war kein Rückholen und kein Stoppen der Mission möglich, deshalb gingen im Rahmen der ersten Verwendungen auch zwei deutsche U-Boote verloren, weil der Torpedo das U-Boot als nahe und lauteste Geräuschquelle wahrnahm.

•Die alliierten Seestreitkräfte verwendeten, nachdem man das Zielsuchprinzip dieses Torpedos durchschaut hatte, Geräuschbojen am Schlepptau und konnten die Waffe damit weitgehend neutralisieren.

•Das „Gehör“ des Nachfolgemodells „Geier“ war deutlich präziser und ließ sich durch die Geräuschbojen nicht mehr täuschen, die Produktion war jedoch deutlich komplizierter, und die produzierte Anzahl war zu gering, um nachhaltig Wirkung zu erzeugen.

2.AGM-158C LRASM (Long Range Anti Ship Missile) unterschallschneller Seezielflugkörper:21 konzipiert für die Verwendung gegen schwimmende Einheiten auf größere Entfernungen.

•Initial erfolgt die Zuweisung eines Operationsgebietes, in dem gegnerische Überwassereinheiten detektiert worden sind. Nach dem Start besteht ein Datenlink, die Navigation erfolgt mit GPS. Wenn Datenlink und GPS gestört sind, kann die Waffe den bis zum Ausfall einprogrammierten Daten in das vorher vom Operateur spezifizierte Zielgebiet folgen und in einem vorher festgelegten Areal einen vorher festgelegten Suchkurs fliegen, um dann aus den dort mit den bordeigenen Sensoren gefundenen Kontakten das Zielobjekt oder eines der vorher zugewiesenen Zielobjekte auszuwählen – in dieser Situation ist die einzelne LRASM auf sich gestellt und kann nicht mehr per Datenlink dirigiert oder gestoppt werden.

•Das System ist u.a. die Antwort auf vergrößerte Reichweiten von Waffensystemen potenzieller Gegner zur Seezielbekämpfung und auf erweiterte Möglichkeiten der elektronischen Kampfführung (EloKa).

•Als konsequente Weiterentwicklung des aus den 70er-Jahren stammenden „Harpoon“ und Nachfolge der seit den 90er-Jahren gebräuchlichen „Tomahawk“ befindet sich diese neue Generation weitreichender Seezielflugkörper seit 2009 in Entwicklung und seit 2018 im Dienst der US Navy. Sie wird von Überwasserschiffen und vom Langstreckenbomber B-1B eingesetzt und hat 2019 die „early operational capability“ auch mit der F/A-18 als einsetzende Plattform erreicht.

3.PATRIOT (MIM-104) Missile Long-Range Air-Defence System, Flugabwehrsystem:22 Konzipiert primär für die Abwehr ballistischer Flugkörper, kann das System auch Flugzeuge bekämpfen und zum Eigenschutz Flugkörper, die gegen das Flugabwehrsystem eingesetzt werden.

•Seit 1976 führt das System den Namen „Patriot“, die Entwicklungen begannen schon 1969 und hatten als Zwischenstufe die SAM-D (Surface-to-Air Missile – Development).

•Bei den US-Streitkräften seit 1984 im Einsatz, wurde es während des Ersten Irakkriegs 1990 erstmals in einem größeren Konflikt eingesetzt, um Israel und die an der Operation „Desert Storm“ beteiligten Streitkräfte zu schützen. Im Zweiten Irakkrieg kam bereits eine deutlich modernisierte Variante zum Einsatz mit gegenüber 1990 erheblich verbesserten Abschussquoten.

•Das System besteht aus mobilen Komponenten mit Radaranlage, Leitsystem, Kommunikation und Starterbatterie mit jeweils vier Geschossen der Generation PAC-2 oder 16 Geschossen der deutlich kompakteren Generation PAC-3 auf einem Lkw. Das System dient aufgrund der maximalen Reichweite von 70 Kilometern bei einer maximalen Einsatzhöhe von 24 Kilometern dem Schutz von regional begrenzten Gebieten.

•Die Reaktionszeiten bei der Abwehr von Flugkörpern oder Flugzeugen sind kurz, daher gibt es für die das System bedienenden Soldaten zwei Modi: Einmal ist der Operator eingebunden, um nach der automatischen Zielauswahl die Auslösung der einzelnen einzusetzenden Waffe zu autorisieren, im vollautomatischen Modus ist der Operator nur Beobachter, er kann jedoch jederzeit eingreifen. Aus der Kürze der Reaktionszeiten und dem Zusammenspiel von Mensch und System folgten im Zweiten Golfkrieg 2003 wesentliche Schwächen und Fehlleistungen, die in Kapitel 1.2. behandelt werden.

4.HARPY:23 Anti-Radiation Loitering Munition24 System, konzipiert zur Bekämpfung von bodengestützten Luftabwehrradarsystemen.

•Harpy wurde der Öffentlichkeit erstmals 1990 vorgestellt. Sie kann von auf Lkws montierten Starteinrichtungen an Land oder von Schiffen aus eingesetzt werden. Von einem Lkw können bis zu zwölf Drohnen gestartet werden. Die Drohne ist ein preiswertes „Expendable“ mit großer taktischer Wirkung.

•Harpy fliegt für bis zu neun Stunden ein vorher programmiertes Gebiet ab und hält dabei eine Flughöhe von bis zu 4.500 Metern. Die Drohne bekommt kein konkretes Ziel zugewiesen, sondern stürzt sich eigenständig auf das erste von ihr im Zielgebiet detektierte strahlende Luftabwehrradar und zerstört dieses. So kann schon durch eine Drohne für mehrere Stunden Dauer in einem begrenzten Gebiet die Unterdrückung gegnerischer Luftabwehrradaranlagen oder die Ausschaltung einer solchen Anlage gewährleistet werden. Harpy kann einen Angriff eigenständig kurzfristig abbrechen, wenn die attackierte Radaranlage während des Angriffsvorgangs ihre Strahlung einstellt.

•Harpy ist mittlerweile Teil einer Familie von „Loitering Munition Systems“. Weitere Produkte desselben Herstellers sind Harop,25 eine taktische Drohne, die bis zu sechs Stunden in einem Zielgebiet kreuzen kann, und die deutlich kleinere Mini Harpy,26 die dies bis zu zwei Stunden schafft. Beiden können im Datenverbund beliebige Bodenziele zugewiesen werden, sie verfügen über eigene Sensoren zur Detektion und zum präzisen Anflug, den sie wie Harpy je nach Lage auch abbrechen können.

5.MQ-9:27 Aufklärungs- und Kampfdrohne zur Bekämpfung von Bodenzielen mit großer Reichweite, wird ferngesteuert und kann automatisiert starten und landen sowie vorprogrammierte militärische Aufträge automatisiert durchführen unter Beobachtung durch das fernsteuernde Personal.

•MQ-9 ist seit 2007 bei den US-Streitkräften im Einsatz. Es hat die Größe eines kleineren Flugzeugs. In der gebräuchlichsten Version hat es mit seinem einzelnen Turboprop eine Reisegeschwindigkeit von etwa 200 Knoten, die Ausdauer kann mit zusätzlichem Treibstoff auf rund 30 Stunden ausgedehnt werden. Das Fluggerät erreicht bis zu 15.000 Meter Flughöhe und trägt in der Summe Nutzlasten bis zu 1.700 Kilogramm.

•Das System kann modular je nach Auftrag mit Sensoren und Effektoren ausgestattet werden, eine auf das maritime Umfeld spezialisierte Variante ist als MQ-9 Sea Guardian in Gebrauch.

•Die Basen der US-Streitkräfte mit den Einrichtungen und dem Personal zur globalen Fernsteuerung der Flüge befinden sich in den Bundesstaaten Missouri, Nevada, South Carolina und South Dakota.

•Das System hat sich seit seiner Einführung durchgängig in Einsätzen bewährt, bei denen keine gegnerischen Abwehrfähigkeiten vorhanden sind. Daher sucht das Department of Defense (DoD) künftig wahrscheinlich nach zwei Nachfolgemodellen: einmal ein preiswertes einfaches System auf Basis ziviler Technik und ein neu zu entwickelndes, unbemanntes System, das befähigt werden soll, im Konflikt mit hochgerüsteten Gegnern zu bestehen.28

6.BLACK HORNET PRS:29

•Das Kontrastprogramm zu großen Drohnen sind Nanosysteme, die als „Personal Reconnaissance System“ des Infanteristen Verwendung finden.

•Mit seinen 17 Zentimetern Länge bei 33 Gramm Gewicht bleibt es 25 Minuten in der Luft und kann auch Innenräume aufklären.

7.Unbemannte Helikopter:

•Airbus VSR700:30 Mit 700 Kilogramm Gesamtgewicht, 150 Kilogramm Zuladung und 10+ Stunden Flugdauer der ideale unbemannte „leichte Bordhubschrauber“ für Fregatten mit den Optionen Aufklärung und Wirkung.31

•Skeldar V-200:32 die kleinere Variante mit 235 Kilogramm Gesamtgewicht und 5+ Stunden Flugdauer, geeignet z.B. für Korvetten.

8.FUTURE COMBAT AIR SYSTEM (FCAS):33 Deutschland, Frankreich und Spanien wollen bis Ende 2021 eine erste Technologiedemonstration für eine Kombination aus einem Kampfflugzeug als Nachfolger des Eurofighter und Drohnen, die als „Wingfighter“ des Kampfflugzeugs einen Fähigkeitsverbund für Aufklärung, Führung und Wirkung herstellen sollen. Das System soll ab etwa 2040 von den Streitkräften genutzt werden können.

9.AEGIS COMBAT SYSTEM:34 integriertes Waffeneinsatzsystem für schwimmende Einheiten.

•Die Entwicklung des Konzepts begann bereits 1964. Am Anfang stand die Notwendigkeit, ein System aus Sensoren, Rechnern und Effektoren zu entwickeln, das gegnerische Seezielflugkörper abwehren konnte. Das erste Testsystem wurde 1973 auf der USS Norton Sound installiert.

•Über die Jahrzehnte entstand ein integriertes taktisches System, das Überwassereinheiten zur Bekämpfung aller bekannten Bedrohungen befähigt. Seit 2004 wird ergänzend auf einigen Einheiten der US Navy das Aegis Ballistic Missile Defence System eingeführt, es dient der Abwehr ballistischer Flugkörper (Kurz- und Mittelstreckenwaffen).

•Mittlerweile ist das System auf Dutzenden Überwassereinheiten der US Navy und verbündeter Seestreitkräfte installiert und umfasst als integriertes Waffeneinsatzsystem den kompletten Prozess von der Detektion bis zum Waffeneinsatz gegen jede Art von Ziel in allen drei Dimensionen. Es kann mehr als 100 Ziele gleichzeitig verfolgen und im Rahmen des vorhandenen Arsenals an Effektoren bekämpfen.

•Das System ermöglicht den manuellen Betrieb ebenso wie die Autorisierung jedes einzelnen Waffeneinsatzes durch den Operator, kann aber auch im vollautomatischen Modus den gesamten Prozess ohne Mitwirkung, aber unter Beobachtung des Operators durchführen, etwa wenn die Menge der Ziele den Menschen wegen seiner begrenzten Reaktionszeiten überfordert.

10.PROTECTOR35, SEAGULL36 und andere USVs (Unmanned Surface Vehicles): unbemannte Kampfboote zur Überwachung von Küstengewässern, Häfen, Reeden und Flüssen.

•Historische Vorläufer sind bemannte Wachboote, die früher zur Sicherung von Häfen, Reeden und Flüssen eingesetzt wurden. Nach dem Anschlag auf der USS Cole im Hafen von Aden im Jahr 2000 begann vielerorts die Entwicklung von kleinen, ferngesteuerten Kampfbooten.

•Die Systeme werden von Land oder von Schiffen aus ferngesteuert, operieren nach Bedarf auch eigenständig und können je nach Ausstattung Überwasserziele, fliegende Objekte, Minen oder U-Boote bekämpfen.

•Ausführung als Festrumpfboot oder Festrumpfschlauchboot (RHIB, Rigid-Hull-inflatable-Boat).

•Die Boote sind neun bis zwölf Meter lang und können alternativ mit verschiedenen Effektoren ausgestattet werden: Maschinengewehr, Maschinenkanone, Minenjagddrohne, ASW-Torpedo usw.

•Den Einsatz kann man sich singulär, aber auch als „Wingman“ für bemannte Boote vorstellen, etwa zur Absicherung von Spezialkräften in amphibischen Operationen. Einen Teil der Ausstattung der neuen deutschen Fregatten des Typs F125 mit Kampfbooten könnten künftig auch solche USVs bilden, die zum Schutz der bemannten Boote eingesetzt werden könnten.

11.SEA HUNTER, Anti-Submarine Warfare Continuous Trail Unmanned Vessel (ASW ACTUV):37 unbemanntes U-Jagd-Schiff.

•Derzeit wohl die weltweit größte Drohne, hat der etwa 40 Meter lange hochseefähige Trimaran eine Wasserverdrängung von nur rund 140 Tonnen, eine Reichweite von rund 10.000 nautische Meilen (NM), soll bis zu 90 Tage auf See bleiben können und kann bei Bedarf bis zu 31 Knoten schnell sein – schneller als moderne konventionelle U-Boote.

•Das System wird ferngesteuert von Land oder von bemannten schwimmenden Einheiten und soll befähigt werden zu begrenzt eigenständigen Operationen ohne Steuerung durch einen Operator.

•Sea Hunter soll bei der Aufklärung und Jagd von U-Booten eine Fähigkeitslücke zwischen Flugzeugen und Hubschraubern einerseits und bemannten zur U-Jagd ausgerüsteten Überwassereinheiten und U-Booten andererseits schließen und kontert damit die längere Tauchausdauer moderner U-Boote mit außenluftunabhängigem Antrieb. Er kann länger „dranbleiben“ als fliegende U-Boot-Jäger und ist im Konflikt anders als bemannte schwimmende oder tauchende Einheiten als „Expendable“ zu betrachten, weil die Betriebskosten nur den Bruchteil der Kosten für eine U-Jagd-Fregatte betragen und im Einsatz die eigenen Soldaten kein Risiko eingehen.

•Daneben ist Sea Hunter auch zur Minenbekämpfung vorgesehen.

•Das System ist weltweit das erste erfolgreiche Experiment mit hochseegehenden Kampfschiffen für große Seeausdauer – es stößt die Tür auf zu einem tiefgreifenden Wandlungsprozess nicht nur der US Navy, die in ihrer Streitkräfteplanung mit unbemannten Fahrzeugen ihr Ziel von 355 Einheiten deutlich leichter realisieren kann als mit bemannten Schiffen.38

•Unbemannte Schiffe in variablen Größen und mit modularer Ausrüstung für alle denkbaren Einsatzzwecke werden künftig einen erheblichen Anteil an der Gesamtstärke von Seestreitkräften haben.

•Zivile Varianten an zwei Beispielen: Projekte von Kongsberg Marine für Fähren, Frachtschiffe, Feeder und Vermessungseinheiten und ein unbemanntes Offshore Support Vessel39 und das Mayflower Autonomous Ship von Promare und IBM,40 das im September 2020 zur Feier des 400. Jahrestags der Atlantiküberquerung der Mayflower ohne Besatzung den Atlantik queren soll.

12.UUV (Unmanned Underwater Vehicle) mit großer Seeausdauer:

•Die Marine der VR China soll in den 2020er-Jahren erste große unbemannte U-Boote mit langer dem Sea Hunter vergleichbarer Seeausdauer erhalten.41

•Sie sollen eigenständig im ozeanischen Maßstab operieren können und verschiedene Aufgaben wie Bekämpfung von U-Booten und Überwassereinheiten wahrnehmen, Entscheidungen von gewisser Tragweite, etwa über Angriffe, sollen jedoch bei Soldaten verbleiben.42

•Boeing entwickelt ebenfalls autonome UUVs, 2017 war die Echo Voyager mit ihren rund 7.500 Seemeilen Reichweite in einem Test drei Monate unterwegs; die US Navy bestellte 2019 vom Nachfolgemodell Orca fünf Exemplare.43

•Russland arbeitet an einem autonom operierenden Torpedo unter dem Namen „Poseidon“, Antrieb und Sprengkopf nuklear, operative Reichweite rund 6.200 nautische Meilen, Spitzengeschwindigkeit 60 bis 90 Knoten, der die Vorwarnzeiten für nukleare Attacken auf nahe null verringern könnte.44 Eingesetzt werden soll diese recht große Waffe von dem rund 30.000 Tonnen großen U-Boot Belgorod45 und später von der 2020 in Bau befindlichen Chabarowsk.46 Poseidon kann aufgrund seines nuklearen Antriebs auch die Option monatelangen Lauerns nach Absetzen vom Mutterschiff bieten und wie Harpy als Loitering Munition eingesetzt werden – die Entscheidung über die Auslösung wird aber wohl eher nicht die die Steuerelektronik der Waffe eigenständig treffen. Die großen U-Boote und die Waffe dürften allerdings zumindest bei hohem Tempo gut detektierbar sein.

13.UGV (Unmanned Ground Vehicles):47 Kettenfahrzeuge verschiedener Größe, ausgestattet z.B. mit Maschinenkanone, Maschinengewehr und/oder Panzerabwehrgranatwerfer bzw. Panzerabwehrflugkörper, hier an russischen Beispielen.

•PLATFORM-M: Das nicht einmal mannshohe Kleinfahrzeug wurde erstmals 2014 öffentlich vorgestellt. Es ist konzipiert für die Bewachung militärischer Anlagen, für die Aufklärung unter erhöhtem Risiko und für den Kampf auf geringe Entfernung, insbesondere im urbanen Umfeld. Seine Standardbewaffnung sind Maschinengewehr und Granatwerfer.

•URP-01G: Das Kettenfahrzeug wiegt rund sieben Tonnen bei etwa 3,5 Meter Länge und zwei Meter Breite und gehört damit in die Kategorie der kleineren gepanzerten Gefechtsfahrzeuge. Es ist ausrüstbar mit Maschinenkanone, Maschinengewehr und optional Raketenwerfer.

•Beide werden im Grundsatz ferngesteuert durch einen Operator und sind befähigt zur automatischen Erkennung und Bekämpfung von Zielen.

•Im Saldo sind beide simple und preiswerte Kampfmittel, die ihrer Größe angemessen Schlagkraft, Tempo und Schutz vereinen und dazu noch den Vorteil bieten, beim Schutz von Anlagen gegen Terrorattacken oder im militärischen Konflikt „ganz vorne“ am Gegner Verluste unter den eigenen Soldaten zu vermeiden.

•T-14: Russland plant, schon bald eine Drohnenversion seines Kampfpanzers T-14 in die Streitkräfte zu bringen, die ferngesteuert und eigenständig auf dem Kampffeld agieren können soll.

•Russland hat verkündet, dass schon bis 2025 „30 % aller militärischen Systeme“ automatisiert sein sollen.48

14.STUXNET:49 die erste global bekannt gewordene rein virtuelle Waffe, deren reale Zerstörungskraft ganz ohne eigene Hardware auskam.

•Der wahrscheinlich 2007 begonnene Einsatz von mehreren Varianten der Schadsoftware zerstörte in mehreren Wellen zwischen 2008 und 2010 einige der Tausende von Zentrifugen, die im Iran zur Anreicherung von Uran betrieben wurden.

•Stuxnet wurde per USB-Datenträger in die nicht ans Internet angeschlossenen EDV-Steuerungssysteme der iranischen Urananreicherungsanlagen in Natanz eingeschleust. Nicht per Spion, sondern wohl unwillentlich durch Datenübertragungen von Iranern, die ihre Datenträger vorher auch mit Geräten mit Internetzugang verbunden hatten. Über das Internet erfolgte vorher die Infiltrierung von Computern diverser Unternehmen, die geschäftlichen Kontakt zum Iran hatten. Im Fokus späterer Recherchen zur Aufklärung der Vorgänge stand u.a. das iranische Unternehmen Behpajooh mit Sitz in Isfahan in der Nähe der Urananreicherungsanlagen. Das Unternehmen warb auf seiner Website damit, dass es Siemens S7-400 PLCs und Step7 sowie WinCC Software in Kundenanlagen installiert hatte. Da dies genau die Technologie war, die in Natanz in Kombination wohl mit Zentrifugen aus Pakistan benutzt wurde, war Behpajooh wohl das wesentliche Einfallstor.

•Stuxnet hat seine Angriffsfunktion allein gegen eine bestimmte Version einer Software zur Steuerung der Zentrifugen in Natanz ausgeführt, die in der iranischen Anlage Verwendung fand. Es gelang der Software dabei, die Steuerung der Zentrifugen so zu manipulieren, dass diese durch Veränderungen der Rotordrehzahlen beschädigt werden, während dem Überwachungspersonal auf den Bildschirmen normaler Betrieb angezeigt wurde.

•Wenn Stuxnet einmal auf vom Internet getrennte Rechner gelangt war, konnte es von seinen Erfindern nicht mehr zurückgeholt werden, hatte aber eine Begrenzung seiner Wirkmöglichkeiten auf bestimmte Software und von dieser gesteuerten Hardware zur Urananreicherung. Und Stuxnet hatte ein programmiertes „Verfallsdatum“ für die endgültige eigenständige Deaktivierung.

•Stuxnet war nur das prominenteste Beispiel für virtuelle Angriffe, schon vorher gab es die bekannten Attacken etwa auf die Netzwerke von Banken und Telefonnetzbetreibern in Estland,50 später und bis heute Angriffe auf Stromversorger.51

15.MAYHEM:52 Software zur Entdeckung von Sicherheitslücken in der Software des eigenen Rechners und fremder Rechner.