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Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil

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Bevor Brockhaus sich der weitern Pflege seines neugegründeten Blattes nach der ersten stürmischen Zeit der leipziger Schlacht in Ruhe widmen konnte, hatte er außer den oben geschilderten Debits- und Censurschwierigkeiten noch eine andere Anfechtung zu bestehen, die ihm ebenso unerwartet als unangenehm war. Er hörte plötzlich, daß die Herder'sche Buchhandlung zu Freiburg im Breisgau eine »Fortsetzung« seiner kaum begonnenen und in der besten Entwickelung begriffenen »Deutschen Blätter«, an deren Aufgeben er gar nicht dachte, angekündigt habe. Auf seine verwunderte Anfrage schickte ihm die Herder'sche Buchhandlung folgenden Erlaß des k. k. Armeecommandos in vidimirter Abschrift:

Dem Buchhändler Herrn Bartholomä Herder in Freyburg wird hiemit der Auftrag ertheilt, die »Deutschen Blätter«, wie selbe bisjetzt bei Herrn Brockhaus in Altenburg und Leipzig erschienen sind, ferner fortzusetzen, mit der Bedingung jedoch, daß selbe wie bisher der österreichischen Censur zu unterstehen haben.

K. K. Hauptquartier Lörrach

den 27. December 1813.

(L. S.)

Sr. k. k. Apostolischen Majestät Generalfeldwach-
tmeister im Generalquartiermeister-Stabe, Commandeur
des kaiserl. österr. Leopolds-Orden &c. &c.
(Gez.) Langenau.

Brockhaus' Erstaunen über dieses Actenstück mag noch dadurch gesteigert worden sein, daß es von demselben General von Langenau unterzeichnet war, der ihm im Auftrage des Feldmarschalls und obersten Befehlshabers Fürsten von Schwarzenberg den »Befehl« zur Herausgabe eines politischen Blattes ertheilt hatte. Das Armeecommando konnte beim weitern Vorrücken der Heere nach Frankreich gewiß auch noch andern Personen »Aufträge« oder »Befehle« zur Herausgabe politischer Blätter geben; zur raschesten Verbreitung der offiziellen Kriegsnachrichten war das selbst ohne Zweifel ganz zweckmäßig. Aber einem andern Buchhändler den »Auftrag« zur »Fortsetzung« der bei Brockhaus noch erscheinenden »Deutschen Blätter«, die doch jedenfalls dessen Eigenthum waren, ohne sein Vorwissen zu geben, das verrieth in der That ganz eigenthümliche Begriffe über das literarische Eigenthum! Selbst in der damaligen Zeit, die jenes Wort kaum kannte und in der im Gegentheil der Nachdruck blühte, und auch bei einem mit solchen Angelegenheiten wenig vertrauten Militär war das doch überraschend! Dazu kam noch, daß die »Deutschen Blätter« in einer ihrer ersten Nummern (Nr. 15 vom 25. October 1813) einen von dem General von Langenau selbst eingesandten Artikel, seine Entlassung aus sächsischen Diensten betreffend, gebracht hatten. Dieser war zwei Monate vor Anfang des Kriegs nach ehrenvoller Entlassung in österreichische Kriegsdienste getreten, und die königlich sächsische »Leipziger Zeitung« hatte ihn, freilich vor der leipziger Schlacht, am 4. September als »aus den sächsischen Diensten desertirt« bezeichnet!

Die Herder'sche Buchhandlung antwortete auf Brockhaus' Anfrage unterm 30. December 1813 nur: sie habe diesen Auftrag erhalten, sei übrigens gern bereit, ihm gegen Mittheilung der Abnehmer der »Deutschen Blätter« eine »Vergütung« zu machen; wolle er die Versendung übernehmen, so könne er die Verrechnung darüber mit den Abnehmern besorgen, und man werde sich schon arrangiren.

Brockhaus' Antwort auf diesen Brief und sein jedenfalls erfolgter Brief an General von Langenau liegen uns leider nicht vor.57 Doch ist nicht zu bezweifeln, daß die erstere eine ablehnende, der zweite ein Protest war. Beide Briefe werden sicherlich auch nicht in den höflichsten Ausdrücken abgefaßt gewesen sein.

Einen Ersatz für diese Briefe bietet nachstehende Erklärung in Nr. 70 der »Deutschen Blätter« vom 24. Januar 1814:

Der Herr Buchhändler Herder zu Freiburg im Breisgau hat angezeigt, daß er durch einen Auftrag des Herrn General von Langenau veranlaßt worden, die seither bei mir erschienenen »Deutschen Blätter« fortsetzen.

Gegen diese ebenso unerwartete als befremdende Anzeige sehe ich mich bewogen, zu erklären, daß die Idee, der Titel und der ganze Plan zu dieser Zeitschrift einzig und allein von mir herrühren; daß die Genehmigung Sr. Durchlaucht des Fürsten von Schwarzenberg nur der Form wegen erfolgte, indem ich mir, theils um allen Censur- und andern Schwierigkeiten im voraus zu begegnen, theils um auf keinen denkbaren Fall die Landesbehörden zu compromittiren, den Befehl dazu erbat; daß ich endlich, mit Zurücksetzung aller persönlichen Rücksichten, in einem Zeitpunkte, wo die französischen Heere noch in dem Herzen von Sachsen standen (12. October) und der entscheidende Streich, der Deutschland von ihnen befreite, erst vorbereitet ward, wo mithin die Aeußerung freimüthiger patriotischer Gesinnungen etwas verdienstlicher war als gegenwärtig, wo man mit hinlänglicher Sicherheit den Patrioten spielen kann, das Unternehmen mit dem 14. October begann.

Wenn ich folglich sowol nach den über literarisches Eigenthum in allen Staaten bestehenden Grundsätzen als auch aus Gründen der Billigkeit die »Deutschen Blätter« als mein vollkommenes Eigenthum betrachten darf, so kann offenbar die Fortsetzung derselben weder von irgendeiner Behörde befohlen, noch von irgendjemandem ohne meine ausdrückliche Einwilligung unternommen werden.

Wurde bei dem jetzigen Stande des Kriegstheaters für nöthig erachtet, zur Verbreitung der Armeenachrichten ein neues Blatt zu gründen, so konnte und mußte dies ohne meine Beeinträchtigung geschehen.

Ich hege daher die Hoffnung, der Herr Buchhändler Herder werde, sobald ihm diese Verhältnisse bekannt geworden, sich beeilen, seiner Zeitschrift, gegen deren Herausgabe an und für sich von meiner Seite nicht das Allergeringste einzuwenden ist, einen andern Titel zu geben, und sie nicht ferner eine Fortsetzung meiner »Deutschen Blätter« nennen, da ich diese selbst fortsetzen und bis zum künftigen allgemeinen Frieden fortsetzen werde.

Der immer steigende Beifall des Publikums ist der sicherste Beweis, daß ein politisches Blatt von dem Charakter, welchen die Redaction seither den »Deutschen Blättern« zu geben gewußt hat, den Zeitverhältnissen angemessen ist. Aber eben darin hat die Redaction auch den größten Sporn für sich gefunden, das Interesse derselben immer mehr zu erhöhen und zu verallgemeinern. Zahlreiche Mitarbeiter, und unter diesen mehrere der vorzüglichsten Schriftsteller Deutschlands, eine ausgebreitete Correspondenz, directe Verbindungen mit Holland, England und den verschiedenen Hauptquartieren, die günstige Lage der Redaction im Mittelpunkte von Deutschland und am Stapelplatze des deutschen Buchhandels: dies Alles sind Eigenthümlichkeiten und Vorzüge, welche ohnehin mit dem bloßen Titel nicht erworben werden könnten.

Sämmtliche Mitarbeiter und Correspondenten der »Deutschen Blätter« werden daher fortfahren, ihre Beiträge nach Leipzig oder nach Altenburg zu adressiren.

Altenburg und Leipzig, den 18. Januar 1814.

Friedr. Arn. Brockhaus.

Herder setzte trotzdem sein Blatt fort, gab es aber schon nach kaum einem halben Jahre wieder auf, wie aus folgender »Nachricht« in Nr. 158 der »Deutschen Blätter« vom 16. Juli 1814 hervorgeht:

Die »Teutschen Blätter«, welche sich in Freiburg im Breisgau mit einer in der deutschen Literatur unerhörten Frechheit als eine Fortsetzung der unserigen, während diese nie aufgehört hatten zu erscheinen, ankündigten, sind, öffentlichen Nachrichten zufolge, mit der 76. Nummer geschlossen worden.

Von dem bekannten Geschichtschreiber Karl Ludwig von Woltmann wurde gleichfalls eine Zeitschrift unter dem Titel »Deutsche Blätter« in den Jahren 1813 und 1814 in Berlin herausgegeben, doch war dies keine politische, sondern eine historische Zeitschrift, die mit dem von Brockhaus herausgegebenen Blatte in keiner Weise concurrirte. Woltmann, der mit Brockhaus schon seit längerer Zeit in Verbindung stand, erbot sich selbst zu Beiträgen für dessen Blatt und schrieb ihm im Januar 1814 aus Prag, wohin er im Sommer 1813 geflohen war, um der Rache Napoleon's auszuweichen:

Ihre »Deutschen Blätter« kenne ich noch nicht. Mein Journal unter diesem Titel setze ich in diesem Jahre fort. Wahrscheinlich ist das Ihrige ein politisches.

Unbeirrt durch alle Schwierigkeiten und Anfechtungen ging Brockhaus mit frischem Muthe an die weitere Förderung seiner »Deutschen Blätter«. Er hatte auch die Genugthuung, daß sie in Deutschland rasch Anklang und Verbreitung fanden. Die Auflage betrug in der ersten Zeit über 4000 Exemplare, eine für damalige Verhältnisse sehr hohe Zahl, und der erste Band wurde so vielfach nachverlangt, daß die meisten Nummern desselben mehr als einmal neu gesetzt und gedruckt werden mußten.

Uebrigens fühlte Brockhaus die Verpflichtung, nunmehr ein förmliches Programm der Zeitschrift zu veröffentlichen, was in der ersten Zeit weder nöthig noch thunlich gewesen war. Dieses erschien gerade vier Wochen nach dem Beginn des Blattes, in Nr. 31 vom 13. November 1813, und lautet:

 
Erklärung der Redaction der »Deutschen Blätter«

So unerwartet günstig unsere »Deutschen Blätter« auch vom Publikum aufgenommen worden sind, so verkennt die Redaction derselben keineswegs, daß sie diese günstige Aufnahme mehr dem Interesse an den großen Begebenheiten, welche sich unter unsern Augen ereigneten, und der Idee, welche jeder Wohlgesinnte in den »Deutschen Blättern« ahnte und finden konnte, zu verdanken habe als ihrer bisherigen Ausführung. Jetzt, da durch größere Entfernung des Kriegstheaters der Drang der Begebenheiten nicht mehr so nahe auf uns einwirkt und auch die Redaction sich mit größerer Ruhe und weniger Störung der Herausgabe dieser Blätter widmen kann, sei es ihr erlaubt, sich näher über das auszusprechen, was die »Deutschen Blätter« eigentlich sein wollen und was sie nicht sein wollen, damit zwischen ihr und dem Publikum hierüber künftig kein Misverständniß eintreten kann.

Die »Deutschen Blätter«

wollen keine Zeitung sein

Zur Organisirung einer Zeitung, wenn sie dem Ideale entsprechen soll, das der Redaction darüber vorschwebt und welches einst in der guten alten Zeit durch den »Hamburger unparth. Correspondenten« wirklich erreicht wurde, gehören große Vorbereitungen, eine so umfassende Correspondenz, so mannichfaltige Verbindungen, auch sind dabei überhaupt so viele Verhältnisse zu berücksichtigen, daß es der Redaction wie der Verlagshandlung der »Deutschen Blätter«, welche beide ebenso sehr die Schwierigkeiten als die Bedingungen der Herausgabe einer guten Zeitung zu erwägen wissen, nicht in den Sinn gekommen ist, eine solche unternehmen zu wollen. Die Zwecke, welche die Redaction durch die »Deutschen Blätter« erreichen wollte, konnten aber auch durch eine Zeitung nicht erreicht werden, da diese eigentlich nur referiren soll, was in der Gegenwart geschieht, und ohne für oder gegen eine der handelnden Personen oder Völker Partei zu nehmen.

Die »Deutschen Blätter« wollen also keine Zeitung sein, sondern

ein politisches Volksblatt,

das Wort »Volk« hier im höhern und edlern Sinne genommen, ein Blatt, das in allen Ländern deutscher Zunge mit Theilnahme kann gelesen werden, welches bei einem bloßen Zeitungsblatte, das in einer gewissen Entfernung bald alles Interesse verliert, nicht der Fall sein kann. Sie thun daher von jetzt an, wo sich das Kriegstheater aus der Nähe der Redaction weggezogen hat, auf die Mittheilung alles dessen Verzicht, was man im engern Sinne gewöhnlich »Zeitungsneuigkeiten« und »Zeitungsnachrichten« zu nennen pflegt, insofern sie nicht den Zweck haben wollen, das Publikum mit den Begebenheiten des Tags so schnell als möglich oder wol gar zuerst und vollständig bekannt zu machen. Die »Deutschen Blätter« werden zwar nicht versäumen, die glorreichen Ereignisse, welche wir den verbündeten Armeen, an welche sich bald die gesammte deutsche Nationalkraft wird angeschlossen haben, auch ferner bis zur gänzlichen Befreiung unsers gemeinsamen Vaterlandes verdanken werden, mitzutheilen, allein es wird in einer andern Form geschehen, als es bisher geschehen konnte. Es werden nämlich größere Zeitpunkte nach bedeutenden Abschnitten der Begebenheiten dazu festgesetzt werden, die Darstellung der in dieselben fallenden Begebenheiten wird historisch zusammenhängend in größern erklärenden Uebersichten erfolgen und von den wichtigsten officiellen Bekanntmachungen der verschiedenen Armeen begleitet sein.

Hauptsächlich aber wird das Streben der »Deutschen Blätter« dahin gehen, Gemeinsinn zu erwecken, die deutsche Nationalwürde zu erheben, Haß gegen fremde Unterjochung und Vertrauen gegen uns selbst einzuflößen. Auch die belehrende und warnende Geschichte der letzten zehn traurigen Jahre, in welchen Deutschlands herrliche Nationalkräfte von Fremdlingen, die sich durch List und Gewalt auf unsern Boden eingeschlichen hatten, nur gebraucht wurden, damit die deutschen Völker sich untereinander selbst aufrieben und das zerstörten oder lähmten, was eigentlich unsere Nationalkraft war und unsern Nationalcharakter bildete, wird daher von dem Gegenstande unserer Blätter nicht ausgeschlossen sein. Alles, was mithin dazu dienen kann, die Tyrannei und Willkür, womit ein fremder Usurpator uns und — das freie stolze Britannien ausgenommen — ganz Europa bedrückte, nach wahrhaften Quellen genauer kennen zu lernen, ferner historische Data über einen in der Weltgeschichte einzigen, bisher aber noch nicht unparteiisch geschilderten Zeitpunkt, in welchem es für Staaten wie für Individuen weder Sicherheit des Besitzes noch der Personen gab, werden daher von den »Deutschen Blättern« gern aufgenommen werden. Es werden sich solche auch ein besonderes Geschäft daraus machen, das systematische Lügengewebe der französischen Nachrichten zu entwirren und die Sophismen ihrer diplomatischen Verhandlungen zu widerlegen. Alles endlich, was dazu führen kann, über Deutschlands künftige politische Verfassung im allgemeinen und im besondern gemeinnützige und aufgeklärte Ideen zu verbreiten und fruchtbare Gedanken über die Verbesserung unsers politischen Zustandes zu wecken, soll ein besonderer Gegenstand der »Deutschen Blätter« sein.

Zur Erreichung dieser Zwecke hat sich die Redaction schon mit mehrern ausgezeichneten Schriftstellern und Geschäftsmännern in Verbindung gesetzt; sie rechnet aber auch auf die freie Unterstützung anderer aufgeklärter Männer in unserm ganzen gemeinsamen Vaterlande, um so mehr, »da die Freiheit der Rede und der Schrift uns wiedergegeben ist, wie die des Handelns«; und wird sie endlich auch aus andern Blättern manches aufnehmen, was dazu beitragen kann, diese Blätter zu einem »Nationalarchiv der Deutschen« zu erheben.

Was die Art der künftigen Erscheinung betrifft, so wird die Verlagshandlung nachstehend das Nähere darüber bekanntmachen.

Die Redaction der »Deutschen Blätter«.

Die darauffolgende Mittheilung der Verlagshandlung beschränkt sich auf Angaben über Preis, Erscheinungsweise (künftig wöchentlich viermal, statt täglich wie bisher, gleichzeitige Ausgabe in Leipzig und Altenburg) u. s. w. mit dem Zusatze: die ganze Form und Anlage der »Deutschen Blätter« gehe dahin, daß sie eine »Nationalchronik« bilden sollen, welche gesammelt immer ihr Interesse behalten werde.

Vom April 1814 an wurden wöchentlich nur drei Nummern ausgegeben. Von Mitte April 1815 an, bis zu welchem Zeitpunkte in den anderthalb Jahren seit Mitte October 1813 sechs Bände erschienen waren, wurden wöchentlich zwei bis drei Bogen (ohne Datum als »Stücke« bezeichnet) ausgegeben, und zu dem Titel wurde »Neue Folge« hinzugesetzt; vom 10. Juni 1815 an (nach dem Wiederausbruche des Kriegs) wurden den regelmäßigen Stücken wöchentlich besondere Beilagen unter dem Titel: »Tagesgeschichte. Zu den Deutschen Blättern. Neue Folge« beigegeben, die Ende September (mit dem zweiten Bande der Neuen Folge) wieder eingestellt wurden.

Mit dem dritten Bande der Neuen Folge, dem neunten im Ganzen, hörten die »Deutschen Blätter« im Frühjahre 1816 auf, nachdem sie gerade zwei und ein halbes Jahr lang erschienen waren.

Das oben mitgetheilte Programm der »Deutschen Blätter« wurde von ihnen während der ganzen Dauer ihrer Wirksamkeit treu eingehalten. Nur erhielt es durch die Zeitereignisse mitunter eine Erweiterung oder Vervollständigung. Einige der hierauf bezüglichen Erklärungen sind für die Zeitschrift wie für deren Herausgeber des Blattes besonders bezeichnend.

So heißt es beim Schlusse des dritten Bandes am 21. Mai 1814:

Die »Deutschen Blätter« sehen einen großen Zweck, zu dem auch sie mitgewirkt haben und über welchen sie in Deutschland mit zuerst öffentlich und furchtlos gesprochen zu haben sich zu einigem Verdienste anrechnen dürfen, erreicht. Nicht durch die Waffen allein ist der Tyrann besiegt worden, sondern auch durch die öffentliche Meinung, welche zu bilden und zu leiten das Geschäft der Schriftsteller ist. Er ist untergegangen in einer Schmach, für welche die Geschichte kein Gegenstück aufzuweisen hat. Der Nimbus seiner Größe ist verschwunden und tiefe Verachtung der Furcht und dem Hasse gefolgt, die der elende Heuchler seit zwölf Jahren Europa eingeflößt hatte. Aber wenn auch er untergegangen ist, so sind es nicht mit ihm seine Helfershelfer, die, mit Verbrechen beladen, dennoch zum Bedauern der Welt scheinen Verzeihung erhalten zu sollen; nicht ist mit ihm untergegangen jener gallische Uebermuth, jene Verderbtheit dieses Volks, das seit fünfundzwanzig Jahren eine Geisel der Welt gewesen ist und alle Stufen menschlicher Verbrechen durchlaufen hat. Ohne die Schlechtigkeit dieses Volks, ohne die Verworfenheit seiner Räthe, Minister und Generale konnte Bonaparte nicht der Tyrann und Despot werden, welcher er geworden ist. Nicht er allein war es, den wir zu bekämpfen hatten, auch gegen diese sind unsere Waffen gerichtet.

Die »Deutschen Blätter« werden daher auch fernerhin, so lange sie fortgesetzt werden, insbesondere gegen gallischen Uebermuth und Afterweisheit für alle Zeiten sprechen und Bewahrer des deutschen Nationalsinnes bleiben.

Bei Vollendung des vierten Bandes am 23. August 1814 sagt die Redaction:

Noch ist zu dem Wiederaufbau des deutschen Staatsgebäudes nur der Grundstein gelegt, nur der Umriß entworfen. Es hoch und herrlich und dauerhaft aufzuführen, alle seine Theile zu einem wohlgeordneten und wohleingerichteten Ganzen zu verbinden, damit es seinen Bewohnern Schutz und Sicherheit und bequemen Aufenthalt gewähre, den Nachbarn Vertrauen und Ehrfurcht einflöße, das wird das Werk der nächsten Zukunft sein. Vieles und Großes ist gethan, aber mehr und Größeres ist noch zu thun, damit aus der Zerstörung ein dauerndes Wohl der Menschheit aufblühe. Mit diesem heiligen Zwecke wird sich der Wiener Congreß beschäftigen, auf den vornehmlich die Blicke der Deutschen gerichtet sein müssen.

Es war Brockhaus' Absicht gewesen, die »Deutschen Blätter« schon mit diesem fünften Bande abzuschließen. Da aber von den Resultaten des Wiener Congresses nur erst Weniges und Unbestimmtes bekannt geworden war, so erklärte er am 1. December 1814, daß er noch einen sechsten Band erscheinen lassen wolle.

Bevor dieser noch vollständig geworden war, hatte Napoleon die Insel Elba, auf die man ihn für seine Lebenszeit verbannen zu können in kurzsichtiger Verblendung gehofft hatte, plötzlich verlassen, war am 1. März 1815 an der französischen Küste gelandet und bereits am 20. März in Paris eingezogen. Der Wiener Congreß war auseinandergestoben, aber die Alliirten hatten sich aufs neue verbündet und unterm 13. März eine Achtserklärung gegen Napoleon als allgemeinen Feind und Ruhestörer erlassen: der Krieg entbrannte aufs neue.

So konnten auch die »Deutschen Blätter« ihre Aufgabe noch immer nicht als ganz erfüllt ansehen; sie begannen eine »Neue Folge«, und auch als die Herrlichkeit der »Hundert Tage« durch die Schlacht bei Waterloo am 18. Juni und Napoleon's zweite Abdankung am 22. Juni ein rasches Ende gefunden, erschienen sie noch eine Zeit lang fort. Am 7. Juli waren die Verbündeten zum zweiten male in Paris eingezogen, am 20. November wurde der zweite Pariser Friede geschlossen, nachdem schon am 8. Juni der Deutsche Bund errichtet, tags darauf die Wiener Schlußacte unterzeichnet worden war. Jetzt war der Krieg wirklich beendet, und die »Deutschen Blätter« konnten nun vom Schauplatz abtreten. Am 22. Februar 1816 zeigte Brockhaus vorläufig an, daß er mit dem im Erscheinen begriffenen neunten Bande die »Deutschen Blätter« schließen werde, und einige Wochen darauf wurde die letzte Nummer ausgegeben.

Das Schlußwort der Redaction gibt einen Gesammtüberblick über die Wirksamkeit der »Deutschen Blätter« und sei deshalb auszugsweise hier mitgetheilt.

Die Redaction spricht zunächst offen aus, daß die wahrhaft glänzende Theilnahme, die das Blatt im Anfange gefunden, sich naturgemäß allmählich bei den ruhigern Zeiten verringert habe, und obwol noch immer eine Auflage, zu der wenige ähnliche Unternehmungen in ihrer günstigsten Zeit sich erheben möchten, für den Aufwand entschädige, so sollten die »Deutschen Blätter« doch nicht dann erst enden, wenn sie sich selbst überlebt hätten.

 

Darauf heißt es weiter:

Sie begannen in der Zeit, die zu den herrlichsten, hoffnungsvollsten und erfolgreichsten gehört, welche das Vaterland je erlebte; unter Verhältnissen und Begünstigungen, wie sie selten einem schriftstellerischen Unternehmen zutheil werden. Die köstliche Zeit der errettenden Völkerschlacht, die Zeit der wiedererrungenen, hochbeglückenden Freiheit, war die Zeit ihrer Geburt, sie brachten die erste umständliche Kunde von dem Segen, den der Höchste auf die gerechten Waffen der Verbündeten gelegt, verbreiteten zuerst von einem Ende des Vaterlandes zum andern die sichere und begeisternde Botschaft von Deutschlands Sieg und Wiedergeburt, von der Niederlage der Unterdrücker, von der Vernichtung der Despotie. Darum wurde ihre Stimme so gern gehört, zumal sie kräftig war und würdig, und ein Geist, der vieler Herzen erhob, in ihr wehte. Vom Vaterland und für das Vaterland sprachen sie, und des Vaterlandes Söhne und Töchter nahmen sie freudig auf. Sie hatten überdies die Empfehlung für sich, daß der geehrte Feldherr, der an der Spitze der siegreichen verbündeten Heere stand, selbst sie veranlaßt, ihr Erscheinen selbst befördert und so gleichsam eine höhere Bürgschaft ihnen gegeben hatte.

Von Leipzigs Siegesfeldern begleiteten sie den Triumphzug über den alten Rhein bis in das stolze Babel, den Mittelpunkt der Unterdrückungsplane des zu Schanden gewordenen Uebermuths, der zerstörten Tyrannei. Mit mäßigem Jubel ließen sie die Kunde des geschlossenen bedenklichen Friedens erschallen, und, scheidend von den glorreichen Schlachtgefilden, wendeten sie sich zu den unblutigen, aber nicht minder gefährlichen Kämpfen in den Steppen des Wiener Congresses, den Irrgängen der Unterhandlungen. Sie nahmen Partei, aber nur für die Sache des Vaterlandes, der Gerechtigkeit und der Freiheit, und sprachen manch starkes Wort, wo es frommen konnte. Aber sie mochten sich nicht wie der Vater Rhein nach kräftigem Ernst im Sande verlieren oder, den gewaltigen Strom verlassend, in kümmerlichen Bächen verrinnen. Sie erhoben sich in neuer Kraft, als die Botschaft kam von der Rückkehr des Furchtbaren aus seinem Felseneiland, von des Vaterlandes Gefahr.

Die Neue Folge der »Deutschen Blätter« begann, um zu erwecken zum neuen Kampf, aufzurufen zu den schützenden Waffen, hinzuweisen auf das, was abermals dringend Noth war, was geschehen mußte, und regten von neuem in der allgemeinen Bewegung sich selber lebendiger, stürzten sich wieder in das Schlachtgewühl. Des Feindes Trug und Arglist, seine Macht und seine Kampffertigkeit, alle die losen Künste, mit denen er zu lang uns berückt und geschwächt hatte, stellten sie den deutschen Lesern klar vor Augen und ermahnten, das alte Joch, das viele noch zu willig trugen, völlig zu zerbrechen, die allzu verderbliche Abhängigkeit von fremder Sitte, mannichfachem fremden Einfluß endlich zu verbannen. Sie frohlockten über den neuen, herrlichen Sieg, den Gott verliehen, über Babels zweiten Fall, über die Heimkehr des theuern Eigenthums, das, als schnöder Raub und frevle Siegestrophäe zu lange trauernd, an feindlicher Stätte gefesselt gelegen; sie mühten sich, das Kleinod der Hoffnung zu erhalten, als in langen geheimnißvollen Unterhandlungen Sorge und Ungeduld allenthalben Raum gewannen und sich mehrten, weil manch theuerer Wunsch nicht in Erfüllung gehen wollte, ja immer mehr gefährdet ward. Sie suchten zugleich das Gedächtniß der frühern Zeit des Vaterlandes, seiner alten Schicksale zu erneuen, um durch die Bilder der Vergangenheit nicht nur zu trösten, sondern auch zu erwecken. Dann, als die neue Friedensbotschaft so unbefriedigend erschien, ergriff sie die Ahnung, daß ihr Ende gekommen sei, daß, wie nun Alles zur Ruhe sich lege, auch ihr Wächterruf immer mehr verhallen möge. Auch ließen sie nicht ab, ihrer Bestimmung treu die wichtigsten Angelegenheiten zur Sprache zu bringen und manch ernstes Wort zu reden von dem, was zu Deutschlands Heil geschehen muß. Aber: »Vestigia me terrent!« zu deutsch: »Laß dir rathen, ehe guter Rath dir noch theuer zu stehen kommt«, dachten sie bei sich selbst. »Wir wollen die Welt meiden, Einsiedler werden und uns selbst begraben, ehe man uns begräbt. Aus dem selbst gewählten Grabe kehren wir dann vergnügt und lebendiger, auch wohl vollkommener wieder.« Dachten es und brachen als Freunde des Tags, wie sie von je gewesen, noch eine Lanze mit den Rittern der Nacht, die ihren Herold vorangesendet hatten, und bringen nun ihren Freunden den Abschiedsgruß.

Sechsmal erneuten sie sich seit ihrem ersten Erscheinen, dreimal in der Neuen Folge. In neun Bänden schließen sie gut, denn neun ist eine gute und vollkommene Zahl ...

Sie haben eine gute Zeit durchlebt, obwol die schönste, in der sie geboren wurden, schnell vorüberging. Doch klingen noch in tiefster Seele nach die Lob- und Danklieder aus der Zeit der Vaterlandserhebung und Errettung, und der Blick nach oben feiert noch immer und soll endlos feiern, was der Herr aufs neue Großes und Herrliches an dem deutschen Volke und an der Menschheit in dieser Zeit gethan hat. Und das bleibt des höchsten Dankes werth!

Sie bringen auch ihren erneuten Dank den tapfern Streitern dar, deren Heldenthaten auch ihnen das Dasein gaben. Unsterblich, wie der Thaten Geist, und lichthell, wie der Thaten Frucht, deren Herrlichkeit ungekränkt bleibt, ob auch manches nicht zur vollen Reife gedieh, lebt der Helden Gedächtniß und Ruhm und der Dank des befreiten Vaterlandes fort. Ihr Verdienst war es auch, wenn hier manch freies und erweckendes Wort geredet werden durfte, das in früherer trüber Zeit nicht hervorzutreten wagen konnte, und wenn dadurch, wie wir glauben dürfen, manches Gute befördert worden ist. Die Stimme der Wahrheit hat eine so siegreiche Kraft, daß keine Gewalt ihr widerstehen kann auf die Dauer, und je gesegneter ihre Wirksamkeit ist, desto höherer Dank gebührt denen, die ihr die Bahn wieder geebnet, die Luft gereinigt haben von den giftigen Dünsten, welche sie gänzlich zu ersticken drohten.

Aus allen Theilen Deutschlands sind sie durch zweckmäßige Beiträge bereichert worden. Denen, die auf diese Weise ihr Leben erhöhten und stärkten, gebührt vorzüglicher Dank. In ihnen haben sich, meist einander unbekannt, doch im wesentlichen in gleichem Geiste und gleicher Gesinnung, vorzüglich gleicher Liebe des Vaterlandes und verwandter Ansicht von dem, was zu dessen Heil geschehen muß, viele deutsche Männer begegnet und durch ihre Uebereinstimmung das, was sie aussprachen, noch mehr empfohlen. Die bewährte Gesinnung hat sich durch den gemäßigten und bescheidenen, zwar, wie es Noth war und löblich, starken, aber selten allzu scharfen Ton, der fast alle Beiträge auszeichnete, viele Freunde erworben, und fast nie ist ein Anlaß zu gerechten Klagen und Beschwerden gegeben worden. So freimüthig als besonnen, überall aber mit strenger Wahrheitsliebe, ward das, was Bedürfniß der Zeit und des Vaterlandes war, hier ausgesprochen, keiner grundlosen Parteilichkeit für irgendeinen Zweig des deutschen Volks Raum gegeben, kein unziemlicher und verderblicher Zwiespalt genährt, sondern überall das Gute, wo es sich auch fand, anerkannt und vor allem auf jene Eintracht und Geisteseinigkeit, in der Deutschland allein stark, frei und sicher bestehen kann, hingearbeitet. Diesen Ruhm wird man den »Deutschen Blättern« ungekränkt lassen.

Jetzt, da diese Neue Folge sich schließt, ist ihr letzter Wunsch: Segen und Heil dem theuern Vaterlande! Ihm haben sie gelebt und ihm gedient, ihm werden sie immer aufs innigste ergeben bleiben, und wenn längst ihre Stimme verhallt ist, wird der fernste Nachklang noch von Liebe und Treue für den heimatlichen Boden, für das deutsche Volk ertönen.

Dieses Schlußwort, das sich dann noch weiter über die Zeitverhältnisse ausspricht, um »in diesen letzten Mittheilungen noch einmal die höchsten Angelegenheiten unsers Volks den Lesern ans Herz zu legen«, sagt nicht zu viel von dem Gehalte und der Wirkung der »Deutschen Blätter«; es war übrigens weder von Brockhaus noch von Hain, sondern auf deren Wunsch von einem Mitarbeiter verfaßt, wahrscheinlich von dem Professor Hasse in Dresden. Die »Deutschen Blätter« nehmen anerkanntermaßen eine der ersten Stellen ein unter den Organen der Presse, welche der Zeit der Befreiungskriege ihr Entstehen verdankten, zugleich aber selbst mannichfach fördernd auf die Zeit einwirkten. Diese Bedeutung weist ihnen auch Karl Hagen zu in seinen die eingehendste Schilderung dieser Zeitschriften enthaltenden und überhaupt sehr werthvollen zwei Aufsätzen: »Ueber die öffentliche Meinung in Deutschland von den Freiheitskriegen bis zu den Karlsbader Beschlüssen«.58 Andere ähnliche Blätter waren: der »Rheinische Mercur« von Görres, die »Nemesis« von Luden, das weimarer »Oppositionsblatt«, die gothaer »Nationalzeitung der Deutschen«, die »Teutonia«, die »Kieler Blätter«. Die meisten derselben entstanden erst nach den »Deutschen Blättern« und verschwanden noch vor ihnen wieder vom öffentlichen Schauplatze.

5757 Die seit 21. Mai 1811 sonst vollständig vorhandenen Copirbücher der Firma haben leider eine unerklärliche Lücke zwischen 2. Juli 1813 und 12. October 1815, wodurch uns viele wichtige Briefe entgangen sind.
5858 Historisches Taschenbuch. Herausgegeben von Friedrich von Raumer. Neue Folge. Siebenter und achter Jahrgang (1846 und 1847).