Loe raamatut: «Im Bann von covid-19»

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Peter Wolff

Im Bann von covid-19

Impressionen einer Pandemie

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

01 Seuchen gab es schon immer

02 Was ist ein Virus?

03 Woher kommt es nur, das Corona-Virus?

04 Wie verläuft eine Corona-Erkrankung?

05 Covid-19 - eine Pensionärskrankheit?

06 - Ist am Ende alles nur eine Verschwörung?

07 - Corona-Management durch Bund und Länder

08 - Shutdown und Lockdown – die Ultima Ratio zur Pandemiebekämpfung?

09 - Corona-Maßnahmen und das Grundgesetz

10 - Versammlungsfreiheit und Demonstrationsverbot

11 - Kontrolle und Sanktionen

12 - Das staatliche Informationsgebot

13 - Mit der Bratwurst zur Herdenimmunität?

14 - Soziale Auswirkungen der Pandemie

15 - Social Distancing

16 - Die Rolle von Vorbildern für die Corona-Disziplin

17 - Emotionale Epidemiologie oder: Die Ängste vor der Seuche

18 Deutschland im Corona-Rausch

19 - Corona als Strukturkiller

20 - Die Rolle der Kirche in Corona-Zeiten

21 - Aus Solidarität wird Impfneid

22 - Gastronomie unter Druck: Essen & Trinken „to go“

23 - Kultur auf Distanz

24 - Cocooning - My home is my castle

25 - Einkaufen als Wochenhighlight

26 - Geisterspiele – einfach nur gespenstisch

27 - „Diesmal nicht“ - Köln ohne Karneval

28 - O, Du einsame – „Weihnachten light“

29 - Bleiben wir ein Volk von Heimtieren?

30 - Skypen statt Anstoßen

31 - Runder Geburtstag mit Aussicht

32 - Endlich ein Impfstoff!

33 - Die europäische Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Pandemie

34 - Wie verschiebt Corona die politischen Prioritäten?

35 - Wie wirkt sich Corona auf den Arbeitsmarkt aus?

36 - Welche Auswirkungen hat Corona auf Umwelt und Klima?

37 - Revolutioniert Corona das Gesundheitswesen?

38 - Bedroht die Pandemie den Weltfrieden?

39 - Nach der Pandemie ist vor der Pandemie

40 - Corona als Chance für uns alle?

41 - Schlussgedanken

42 - „Meine Damen und Herren, zum Schluss die CZI-Vorhersage“

Impressum neobooks

Vorwort

Im Bann von covid-19

Impressionen einer Pandemie

von Peter Wolff

Ausgabe 01, 2021

© / Copyright 2021 Peter Wolff

Umschlaggestaltung, Illustration: Peter Wolff

ISBN Paperback

Peter Wolff

Poller Damm 26

51105 Köln

peter.wolff@unitybox.de

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung oder Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar

Inhaltsverzeichnis

Oft schon „heute“, sonst die „Tagesschau“, wenn ich beides versäumt habe, dass „heute-journal“ oder die „Tagesthemen“ - die tagtägliche Dosis meist schlechter Nachrichten aus aller Herren Länder ist für mich Pflichtprogramm.

Nicht immer voll konzentriert, aber zumindest als „Beiwerk“, neben dem Kochen, dem Aufräumen, dem Spielen mit dem Hund lasse ich mich zumindest einmal am Tag mit dem Neuesten aus aller Welt berieseln.

Insbesondere intensiv in Zeiten, in denen es von Krisenherden auf diesem unseren Globus nur so wimmelt.

Neben den Ereignissen vom Tage sind es vor allem folgende Schauplätze, die die Nachrichtenformate unserer TV-Sender Anfang „Zwanzigzwanzig“ beherrschen.

Da ist zunächst das Thema Syrien. Zwar ist der Bürgerkrieg in Syrien längst entschieden, doch von einer politischen Konfliktregelung und einer Befriedung bleibt das Land weit entfernt. Denn nach wie vor verfolgen die am Konflikt beteiligten lokalen, regionalen und internationalen Akteure widerstreitende Interessen und sind entschlossen, diese auch militärisch durchzusetzen. So kommt es immer wieder zu Übergriffen auf die Bevölkerung.

Zum Jahresanfang rückt auch die islamische Terrormiliz IS wieder stärker in den Brennpunkt des öffentlichen Interesses. Der „Islamische Staat“ meldet sich mit Anschlägen, Selbstmordattentaten und Feuergefechten in Syrien und im Irak verstärkt zurück.

Im März wird zudem das Thema „Flüchtlingskrise“ wieder brandaktuell. Der türkische Präsident Erdogan hat erneut die Grenzen geöffnet, tausende Menschen stehen vor der türkisch-griechischen Grenze.

Anfangs nehme ich kaum wahr, dass sich heimlich, still und leise ein weiteres Thema zu den die Nachrichtenblöcke unserer TV-Sender beherrschenden Standardthemen geschlichen hat. Kaum merklich noch, meist nur eine kurze, wenige Sekunden dauernde Meldung, aber: stetig, beinahe täglich wird von einem unbekannten, von einem geheimnisvollen Virus berichtet, das vor allem in China um sich greift und Ärzte wie Wissenschaftler vor ein Rätsel stellt.

Mich interessieren diese Meldungen aus Fernost nur am Rande, schließlich wütet das Virus in China und ist damit noch ganz weit weg.

Und als das Kind dann einen Namen hat, löst dieser zunächst durchaus positive Assoziationen in mir aus: Corona=Bier=Genuss=Sommer. Welch ein anheimelnder Name für solch' eine schlimme Bedrohung...

Was niemand zu diesem Zeitpunkt ahnt: Das mysteriöse Virus, das bereits so nah ist, obwohl es noch so weit entfernt scheint, wird in den kommenden Wochen, Monaten, ja, Jahren unser Leben in vielfältiger Weise verändern. Auf eine Art und Weise, die sich niemand, der in diesen Tagen auf der Erde wandelt, auch nur im Entferntesten hätte vorstellen können.

Die Pandemie trennt die Gegenwart von der Vergangenheit beinahe so, wie man sich durch Unfall oder Krankheitsdiagnose von einer Sekunde auf die andere aus dem bisherigen Leben gerissen fühlen kann. Die Ungewissheit trifft uns unvorbereitet. Für die breite Mehrheit der europäischen Staaten bedeutet die virale Pandemie einen Schock des Unermesslichen, der Mitte März 2020 binnen weniger Tage die Gesellschaft um Dekaden zurückwirft.

Es kommt zur Rückkehr vom Hamstern, der temporären Aufhebung von Grundrechten – namentlich der Freizügigkeit und des Demonstrationsrechts-, zum Triumph der Exklusion über die Inklusion und einer Renaissance der Grenzschließungen.

Mit dem Virus erreicht uns eine Bedrohungswahrnehmung: Dieses Corona-Virus ist für den Menschen neu, die Übertragung verläuft sehr schnell von Mensch zu Mensch, der Ausbreitungs- und Krankheitsverlauf ist schwer vorherzusagen, es entfaltet sich ausbruchsartig auch in Europa und überfordert selbst unsere Gesundheitssysteme.

Die „Corona-Krise“, die flugs ausgerufen wird, als das Virus auch in unseren Breitengraden zu unserem ständigen Begleiter wird, verursacht dabei vor allem eins: Ein Gefühl der Unsicherheit, ausgelöst durch die Ungewissheit über das, was der Erreger kurzfristig auszulösen imstande ist, über seine möglichen Langzeitfolgen und nicht zuletzt darüber, wie wir seiner Herr werden können. Die mediale Bericht-erstattung über das Virus befeuert dieses Gefühl noch zusätzlich. Sie nimmt Ausmaße an, die das Erträgliche hart auf die Probe stellen. Von morgens bis abends wird man mit Informationen bombardiert, mit konträren Meinungen von Politikern, Virologen und vielen, die sich darüber hinaus berufen fühlen, ihren Senf zum Thema abzugeben.

Wie soll man da noch den Durchblick, noch einen klaren Kopf behalten? Wie mit seinen Emotionen in dieser seltsamen Zeit umgehen?

Vielleicht hilft es, sich dem Phänomen „Covid-19“ durch grundlegende Fragen, die einen Großteil der Bevölkerung im Zusammenhang mit Corona bewegen und durch die Empfindungen, die die Pandemie-Situation in jedem Einzelnen hervorruft, zumindest anzunähern, um den Schleier ein wenig zu lüften.

Denn auch im letzten Drittel des Jahres 2021, nach gut anderthalb Jahren Covid-19, sind die Verantwortungsträger aus Politik und Medizin weit davon entfernt, sämtliche Fragen hinsichtlich des Virus und seiner möglichen Folgen für den Einzelnen und die Gesellschaft zufriedenstellend beantworten zu können.

Köln, im September 2021

Peter Wolff

I Seuchen, Viren und das Corona-Virus

01 Seuchen gab es schon immer

Es gibt Berge, über die man hinübermuss, sonst geht der Weg nicht weiter“

Ludwig Thoma (Deutscher Schriftsteller, 1867-1921)

Angesichts der aktuellen Corona-Pandemie und ihrer einschneidenden Folgen fragen sich viele Menschen, ob und welche Seuchen es früher gab, wie mit ihnen umgegangen wurde und ob der Umgang damals ein anderer war als heute.

Wie sieht es also aus mit unserer Seuchenhistorie? Und was ist das überhaupt – eine Seuche?

Das Wort „Seuche“ ist ein Abstraktum zu siech („schwach, krank“) und geht zurück auf das althochdeutsche siuhhī, unter anderem im Sinne von „allgemeine Krankheit, die den ganzen Körper schwächt oder eine Krankheit der ganzen Gegend, der ganzen Sippe oder Herde“ (01).

Als Seuche bezeichnet man früher eine „ansteckende Krankheit, die allgemeiner sich ausbreiten kann, da die Gesunden durch die an derselben Krankheit Leidenden angesteckt werden können“, ab dem 17. Jahrhundert auch den „Krankheitsstoff, der durch den ganzen Körper oder das Land geht“.

Im 18. Jahrhundert wird der Begriff als Ersetzung des Begriffes Pest beziehungsweise Pestilenz in Gebrauch gekommen, wobei letztere als Oberbegriff für massenhaftes Erkranken und Sterben dient. Dieser Seuchenbegriff beschreibt nunmehr mehr oder weniger plötzlich auftretende Massenerkrankungen, Seuche wird nicht von der Ursache her definiert, sondern durch die Intensität und Plötzlichkeit des Auftretens.

Die Kontagiosität (Übertragungsfähigkeit) und Infektiosität (Fähigkeit, bei einem Wirt eine Infektion hervorzurufen) sowie Art, Schweregrad und Letalität (Sterblichkeit) der hervorgerufenen Krankheit bestimmen dabei Art und Ausmaß einer Seuche. Typisch ist ein schwerer Verlauf solch virulenter Infektionskrankheiten, der zu „Siechtum“ oder Tod führen kann.

Heute verwendet man den Begriff Seuche im Sinne einer sich schnell ausbreitenden ansteckenden Infektionskrankheit. In einem engeren Sinne kann man sie auch als eine zeitlich und örtlich gehäuft auftretende Erkrankung zahlreicher Lebewesen an einer bedrohlichen und hochansteckenden Infektionskrankheit verstehen. Der Begriff ist in der modernen Fachsprache weitgehend durch Infektion ersetzt.

Seuchenartige Häufungen von infektiösen Erkrankungen werden in der Epidemiologie je nach Art der zeitlichen und räumlichen Ausbreitung in drei Gruppen unterteilt.

Epidemie bei zeitlich und räumlich begrenzter Häufung

Endemie bei räumlich begrenzter, zeitlich unbegrenzter Häufung

Pandemie bei zeitlich begrenzter, räumlich unbegrenzter

Schaut man sich die „Seuchengeschichte“ auf unserem Globus einmal genauer an, so stellt man fest: So einzigartig, wie es zunächst den Anschein hatte und medial transportiert wurde, ist diese weltumspannende Pandemie gar nicht, die das Gefüge der uns gewohnten Welt so heftig erschüttert.

Epidemien begleiten die Menschheit seit Jahrhunderten und üben einen nachhaltigen Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft aus. Sie machen einen unausrottbaren und beständig wiederkehrenden Teil der Menschheitsgeschichte aus. Seuchen im alten Sinn waren dabei absolut dramatische Ereignisse. Das liegt auch daran, dass die Erkenntnis der Übertragung durch Erreger erst 1876 durch die Arbeiten von Robert Koch ihren Anfang nimmt.

Einer der frühesten Hinweise auf räumliche Distanzierung stammt aus dem siebten Jahrhundert v. Chr. im Buch Levtikus, 13,46: „Und der Aussätzige, in dem die Pest ist […] er wird allein wohnen; [außerhalb] des Lagers wird seine Wohnung sein.“

Auch Thukydides beschreibt um 400 v.Chr. in seiner Geschichte des Peloponnesischen Kriegs die Wirkung einer rätselhaften Infektionskrankheit, die Athen während der spartanischen Belagerung heimsucht und am Anfang ihres langen Niedergangs steht.

Im kollektiven Gedächtnis besonders verankert ist die Pest, die seit der Antike als verheerende Seuche tradiert. Mitte des 14. Jahrhunderts führt der „schwarze Tod“, der die europäische Zivilisation in so verheerender Form heimsucht, zu einem Massensterben historischen Ausmaßes. Zwischen 1348 und 1353 fordert die Seuche vermutlich über 20 Millionen Todesopfer und rafft ein Viertel bis ein Drittel der damaligen Bevölkerung dahin. Aus Asien kommend, gelangt die Pest über die Hafenstadt Kaffa in das Handelsnetz der Genueser und verbreitete sich so über ganz Europa.

Die Auswirkungen zeigen sich in Politik und Wirtschaft, sie sind auch in Religion, Kultur und Medizin spürbar. Kurzfristig kommt es zu einem fast vollkommenen Zusammenbruch des öffentlichen Lebens, wie die Novellensammlung «Il Decamerone» des Schriftstellers Giovanni Boccaccio für Florenz bezeugt.

In längerfristiger Perspektive führen die massiven Bevölkerungsverluste zur Aufgabe schlechter und unrentabel gewordener Ackerflächen, sodass ganze Dörfer verlassen und Landstriche zu Wüstungen werden. In den Städten dagegen steigen die Löhne sowie der allgemeine Lebensstandard. Gleichzeitig fördern die höheren Arbeitskosten technische Innovationen wie den Buchdruck, um die kostenintensive Handarbeit zu mechanisieren.

Auswirkungen auf Handel und Wirtschaft hat auch die von den Städten Oberitaliens zum Schutz vor der Pest eingeführte Quarantäne von Schiffen, die für die folgenden Jahrhunderte eine der klassischen Maßnahmen zum Schutz vor Epidemien wird – Kaufleute und Schiffsbesatzungen werden für 30, später 40 Tage meist in Lazaretten isoliert.

Schwere Seuchenzüge, denen in den davon betroffenen Städten regelmäßig Hunderte und Tausende Menschen innerhalb weniger Monate zum Opfer fallen, sind im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit eine wiederkehrende Bedrohung.

Da stellt sich automatisch die Frage: Wie wurde früher mit Seuchen umgegangen?

„Anno 1562 Jar starb es Gewaldig zu / Nurremberg das kein Man gedacht es fohen / die Reichen leud alle auß der stat darinnen/Sturben 10345 Menschen den allen / Gott die frolich aufferstehung gebe.“

Mit diesen Worten verzeichnet die Nürnberger Chronik des Weinschenks Wolf Neubauer d. J. (†1621), die große Pest des Jahres 1562.

Gut dokumentiert ist, wie in der frühneuzeitlichen Bevölkerung mit Seuchen umgegangen wird und welche Maßnahmen ergriffen werden, um ihrer Herr zu werden.

Eine zuverlässig erfolgreiche Behandlung für Erkrankte ist nicht zur Hand. Bekämpfung der Pest bedeutet daher in der Hauptsache den Schutz der nicht-Erkrankten vor der Erkrankung und damit vor allem vor den erkrankten Menschen selbst sowie den Leichen der Verstorbenen.

So werden Erkrankte rasch auf Tragen aus der Stadt geschafft. Es werden Lazarette vor den Stadtgrenzen errichtet, um die Verbreitung der Krankheit durch räumliche Distanzierung zu erschweren. Besonderen Ausdruck finden die Maßnahmen des Ausschlusses Erkrankter schließlich in der Errichtung sogenannter „Pesthäuser“ weit außerhalb der Städte.

Wer kann, flieht aus der Stadt und lässt sich woanders nieder. Denn eine verlässliche Überlebenschance haben insbesondere jene, die gar nicht erst erkranken. Das wiederum lässt sich nur dann halbwegs zuverlässig bewerkstelligen, wenn Pestgebiete gemieden werden. Dies möglichst frühzeitig, möglichst lange und möglichst weit.

Allerdings ist die Seuche meist schneller - den dramatischen Folgen der regelmäßig auftretenden Epidemien ist kaum zu entkommen – weder in der Ferne noch in der Heimat (02).

Die europäische Eroberung der Welt seit der Frühneuzeit beruht ganz maßgeblich auf epidemischen Faktoren. Ohne die genozide Wirkung der Krankheitskeime, die die vordringenden Europäer auf die indigene Bevölkerung übertrugen, gäbe es weder die Staatenvielfalt noch die verschiedenen Kulturkreise, in die Nord- und Südamerika sich heute gliedern.

Das Massensterben an der Pest sorgt nicht nur dafür, dass die überlebenden Bauern schließlich über größere Anbauflächen verfügen, der gleichzeitige Anstieg der Arbeitskosten lässt das Spätmittelalter auch zu einer Epoche technischer Neuerungen mit weitreichenden Wirkungen über die Erfindung des Buchdrucks hinaus werden – auf das Jahrhundert des Schwarzen Todes folgte das Zeitalter der Renaissance.

Der Seuchenausbruch bedeutete auch den Beginn der modernen Hygienewirtschaft, die zur Entstehung der städtischen Kanalisation führte und trieb mit der Einführung der Mineraldüngung die Revolutionierung der Landwirtschaft voran (03).

Seit dem Rückzug der Pest aus Europa ab dem späten 17. Jahrhundert treten Infektionen wie Ruhr, Syphilis, Typhus, Pocken und Malaria vermehrt auf.

Im 19. Jahrhundert sucht dann die Cholera die europäischen Länder heim.

Die Cholera gilt als die klassische Seuche des 19. Jahrhunderts. Eine kurze Inkubationszeit und ein schneller Verlauf begrenzen die Krankheit lange auf Asien. Dies ändert sich im Zeitalter des Welthandels, als sie sich von Indien aus entlang der Handelswege nach Westen hin ausbreitet und Europa seit den 1830er-Jahren heimsucht.

Besonders gut dokumentiert ist die Choleraepidemie der 1890er-Jahre, von der Hamburg als einzige europäische Großstadt betroffen ist. Binnen weniger Wochen fallen rund 8000 Menschen der Krankheit zum Opfer. Da in Hamburg das Trinkwasser nicht gefiltert wird, können sich die Krankheitserreger über die zentrale Wasserversorgung im ganzen Stadtgebiet ausbreiten. So hat die vom Kaufmannsgeist geprägte Stadt an der falschen Stelle gespart.

Die Cholera fungiert als Motor für bedeutende sanitäre Reformen auf dem Gebiet von Wasserversorgung und Kanalisation, die in vielen europäischen Städten ab den 1870er-Jahren systematisch in Angriff genommen werden. Die Kommunen vollbringen dabei technische und finanzielle Pionierleistungen.

Das zwanzigste Jahrhundert schließlich ist das Zeitalter der grippeartigen Epidemien.

Die Spanischen Grippe 1918–1920, die häufig in Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg diskutiert wird und mit einer geschätzten Zahl von 40 Millionen Todesfällen die Anzahl der 17 Millionen Kriegstoten weit übertrifft, sucht sich abweichend von vielen anderen Epidemien ihre Opfer nicht unter Kindern und Senioren, sondern betrifft vor allem junge Männer im besten Alter. Dies löst nach Kriegsende eine tiefgehende Sorge um die Entwicklung der Bevölkerung und der Wirtschaftskraft aus.

Dass die asiatische Grippe 1957/58 über eine Million Menschen das Leben kostet, schreibt sich dem kollektiven Gedächtnis kaum ein. Sie wird noch auf ihrem Höhepunkt sowohl im Osten als auch im Westen unseres damals noch zweigeteilten Landes als eher harmlos verlaufende Krankheit charakterisiert.

Auch die Hongkong-Grippe 1968/69 scheint der seinerzeitigen Berichterstattung zufolge lange einen Bogen um Deutschland gemacht zu haben. „Keine Hongkong-Grippe in der Republik“ titelt das Neue Deutschland noch Anfang 1969.

Zusätzlich zu den grippeartigen Epidemien tauchen Ende des zwanzigsten/Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts neue Bedrohungen wie HIV, Ehec und Sars und aktuell das Coronavirus auf.

Ebenso wie die Generationen vor uns leidet die moderne Welt bis heute unter periodisch auftretenden Pandemien, die nur erst jetzt stärker in unser Bewusstsein rücken.

Was man derzeit angesichts der Corona-Krise in unseren Breitengraden dabei gerne einmal vermisst: In globaler Perspektive bedrohen nicht nur neue, sondern auch viele wiederkehrende, längst besiegt geglaubte Infektionskrankheiten wie Malaria, Tuberkulose et cetera die Gesundheit der Bevölkerung (04).

Die Weltwirtschaft, internationale Migration und Massentourismus machen neue wie wiederkehrende Seuchen zu weltumspannenden Risiken.

So fördert die Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft auch eine Globalisierung der Infektionskrankheiten.

Was nichts anderes heißt als das, worauf ich in Kapitel 30 zum Ende des Buches hin noch ausführlich eingehen werde: Nach der Epidemie ist vor der Epidemie. Das Corona-Virus ist nicht der erste gefährliche Erreger, der uns heimsucht, und er wird nicht der letzte sein.

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