Red Dirt Heart: Ungezähmte Erde

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Als das Abendessen beendet war und alle verschwunden waren, saßen Charlie, Ma, George und ich um den alten Küchentisch. Wir tranken Tee und aßen zum Nachtisch selbst gemachte Butterkekse, während wir uns über unseren dreitägigen Aufenthalt in Darwin unterhielten. Charlie erzählte ihnen von seinen Tagen mit Sam und Laura und ich berichtete von den Sehenswürdigkeiten.

Ma und George waren wirklich gute Menschen und sie vergötterten Charlie. Es war mir egal, dass sie nicht blutsverwandt waren. Sie waren seine Eltern. Sie hatten ihn großgezogen und liebten ihn. Und er liebte sie.

Als wir da am Tisch saßen, konnte ich spüren, dass sie eine Familie waren.

In solchen Zeiten vermisste ich meine Mom und meinen Dad. Es passierte nicht oft, aber hin und wieder brachte mich ein flüchtiger Gedanke zurück nach Texas. Es bedeutete nicht, dass ich nach Hause gehen wollte, sondern nur, dass ich sie vermisste, aber Charlie würde keinen Unterschied dazwischen machen und genau deshalb erzählte ich ihm nichts davon.

Charlie sah mich an, dann wieder zu Ma und George, als würde er etwas Wichtiges sagen wollen. Und eine Sekunde glaubte ich, er würde ihnen sagen, dass wir verlobt waren.

Aber Ma ergriff zuerst das Wort. »Das Nachtleben muss gut gewesen sein«, sagte sie. »Du warst leichenblass, als du vor dem Mittagessen hier angekommen bist.«

»Na ja, es ist besser als die Pubs in Alice«, sagte Charlie. »Aber um ehrlich zu sein, ist es nicht meine Szene.«

Ich schnaubte spöttisch. »Letzte Nacht schien es dich nicht gestört zu haben!«

»Einmal alle drei Jahre«, sagte er. »Aber diese dröhnende Musik und die jungen Leute sind nicht mein Ding. Der Club war voller Achtzehnjähriger mit Haargel und so engen Jeans, dass ich sehen konnte, welcher Religion sie angehören.«

George verschluckte sich an seinem Tee und erstickte beinahe und Ma lachte laut. Charlie war sichtlich verlegen. Er zog den Kopf ein und hakte seinen Fuß unter meinen. Das tat er immer, wenn er stille Unterstützung brauchte.

»Tut mir leid.« Er starrte mit feuerroten Wangen auf den Tisch. »Ich wollte es wirklich nicht so ausdrücken.«

Ma lachte noch einmal und tätschelte seine Hand. »Den muss ich mir merken.«

Ich legte meine Hand auf seinen Hinterkopf und zerzauste ihm die Haare. »Mir war nicht klar, dass du religiös bist.«

Charlie unterdrückte ein Lachen, indem er sich räusperte, und stand dann auf. »Und damit wünsche ich euch eine gute Nacht«, sagte er und seine Wangen waren noch immer knallrot.

Da ich mit ihm gehen wollte, dachte ich darüber nach, einen Witz über religiöse Erfahrungen, auf den Knien zu liegen oder Oh Gott zu schreien, zu reißen, aber bevor ich mich entscheiden konnte, welcher am wenigsten unangebracht war, sagte Charlie: »Travis, was auch immer du sagen willst, lass es.«

Ich sah zu ihm auf. »Nicht mal ein Komm zu Jesus-Witz?«

Charlie seufzte und murmelte etwas, das wie Gute Nacht klang, als er ging. Ma lachte erneut und George stellte seine Tasse auf den Tisch, während er versuchte, nicht zu grinsen. Ich stand auf, stellte meine Tasse in die Spüle und drehte mich dann zu ihnen um. »Die einzigen Witze, die mir einfallen, sind zu unanständig, um sie zu wiederholen, also sage ich nur Gute Nacht und wir sehen uns morgen früh.«

»Nacht«, sagte George grinsend und nickte.

»Gute Nacht, Liebling«, sagte Ma. Ich war nicht sicher, wann Ma mit den Spitznamen angefangen hatte. Sie waren einfach hin und wieder dazwischengerutscht, nachdem sie ihre Operation hatte, hatten sich eingebürgert, als ich von der Beerdigung meines Großvaters wiederkam und waren seitdem hängen geblieben.

Das Schlafzimmer war leer und das Licht im Badezimmer an, aber die Tür geschlossen. Ich wartete im Flur auf ihn und als er schließlich die Tür öffnete, trat ich ganz nah an ihn heran und drückte ihn gegen den Türrahmen. »Religion, hm?«

Er schnaubte leise. »Ich kann nicht glauben, dass ich das gesagt habe.«

Ich küsste ihn und stupste mit der Nase gegen seine. »Ich kann nicht glauben, dass du andren Kerlen auf den Schwanz gestarrt hast.«

»Hab ich nicht«, sagte er schnell.

Ich lachte und küsste ihn erneut, langsamer dieses Mal. »Ich weiß. Du warst letzte Nacht nicht wirklich in der Lage für irgendwas.«

Charlie lehnte seinen Kopf nach hinten an den Türrahmen und sah mich lange an. »Ich war ziemlich betrunken.«

»Warst du.« Ich küsste seinen Hals, seinen Kiefer und die Stelle unter seinem Ohr. »Willst du diese Komm zu Jesus-Unterhaltung führen?«

Er lachte leise. »Bitte, keine religiösen Witze mehr.«

»Sag nicht, dass du beleidigt bist. Du siehst in Religion echt keinen Sinn, oder?«, sagte ich. Dann musste ich lachen. »Aber weißt du, wonach mir der Sinn steht?«

Charlie lachte nun lauter und lehnte seine Stirn an meine Schulter. »Das ist der schlechteste Witz, den du je erzählt hast.« Aber er schob seine Hand über meinem Hintern in meine Hosentasche und zog mich an sich. Er küsste meinen Hals und schabte mit den Zähnen über meine Haut.

»Eine Sache über dich in Darwin«, sagte ich flüsternd. »Du gibst ziemlich versaute Sprüche von dir, wenn du trinkst.«

Charlie erstarrte und ich zog mich zurück, damit ich sein Gesicht sehen konnte. Erneut stupste ich seine Nase an. »Es war heiß«, versicherte ich ihm leise. »Und du kannst jederzeit so mit mir reden.«

Er versuchte, nach unten zu sehen, aber ich hob sein Kinn mit den Fingern an. »Das muss dir nicht peinlich sein«, flüsterte ich und küsste ihn. »Es muss dir nie peinlich sein, mir zu sagen, was du willst.«

Er schluckte schwer. »Ich bin nicht so mutig wie du. Ich lerne gerade erst, über normale Dinge zu sprechen, ich kann nicht einfach… solche Dinge sagen. Betrunken, ja. Offensichtlich. Nüchtern… Ich... Also, ich, nun…«

Erneut stupste ich ihn mit der Nase an und saugte an seiner Unterlippe. »Wenn ich dir sagen würde, dass ich dich will«, sagte ich an seinem Mund. »Wenn ich dir sagen würde, dass ich will, dass du mich ausfüllst und fickst, würdest du es tun?«

Ihm stockte der Atem und ich spürte, wie sich seine Brust an meiner hob und senkte. Er nickte. »Ja.«

»Dann tu es«, sagte ich mit rauer Stimme. »Bring mich ins Bett und nimm mich. Wie immer du willst.«

Charlie schob mich von sich, nahm meine Hand und zog mich in unser Zimmer. Er schloss hinter mir die Tür, umfasste dann mein Gesicht und küsste mich langsam und innig.

Er strich mit den Händen über meinen Hals, meine Brust und zog mir langsam das Shirt über den Kopf. Ich konnte ihn in dem dunklen Zimmer sehen, seine geschwollenen Lippen und das Verlangen in seinen Augen. Ich spürte seinen Atem auf meinem Gesicht und seine Hände – seine rauen, schwieligen Hände – glitten über jeden Zentimeter meiner Haut.

Das tat er immer. Seit dem allerersten Mal und er tat es noch. Als würde er versuchen, sich jeden Zentimeter Haut einzuprägen, als könnte er vergessen, wie ich mich anfühlte. Ich zog ihm das T-Shirt über den Kopf und küsste seine Schulter. »Hast du mich in deinem Kopf abgespeichert?«, fragte ich und leckte über seinen Hals zu seinem Ohr.

Er ließ den Kopf in den Nacken fallen und stöhnte, doch es klang wie ein Lachen. Dann fummelte er an meinem Reißverschluss herum, schob mir die Hose nach unten und drückte mich aufs Bett. Als ich ihm gesagt hatte, dass er mich haben konnte, wie immer er wollte, hatte ich das ernst gemeint.

Und er nahm mich beim Wort.

Kapitel 4

Eine Bekanntmachung,

eine Party und ein Knie in den Eiern

»Hi, Momma.« Ich sah auf den Laptopbildschirm. Charlie und ich saßen gegen das Kopfende gelehnt auf dem Bett und der Laptop stand auf unseren Beinen.

»Oh, Travis, Charlie, wie geht's euch Jungs?«, fragte sie.

»Wirklich gut, Momma«, antwortete ich.

»Mir geht's gut, Mrs. Craig.« Charlie rieb sichtlich nervös mit den Händen über die Oberschenkel.

Ich drückte seine Hand. »Momma, ist Dad da?«

»Ja, er ist im Wohnzimmer. Alles in Ordnung?«, fragte sie besorgt.

»Alles in Ordnung, Momma«, versicherte ich ihr. »Könntest du ihn holen? Es gibt etwas, das ich euch beiden sagen möchte.«

Mom verschwand und wir hörten, wie sie nach meinem Dad rief und dann etwas murmelte, weil sie ihn holen musste. Einige Sekunden später kamen sie beide zurück. »Hallo, Travis«, sagte er. »Deine Mom ist in heller Aufregung. Was ist denn los?«

»Oh Gott«, flüsterte Charlie und stieß die Luft aus, als würde er gleich die Nerven verlieren. Er drückte meine Hand etwas zu fest und verbarg das Gesicht hinter meiner Schulter.

»Nichts ist los, Dad«, sagte ich. »Ich wollte euch nur sagen, dass ich Charlie gefragt habe, ob er mich heiraten will.«

Charlie gab einen seltsam erstickten Laut von sich. Dad lächelte und Mom blinzelte. Beide waren schockiert, aber schließlich fragte Mom: »Und?«

»Und was?«

»Und was hat er gesagt?«

Charlie hörte auf, sein Gesicht hinter meiner Schulter zu verstecken, damit er zum Bildschirm sehen konnte. »Ja. Ich hab Ja gesagt. Natürlich hab ich Ja gesagt.«

Ich lachte. »Er hat Ja gesagt, Momma.«

Dann kamen die Tränen. Dad legte seinen Arm um Mom, sagte mir, dass das wirklich wunderbare Nachrichten waren und dass er nicht allzu überrascht war, während Mom einfach nur nickte und sich mit einem Taschentuch die Augen abtupfte.

»Warum weint sie?«, flüsterte Charlie. »Travis, deine Mum weint. Sie soll aufhören. Travis, das ist schlecht.«

Ich lächelte und küsste ihn schnell. »Das sind keine traurigen Tränen, Charlie.« Es waren Tränen, weil ihr Baby nun erwachsen war.

 

Es waren Tränen, weil ihr Baby nie wieder nach Hause kommen würde.

Charlie schluckte schwer und sah auf den Bildschirm. »Ich möchte nur, dass Sie eines wissen«, sagte er zu meinen Eltern. »Es gibt noch keine unmittelbaren Pläne für irgendwas, wir sind sehr glücklich, so, wie es jetzt ist.« Dann drückte er meine Hand so fest, dass er mir beinahe die Knochen brach, atmete tief ein und hob das Kinn. »Mr. Craig, Mrs. Craig, ich weiß, dass wir uns noch nie getroffen haben und ich verspreche, dass sich das ändert, damit ich Sie persönlich darum bitten kann…« Charlie schluckte erneut. »… aber wenn es für Sie in Ordnung ist, würde ich wirklich gern den Rest meines Lebens mit Ihrem Sohn verbringen.«

Heilige Scheiße.

Ich vergaß, dass meine Eltern da waren. Ich sah Charlie an und er hatte gerade das Wundervollste gesagt, sodass mir das Herz in der Brust hämmerte. »Charlie«, flüsterte ich.

Daraufhin sah er mich an, vollkommen verletzlich und angreifbar. »War das in Ordnung?«

Ich musste über seine unglaublich hinreißende Art und Weise lachen. »War das in Ordnung? Ich hatte keine Ahnung, dass du um Erlaubnis bitten würdest.«

Charlie blinzelte. »Macht man das nicht so? Ich meine, ich kenn mich damit nicht aus…«

Aus dem Lautsprecher drang eine Mischung aus Schluchzen und Lachen. Meine Mom weinte immer noch. »Ihr Jungs seid einfach zuckersüß.« Sie hatte ein zerknülltes Taschentuch in jeder Hand. Mit einem tupfte sie sich die Nase ab, mit dem anderen die Augen, während mein Dad hinter ihr stand und die Box hielt.

Ich erkannte den Moment, in dem es bei ihr klick machte. »Travis, Liebling, du hast nicht darüber gesprochen, die Eltern zu fragen?« Sie legte den Kopf schief und ich wusste, dass ich in Schwierigkeiten steckte. »Travis, bitte sag mir, dass du Charlies Familie gefragt hast, bevor du ihm einen Antrag gemacht hast.«

»Also, ich… Ähm, weißt du, ich…«

»Travis Craig.« Irgendetwas daran, von seiner Momma beim vollen Namen genannt zu werden, konnte einen in Angst und Schrecken versetzen. »Hab ich dich nicht besser erzogen?«

»Oh, also, Mrs. Craig«, warf Charlie schnell ein. »Ich habe nicht wirklich Eltern. Mein Dad ist vor ein paar Jahren gestorben und meine Mum… na ja, ich hab eine Ma und einen George. Tja, und eine Laura, aber sie ist nicht wirklich meine Mum. Ich meine, sie ist es schon, aber es ist… kompliziert.«

Moms Gesichtsausdruck wurde sanft. »Oh, ich weiß, Liebling«, sagte sie liebevoll. »Travis hat mir alles über deine Ma und George und Laura erzählt.« Sie sah mich an und ich konnte die Hitze ihres bösen Blicks durch den Bildschirm hindurch spüren. »Travis, bitte sag mir, dass du Charlie keinen Antrag gemacht hast, ohne vorher George zu fragen?«

»Also, nun…« Es hatte keinen Zweck zu lügen. Sie würde es sowieso herausfinden. »Tatsächlich hab ich das getan. Es war eine spontane Sache und ich hab nicht daran gedacht, dass ich jemanden um Erlaubnis bitten müsste. Ich hab Charlie gefragt. Ich brauchte seinen Segen, Momma, nicht den von jemand anderem.«

Das war offensichtlich die falsche Antwort.

»Mrs. Craig«, sagte Charlie erneut und versuchte, sie zu beruhigen. »Travis sollte nicht in Schwierigkeiten sein.«

Momma atmete tief ein und straffte den Rücken. Diese Haltung kannte ich gut. Es bedeutete, dass ich eine Standpauke bekommen würde. »Travis, wenn du Manns genug bist, um zu heiraten, bist du auch Manns genug, um seinen Daddy um seinen Segen zu bitten.«

Charlie war so nervös, dass er wieder nicht aufhören konnte zu reden. »Oh, er ist Manns genug…« Er verstummte, als ihm klar wurde, wie sich das angehört hatte. Er sah mich mit aufgerissenen Augen und einem entsetzten, entschuldigenden Blick an und schüttelte den Kopf. »Ich mache es schlimmer.«

Ich lachte und küsste ihn schnell, ehe ich wieder zu meiner Mutter sah. Sie diskutierte gerade mit meinem Dad. Ich glaube, er sagte ihr, dass sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollte, doch dann bedachte sie ihn mit dem Blick – ihr wisst schon, dem Blick – und mein Dad wandte sich zum Bildschirm und seufzte. »Junge, du tust besser das Richtige.«

Ich hob die Hände. »Na schön, na schön«, gab ich geschlagen nach und lachte. »Ich mache es gleich. Hab Erbarmen, Momma.«

Charlie lachte ein wenig. »Hab Erbarmen? Wie texanisch bist du eigentlich?«

»Soll ich dir zeigen, wie texanisch ich sein kann?«, flüsterte ich, wackelte mit den Brauen und stürzte mich auf Charlie, um ihn aufs Bett zu drücken.

Mein Dad stöhnte gequält. »Travis, um der Therapie willen, Junge, leg erst auf.«

Auf dem Laptop konnte ich erkennen, dass meine Eltern unsere vollständig bekleideten Beine und Hüften sehen konnten, lachte bellend auf und klappte den Laptop zu. Ich küsste Charlie schnell und innig und rollte mich vom Bett. Dann reichte ich ihm die Hand und nachdem er auf die Füße gekommen war, sagte ich: »Na komm, ich muss George finden.«

Ich zerrte den protestierenden Charlie den Flur entlang zum Wohnzimmer, wo George und Ma fernsahen und George Nugget mit dem Fuß den Bauch kraulte.

»Travis, du musst das nicht machen«, sagte Charlie leise. »Wir sagen deiner Mum einfach, dass du gefragt hast und gut ist. Mehr müssen sie nicht wissen.«

Ich ignorierte ihn.

Mittlerweile sahen Ma und George uns an und warteten auf das, was auch immer ich sagen würde. »George, kann ich kurz mit dir sprechen?«

»Natürlich«, sagte er, sah mich besorgt an und wollte vom Sofa aufstehen.

»Nein, bleib sitzen«, sagte ich. »Und Ma, ich bin froh, dass du hier bist. Es betrifft auch dich.«

»Ist alles in Ordnung?«, fragte Ma. »Wie geht's deinen Eltern? Mit denen habt ihr doch gesprochen, oder? Ist alles okay?«

»Alles ist vollkommen in Ordnung«, versicherte ich ihr. Dann atmete ich tief ein, drückte Charlies Hand und sagte: »Eigentlich müsste ich George fragen, aber es scheint nur richtig zu sein, euch beide zu fragen.«

Charlie versteckte sich hinter mir und vergrub sein Gesicht an meinem Rücken. »Oh gütiger Gott.«

»George, Ma, ihr beide wisst, dass ich Charlie sehr liebe«, sagte ich und sah die beiden an. »Na ja, ich hab ihn gefragt, ob er mich heiraten will und er hat Ja gesagt.« Ma schlug sich die Hände vor den Mund und George lächelte. »Ich verspreche euch, dass ich ihn, solange ich lebe, respektieren und ihn so behandeln werde, wie er es verdient – was, wie ich Charlie kenne, jeden Tag von absoluter Hingabe bis hin zu einem Tritt in den Hintern reichen kann.« Charlie schnaubte an meinem Rücken, also zog ich ihn nach vorn und legte den Arm um ihn.

Erst dann sah ich wieder zu George und Ma. »Also, wenn ihr ihn mir gebt, hätte ich wirklich gern euren Segen, Teil eurer Familie zu werden.«

Charlie sah mich an und schüttelte den Kopf. »Du musstest mich einfach übertrumpfen, nicht wahr?«

Ich lachte, aber bevor ich antworten konnte, stand Ma vom Sofa auf, stellte sich vor mich, die Hand noch immer vor ihrem Mund. Nun standen Tränen in ihren Augen. »Oh, Travis, Liebling. Du bist schon Teil dieser Familie, aber ja, ja, ja.«

George stellte sich neben sie und reichte mir die Hand, die ich schüttelte. »Es ist nicht wirklich notwendig, Junge, aber wenn du einen Segen brauchst, bekommst du ihn.«

Ma umfasste mittlerweile Charlies Gesicht. »Oh, ich freue mich so für euch.«

»Danke, Ma«, sagte er. »Wir dachten nur, es ist an der Zeit, es offiziell zu machen, weißt du?«

»Na ja, Charlie dachte, es wäre an der Zeit«, fügte ich hinzu.

»Ich dachte, ihn ein Jahr warten zu lassen, wäre lang genug.« Er lachte.

»Oh. Ich dachte, das wäre passiert, als ihr übers Wochenende in Darwin wart.« Mas Blick huschte zwischen mir und Charlie hin und her. »Was meinst du mit ein Jahr?«

Der Ausdruck auf Charlies Gesicht war unbezahlbar und ich schwöre, ich konnte hören, wie er innerlich zurückruderte. »Oh, also…« Er sah erst mich und dann wieder Ma an. »Na ja, Trav hat mich schon vor einem Jahr gefragt.«

Ma hob die Brauen und ihr Lächeln war verschwunden. »Und du hast erst jetzt Ja gesagt? Charlie«, zischte sie missbilligend. »Was hast du dir dabei gedacht?«

»Nein! Ich hab sofort Ja gesagt«, platzte er heraus. »Aber wir haben erst jetzt darüber gesprochen.«

»Ihr seid seit einem Jahr verlobt?«, fragte sie.

Oh Scheiße. Diesen Tonfall kannte ich. Es war ihr Charles Sutton, du steckst mächtig in Schwierigkeiten-Tonfall. Meine Momma hatte auch so einen.

»Na ja, es war alles so perfekt und ich wollte es nicht beschreien und dann hab ich es Sam gegenüber einfach ausgeplaudert. Ich hatte es wirklich nicht vor«, sagte er schnell. »Und sobald ich es gesagt habe, ist mir klar geworden, dass es sich richtig angefühlt hat und dass mir der Klang irgendwie gefällt und ich wusste, dass es ziemlich scheiße war, es ein Jahr nicht anzusprechen.« Charlie sah mich mit seinen großen, unsicheren Augen an. »Es tut mir wirklich leid, Trav.«

»Hey, entschuldige dich nicht«, sagte ich. Erneut. Ich nahm seine Hand. »Vielleicht warst du noch nicht bereit oder was auch immer. Es ist egal. Du bist es jetzt und das ist für mich in Ordnung. Ich hab's dir schon mal gesagt, mir reicht es zu wissen, dass du Ja gesagt hast. Das ist alles.«

Er nickte, ohne den Blick von mir abzuwenden. »Danke.«

Ich lachte leise. »Du musst dich nicht bei mir bedanken, Charlie.« Er legte seinen Arm um mich und sah Ma an. Ihr Blick war weicher geworden und sie lächelte uns an. »Ma, sei nicht böse auf ihn. Er hat alles richtig gemacht.«

»Ich dachte, er hätte ein Jahr lang nicht geantwortet«, sagte sie. »Dann wäre ich böse gewesen.«

»Ich hätte niemals Nein gesagt, Ma«, antwortete Charlie und lehnte sich noch immer an mich. »Ich wäre beinahe gestorben, als ich Ja gesagt habe, aber ich hätte niemals Nein gesagt.« Dann richtete er sich auf und nahm ihre Hand. »Aber es gibt keine weiteren Pläne. Wir sind einfach verlobt, solange wir es brauchen, in Ordnung? Also bitte kein Druck wegen eines Termins oder so was. Und ich bin nicht sicher, wie ich mich damit fühle, dass die anderen es erfahren. Wir haben es gerade erst Travis' Eltern gesagt.«

»Nun«, sagte George. Er hatte die ganze Zeit geschwiegen. »Für mich sind das tolle Neuigkeiten. Wir wollen keinen Druck machen, aber danke, dass ihr es uns gesagt habt.« Er sah mich an. »Travis, dass du gefragt hast, macht mich sehr stolz.« Dann sah er wieder zu Charlie und legte ihm seine große Hand auf den Arm. »Wer hätte das gedacht, hm? Erinnerst du dich, als wir an der Lagune saßen und du so sicher warst, du würdest ihn nicht verdienen? Erinnerst du dich?«

Charlie nickte.

»Und du dachtest, die Regierung würde Travis ausweisen? Und als er nach Texas geflogen ist und du dachtest, er würde für immer wegbleiben?«

Charlie schluckte schwer. »Ja.«

»Jetzt kapierst du es, nicht wahr, Charlie?«, sagte der alte Mann. »Jetzt weißt du, dass es egal ist, wer von euch gerade wo auf der Welt ist, nicht wahr? Du weißt, Charlie, dass dich nicht alle verlassen werden.«

Charlie nickte schnell und Tränen schimmerten in seinen Augen. »Ich verstehe es jetzt.«

»Du brauchst keine Hochzeit oder ein Stück Papier oder einen Ring an deinem Finger, um es jemandem zu beweisen«, sagte George. »Weil du es weißt.«

Charlie sah mich an. »Ja. Ich weiß es.«

Ma sah ihren Mann an, als würde sie gleich platzen. Sie strich ihre ergrauenden Haare glatt und schien gleich in Tränen auszubrechen. »Oh, Joseph Brown, das ist das Süßeste, was ich je von dir gehört habe.«

George lächelte sie verschlagen und wissend an und nahm ihre Hand. »Es wird spät, Katie«, sagte er und führte sie hinaus. Ma lächelte uns an, ehe sie durch die Tür verschwanden.

Charlie legte seine Arme um mich, vergrub das Gesicht an meinem Hals und lachte leise. »George macht niemandem was vor. Er weiß genau, was er sagen muss, damit Ma zu Wachs in seinen Händen wird.«

Mein Lachen verwandelte sich ein langes, zufriedenes Seufzen. Ich strich mit den Händen über Charlies Rücken und vergrub die Nase in seinen Haaren. »Aber stimmt es, was er sagt? Weißt du es jetzt, Charlie? Weißt du, dass ich es ernst meine, wenn ich Für immer sage?«

Er verschränkte die Hände über meinem Steiß, zog aber den Kopf zurück, damit er mich ansehen konnte. Wir wussten beide, dass es nichts damit zu tun hatte, ob Charlie verstand, dass ich ihn liebte. Es ging darum, dass ihm klar war, dass er es verdiente, geliebt zu werden. »Ja, ich kapier's jetzt.«

 

Ich stupste seine Nase mit meiner an und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. »Gut.«

Charlie antwortete mit einem tiefen, überwältigenden Kuss. Er legte den Kopf schräg und schob seine Zunge zwischen meine Lippen. Seine Hände lagen auf meinem Hintern und er zog mich noch näher an sich und ich kam ihm entgegen. Himmel, er konnte küssen.

Dann stach mich etwas in den Fuß und ich hob reflexartig das Bein, wodurch ich Charlie mein Knie in die Eier rammte.

Wir lösten uns mit einem Aufschrei voneinander. Charlie legte eine Hand auf seinen Schritt und ich hüpfte auf einem Bein, während Nugget, der Übeltäter, hinter seine Schlafbox huschte.

»Getroffen«, quietschte Charlie und fiel aufs Sofa. Er hielt sich noch immer die Eier. Seine Stimme war hoch, angespannt und urkomisch. »Stimmungskiller.«

Ich landete direkt neben ihm, hielt mir den mittlerweile blutenden Fuß und versuchte, nicht zu lachen. »Dein Wombat hat mich gebissen!«

Charlie gab eine Mischung aus Stöhnen und Wimmern von sich und öffnete endlich die Augen. Ich hob den Fuß, damit er das Blut und die Bissspuren sehen konnte. »Es tut mir wirklich leid, aber er hat mich gebissen und es war ein Reflex und es tut mir leid. Ich wollte dir nicht das Knie reinrammen.«

Er atmete tief ein und umfasste meinen Fuß, um sich die Bissspuren anzusehen. »Wir sollten das säubern und desinfizieren.« Er stieß den Atem aus, als wäre ihm schlecht. »Gott. Ugh. Gib mir nur eine Minute, damit ich mich nicht übergebe.«

Ich lachte leise. »Es tut mir wirklich leid. Das wollte ich nicht.«

Er schwitzte sogar ein bisschen. Gott, das musste wehgetan haben. Er lachte leise auf. »Schon gut.« Erneut umfasste er seine Hoden und atmete laut aus. »Aber du wirst den Schmerz wegküssen müssen.« Dann fügte er nach einer schmerzerfüllten Sekunde hinzu: »Vielleicht morgen oder übermorgen.«

Ich lachte über ihn. Aber ich half ihm vom Sofa hoch und wir humpelten gemeinsam ins Badezimmer.

***

Charlie war früher wach als üblich – was für mich auch schon zu früh war –, um seine morgendlichen Aufgaben zu erledigen, damit er den Rest des Vormittags damit verbringen konnte, das Haus für Gracies ersten Geburtstag vorzubereiten. Es war eine Mischung aus süß und lächerlich und ich konnte ihn nur anlächeln.

Er hatte im Internet Happy Birthday-Banner bestellt und es gab Ballons und Luftschlangen. Wenn es einen Wettbewerb dafür gab, wie viel Pink eine Person in einem Raum unterbringen konnte, würde Charlie mit Sicherheit gewinnen.

Trudy kam herein und blieb wie angewurzelt stehen. Ihre Augen weiteten sich und ich seufzte. »Er ist… er… Ich konnte ihn nicht aufhalten, entschuldige.«

Sie schüttelte den Kopf. »Er hat seinen gottverdammten Verstand verloren.«

Charlie kam dazu und grinste, als er Gracie sah. Er streckte die Hände nach ihr aus, sie beugte sich vor und hob die Arme, damit er sie hochnahm. Ich meine, Charlie war in dieses kleine Mädchen vernarrt, aber sie liebte ihn genauso sehr. »Sieh mal«, sagte er und ging mit ihr zu den Ballons. »Die Ballons sind alle für dich.«

Bacon kam mit Geschenktüten herein und blieb neben Trudy stehen. Er sah sich um, schüttelte den Kopf und lächelte, als er die Tüten auf die Sofas stellte. Es dauerte nicht lange, bis Nara, Billy, Ernie, Ma und George dazukamen und eingepackte Geschenke aufeinanderstapelten.

Und so sehr Charlie Gracie auch verehrte, stahl er Trudy und Bacon nie die Show.

Es war ihre Party, auch wenn er das Zimmer dekoriert hatte, aber Gracie wollte bald wieder zu ihrer Momma und Charlie reichte sie ihr mit Freuden. Gracie saß abwechselnd auf Trudys oder Bacons Schoß, während es Kuchen gab und Fotos gemacht wurden und Charlie mit dem Rest von uns zusah und lachte, als Gracie mit ihren pummeligen Händen nach dem Kuchen griff.

Er würde die Aufmerksamkeit nie von Bacon, Trudy und Grace als Familie ablenken. Und sie waren eine süße Familie, eine liebevolle Familie. Wie Trudy je an ihren Mutterqualitäten zweifeln konnte, werde ich nie erfahren, denn sie machte einen wundervollen Job, ihren bisher besten. Zugegeben, sie hatte viel Hilfe und auch von Charlie, Nara und Ma wurde Grace sehr geliebt.

Charlie beobachtete Trudy, Bacon und Grace mit einem sehnsüchtigen Blick, der ihm sicher nicht einmal bewusst war. Er sah zu, wie Gracie auf ihrer Mom und ihrem Dad herumkletterte und wie ihre großen Augen aufleuchteten und sie kicherte, weil jede Entdeckung noch besser war als die letzte. Charlie musste mir nicht sagen, dass er Kinder wollte.

Es war deutlich an der Art zu erkennen, wie er Gracie beobachtete.

Als sie die Geschenke öffneten, saß Charlie auf dem Boden und lachte mit Bacon, als Gracie mehr Interesse an den Schachteln und dem Papier hatte als an den Geschenken selbst.

Trudy fiel beinahe um, als sie sah, was Charlie ihr besorgt hatte. Sie hielt die winzigen pinken R.M. Williams-Stiefel hoch. »Die müssen ein Vermögen gekostet haben!«

»Schon«, gestand er. »Aber sind sie nicht süß? Sie sind noch etwas groß für sie, aber wir kaufen ihr bei der nächsten Auktion in Alice ein Pony und wenn sie ihr passen, werden sie klasse sein.«

Während sie lachten und über Ponys diskutierten, setzte sich Ma neben mich. Sie strahlte förmlich. So gut hatte sie schon lange nicht mehr ausgesehen. »Wie fühlst du dich, Ma?«

»Na ja, dank eurer Überraschung gestern Abend und dieser Geburtstagsfeier heute könnte ich im Moment nicht glücklicher sein«, sagte sie mit warmem Blick.

Ich stimmte in ihr Lächeln ein und sie deutete mit einem Nicken auf Charlie und stieß mich mit dem Ellbogen an. »Sieh ihn dir an.«

Charlie lachte, als Nugget durch das Geschenkpapier sauste und die kleine Gracie entzückt quietschte. Seine Schultern waren entspannt, er lächelte, als würde ihn niemand beobachten und in seinen Augen schimmerte eine Freude, ein innerer Frieden.

»Ich weiß«, erwiderte ich.

Ma hörte den ganzen Tag nicht auf zu lächeln. Selbst Charlies Laune sank nie. Er grinste und lachte die ganze Zeit, erledigte sogar Arbeiten, die er hasste, und als ich ihn nach dem Abendessen in seinem Büro fand, strahlte er noch immer.

Ich setzte mich ihm gegenüber auf den Stuhl, zog meine Stiefel und Socken aus und legte meinen nackten Fuß mit dem Wombatbiss auf seinen Tisch. »Mein Fuß tut immer noch weh, wo mich Nugget gebissen hat, dieser Mistkerl.«

Er betrachtete die Wunde an meinem Fuß und lachte leise. »Ich kann dir sagen, dass ich lieber von ihm gebissen werden würde, als dein Knie in die Eier zu bekommen.« Er hielt inne. »Du schuldest mir an der Stelle auch noch Küsse.«

»Ist das so?«, fragte ich lachend.

Er grinste und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Jap, fühlt sich an, als wären sie heute bereit dafür.« Er hatte immer noch diesen Ausdruck in den Augen, als könnte das Leben im Moment nicht besser werden.

»Du hast gute Laune.«

»Hab ich«, sagte er. »Und…«

»Und was?«

»Und ich hab auf die E-Mail wegen des Austauschstudenten geantwortet.«

Nun, das überraschte mich. »Wirklich?«

Er lachte über meinen Gesichtsausdruck. »Ja. Wenn wir also einen Idioten von Gott weiß woher bekommen, hast du ihn an der Backe und musst auf ihn aufpassen.«

»Ich dachte, du wolltest es nicht verschreien?«

Er schnaubte. »Na ja, nachdem ich ein Knie in die Eier bekommen habe, dachte ich, es kann nicht schlimmer werden, richtig?«

»Tja, jetzt hast du es wirklich verschrien.«

»Ja, ich warte darauf, dass irgendetwas schiefgeht«, sagte er. »Das Leben kann mit Sicherheit nicht lange so gut sein.«