Loe raamatut: «Gut, dass es Oma und Opa gibt»

Font:

Peter Neysters

Gut, dass es Oma und Opa gibt

„Familie ist lebenswert“

Herausgegeben von Hubertus Brantzen

Noch vor wenigen Jahren galt sie als Auslaufmodell, jetzt ist Familie wieder „in“. Dabei zeigt sie sich heute vielfältig: Neben traditionellem Eltern-Kind-Modell stehen alternative Formen, zu denen Alleinerziehende, aber auch Patchwork- und zunehmend wieder Mehr-Generationen-Familien gehören.

Heute sieht sich Familie – bedingt durch den gesellschaftlichen Wandel – vor neue Herausforderungen gestellt. Die Reihe „Familie ist lebenswert“ behandelt alle die Themen, die für die jeweilige Lebenssituation wichtig sind.

Professor Dr. Hubertus Brantzen hat als Theologe und Pädagoge verschiedene Werke zu Fragen der Pädagogik und Spiritualität veröffentlicht. Er ist verheiratet, hat vier erwachsene Kinder und vier Enkel und lebt in Mainz.

Weitere Titel der Reihe „Familie ist lebenswert“:

Hubertus Brantzen: So gelingt Erziehung.

ISBN 978-3-7666-1226-7

Jürgen Holtkamp: Kinder, Computer & Co.

ISBN 978-3-7666-1481-0

Angela M.T. Reinders: Unser Kind soll etwas werden.

ISBN 978-3-7666-1480-3

Michael Behrent: Kinder haben Vorfahrt.

ISBN 978-3-7666-1477-3

Frauke Schwaiblmair: Mit dem Baby durch das erste Jahr.

ISBN 978-3-7666-1476-6

Die Reihe wird fortgesetzt.

Peter Neysters

Gut, dass es Oma und Opa gibt

Butzon & Bercker

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.


ISBN 978-3-7666-4164-9

© 2011 Butzon & Bercker GmbH, 47623 Kevelaer, Deutschland

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagfoto: Michael Kempf - Fotolia.com

Umschlaggestaltung: Christoph M. Kemkes, Geldern

E-Book-Umsetzung: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld

Vorwort

Großeltern machen ihrem Namen alle Ehre. Sie kommen groß heraus, wenn die Enkel noch klein sind und sich jemand um sie kümmern muss. Dann leisten sie Großartiges! Ohne sie geht heute in vielen Familien so gut wie nichts mehr. Nicht nur in Notfällen, wenn Kinder erkranken, oder bei Engpässen, wenn die Mutter ausfällt – sozusagen als „schnelle Eingreiftruppe“.

Auf die Großeltern ist Verlass, auch und gerade im normalen Alltag. Wenn es bei der jungen Familie um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, spielen sie eine wichtige, womöglich sogar entscheidende Rolle. Noch immer nimmt die Arbeitswelt wenig Rücksicht auf die Welt der Familie. Da wird – auch von Eltern – flexibler Einsatz erwartet. Wenn dann Oma und Opa nicht wären ...

Was heißt hier schon Oma und Opa? Früher gab es „alte Omas“ und „alte Opas“, in Ehren frühzeitig ergraut. Heute sind die Großeltern jung und vital, mobil und unternehmungslustig, tolerant und aufgeschlossen für Neues. Auch wenn ihre Generation nicht mehr so sehr auf die Kinder und Kindeskinder fixiert ist – es gibt noch ein Leben nach der Familienzeit –, so kümmern sie sich doch liebevoll und engagiert um die Enkel. Und selbst die Großväter tun das, was sie als Väter niemals tun wollten oder tun mussten: Sie wechseln die Windeln, geben das Fläschchen und schieben sogar in aller Öffentlichkeit den Kinderwagen ... Da bekommen sie als Opa eine zweite Chance!

Großeltern können viel geben, aber sie bekommen auch viel zurück – an Zuneigung, an Wertschätzung, an Vertrauen. Das Leben mit den Enkeln belebt das eigene Leben.

Gut, dass es Oma und Opa gibt – gut für die Kinder und Enkelkinder, gut aber auch für die Großeltern selbst ...

Peter Neysters

1.

Von wegen „alte Oma“ – „alter Opa“

 Eine neue Generation: die jung(geblieben)en „Großeltern“

 Die Alten sind nicht mehr die Alten

 Beim Namen fängt es schon an

 Ein unglaublicher Zeitwohlstand

 Man lernt nie aus

 Altersweisheiten

Eine neue Generation: die jung(geblieben)en „Großeltern“

Es gab einmal eine Zeit, da strickte die Großmutter an einem Strumpf, hatte eine große Brille auf und erzählte Märchen. Und die Enkelkinder saßen zu ihren Füßen und lauschten andächtig ihren Worten. So die sozialromantische „Generationenidylle“, wie sie die heutigen Großeltern noch aus den Schulbüchern in Erinnerung haben ...

Es gab einmal eine Zeit, da riefen schon kleine Kinder (nicht nur) älteren Leuten den Spottnamen „alte Oma“ oder „alter Opa“ hinterher und machten sich über sie lustig. Alt hieß für sie klapprig und „von gestern“ ...

Und heute, in unserer Zeit, erzählen Kinder über ihre Großeltern: „Meine Oma spielt Tennis – mein Opa joggt jeden Morgen – meine Oma surft im Internet – und mein Opa klettert auf die Pflaumenbäume, viel höher als ich ...“

Zwischen diesen Zeiten liegen gerade mal einige Jahrzehnte oder kaum mehr als zwei Generationen. Heute erleben die Enkel ganz „neue“ Omas und Opas: modern frisiert, chic gekleidet, aufgeschlossen für neue Ideen, toleranter und hilfsbereiter gegenüber der nachwachsenden Generation. Großeltern sind jung und vital, unternehmungslustig und mobil. Was heißt hier schon Oma und Opa ...?

Als die Oma 79 Jahre alt wurde, meinten ihre Kinder und Enkelkinder: „Oma, du bist nun zu alt, um noch allein in der großen Wohnung zu leben.“ Sie besorgten ihr einen Platz im benachbarten Seniorenheim. Nun stand ihr 80. Geburtstag kurz bevor. Ihre ganze Familie hatte sich zur Geburtstagsfete angesagt. Da mailte die Oma ihren Lieben:“ Fühle mich für eine solche Feier zu alt. Bin für drei Tage nach Rom zum Papst geflogen, fühle mich dazu noch jung genug.“

Die Alten sind nicht mehr die Alten

Früher starben die Alten früh; heute werden sie ihrem Namen gerecht: Sie werden „richtig“ alt. Sie leben nicht nur immer länger, sondern auch immer besser. Noch nie standen die Chancen für eine ganze Generation so gut, geistig gesund und körperlich topfit ein wirklich hohes Alter zu erreichen. Die Zeit, in der die Menschen schwerkrank und gebrechlich werden, hat sich immer weiter in die späten Jahre verschoben. Denn die Lebenserwartung der Menschen hierzulande hat sich innerhalb eines Jahrhunderts fast verdoppelt. Und mit ihr hat sich – im Wortsinn – auch die Erwartung an das Leben erhöht, mitunter gar „überhöht“.

Die 60er sind die am stärksten wachsende gesellschaftliche Gruppe. In naher Zukunft wird jeder Dritte bei uns über 60 sein und dabei noch fast ein Drittel seines Lebens vor sich haben: die 60-jährigen Frauen noch etwa 25 Jahre, die 60-jährigen Männer noch gute 20 Jahre. Statistisch gesehen kommen jedes Jahr noch drei Monate dazu ...

Alle wollen alt werden, aber älter? Man wird 60 oder 70, fühlt sich höchstens gerade mal wie 50 oder noch jünger. Und man freut sich über jedes Lob, das einem bescheinigt, noch vergleichsweise jung zu sein, geradezu jugendlich auszusehen. Zwischen kalendarischem und gefühltem Alter liegen oft Welten. Je älter der Mensch, desto größer die Differenz! Und umso größer die Versuchung, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen.

Es ist schon paradox: Mit zunehmendem Alter glaubt man sich immer jünger zu fühlen (oder fühlen zu müssen). Alt werden und jung bleiben – wer wünschte sich das nicht?! Solange ein solch „gutes Gefühl“ oder ein solch „sehnlichster Wunsch“ den tatsächlichen Alterungsprozess nicht verdrängen wollen, können sie sogar Lust und Neugier wecken auf den neuen, noch weithin unbekannten Lebensabschnitt. Dann können die neugewonnenen Lebensjahre wirklich zum persönlichen Gewinn werden. Dann wird die stetig steigende Lebenserwartung im wahrsten Sinne des Wortes noch einiges vom Leben erwarten lassen. Dann ist „Alt werden ein Geschenk des Himmels“, so Henning Scherf in einem Interview.

In diesem Sinne können wir uns durchaus „jung (er-)halten“ und einiges dafür tun, ohne jedoch krampfhaft „jung bleiben“ zu müssen ...

Beim Namen fängt es schon an ...

„Worte“, so meinte einst die amerikanische Schriftstellerin Virginia Woolf, „leben nicht so sehr im Wörterbuch, sondern vielmehr im Geist.“ Aber der „Zeitgeist“ meint es nicht gut mit dem Alter, bevorzugt eher die Jugend. Mit der Überschätzung der Jugendlichkeit ist oft genug eine abschätzige Bewertung des älteren Menschen verbunden. Sprache kann verräterisch sein: die Eigenschaft des Wortes alt ist weithin negativ besetzt. Der alte Geizhals, die alte Hexe, der alte Halunke, das alte Quatschweib, der alte Faulpelz, die alte Jungfer – alles eindeutig nicht gerade die angenehmsten Typen ...

Was uns dagegen hoffen lässt, ist ein Gang ins Antiquariat, ins Museum, in den Weinkeller oder ins Konzert. Je älter die Bücher, die Bilder, der Wein, desto kostbarer (und teurer) sind sie. Je älter die Geige, desto besser ihr Klang. Das Alter hat, wie alles im Leben, zwei Seiten.

Wir altern nach dem Bild, das wir uns von uns selbst machen oder von anderen machen lassen. 60 Jahre oder 65 – wer bin ich dann? Die Klage über den Verlust an Jugendlichkeit verkennt den Gewinn an Altersweisheit. „Was ein Alter im Sitzen sieht, kann ein Junger nicht einmal im Stehen erblicken“, behauptet eine alte Lebensweisheit aus Afrika. 60 Jahre oder 65 – wer bin

Beim Namen fangen die Schwierigkeiten schon an: Silver Surfer, Best Ager, Golden Oldie, Generation Silver Sex, Jungsenioren, Generation 60 plus? Das Wort alt wird hier tunlichst vermieden. Wer will auch schon zum „alten Eisen“ gehören? Neuerdings spricht man von den „Jungen Alten“ ... (die einige Jahrzehnte zuvor noch als „Uralte“ gegolten hätten).

ich dann nach „getaner Arbeit“ in Familie und Beruf? Der Ruhestand ist die Zäsur in der Lebensbiografie eines Menschen, einer der schwierigsten Lebensübergänge. Wohl zu Recht ist die Rede von einer Lebenswende: Das Leben wendet sich, verändert sich, wird völlig anders als vorher. Wendepunkte stellen die Weichen im Leben neu und verleihen dem Lebenslauf eine neue Richtung.

Aber wohin? Die gesellschaftlichen Vorstellungen, Leitbilder und Normen zur Gestaltung des „dritten Lebensdrittel“ sind noch sehr diffus und wenig gefestigt. Es fehlen die Vorbilder vorhergehender Altersgenerationen. Das Alter ist vom Alter her jungen Datums. Wir werden alt, aber wie wird man alt ...?!

Ein unglaublicher Zeitwohlstand

Es ist wie im „Niemandsland“: Das Alte ist nicht mehr, das Neue ist noch nicht da. Wir wissen nicht so recht, wo es lang geht, was uns erwartet, wohin das alles führt. Jeder Übergang bedeutet Abschied von bisher Vertrautem und Liebgewonnenem, aber zugleich auch Aufbruch in eine (noch ungewisse) Zukunft mit neuen Lebensperspektiven und Lebensmöglichkeiten. „Wenn sich eine Tür schließt, dann öffnet sich stets eine andere. Deshalb sollten wir den Verlusten hinter der geschlossenen Tür nicht so sehr nachtrauern, dass wir die Chancen verpassen, die uns hinter der soeben geöffneten Tür erwarten“, ermuntert wohl zurecht der französische Schriftsteller André Gide.

Und hinter dieser Tür liegt heute ein unglaublicher Zeitwohlstand nie gekannten Ausmaßes! In der Zeit der Erwerbs – und Familientätigkeit herrschte oft Zeitnot. Das Leben wurde bestimmt von der Hinwendung nach außen, wie erwachsen werden, einen Beruf erlernen, einen Lebenspartner finden, eine Familie gründen und Kinder erziehen, ein Haus bauen und die Existenz sichern. Was blieb da im Zeit- und Kräftebudget noch übrig für sich und die Familie ...?

Am glücklichsten sind die Menschen jenseits der 60, behaupten amerikanische Forscher. In Deutschland glaubt angeblich die Mehrheit, dass ihr Lebenshöhepunkt um die 60 Jahre liegt. Von wegen „die paar Jahre noch“.

Der Ruhestand jedoch versetzt uns in die „Regellosigkeit“ des Alltags und in die „Zeitlosigkeit“ des Lebens. Nun verfügen wir selbst über unsere Zeit, können, ja müssen wir unser Alltagsleben ganz neu strukturieren und vor allem eigenhändig gestalten. Weithin unabhängig von sozialen Zwängen und reinen „Äußerlichkeiten“ können wir uns – mit einer Wende nach innen – nun mit den wichtigeren Dingen des Lebens beschäftigen. Und mit zunehmendem Alter mehr und mehr mit den „letzten Dingen“.

Das alles bedeutet keineswegs Flucht aus dieser Welt oder Abkehr von den Notwendigkeiten des alltäglichen Lebens. Wohl aber eine Umkehr zu mehr Lebenssinn und Lebensqualität, wie sie Reisen, Musik, Kunst, Spiel, Stille oder ehrenamtliche Tätigkeit erschließen helfen. In diesem Sinne bringt Alter eine neue Lebenszufriedenheit ... und der Ruhestand verspricht dann wirklich innere Ruhe und Gelassenheit, mitunter auch Mäßigung und Genügsamkeit.