Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement

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3.1Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeit in ­Unternehmen

Unternehmen stellen eine gesellschaftlich besonders bedeutsame Akteursgruppe dar, die zum Erfolg des gesellschaftlichen Suchprozesses nach einer nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise maßgeblich beitragen kann: Die Bedeutung von Unternehmen in unserer Gesellschaft begründet sich aus den direkten und indirekten Effekten, die von ihnen ausgehen. Zu den direkten Effekten zählen jene Auswirkungen, die durch die von Unternehmen getroffenen Entscheidungen über Produktgestaltung und Produktionstechnik Einfluss auf unser Leben haben, beispielsweise Emissionen oder Abfälle. Zu den indirekten Effekten zählen dagegen z. B. Aspekte wie die Auswirkung sinkender Beschäftigung auf die gesellschaftliche Akzeptanz einzelner Unternehmen. Gleichzeitig besitzt ein Unternehmen eine Sozialisierungsfunktion, da es als Ort gesellschaftlichen Lernens fungiert und deshalb eine Mitverantwortung für Bildung und Entwicklung einer Gesellschaft trägt (vgl. Kurz 1997).

3.1.1Reichweite von Unternehmensverantwortung

Die Verantwortung für ökologische und soziale Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit wird Unternehmen vollständig zugewiesen. Sie müssen daher bereit sein, diese auch zu übernehmen (s. Matten und Wagner 1998). Voraussetzung dafür ist, dass ein Unternehmen einen umfassenden Dialog mit seinen Anspruchsgruppen führt, da Gestaltungsmodelle für eine nachhaltige Entwicklung nur in der gemeinsamen Zusammenarbeit gesellschaftlicher Akteure gefunden werden können (s. Schneidewind 2000). Ausdruck der Wahrnehmung unternehmerischer Verantwortung sind oftmals die für die eigenen Aktivitäten gesetzte Selbstverpflichtungen bzw. Standards (Codes of Conduct oder Verhaltenskodizes), welche die der Geschäftstätigkeit zugrunde liegenden Verhaltensgrundsätze offenlegen (s. Matten und Wagner 1998).

In den letzten Jahren kam verstärkt die Forderung auf, dass multinationale Unternehmen nicht nur Verantwortung für ihr eigenes Handeln, sondern auch für ihre Zulieferketten übernehmen müssten (s. Simpson 2005). Hinsichtlich der Reichweite von Unternehmensverantwortung sowie bezüglich einer möglichen Wahrnehmung derselben werden drei verschiedene gesellschaftliche Auffassungen unterschieden (s. Koplin 2006a):

 Die erste These geht davon aus, dass die Verantwortung für die Durchsetzung von Umweltschutz und Menschenrechten Aufgabe des Staates ist. In diesem Fall wären Unternehmen nur passive Akteure, welche sich an vorgegebene Regeln zu halten haben. Doch bereits die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948 sieht Unternehmen stärker in der Verantwortung, was deren Umsetzung betrifft.

 Darauf aufbauend enthält die zweite These die Forderung an Unternehmen, die niedrigen Umwelt- und Sozialstandards vieler Entwicklungs- und Schwellenländer nicht zu akzeptieren oder gar auszunutzen, sondern vielmehr aktiv daran mitzuarbeiten, dass international anerkannte Standards für Menschenrechte und Umweltschutz Beachtung finden und gesetzlich in jedem Land verankert werden. Diese Forderung bezieht sich auch auf die Zustände in Zulieferketten.

 Die dritte These verlangt von Unternehmen das aktive Eintreten für eine Verbesserung von Umweltstandards und Menschenrechten gegenüber dem Staat. Diese Extremposition beruft sich auf den Einfluss multinationaler Unternehmen auf die Politik ihrer Gastgeberländer. Denn durch die zunehmende Globalisierung und damit verbundene Entstehung von Machtzentren prägen solche Unternehmen nicht nur über ihre Produktionstätigkeit, sondern auch über ihren Einfluss auf Lebensstile und Konsummuster die Nutzung von Ressourcen sowie die Freisetzung von Stoffen und Energien. Weiterhin wird betont, dass es die Aufgabe multinationaler Unternehmen sei, ökologische und soziale Anforderungen an die Zulieferer weiterzugeben, diese bei der Erfüllung von Umwelt- und Sozialstandards zu unterstützen und nur in wirklich letzter Konsequenz das Geschäftsverhältnis zu beenden, falls keine Bereitschaft zu Veränderungen besteht.

Unternehmen stehen im Spannungsfeld dieser Verantwortungsspannbreite und müssen versuchen, sich unter Beibehaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit in der Weltgesellschaft neu zu positionieren (s. Scherer 2000; Engelhard und Hein 2001). Die Bedeutung von Unternehmen für eine nachhaltige Entwicklung leitet sich einerseits aus ihrer Bedeutung als zentrale Motoren der Globalisierung und andererseits aus ihrer Verpflichtung zur Verantwortungsübernahme für deren Auswirkungen ab. Neben dem Austausch von Waren und Dienstleistungen, dem Kapitalverkehr und dem Fluss von Informationen kommt es zu einer weltweiten Ausbreitung von Werten und Standards (s. Sautter 2003). Multinationale Unternehmen haben durch den Einfluss auf ihre Geschäftspartner die Möglichkeit, in Schwellen- und Entwicklungsländern eigene Verhaltenskodizes oder international anerkannte Normen zu etablieren, um weltweit die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards zu fördern. Hinzu kommt, dass zukünftige ökologische und soziale Entwicklungen aufgrund ihrer Komplexität und den damit verbundenen hohen Unsicherheiten ein staatlich regulierendes Eingreifen oftmals unmöglich machen. Unternehmen sind deshalb gefordert, flexible Lösungsansätze für eine operative Umsetzung von Nachhaltigkeit innerhalb ihres Wirtschaftens zu finden (s. Epstein und Roy 1998).

3.1.2Globalisierung – Chancen und Risiken

Die Globalisierung ist in den letzten Jahren zu einem zentralen Thema in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft geworden. Sie kann als Prozess der weltweiten Vernetzung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aktivitäten definiert werden, bei dem Unternehmen die Hauptakteure sind (s. Kumar und Graf 2000). Die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Handlungen überschreiten dabei territorial definierte Staatsgrenzen. Es gibt keine Deckungsgleichheit zwischen dem Raum politischer bzw. staatlicher Regelungen und dem wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Interaktionen (s. Zürn 1998). In diesem Zusammenhang werden demokratische Prozesse der Staaten nach und nach durch marktbezogene Austauschprozesse abgelöst, bisherige rahmengebende, politische Handlungsspielräume werden erweitert oder sogar von der Wirtschaft vorgegeben (s. Scherer 2000). Der Einflussbereich der Nationalstaaten verringert sich und die Macht multinationaler Unternehmen wächst. Damit ist die Globalisierung zum Teil mit verantwortlich dafür, dass sich die von der Politik und der Öffentlichkeit zugewiesene Verantwortung der Unternehmen für umweltorientierte und soziale Probleme auf internationale Ebene ausweitet und diese als treibende Kräfte für das Konfliktpotenzial der Globalisierung, wie beispielsweise Umweltzerstörungen und Ausbeutungen, angeprangert werden (s. BMU und UBA 2001). Multinationale Unternehmen stehen daher einer sich ausweitenden Legitimationskrise gegenüber (s. Müller und Seuring 2007; Müller und Nofz 2008).

Insgesamt wird derzeit weltweit – mit unterschiedlichen Positionen – intensiv über die wirtschaftlichen, umweltbezogenen und sozialen Folgen der Globalisierung diskutiert. Diese können in zwei Gruppen differenziert werden: die Globalisierungsgegner und die Globalisierungsbefürworter. Die Globalisierungsgegnerweisen auf die Auswirkungen der Globalisierung für den Zusammenhalt und das Funktionieren unserer menschlichen Gesellschaft hin (s. Altvater und Mahnkopf 1996). Sie sind der Meinung, staatliche Politik stehe in der Verantwortung, negativen Konsequenzen der Globalisierung entgegenzuwirken und diese zu reduzieren. Dagegen sind die Globalisierungsbefürworter der Meinung, politische Entscheidungen müssten den Marktkräften stärker untergeordnet werden, um die Effizienz der Ressourcenallokation zu erhöhen. Der nationale Staat stehe in Konkurrenz mit dem internationalen Wettbewerb und besitze kein Recht, sich hinter wettbewerbsbeschränkenden Schutzwällen zu verstecken. Er habe vielmehr die Pflicht, Wettbewerbsschranken abzubauen und zu verhindern (s. Donges 1995, 1998). Im Rahmen der Finanzkrise hat insbesondere in den vergangenen Jahren die Gruppe der Globalisierungsgegner enormen Auftrieb bekommen.

Multinationale Unternehmen stehen im Mittelpunkt des Spannungsfeldes dieser konträren Standpunkte und müssen sich innerhalb dieses Rahmens neu positionieren. Dabei werden sie immer wieder kritisiert, z. B. bei ihren wirtschaftlichen Tätigkeiten in Entwicklungs- und Schwellenländern. Besonders die Textil- und Sportartikelindustrie stand für Verletzungen der Menschenrechte bei Zulieferern in Südostasien und Lateinamerika regelmäßig am Pranger. Sie hat in den vergangenen 30 Jahren ihre Produktionsstätten aufgrund wesentlich niedrigerer Lohnkosten aus den klassischen Industriestaaten in Billiglohnländer verlagert (s. Scherer 2000). In der letzten Zeit gibt es jedoch kaum noch eine Branche, die nicht von entsprechenden Kampagnen von NGOs betroffen ist (siehe z. B. makeITfair: http://makeitfair.org/).

Hinzu kommt, dass Anspruchsgruppen durch die zunehmende Transparenz der immer besser entwickelten Informations- und Kommunikationstechnologien relativ zeitnah, unbegrenzt und kostengünstig schnell und umfassend über Missstände und Probleme eines Unternehmens jeglicher Art unterrichtet werden können (s. Kearney 1999). Das gesellschaftliche Verhalten von Unternehmen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit steht somit weltweit unter Beobachtung und Bewertung. Deshalb ist es unter Berücksichtigung sich stetig weiterentwickelnder Nachhaltigkeitsanforderungen wichtig, anpassungsfähige und handhabbare Gestaltungsmodelle zu finden.

Wie weiter oben dargelegt, kommt es im Zuge dieser Entwicklungen neben dem Austausch von Waren und Dienstleistungen, dem Kapitalverkehr und dem Fluss von Informationen zu einer globalen Ausbreitung von Werten und Standards. Dem versuchen Unternehmen durch das Setzen eigener Standards und deren Einhaltung zu begegnen und damit gleichzeitig einen Weg zur Umsetzung unternehmerischer Nachhaltigkeit zu finden. Mit der Festlegung von Verhaltenskodizes reagieren Unternehmen für sich selbst und für ihre Lieferanten gleichermaßen, um letztere auf die Einhaltung bestimmter Verhaltensstandards verpflichten zu können. Es wird jedoch argumentiert, dass Lieferanten mehr und mehr unter dem Druck stehen, zunehmend einer Reihe vieler einzelner Standards ihrer Abnehmer gerecht werden zu müssen. Deshalb gibt es verstärkt einen Trend zur Herausbildung privater bzw. branchenbezogener Umwelt- und Sozialstandards mit internationaler Gültigkeit, vorangetrieben sowohl von öffentlichen Institutionen als auch von Unternehmen. Auf diese Weise wird versucht, umweltbezogene und soziale Forderungen weltweit zu vereinheitlichen (vgl. die Business Social Compliance Initiative: http://www.bsci-intl.org/).

 

3.2Operationalisierung einer nachhaltigen ­Entwicklung

Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung stellt für Unternehmen im eigentlichen Sinne „nur“ ein Leitbild dar, das die weitere Konkretisierung offen lässt, derer es jedoch für die spezielle Anwendung einer nachhaltigen Entwicklung bedarf. Leitbilder stehen für Visionen und sind die Grundvoraussetzung jeder unternehmerischen Tätigkeit. Mit ihrer Hilfe werden theoretische Konzepte im täglichen Wirtschaften eines Unternehmens operativ umgesetzt. Für Unternehmen ist es wichtig, das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung in die eigene Kultur, Strategie, in Strukturen und Prozesse zu integrieren und daraus ein Gestaltungsmodell abzuleiten. Leider wird dessen Realisierung bisher eher selektiv vorangetrieben, umfassende und strukturierte Konzepte sind dagegen selten (s. Koplin 2006a). Die meisten Ansätze zielen auf die Einführung eines Verantwortlichen oder sogar einer Abteilung für Nachhaltigkeit ab, auf die Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten oder eine andere Form der Integration des Themas in die Kommunikationsstrategie des Unternehmens nach außen. Offen bleibt jedoch meist die wirkliche Verbindung und Operationalisierung nachhaltiger Entwicklung mit bzw. in den einzelnen Geschäftsprozessen (s. Dyllick und Hockerts 2002).

Im Folgenden sollen wissenschaftliche Beiträge dargestellt und kommentiert werden, die sich mit der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung auf Unternehmensebene auseinandersetzen. Hierbei werden Ansätze unterschieden, die am Unternehmen ansetzen, indem sie mit Leitbildern und konkreten Maßnahmen eine Umsetzung anstreben, und andere, welche sich an den Produkten und Prozessen der Unternehmen orientieren. In den ersten Bereich fallen die Ansätze von Meffert und Kirchgeorg (1993) sowie von Fichter (1998). Zum zweiten Bereich gehört das COSY-Konzept von Schneidewind (1994) und der PROSA-Ansatz des Freiburger Öko-Instituts (1999–2007).

3.2.1Der Ansatz von Meffert und Kirchgeorg

Meffert und Kirchgeorg (1993) argumentieren aus einer streng unternehmerischen Sichtweise heraus und identifizieren drei Prinzipien als Kernelemente eines Leitbildes nachhaltiger Entwicklung: das Verantwortungsprinzip, das Kreislaufprinzip und das Kooperationsprinzip.

Im Rahmen des Verantwortungsprinzips sollte sich das Unternehmen einerseits zur Verantwortung für zukünftige Generationen bekennen und im Rahmen einer intergenerativen Gerechtigkeit die verfügbare Ressourcenbasis erhalten. Das heißt, es handelt sich um die Wahrnehmung von Umweltverantwortung im Sinne von Vorsorge und Vermeidung nicht akzeptabler bzw. irreversibler Umweltwirkungen. Andererseits geht es darum, sich zur Verantwortung für die gegenwärtig lebende Generation zu bekennen und darüber hinaus im Rahmen dieser sog. intragenerativen Gerechtigkeit das Wohlstandsgefälle zwischen Industrie- und Entwicklungsländern abzubauen.

Als weiteres Kernelement eines Nachhaltigkeitsleitbildes spielt nach Meffert und Kirchgeorg das Kreislaufprinzip eine Rolle. Dieses Prinzip fußt auf Ansätzen der Ökosystemforschung und der Biologie. Basis dieser Ansätze ist die Vorstellung, ökonomische Prozesse im Sinne eines Kreislaufs abzubilden. Dies erfordert als zentrale Aufgabe des Managements die Beeinflussung von Stoffströmen, wobei die natürlichen Kreisläufe, produktions- und produktbezogene Kreisläufe sowie Verwertungsnetze bzw. Industriesymbiosen zu berücksichtigen sind. Industriesymbiosen sind eine Form der gegenseitig vorteilhaften Zusammenarbeit von Industrieunternehmen z. B. im Hinblick auf überbetriebliches Recycling. Somit wird die Kreislaufwirtschaft durch verschachtelte Regelkreise repräsentiert, in der die Wirtschaft in ökologischen Kreisläufen vollständig integriert ist (s. Zabel 1998).

DasKooperationsprinzip als drittes Kernelement des Leitbildes einer nachhaltigen Entwicklung stellt darauf ab, wie ökonomische Prozesse im Sinne einer Ökologieorientierung verstärkt aufeinander abgestimmt werden können. Das Kooperationsprinzip ist grundlegend für die Gestaltung überbetrieblicher Kreisläufe, da nur so Stoffkreisläufe für die Dauer des gesamten Lebenszyklus eines Produkts gesteuert werden können. Besondere Bedeutung haben in diesem Zusammenhang auch sogenannte Produktionsnetzwerke oder Industriesymbiosen.

Die drei beschriebenen Kernelemente stehen in enger inhaltlicher Verknüpfung zueinander. Das Verantwortungsprinzip bildet den Ausgangspunkt des Konzepts „nachhaltige Entwicklung“. Seine Realisierung erfordert jedoch die Verfolgung des Kreislaufprinzips. Um die Kreisläufe zu schließen, bedarf es des Kooperationsprinzips. Neben dieser inhaltlichen Verknüpfung der drei Prinzipien miteinander sollte das Leitbild aber auch eine unternehmensspezifische Einzigartigkeit vermitteln, um nicht losgelöst von der Organisation zu erscheinen. In einem nächsten Schritt müssen Unternehmen daher ihr Leitbild in ihre Kultur,Strategie und Struktur überführen (s. Meffert und Kirchgeorg 1998).

Dabei ist es für die Unternehmenskulturwichtig, die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung in den Werten und Normen des Unternehmens zu verankern. Dies kann mit einem leitbildorientierten Kulturmanagement geschehen, welches durch

 ein entsprechendes Führungsverhalten,

 ein ökologieorientiertes Anreizsystem,

 Mitarbeiterinformationen und durch

 die Kommunikation der Unternehmenskultur verwirklicht wird.

Die Leistung eines Unternehmens wird durch die Gesamtheit der Denk- und Verhaltensweisen aller Mitarbeiter geprägt. Hierin liegt ein Schlüsselfaktor für die Generierung umweltorientierter Leistungen. Eine wesentliche Voraussetzung für die notwendigen Innovationsleistungen der Unternehmen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung besteht darin, die Notwendigkeit des Umweltschutzes in dem Wertesystem eines jeden Mitarbeiters zu verankern und Anreize zu schaffen, kreativ an dem geplanten Wandel mitzuwirken.

Auch auf strategischer Ebene der Unternehmen muss das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung berücksichtigt werden. Konstitutiv bei der Formulierung von Unternehmensstrategien ist die Verknüpfung mit dem Unternehmensleitbild, d.h. die Strategien müssen auf eine Realisierung des Verantwortungs-, Kreislauf- und Kooperationsprinzips gerichtet sein. Auch Wettbewerbsstrategien können unter dem Leitbild nachhaltiger Entwicklung einen besonderen Beitrag leisten, weil die Dynamik des Wettbewerbs zu einer Beschleunigung der ökologischen Innovationskraft führen kann.

Die dritte Komponente neben der Kultur und der Strategie, auf die das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung Einfluss nimmt, ist die Unternehmensstruktur. Die Realisierung von Strategien, welche auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet sind, bedarf struktureller Veränderungen, um eine nachhaltige Wirtschaftsweise auf Unternehmensebene zu bewirken.

Meffert und Kirchgeorg (1998) haben drei zentrale Anforderungen an die Struktur eines Unternehmens für die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung identifiziert:

 Umweltschutz ist als Führungs- und damit als Querschnittsfunktion im Unternehmen zu integrieren, da nur integrierte Lösungsansätze die Anpassungs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen erhöhen (s. Antes 1996).

 Innovative Lösungen im Umweltschutz verlangen Lernprozesse. Hierbei wird auf das gemeinsame Lernen von sozialen Systemen (Organizational Learning) abgestellt. Dadurch soll ein höheres Maß an Fortschritt erzielt werden, als durch die Summe der Lernprozesse von funktional spezialisierten Organisationsmitgliedern.

 Umweltkoordinatoren müssen als Prozesspromotoren neben den Macht- und Fachpromotoren funktionsübergreifende Innovationsprozesse initiieren und koordinieren, da der klassische Umweltschutzbeauftragte damit überfordert ist.

3.2.2Der Ansatz von Fichter

Im Rahmen des am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) entwickelten Ansatzes zum nachhaltigkeitsorientierten Management, stellt Fichter (1998) u. a. das Entwicklungsprinzip als Strukturmerkmal nachhaltigkeitsorientierter Unternehmen dar. Da sich sowohl die marktbezogenen als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen von Unternehmen zunehmend ändern, sind ihm zufolge nachhaltigkeitsorientierte Unternehmen in besonderer Weise gefordert, entwicklungs- und lernfähig zu sein. Fichter (1998) schlägt folgende sieben Prinzipien für ein nachhaltiges Unternehmen vor:

Leistungsprinzip: Leistungen und Innovationen eines nachhaltigen Unternehmens sollen sich nicht nur auf die Steigerung der Ökoeffizienz von bestehenden Produkten und Prozessen beschränken, sondern auch auf die Frage bezogen werden, welche gesellschaftlichen Bedürfnisse das Unternehmen am besten erfüllen kann.

Vorsichtsprinzip: Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen sind prinzipiell zu vermeiden. Das nachhaltige Unternehmen muss diesem Umstand Rechnung tragen, in dem es die Umweltauswirkungen seiner zahlreichen Stoffe und Technologien analysiert.

Vermeidungsprinzip: Das nachhaltige Unternehmen vermeidet sowohl Ressourcennutzungen, die über die politisch bestimmten Nutzungsobergrenzen hinausgehen, als auch Nutzungen, die offensichtlich über die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen hinausreichen.

Dialogprinzip: Zum Aufbau tragfähiger Verständigungspotenziale in den Beziehungen eines nachhaltigen Unternehmens zu seinen Anspruchsgruppen bedarf es einer dialogorientierten Unternehmenskommunikation.

Entwicklungsprinzip: Ein nachhaltiges Unternehmen ist in diesem Zusammenhang einem dynamischen Prozess der ständigen Neubestimmung zu unterwerfen. Während des Prozesses muss ein Unternehmen seine Entwicklungs- und Lernfähigkeit steigern.

Konformitätsprinzip: Es gehört zur Selbstverständlichkeit eines nachhaltigen Unternehmens, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden.

Verantwortungsprinzip: Das nachhaltigkeitsorientierte Unternehmen setzt sich kritisch mit den Leitbildern der Kunden und den Lebensstilen der Verbraucher auseinander und trägt hier nach besten Möglichkeiten zur Beschränkung und Genügsamkeit (Suffizienz) bei.

Im Weiteren identifiziert Fichter (1998) Schritte zum nachhaltigen Unternehmen, welche an Meffert und Kirchgeorg (1998) anschließen. Neben der Kultur, Strategie und Struktur nennt er Information und Kommunikation sowie Beschäftigte und Kooperation als weitere, für ein nachhaltiges Unternehmen bedeutsame Faktoren. Hierbei geht es insbesondere um die Weitergabe ökologiebezogener und sozialer Informationen, die Sicherung der Arbeitsplätze sowie eine Kooperation im Sinne eines Managements von Stoffströmen.

Nach den eher auf Unternehmensebene ansetzenden Konzepten von Meffert und Kirchgeorg (1998) bzw. Fichter (1998), sollen nun zwei Ansätze dargestellt werden, die stärker auf die Prozess- und Produkt­ebene abzielen.