Ein Gefühl von Glück

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

»Klingt, als hättest du Spaß gehabt.«

»Ja, es war eine echte Freude. Ich kann nicht alles im Auge behalten, also ändere ich ein paar Dinge.«

»Kann ich dir nicht verdenken.«

»Warum rufst du an? Ich weiß, dass du mich nicht jammern hören willst.« Reece nahm einen Stift und drehte ihn zwischen den Fingern.

»Hat dich ein Samuel Ashford angerufen?«

»Ashford… Ashford…« Reece schob Papiere herum und fand eine Nachricht. »Meinst du Samuel Ashford von Ashford Hotels und Southern Charm? Dorian sagte etwas darüber und das Charm. Er hat mir nicht alle Einzelheiten erzählt. Ashford hat mich mehrmals angerufen. Was ist mit Ed passiert?«

»Dorian? Wann hast du ihn gesehen?«

»Er kam vor ein paar Tagen hier vorbei. Ist nicht wichtig. Erzähl mir, was passiert ist.«

»Edward ist in Rente gegangen und hat seine Hälfte des Charm an eine New Yorker Hotelkette verkauft.«

»Hat er das getan, ohne es Kota zu sagen? Verdammt, ich bin sicher, der ist in die Luft gegangen. Wie schlimm ist Kota ausgeflippt?«

»Ja, es war ziemlich heftig. Es gab Gerüchte, dass Kota während des Gesprächs Garnelen mit einem scharfen Messer gewürfelt hat.«

»Autsch.«

»Diese Ashford-Kette schickte Samuel, einen der verlorenen Söhne, um die jüngste Akquisition unter die Lupe zu nehmen. Er musste entscheiden, ob er das Charm direkt an den Meistbietenden verkaufen oder hierbleiben und dabei helfen sollte, das Charm zu renovieren und zu verbessern und es zu behalten. Zum Glück hat er sich für Letzteres entschieden. Dakota ist ziemlich verknallt in den kleinen Yankee.«

»Sag bloß! Kota hat den Sprung gewagt?«

»Oh ja, es hat ihn schwer erwischt. Sie leben zusammen. Er hat diesen verträumten Blick und ist total vernarrt in ihn.«

»Verdammt, ich muss mir dieses Wunder ansehen. Was passiert mit dem Charm?«

»Ich kann endlich alle Änderungen an der Landschaftsgestaltung vornehmen.«

»Herzlichen Glückwunsch, ich weiß, dass du das Charm schon lange in die Finger bekommen wolltest.«

»Ja, fühlt sich gut an, dem alten Mädchen endlich zu helfen.«

Reece hörte Sully kurz mit jemandem sprechen, dann war er wieder in der Leitung.

»Du musst deinen Arsch hierher bewegen und diesen verdammten Dschungel zähmen. Es gibt ein Häuschen der Eigentümer, das ungefähr drei bis vier Meter weit drin steht, das müssen wir freilegen. Ich bin mir sicher, dass es abgerissen und wieder aufgebaut werden wird, aber nicht, ehe ich drankomme.«

»Endlich kann ich den verbotenen Dschungel zähmen.«

»Ich spreche nicht nur von der Umgebung des Häuschens. Samuel möchte, dass die Zufahrt von der Straße gemacht wird. Er will alles auf Vordermann gebracht und erneuert haben.«

Reece schrie begeistert auf. »Verdammt, ich schaff innerhalb von fünfzehn Minuten meinen Arsch da rüber und rede mit ihm. Du weißt, ich wollte das schon seit Jahren.«

»Hier ist deine Chance, wenn du deinen Hintern hierher bewegst. Bis bald.«

Reece klatschte in die Hände und stand auf. »Hey, Emmy, ich muss los und runter zum Charm. Ich kann endlich den Dschungel lichten und mein Ding durchziehen.«

»Was soll ich tun?«

»Kannst du das Büro übernehmen?«

Emmy lachte. »Verschwinde und rette das Charm vor bösen Reben und Unkraut.«

Reece stimmte in ihr Lachen ein, ging in sein Büro zurück, tauschte das ausgebleichte T-Shirt gegen ein makelloses, mintgrünes Golfhemd mit dem Firmenlogo, überprüfte seine Jeans und zog anstelle seiner Slipper normale Arbeitsstiefel an. Anschließend schlüpfte er in seine alte schwarze Lederjacke, die dünn genug war, sich den wechselhaften Wetterbedingungen Floridas anzupassen. Er stopfte alles, was er brauchte, in eine Umhängetasche und rannte zu seinem Jeep.

Diese Gelegenheit konnte er sich auf keinen Fall entgehen lassen.

Kapitel 3

Beim Charm angekommen betrat Reece das Haus und hörte aus dem hinteren Bereich Stimmen. Als jemand seinen Namen sagte, ging er um die Ecke und entdeckte mehrere Männer, die auf einen Durchbruch in der Wand starrten.

»Hey, Leute, ich bin Reece.« Er bemerkte Sullys Interesse an einem kleinen Kerl mit Brille. Da stand auch noch ein anderer kleiner Mann, der besser angezogen war und sich dicht an Dakotas Seite hielt.

Reece sah zwischen seinen Freunden hin und her und verbarg ein Grinsen, als ihm Dakotas dämlicher, liebestrunkener Blick auffiel. Er brachte es nicht über sich, seine Freunde zu ärgern, und ließ Sullys komplizierten Handschlag über sich ergehen.

»Reece Simpson, ich möchte dir meinen neuen Partner Samuel Ashford vorstellen. Er ist mein Hotel- und Lebenspartner«, sagte Dakota und schlang einen Arm um Samuel.

»Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Reece. Ich habe viele gute Dinge über Sie gehört«, sagte Samuel.

»Es tut mir leid, dass ich Ihre Nachrichten nicht erhalten habe. Es ging alles den Bach runter, während ich einen Auftrag in einem anderen Staat hatte«, erklärte Reece. »Wenn ich gewusst hätte, dass ihr hier meine Hilfe braucht, wäre ich verdammt noch mal viel früher gekommen.«

»Schon okay. Jetzt sind Sie ja hier. Haben Sie Zeit für eine kurze Besprechung, damit wir über die Änderungen und was hier alles getan werden muss, reden können?«

»Hab ich. Sully hat angerufen und mir gesagt, ich soll meinen Arsch hierher bewegen, und da bin ich.«

»Reece, würden Sie mich ins Büro begleiten? Ich entschuldige mich für das Durcheinander, Chandler und ich sind mittendrin, alles zu sortieren«, sagte Samuel.

»Nach dem, was ich hinter mir hab, stört mich das nicht. Gehen Sie voraus«, sagte Reece und folgte Samuel mit Dakota an seiner Seite.

Er stupste Dakota an und deutete mit einem Nicken auf Samuel.

»Was?«, fragte Dakota.

»Du weißt schon, was«, erwiderte Reece.

»Ist halt passiert. Ich kämpfe nicht dagegen an«, sagte der mürrische Koch.

»Hat er seinen Kaffee bekommen?«, fragte Reece Samuel.

»Ja, er ist sauer wegen des Lärms«, antwortete Samuel.

»Verdammt gut, dass ich kein Soufflé im Ofen hab, sonst wären alle in Schwierigkeiten.«

»Du hasst es, Soufflé zu machen, weil sie heikel und nervig sind, also komm mir nicht damit«, sagte Reece.

»Ich kann lernen, sie zu mögen.«

»Innerhalb der nächsten fünf Minuten?«

Murrend bog Dakota in die Küche ab.

»Vermutlich wird er mir armem, hungerndem Mann kein Abendessen oder irgendetwas anbieten?«, rief Reece.

»Herrgott, Samuel, du bist schon lange genug hier, um dir deinen Eistee selbst zu holen. Ich schwöre, wir müssen dir eine Infusion legen«, rief jemand zurück.

»Hey, ich war das nicht«, sagte Samuel.

Der Souschef trat mit einer schweren Metallpfanne in den Händen aus dem Kühlraum, seine Haarspitzen waren hellblau gefärbt und er pfiff ein Lied von Elton John mit, das im Radio gespielt wurde. Anstelle der üblichen Kochkleidung trug Malcolm ein glänzendes blaues Hemd und enge Jeans unter seiner Schürze. Er starrte Reece an und hob in einer stummen Frage eine Augenbraue.

Reece schluckte schwer und erwiderte den kurzen Blick. Seit ihrem katastrophalen Treffen hatte er von diesem Moment geträumt. Er räusperte sich, schob eine Hand in die Tasche und sah Dakota an. »Hey, Koch, ich denke, du musst die Koffeinzufuhr verdoppeln. Du benimmst dich wie ein mürrischer Bär«, neckte er Dakota.

»Halt die Klappe, Reece.«

»Mein armer Schatz«, sagte Samuel und küsste Dakota auf die Wange. »Hey, Mal, hast du Reece schon mal getroffen?«

»Immer, wenn er im Charm vorbeikommt, um Dakota zu sehen oder seinen leeren Magen zu füllen«, sagte Mal.

»Und als ich versehentlich einen großen Becher Eiskaffee zwischen uns zerquetscht hab«, fügte Reece hinzu.

Mal lachte leise. »Stimmt. Hast du die Shirts sauber gekriegt?«

»Nein, die Flecken sind hartnäckig.«

Mal zuckte die Schultern. »Es war ein billiges Shirt. Wirf es weg.«

Reece bewegte die Finger in seiner Tasche. »Danke für das Abendessen. Es war sehr lecker.«

»Gern geschehen«, sagte Malcolm.

Reece drehte sich zu Samuel um und zwang sich, sich darauf zu konzentrieren, warum er im Charm war.

»Will hier jemand Eistee oder etwas zu essen?«, fragte Malcolm.

»Nein, danke. Ich muss mit Reece reden und ihn dazu bringen, uns zu helfen«, erwiderte Samuel. »Dakota, kommst du nicht mit?«

»Ja, ja, sorry, ich hab's vergessen.« Dakota nahm die Schürze wieder ab, die er sich gerade umband, und hängte sie an einen Haken. Er ging zu Malcolm, sprach ein paar Worte mit ihm und trat dann auf den Flur.

»Das Unkraut wird alles überwuchern, bevor ich es in Angriff nehmen kann.« Reece stieß sich vom Türrahmen ab und folgte Samuel und Dakota. Er warf einen Blick zurück zu Malcolm und nickte ihm zum Abschied zu. Nach der ersten Abfuhr wagte er es nicht, ihn erneut einzuladen.

Selbst wenn er es wagen würde, es noch einmal zu versuchen, gab es zwischen ihnen nichts, was eine Beziehung hätte aufrechterhalten können. Malcolm war extravagant und verrückt. Reece war gefestigt und entschlossen, seine Karriere und sein Geschäft an die Spitze zu bringen. Außerdem hatte er keine Ahnung, wie er eine Beziehung aufbauen sollte, die über ein paar Nächte mit heißem, verschwitztem Sex hinausging.

Dennoch musste er sich eingestehen, dass Malcolm einen verdammt tollen, festen Hintern hatte, der zu seiner schlanken, umwerfenden Brust passte und den er abchecken musste.

***

Als Reece mit den anderen davonschlenderte, blieb Malcolm, wo er war. Das war's. Es war nichts weiter zwischen ihnen passiert. Er hatte gedacht, das Abendessen wäre der perfekte Ansatz, an den schwer fassbaren Landschaftsgestalter heranzukommen. Er hatte sich im Laden dumm angestellt und Reece' Einladung ohne nachzudenken abgelehnt.

 

Mal starrte auf die leere Stelle, dann stellte er den Behälter mit den grünen Bohnen auf die nächste Theke und ging zum Durchgang. Er lehnte sich gegen den Bogen, sah den Flur entlang und hörte, wie sich die Tür zu Samuels Büro schloss.

Reece Simpson.

Nach dessen Rückkehr nach all diesen Monaten und dem etwas abgespannten Zug um die Augen nach zu urteilen, vermutete Mal, dass Reece noch ein paar Stunden Schlaf und anständige Mahlzeiten brauchte. Er schlug mit dem Kopf gegen die Wand.

Er war einer der Pechvögel gewesen, als er sich seiner Familie gegenüber geoutet hatte. Sie hatten ihn hinausgeworfen und er hatte sein Zuhause mit einem Rucksack voller Besitztümer verlassen. Malcolm hatte ein paar Jahre auf den Straßen von Orlando gelebt, sich für kostenlose Mahlzeiten und ein Bett in verschiedenen Unterkünften angestellt, hatte jedem geholfen, der hier und da seiner Bitte um ein paar Dollar nachgekommen war. Es hatte Zeiten gegeben, in denen er die Tüte mit Toilettenartikeln angenommen hatte, wenn jemand sie verteilt hatte. Während seiner Zeit auf der Straße hatte er seine Wachsamkeit und die Hoffnung niemals aufgegeben. Er schämte sich nicht, obdachlos gewesen zu sein. Es war ein hartes, anstrengendes Leben gewesen, aber er war stärker geworden.

Eines Tages hatte er einen Fremden gefragt, ob er ihm beim Entladen seines Lieferwagens helfen sollte. Er hatte das Essen im Inneren gerochen und erkannt, dass der Lieferwagen einem Caterer gehörte. Der Koch war Dakota, der lediglich einen Blick auf ihn geworfen und ihn gefragt hatte, ob er eine Unterkunft hätte. Mal hatte ihm die Wahrheit gesagt. Im Gegenzug hatte Dakota ihn in diese kleine Küstenstadt und das alte Hotel mitgenommen. Er hatte sich von der ersten Minute an in das Charm und die Stadt verliebt.

Im Delights war Mal an Dakotas Seite geblieben und hatte als Tellerwäscher ganz unten angefangen. Er hatte schnell gelernt, weil er Essen, die Kreativität, die Verbindung der beiden Komponenten und den Kick liebte, zu sehen, wie andere sein Talent genossen. Er war unter Dakotas Obhut aufgeblüht.

Nach seinem einundzwanzigsten Geburtstag vor einigen Jahren hatte sich Mals Aufmerksamkeit auf Dakotas besten Freund Reece gerichtet. Im Laufe der Jahre hatte er sehnsüchtig darauf gewartet, auch nur einen Blick auf Reece mit seinen durchdringenden, grünen Augen zu erhaschen. Er sehnte sich danach, dass sich ihre Blicke trafen und Reece ihn mit einem Kuss und einer Umarmung empfing. Er hatte seine Chance zunichtegemacht, als er eine einfache Einladung zu einem Abendessen abgelehnt hatte.

Den Mann seiner Träume, den er sich schnappen und für ein schweißtreibendes Wochenende mit heißem Sex ins nächstbeste Bett zerren wollte. Mal hatte seine Chance bei Reece versaut, das hatte sich in der gezwungenen Unterhaltung zwischen ihnen gezeigt. Es war, als ob all die Anziehungskraft, die er zuvor auf Reece ausgeübt hatte, verschwunden wäre.

»Was zum Teufel ist passiert? Es war eine Absage. Komm schon, das kann man beheben.« Er ballte eine Hand zur Faust. Er wünschte, er könnte in der Wand verschwinden.

»Hallo, Mal.«

»Er ist hier«, sagte Mal, als er Chandler Braddock ansah, den verschrobenen Buchhalter aus New York.

»Wer?«

Mal sah zu Boden und ließ sich von Chandler in ein Gespräch über den verflixten Landschaftsgestalter verwickeln.

Er schlug den Kopf gegen die Wand. »Verdammt. Scheiß drauf.« Mal winkte ab. Er löste das Band der weißen Schürze, nahm sie ab und warf sie hinter sich. Er machte sich nicht die Mühe, sie an einen dämlichen Haken zu hängen. »Nein, ich bin für niemanden unsichtbar, verdammt noch mal. Ich hab einen tollen Job, den ich liebe. Ich hab eine kleine Wohnung in der Nähe des Strandes. Ich kann meine Rechnungen bezahlen und meinen Lebensunterhalt bestreiten. Scheiß drauf.« Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare mit den blauen Spitzen. »Verflucht, ich muss nach Pensacola fahren und den ganzen Mist wegtanzen. Vielleicht kann ich einen anderen süßen Kerl finden, der mir einen bläst.«

Chandlers Augen weiteten sich während Mals Schimpftirade.

»Was? Bist du noch nie in einen Club gegangen, um einen Fremden zu ficken? Komm schon, es macht Spaß. Willst du mitkommen?«

»Nein, ich wünschte ich könnte, aber ich komme nicht gut mit Menschenmengen oder dunklen Gegenden zurecht.«

»Oh, das tut mir leid, ist aber zu schade. Es ist eine verdammt gute Möglichkeit, Energie und Ärger loszuwerden und das Verlangen nach Sex zu befriedigen.« Mal zuckte die Schultern. »Man muss vorsichtig sein, wenn man sich in der Menge aufhält und achtgeben, wen man auswählt. Trotzdem macht es jede Menge Spaß.«

»Ich wünschte, ich könnte es selbst mal genießen.«

»Richtest du Dakota aus, dass ich spazieren gehe? Ich bin rechtzeitig für den Ansturm zurück, aber ich muss jetzt erst mal alles rausschreien und mich ein bisschen austoben.«

»Bist du sicher, dass du so damit umgehen willst? Willst du ihn nicht drauf ansprechen?«

»Nein, es gibt keinen anderen Weg. Es hat keinen Sinn, ihn zu konfrontieren, wenn er nicht die leiseste Ahnung hat.«

Mal winkte ihm zu. »Bis später, Chandler.« Er ging zu seinem Spind, schob seine persönlichen Sachen in die Hosentaschen, warf die Metalltür zu und verließ dann die Küche. Er machte sich nicht die Mühe, auf eine Antwort zu warten.

***

Malcolm ließ seine Schuhe neben der Treppe stehen, trampelte die Stufen hinunter und machte sich die Hüften schwingend auf den Weg über den warmen Sand. Seine Hüften rollten bei jedem Schritt, als er wütend gegen den Sand trat, bis er zu dem Bereich kam, wo bei Flut die Wellen gegen den Strand schlugen und den Sand hart gemacht hatten. Er bewegte sich vom Charm und der Stadt weg Richtung Naturschutzgebiet. Da man das Schutzgebiet nicht betreten durfte, ging er am Ufer entlang.

Er ging in die Hocke, rollte seine Hose bis über die Waden hoch, lief durch die anrollenden Wellen, ließ das Wasser aufspritzen und trat danach. Er sah aufs Meer hinaus, ballte die Fäuste, schrie, bis sein Hals wund war und warf Muscheln und Steine so weit er konnte ins Wasser. Als seine Zehen kalt wurden, ging er am Ufer entlang, fand einen Felsen, auf dem er sitzen konnte, und starrte auf den Ozean hinaus.

Malcolm drehte eine schöne Jakobsmuschelschale zwischen den Fingern und versuchte herauszufinden, wie sein Leben weiter verlaufen würde. Wie er Chandler in seiner Schimpftirade gesagt hatte, hatte er ein annehmbares Leben. Er liebte seinen Job und die Arbeit mit Dakota. Das Zweifamilienhaus, in dem er eine Wohnung gekauft hatte, war alt, urig, bot aber die Aussicht auf die Innenstadt von Shore Breeze und das Meer. Seine Eckwohnung im oberen Stockwerk war perfekt für ihn. Er konnte jeden Monat seine Rechnungen bezahlen, ein bisschen was sparen und ein bisschen mehr ausgeben.

Was in seinem Leben fehlte, war Liebe. Ein Mensch, der zu ihm gehörte.

Warum war das so schwer?

Hatte er Zeit damit verschwendet, für einen kalten Mann zu schwärmen, der sich nach nur einer Abfuhr von ihm abwandte? Konnte er die Sache mit Reece noch ändern? War es die Mühe überhaupt wert?

Mal verkniff es sich, die schöne Muschelschale zu zerbrechen, und legte sie neben sich auf den Felsen. Er beugte sich vor und durchsuchte den Sand nach Schätzen, die die Gezeiten hinterlassen hatten. Mit einem Schlenker beförderte er einen kriechenden Seestern in die Wellen, der in Schwierigkeiten geraten war, als das Wasser aus dem kleinen Gezeitenbecken abfloss.

»Was mache ich da eigentlich? Ich bin ein totaler Idiot«, murmelte er, zog die Knie an und schlang die Arme darum.

Er stützte das Kinn auf die Knie und beobachtete den Ozean und die untergehende Sonne, bis sein Handy vibrierte. Murrend sah er nach und entdeckte eine Nachricht von Dakota, dass er seinen Hintern zurück in die Küche schaffen solle.

Er schickte ihm eine Antwort und brachte langsam den langen Rückweg zum Charm und seinem Job hinter sich.

In der Küche ignorierte er Dakotas fragenden Blick, während er sich die Hände wusch und ruppig seine Schürze umband.

»Was soll ich übernehmen?«, fragte er, als er an seine Station trat.

»Wo bist du gewesen?«

»Ich musste spazieren gehen. Hat Chandler dir nicht gesagt, dass ich eine Weile rausgegangen bin?«

»Doch, aber hat nicht erklärt, was mit dir los ist. Warum solltest du spazieren gehen? Direkt bevor wir uns auf den abendlichen Ansturm vorbereiten.«

»Was spielt das schon für eine Rolle? Ich bin doch hier, oder?«

»Was ist los mit dir?«

»Nichts. Wir müssen die Vorbereitungen fürs Abendessen erledigen. Was soll ich tun?«

»Garnelen, Jakobsmuscheln und Miesmuscheln sind in der Kühlung. Putzen, auslösen und würfeln.«

»Okay. Wofür brauchen wir sie?«

»Meeresfrüchterisotto. Du bist heute Abend dafür verantwortlich.«

Mal lehnte sich an die Theke, verschränkte die Arme vor der Brust und hob eine Augenbraue. »Für die Überwachung eines Risottos bin ich etwas überqualifiziert. Lass das Dorian machen.«

»Dorian war pünktlich hier und bereitet Krabben vor.«

Mal warf einen Blick zur Seite und entdeckte den jungen Auszubildenden. Dorian war in der Position, in der Mal sich mit sechzehn befunden hatte. Beide hatten in der Küche ganz unten angefangen und mussten sich hocharbeiten. Mal war jetzt mittlerweile Souschef und half Dorian, in das Geschäft einzusteigen, und unterrichtete ihn, wie Dakota es bei ihm getan hatte.

Dorian schubste eine kriechende, mürrische Krabbe zurück in eine Schüssel, schlug auf eine weitere Schere und quietsche leise, als der rote Mistkerl seinen Finger erwischte. Er saugte an seinem Finger und drohte dem Krustentier mit einem Messer. »Du bist der Nächste«, sagte er, während alle lachten. Er wandte den Blick von dem möglichen Abendessen ab und formte mit den Lippen ein stummes Entschuldige, als sein Blick auf Mals traf, und sah ihn mit seinen babyblauen Augen ehrlich und reumütig an.

Mal zuckte die Schultern. Es war seine eigene verdammte Schuld.

»Dorian, alles in Ordnung?«, rief Dakota.

»Finger ist intakt. Warum hab ich die mürrischen, schnappenden Meerestiere am Hals?« Dorian wackelte mit dem Finger.

»Weil du der Grünschnabel bist, der all unsere Geheimnisse lernt«, antwortete Glenn, der für Meeresfrüchte zuständige Souschef, mit einem Lachen.

»Danke, Glenn, weiß ich zu schätzen und ich liebe dich auch. Die blöde Krabbe wird in einer Minute Abendessen sein, Chef.«

»Behalt sie unter Kontrolle«, sagte Dakota und zeigte dann auf Mal. »Meeresfrüchte. Risotto. Jetzt.«

Ohne ein Wort drehte sich Mal um und folgte den Anweisungen.

Während des Abends kam Dorian vorbei und legte Mal eine Hand auf die Schulter. »Geht's dir gut?«

Mal schaute sich nach Dakota um und sah ihn an der Tür mit Reece sprechen. Es dauerte einen Moment, aber dann begegnete Reece' Mals suchendem, stürmischem Blick.

»Ja«, sagte Mal. »Ich muss mal wieder durch die Clubs ziehen. Willst du mitkommen?«

»Klar, für eine Nacht in den Clubs bin ich immer zu haben. Wann?«

»Weiß ich noch nicht.«

»Sollen wir uns hier oder bei dir treffen?«

»Bei mir, ich fahre, wenn wir uns auf einen Termin geeinigt haben«, sagte Mal.

»Okay.« Dorian stieß mit der Faust gegen Mals Schulter und ging dann an seine Station zurück.

Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?

Teised selle autori raamatud