Grundwissen Sportmanagement

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Grundwissen Sportmanagement
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Norbert Schütte

Grundwissen Sportmanagement

UVK Verlag · München

Umschlagabbildung: © shutterstock, Suzanne Tucker

Abbildungen im Innenteil: Abbildung 1: © Statistisches Bundesamt 2019; Abbildung 2: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), CC BY-ND 4.0, https://www.bib.bund.de/Permalink.html?id=10343570, abgerufen am 12.3.2021

2., überarbeitete und erweiterte Auflage 2021

1. Auflage 2016

© UVK Verlag 2021

— ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

utb-Nr. 4423

ISBN 978-3-8252-5512-1 (Print)

ISBN 978-3-8463-5512-1 (ePub)

Inhalt

  Vorwort zur 2. Auflage

  Vorwort zur 1. Auflage

 1 Einleitung oder was ist ein Sportmanager?1.1 Was ist Sport?Weiterführende Literatur1.2 Wer oder was ist ein Manager?Weiterführende Literatur1.3 Der SportmanagerWeiterführende Literatur1.4 Was ist eine Organisation?Weiterführende Literatur1.5 Typen von (Sport-)Organisationen1.5.1 Der erste Sektor – Die Erwerbswirtschaft1.5.2 Der zweite Sektor – Der Staat1.5.3 Der dritte Sektor – Vereine, Verbände, Stiftungen1.5.4 Fazit1.6 Sportmanagement und SportökonomieWeiterführende Literatur

 2 Geschichte des Sportmanagements2.1 Ausdifferenzierung des Sportmanagers2.2 Geschichte des Fachs SportmanagementWeiterführende Literatur

 3 Allgemeine Prinzipien des Sportmanagements3.1 Ziele oder „Ohne Ziele kein Management“Weiterführende Literatur3.2 Arbeitsteilung3.2.1 Taylorismus oder “the one best way”3.2.2 Fordismus oder “solange es schwarz ist”3.2.3 Probleme der Arbeitsteilung3.2.4 Postfordismus oder die individualisierte Masse3.2.5 Fazit3.3 Bürokratie oder „Regeln statt Willkür“3.3.1 Bürokratie und erwerbswirtschaftliche Betriebe3.3.2 Bürokratie und Sportverwaltung3.3.3 Bürokratie und Non-Profit-Organisationen3.4 Kontingenztheorie oder die Abhängigkeit von der Umwelt 3.4.1 Externe Umwelt3.4.2 Interne Umwelt3.4.3 Weitere Trends jenseits der Teilumwelten3.4.4 Grenzen des Ansatzes3.5 Finanzierung oder „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“3.5.1 Erwerbswirtschaftliche Betriebe3.5.2 Sportverwaltung3.5.3 Vereine und Verbände3.6 Wissen3.6.1 Datum – Information – Wissen3.6.2 Instrumente3.6.3 Grenzen des Ansatzes3.7 Die Kunst der Planung und der KontrolleWeiterführende Literatur3.8 Entscheidungen3.8.1 Der rationale Entscheider3.8.2 Grenzen des rationalen Entscheidens3.8.3 Das Mülleimermodell des Entscheidens3.8.4 Langlebigkeit des Mythos der rationalen Entscheidung3.9 Durchführung und Führung von Menschen3.9.1 Hawthorne Experimente oder die Entdeckung des human factors3.9.2 Hawthorne Experimente oder formale vs. informale Struktur3.9.3 Zwischenfazit3.9.4 Konfliktsoziologische Perspektive3.9.5 Führung durch Motivierung3.9.6 Führung mit dem Grid Management3.9.7 Führung durch Techniken: MbO3.9.8 Heroen und Charisma3.9.9 Institutionenökonomischer Ansatz oder die verdeckten Kosten3.9.10 Governance3.10 Strategie3.10.1 Erwerbswirtschaftliche Betriebe3.10.2 Sportverwaltung3.10.3 Vereine und Verbände3.10.4 Grenzen des Ansatzes3.11 Organisation und Wandel: Das Implementierungsproblem und sein Management3.11.1 Wandel und die kontingenztheoretische Schule3.11.2 Organisationsökologie3.11.3 Der neue Institutionalismus in der Organisationstheorie3.11.4 Hage und Aiken – ein Phasenmodell3.11.5 Rogers – Diffusion of Innovation3.11.6 Rezeptive vs. nicht-rezeptive Kontexte3.11.7 Implementierungsmanagement nach Kotter3.11.8 Organisationsentwicklung3.11.9 Lernende Organisation3.12 Krisenmanagement3.12.1 Krisentypen3.12.2 Akutes Krisenmanagement3.12.3 Krisenanfälligkeit und Krisenresistenz des Sports3.13 WirtschaftsethikWeiterführende Literatur

 4 Besonderheiten des Sportmanagements4.1 Besondere Bedeutung der NPO im SportWeiterführende Literatur4.2 Nutzen- vor Profitmaximierung in Europa4.3 Kooperenz4.4 Regulierung der Liga4.4.1 Keine Tendenz zur Ausgeglichenheit4.4.2 Salary Cap4.4.3 Draft System4.4.4 Financial Fairplay4.5 Produktbesonderheiten4.6 Vorherrschaft der DienstleistungWeiterführende Literatur4.7 Besonderheit der GütertypenWeiterführende Literatur4.8 FazitWeiterführende Literatur

 5 Spezielle Ansätze5.1 Organisationskultur-ManagementWeiterführende Literatur5.2 QualitätsmanagementWeiterführende Literatur5.3 Lean ManagementWeiterführende Literatur5.4 Controlling5.4.1 Klassisches Controlling5.4.2 Balanced Scorecard5.5 Agiles ManagementWeiterführende Literatur5.6 FazitWeiterführende Literatur

 6 Sportmanagement als Beruf6.1 Berufsbild versus Alltag: Der Beitrag von Henry Mintzberg 6.2 Tätigkeiten und QualifikationenWeiterführende Literatur6.3 RekrutierungWeiterführende Literatur6.4 ProfessionalisierungWeiterführende Literatur

  7 Fazit Weiterführende Literatur

  Literatur

  Register

Vorwort zur 2. Auflage

Das Vorwort zur zweiten Auflage kann kurz ausfallen. Zwar wurde viel in den letzten fünf Jahren in diesem boomenden Feld veröffentlicht, aber das Grundwissen wurde kaum davon berührt. Es sind vielmehr Beiträge, die Details vertiefen als grundsätzlich etwas in Frage zu stellen. Daher beinhaltet die Überarbeitung des Buches vor allem eine Ausweitung und Ergänzung anstatt von Revision oder Anpassung an die Aktualität. Die einzigen Ausnahmen sind die Aktualisierung von Mitgliedschaftszahlen in Sportvereinen und Sportstudios sowie die neuesten Entwicklungen im Financial Fair Play. Ansonsten wurde aus gegebenem Anlass zusätzlich das Krisenmanagement aufgenommen, das strategische Management vertieft und stärker auf Trends im Kapitel zur Kontingenztheorie eingegangen. Zudem wird auch auf die aktuell sehr verbreitete und zunehmend auch auf den Sport übergreifende Managementmode des Agilen Managements eingegangen.

Anders als in vielen anderen Büchern, bei denen es sich nur aufgrund historischen Interesses lohnt, die älteren Vorworte zu lesen, kann ich es hier nur empfehlen, da die Übersicht über die Lehrbücher und das Forschungsfeld, die dort enthalten ist, nach wie vor aktuell ist.

Bad Kreuznach, im Juni 2021

 

Norbert Schütte

Vorwort zur 1. Auflage

Die wissenschaftliche Betrachtung des Sportmanagements ist jung und dieses Forschungsfeld entwickelt sich mit großer Geschwindigkeit. Immer mehr Arbeiten werden veröffentlicht, gleichzeitig wandelt sich der Sport rapide. Die akademische Ausbildung von Sportmanagern ist seit 1985 geradezu explodiert. Dies macht den Bedarf und das Risiko für ein Lehrbuch für Sportmanagement aus. Obwohl in den letzten Jahren etliche Bücher zum Thema erschienen sind, ist der Bedarf noch nicht gedeckt. Zumal der Wandel im Sportmarkt so stark ist, dass neue Themen und alte Themen in neuem Gewand bearbeitet sein wollen. Aber dies macht allerdings auch das Risiko aus: In solchen Feldern veraltet das vorhandene Wissen schnell.

Die Spannweite der Einführungen in das Thema ist groß. Sie reicht von Aufsatzsammlungen (Bezold u.a. 2012, Breuer/Thiel 2009, Krüger/Dreyer 2004, Galli/Gömmel 2012, Nufer/Bühler 2012) bis hin zu Monographien (Kaiser 2008, Fahrner 2012). Sie konzentrieren sich auf bestimmte Aspekte, insbesondere auf Sportmarketing (Freyer 2011, Nufer/Bühler 2013) oder den Besonderheiten des Fachs (Horch/Schubert/Walzel 2014). Auch das Thema Sportmanagement im Profifußball ist mit einigen Veröffentlichungen zu nennen (Kupfer 2006, Schewe/Littkemann 2012). Sie richten sich an Wissenschaftler und Studierende (die vorher genannten) oder an Praktiker (Lehmann 2010). Hinzu kommen noch die internationalen Veröffentlichungen (etwa Beech/Chadwick 2004, Hoye et al. 2009), die auch von sehr unterschiedlicher Zielrichtung und Inhalt sind, aber das Besondere des Sportmanagements in Deutschland, insbesondere die Strukturen des selbstverwalteten Sports selbstverständlich nicht thematisieren. Noch unübersichtlicher wird es, wenn man noch einen Schritt zurückgeht und die Veröffentlichungen aus verwandten Gebieten hinzuzieht. Hier ist insbesondere das Management von Non-Profit-Organisationen wie Vereinen und Verbänden zu nennen (z.B. Badelt/Meyer/Simsa 2007, Helmig/Purchert 2006, Schwarz 1992).

Trotz der Vielzahl der Veröffentlichungen findet das nun vorliegende Lehrbuch seinen Platz. Denn es bietet eine Einführung in das Thema in der vollen Breite der im Sport engagierten Organisationen und beschränkt sich dabei nicht auf Vereine und Verbände oder Profifußball-Unternehmen, sondern stellt auch die Gegebenheiten in erwerbswirtschaftlichen Betrieben und in der staatlichen Sportverwaltung vor. Dies ist wichtig, da alle drei Sektoren nicht nebeneinanderher existieren, sondern stark verflochten sind und in hohem Maße miteinander interagieren. Dabei konzentriert sich das vorliegende Lehrbuch nicht auf die Besonderheiten des Sportmanagements, sondern geht auch ausführlich auf die allgemeinen Prinzipien des Managements ein und zeigt deren Bedeutung für den Sport auf. Der Grund hierfür ist einfach: Viele, die sich mit Sportmanagement auseinandersetzen, kennen diese Grundlagen noch nicht. Aber auch die, die sie schon kennen, finden hier Anwendungen aus dem Sport, die sonst sehr verstreut veröffentlicht sind. Didaktisch werden hier die Themen Stück für Stück aufgebaut – von den ersten Schritten im Management bis hin zur Königsdisziplin, dem strategischen Management. Eine Besonderheit ist auch, dass versucht wurde, die Geschichte des Sportmanagements und seiner Wissenschaft nachzuspüren. Auch die Tätigkeitsbeschreibung dazu, was Sportmanager tatsächlich tun, wird ausführlich dargestellt.

Eine Reihe von Themen wird nur indirekt aufgegriffen: Marketing ist im Rahmen des Sportmanagements so groß geworden, dass es mittlerweile eigene Lehrbücher füllt. Zudem wird es an den Universitäten oft in eigenen Veranstaltungen gelehrt. Personalwirtschaft ist ein wichtiges, aber bislang kaum systematisch angegangenes Feld im Sportmanagement. Diese Themen kommen durchaus in diesem Buch vor, stehen aber nicht im Fokus.

Lehrbücher machen Wissensstände zugänglich und plausibel, aber sie ziehen selten ein Fazit. Auch dies ist hier anders. Gerade weil diese Wissenschaft noch jung ist und vieles noch in der Entwicklung, entsteht kein Gesamtbild einer kompletten und eindeutigen Lehre. Tatsächlich herrscht über vieles im Sportmanagement noch Uneinigkeit und Meinungen variieren. Daher wird am Ende versucht, die unterschiedlichen Meinungen und Tendenzen zusammenzufassen und zu interpretieren.

Mainz, im März 2016

Norbert Schütte

1 Einleitung oder was ist ein Sportmanager?

Im Alltag erscheinen Begriffe oft sehr klar. Aber schaut man genauer hin, fangen die Probleme an. Dabei ist die genaue Definition eines Begriffs unerlässlich, damit sinnvoll argumentiert werden kann. Daher beginnt dieses Buch auch mit der Frage: Was ist Sport, wer oder was ist ein Manager bzw. ein Sportmanager? Es geht um den Ort ihrer Arbeit, den Organisationen und ein Versuch sie in drei Typen einzuteilen sowie um die Abgrenzung von Sportmanagement und Sportökonomie.

1.1 Was ist Sport?

Die Frage, was Sport ist, erscheint zunächst banal und fast überflüssig. Tatsächlich ist die Antwort schwieriger und weitreichender als in der Regel angenommen wird. Eine akzeptierte und damit allgemeingültige Definition des Begriffs wurde in der Sportwissenschaft bislang nicht gefunden (Digel 2013, 13ff, Strob 1999, 12ff). Als Beleg für die Schwierigkeit des Themas kann die Studie von Haverkamp (2005) gelten, die sich über immerhin ca. 250 eng bedruckte Seiten erstreckt. Die Spannbreite ist dabei ebenso beeindruckend wie die Komplexität der Definitionen. So definiert z.B. Tiedemann:

„Sport“ ist ein kulturelles Tätigkeitsfeld, in dem Menschen sich freiwillig in eine Beziehung zu anderen Menschen begeben mit der bewussten Absicht, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere im Gebiet der Bewegungskunst zu entwickeln und sich mit diesen anderen Menschen auf Grundlage der gesellschaftlich akzeptierten ethischen Werte nach selbst gesetzten oder übernommenen Regeln zu vergleichen.“ (Tiedemann 2012, 1)

Damit ist der Sport ein Teil der allgemeinen Kultur wie bspw. Volksmusik oder die deutsche Küche. Zudem ist er freiwillig. Damit wäre bemerkenswerterweise der Schulsport kein Sport, da er verpflichtend und nicht freiwillig ist. Weiter ist Sport immer Wettkampf bzw. die Vorbereitung auf den Wettkampf. Damit fallen alle Gesundheitssportaktivitäten, wie Rückengymnastik oder Joggen zum Abschalten, nicht unter dem Sportbegriff von Tiedemann. Auch die beliebtesten Sportaktivitäten der Deutschen – Spazierfahrten mit dem Fahrrad, Wandern (Preuß/Alfs/Ahlert 2012, 97) – wären kein Sport. Pokern und Schach dagegen fallen unter die Definition.

Volkamer versteht dagegen unter Sport:

„Sport ist die willkürliche Schaffung von Aufgaben, Problemen oder Konflikten, die vorwiegend mit körperlichen Mitteln gelöst werden. Die Lösungen sind beliebig wiederholbar, verbesserbar und übbar, und die Handlungsergebnisse führen nicht unmittelbar zu materiellen Veränderungen.“ (Volkamer 1984, 196)

In dieser Definition fallen Schach und andere körperlose Wettbewerbe – die sogenannten MindsportsMindsport – nicht unter den Sportbegriff. Gesundheitssport gehört genauso dazu wie Wandern. Bemerkenswert ist auch, dass durch den Sport keine materiellen Werte geschaffen werden. Dies spielt darauf an, dass ein Radrennfahrer ohne materiellen Nutzen seine Kraft verausgabt, aber ein Fahrradbote seine Kraft und Anstrengungen für die Produktion einer Transportleistung gibt. Man kann sich daher fragen, ob bei Volkamer ein Fußballprofi, der materielle Unterhaltungswerte für Millionen in Deutschland schafft, noch als Sportler einzustufen wäre.

Es ist eigentlich nicht überraschend, dass der Sportwissenschaftler und Historiker Tiedemann den Wettbewerb in seiner Definition mit einschließt und der Pädagoge Volkamer Sport auch als „Aufgabe“ betrachtet. Unter Sport wurde lange Zeit nur Wettbewerbssport verstanden – in den USA ist das auch heute noch so üblich (Digel/Fahrner/Utz 2005) – und in der Pädagogik haben „Spiele ohne Sieger“ schon seit Langem eine Tradition.1 Letztlich erweisen sich die zentralen Forschungsinteressen bei den Definitionen als handlungsleitend (Schütte 2008, 26ff). Beide verfolgen allerdings die gleiche Strategie: Sie versuchen den Sport exakt mithilfe verschiedener Eigenschaften – sogenannte Dimensionen – einzugrenzen (z.B. Heinemann 2007, 53ff). Gängige Dimensionen sind körperliche Aktivität, Wettkampf, Befolgung von Regeln, Einhalten von Fair Play usw. Letztlich führen diese Definitionen zu endlosen Debatten. Meist sind sie auch nur für ein Forschungsproblem nützlich, aber nicht für ein anderes. Eine andere Strategie ist, Sport vom Alltagsverständnis her zu definieren. Sport ist dann das, was Menschen aktuell als solchen ansehen. Sport ist ein soziales Konstrukt. Die gleiche Aktivität, etwa das Sprinten, kann demnach einmal Sport sein, wenn es auf einem Sportplatz im Rahmen eines Wettbewerbs stattfindet, und ein anderes Mal kein Sport, wenn in einer Fußgängerzone ein Handtaschendieb vor der Polizei flüchtet. Dieser pragmatischen Haltung haben Röthig und Prohl (2003) den Vorzug gegeben:

„Was im allgemeinen unter Sport verstanden wird, ist weniger eine Frage wissenschaftlicher Dimensionsanalysen, sondern wird weit mehr vom alltagstheoretischen Gebrauch sowie von den historisch gewachsenen und tradierten Einbindungen in soziale, ökonomische, politische und rechtliche Gegebenheiten bestimmt. Darüber hinaus verändert, erweitert und differenziert das faktische Geschehen des Sporttreibens selbst das Begriffsverständnis von Sport“ (Röthig/Prohl 2003, 493).

Diese Definition, der im Rahmen dieses Lehrbuches gefolgt wird, reflektiert wichtige Entwicklungen und Eigenschaften des Sports. Was unter Sport verstanden wird, ist kulturell unterschiedlich. So wird Joggen in den USA als recreation, als Ausgleich bzw. Erholungsaktivität angesehen, aber nicht als Sport. Denn der Begriff ist im Alltagsverständnis der US-Amerikaner für Wettbewerbe reserviert. Schlimmer noch, der Begriff des Sports ist nicht ein für alle Mal festgelegt, sondern er wandelt sich im Laufe der Zeit.2 In Deutschland galt lange, bis in die 1970er-Jahre hinein das sogenannte „Pyramidenmodell“ des Sports. Aller Sport war Wettkampfsport. Dabei war der Breitensport die Basis der Pyramide und der Spitzensports die Spitze. Alles Streben ging darum, in der Pyramide soweit wie möglich nach oben zu kommen. Der Breitensport war nicht nur Basis, sondern auch Abbild des Spitzensports. In den 1970er-Jahren konnte dieses Modell die gewandelten Sinnstrukturen im Sport nicht mehr abbilden. Es kam zur „Zwei-Säulen-TheorieZwei-Säulen-Theorie“ (Dieckert 1978): Nicht mehr jeder Breitensportler wollte besonders wettkampfstark sein. Es traten neue Motive hinzu. Sport wurde Erlebnis, Spaß, Geselligkeit und vor allem Mittel für Gesundheit und Wohlbefinden. Digel und Burk (2001, 20) gehen heute davon aus, dass es sinnvoll ist, fünf Typen des Sports zu unterscheiden:

 Ihre „Fünf-Säulen-TheorieFünf-Säulen-Theorie“ nennt zunächst den Berufssport. Er wird betrieben, um den Lebensunterhalt zu verdienen und dies kann dieser Sport nur, weil er hochkommerzialisiert ist. Viele denken bei Sportmanagement zunächst nur an diese Säule und an ihren wichtigsten Vertreter in Deutschland, den MännerprofifußballFußball.

 Als zweite Säule benennen sie den Wettkampfsport, der nicht berufsmäßig betrieben wird. Wasserball ist zwar eine olympische Sportart, kennt aber aufgrund mangelnder Finanzkraft keine Profisportler in Deutschland. So bestand 2004 die deutsche Olympiamannschaft der Wasserballer von Athen überwiegend (77 %) aus Studenten (Tabor/Schütte 2004, 15).

 Die dritte Säule bildet der Freizeitsport, der keinen Wettkampf und kein instrumentelles Ziel wie Rehabilitation kennt. Wandern und Spazierfahrten mit dem Fahrrad sind hier gute Beispiele.

 Die vierte Säule bildet der instrumentelle Sport. Hier wird Sport getrieben, um außersportliche Zwecke meist im Gesundheitsbereich zu verwirklichen. Herzsport zur Rehabilitation nach einem Herzinfarkt ist ein gutes Beispiel.

 Last but not least bildet der Alternativsport die letzte Säule: Yoga und Chi Gong sind hier als Beispiele zu nennen.

Wie jede Wissenschaft ist auch das Sportmanagement in seinen Aussagen von seiner definitorischen Basis abhängig. Je nachdem, was unter Sport verstanden wird, kommt man zu unterschiedlichen Aussagen.

 

Weiterführende Literatur

Digel, H./Burk, V., 2001: Sport und Medien. Entwicklungstendenzen und Probleme einer lukrativen Beziehung. In: Roters, G./Klingler, W./Gerhards, M. (Hrsg.): Sport und Sportrezeption. Baden-Baden: Nomos, S.15-31

Haverkamp, N., 2005: Typisch Sport? Der Begriff Sport im Lichte der Prototypenmodelle. Köln: SPORT und BUCH Strauß.

Tiedemann, Cl., 2012: „Sport“ – Vorschlag einer Definition. Workingpaper. www.sportwissenschaft.uni-hamburg.de/tiedemann/documents/DefinitionSport.pdf.

1.2 Wer oder was ist ein Manager?

In der Literatur wird diese Frage in der Regel mit einem Verweis auf die funktionale Definition des Managements nach Henry Fayol (1841–1925) verwiesen. Fayol war ein französischer Eisenbahningenieur. Er schrieb seine berufliche Lebenserfahrung nieder und beschrieb das Management mit den für den Betrieb nötigen Funktionenbündeln. Managen ist demnach: Vorausschau, Planung, Organisation, Leitung, Koordination und Kontrolle (Fayol 1929). Manager sind die Personen in einem Betrieb, die diese Funktionen ausüben. Diese Definition hat bis auf den heutigen Tag ihre Berechtigung. Allerdings sollte sie noch um ein paar Merkmale erweitert bzw. eingeschränkt werden.

Zunächst sollte die Definition für alle Organisationen gelten, also auch für staatliche Verwaltungen, Stiftungen und für Vereine und Verbände, und nicht nur auf erwerbswirtschaftliche Betriebe begrenzt sein.

Die Begriffe Management und Manager haben eine steile Karriere in Deutschland hinter sich und haben mittlerweile die Alltagssprache erreicht. So finden sich auch heute Bücher, die die Begriffe in sehr weiter Auslegung verwenden. Dort wird jede Form von optimierendem Umgang mit Aufgaben oder Problemen als Management aufgefasst, etwa wird der Umgang mit Schmerzen als Pain Management (Gupta 2014) bezeichnet. Auch die Tätigkeiten einer Hausfrau bzw. eines Hausmannes können sehr wohl als Managementtätigkeiten aufgefasst werden. Diese weite Definition wird zwar durch die funktionale Beschreibung von Fayol gedeckt, aber der Begriff wird für die hier vorliegenden Zwecke zu weit ausgedehnt. Daher sollte der Begriff des Managers hier nur für Positionen in Organisationen reserviert werden. Damit sind Hausfrauen bzw. Hausmänner keine Manager, auch wenn sie in ihren Familien ähnliche Funktionen ausführen.

Die verschiedenen Funktionen können verschieden stark ausgeprägt sein. Wesentlich ist, dass diese Funktionen nur ausgefüllt werden können, wenn die Position mit hinreichend Kompetenzen ausgestattet ist. Ist dies nicht der Fall, so handelt es sich eben nicht um einen Manager, sondern um einen Sachbearbeiter, eine Sekretärin bzw. einen Sekretär oder um eine Fachkraft. Dies ist besonders wichtig zu betonen, da es heute den Trend gibt, alle möglichen Personen in einem Betrieb zum Manager zu befördern: die Sekretärin wird zum Office-Manager, der Hausmeister zum Facility-Manager und der Verkäufer zum Sales-Manager (Pohlmann 2002, 228).

In Deutschland war es lange üblich, unter Manager nur sogenannte Topmanager zu verstehen, also nur die Manager an der Spitze der Hierarchie (Hartmann 1996). Hier wird jedoch eine weite Definition des Managers favorisiert, wie sie in der amerikanischen Literatur eine lange Tradition hat. Jede Position, die nach Fayol Managementfunktionen in einer Organisation ausfüllt, ist demnach ein Manager.