Loe raamatut: «Empörung, Revolte, Emotion», lehekülg 4

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3 Expressive Sprechakte im Spannungsfeld zwischen Intention und Konvention

In der aktuellen Auseinandersetzung zwischen internalistischen, auf Intentionen basierenden Betrachtungen von Illokutionen und externalistischen, sich auf Konventionen bzw. wesentliche Regeln berufenden Ansätzen zur Interpretation dieser Sprechakte können im Anschluss an Sbisà (2013) drei grundsätzliche Positionen identifiziert werden:

Illocution may be viewed as the production of conventional effects, as the carrying out of a rule-governed activity, or as the expression of a communicative intention and therefore of a psychological attitude of the speaker. (Sbisà 2013: 63)

Die erstere ergibt sich direkt aus dem Austinschen Verständnis von Sprechakten, die zweite lässt sich auf Searle zurückführen und die dritte auf Grice. Im Folgenden wird Searles Ansatz eingehender diskutiert und als Grundlage für eine im Austinschen Sinne externalistische Interpretation expressiver Illokutionen genutzt.

Searle hat mehrmals die Unterscheidung zwischen intentionalen und konventionellen Aspekten eines Sprechakts und die Untersuchung ihrer wechselseitigen Beziehungen zum Ziel seiner Analyse illokutionärer Sprechakte erklärt. Dabei schreibt er Konventionen institutionalisierte bzw. sekundäre Intentionen zu, die auch unabhängig von primären, individuellen Intentionen Handlungen hervorbringen können. Der wichtigste Unterschied zwischen ihnen ist folgender: Soziale Konventionen können auch unbewusst angewendet werden, wie etwa Konventionen der deutschen Sprache in Searles (1969) Beispiel vom amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, der des Deutschen nicht mächtig ist, sich aber mit einem Goethe-Zitat als Deutscher zu erkennen geben will. Der nach sprachlichen Konventionen Handelnde muss auch nicht wissen, dass er regelgeleitet handelt oder wie sich die Regeln ausformulieren lassen (cf. Searle 1973: 67). Aber nur weil es Sprache gibt, können Sprechakte vollzogen werden; genauso wie eine Banknote nur ein Stück Papier wäre, wenn es nicht die Institution des Geldes gäbe, die dem Papier einen konventionell festgelegten Wert verleiht.

Soziale Konventionen, die institutionelle Tatsachen konstituieren und in Form von „X gilt als Y im Kontext C“ erfasst werden, unterscheidet Searle von sozialen Regeln bzw. Regelmäßigkeiten, die nur aufgrund der Kenntnis von Präzedenzfällen wiederholbar sind (cf. Searle 1973: 67). Letztere kommen als regulative Regeln vor und lassen sich mit der Formel „Tue X“ bzw. „Wenn Y, tue X“ umschreiben (Searle 1973: 57). Sie dienen als Bewertungsgrundlage menschlicher Handlungen (und sind somit für die Herausbildung sozialer Emotionen verantwortlich); diese Handlungen können allerdings auch ohne solche Regeln vorkommen, z.B. kann freundliches Verhalten auch ohne entsprechende Anstandsregeln existieren (Searle 1973: 58).

Sprechakte, die in einer Sprache vollzogen werden, behandelt Searle als institutionelle Tatsachen, denn „es [ist] eine Sache der Konvention […], daß die Äußerung der und der Ausdrücke unter bestimmten Bedingungen als ein Versprechen gilt“ (Searle 1973: 60). Als Beweis dafür, dass Sprechakte kein regelmäßiges, sondern regelgeleitetes Handeln sind, benutzt Searle ein translatorisches Argument: „Verschiedene menschliche Sprachen können in dem Maße, in dem sie ineinander übersetzbar sind, als verschiedene auf Konventionen beruhende Realisierungen der gleichen zugrundeliegenden Regeln betrachtet werden“ (Searle 1973: 63–64). Dieses Argument stellt eine Konkretisierung des Prinzips der Ausdrückbarkeit dar, das besagt, dass alles, was man meinen kann, auch sprachlich ausdrückbar ist. Das genannte translatorische Argument wird in diesem Sinne von Searle (1973: 109) fortgesetzt: Auch wenn eine Sprache noch nicht erlaubt, alles zu sagen, was ihre Sprecher meinen, „bestehen keine grundsätzlichen Hindernisse, um sie entsprechend zu bereichern“. Searle spielt auch mit dem Gedanken, dass illokutionäre Akte zwar mithilfe sprachlicher Konventionen ausgeführt werden, aber nicht von Regeln geleitet sind. In diesem Fall müsste man aber imstande sein, sie auf natürliche Tatsachen zurückzuführen und ihre Wirkung mit natürlichen (z.B. kausalen) Folgen zu erklären. Dies ist für soziale Normen wie Höflichkeitskonventionen möglich (z.B. um höflich einen Vorschlag abzulehnen, wird der Grund für die Ablehnung genannt, anstatt dass der Vorschlag direkt abgelehnt wird), nicht aber für einzelne Typen von Illokutionen (z.B. Ablehnung als direkter Sprechakt).

Soziale Normen, die den sprachlichen Ausdruck von Emotionen steuern, werden von Searle zu den nicht institutionellen Tatsachen gerechnet. Kemmerling (2001) weist allerdings nach, dass illokutionäre Sprechakte auch dann erfolgreich vollzogen werden, wenn ein unbeabsichtigtes Sprecherverhalten kraft sozialer Regeln als entsprechender Sprechakt gilt. Diese Fälle deuten darauf hin, dass es soziale Konventionen gibt, die für die vollzogene Illokution verbindlicher als eine soziale Regelmäßigkeit sind, wenn sie selbst beim Fehlen der erforderlichen Intention die den Umständen entsprechende illokutionäre Bedeutung von Äußerungen in Kraft setzen. Für den Vollzug von Expressiva bedeutet dies, dass sie nicht nur Höflichkeitsregeln involvieren, sondern sich auf Umgangsformen berufen, die die soziale Identität der Sprecher stiften. Der Sprecher gibt durch ihren Vollzug seine soziale Zugehörigkeit, etwa seine Gewohnheiten bzw. sozialen Rituale, zu erkennen. Sprechakte wie (5) oder (6) sind kontradiktorisch, weil Sich-Bedanken Anerkennung und Tschüß-Sagen Verabschiedung bedeutet, beide könnten nur dann vorkommen, wenn die sozialen Rituale außer Kraft gesetzt worden wären, z.B. „if the social ritual had been effectively disengaged from the spontaneous expressing“ (Alston 2000: 113).


(5) I don’t feel my appreciation for the gift, but thank’s a lot (Alston 2000: 112).
(6) Tschüß. Das war keine Verabschiedung, im Gegenteil (Finkbeiner 2019a: 355).

Searle gibt zu, dass eine Emotion ausdrücken und eine emotionale Einstellung haben zwei verschiedene Sachverhalte sind, und auch der Gedanke, dass für den Vollzug expressiver Sprechakte die soziale Norm, was „gut“ und was „schlecht“ ist, eine Rolle spielt, wird von ihm ausdrücklich erwogen (cf. Searle 1976: 8). Er subsumiert aber diesbezügliche Bewertungen unter die gesamten psychischen Einstellungen und schreibt ihnen keine besondere Rolle in seiner Sprechaktklassifikation zu. Sander (2003) hebt dagegen hervor, dass der Vollzug von Expressiva jeweils ein konventionell geregeltes Urteil darüber enthält, was sozial angemessen ist und was nicht. Expressiva sollen sich dadurch auszeichnen, dass die mit ihnen ausgedrückten Emotionen stets durch evaluative Urteile des Sprechers begleitet sind (Sander 2003: 25). Es ist gerade die Bewertung von emotionalen Zuständen, die im Hinblick auf ihre soziale Angemessenheit dazu führen kann, dass bestimmte Emotionen vom Sprecher gefordert werden, „was im Falle bloßer ‘feelings’ aufgrund ihres Widerfahrnischarakters offensichtlich sinnlos wäre“ (Sander 2003: 21). Aus diesem Grund hält Sander die kollektiv geteilte evaluative und nicht die individuell-affektive Komponente einer Einstellung für ausschlaggebend bei expressiven Sprechakten. Die letztere bildet lediglich eine phänomenale Begleiterscheinung und spielt keine wesentliche Rolle beim Ausdruck der jeweiligen Einstellung.

4 Konventionalisierte Emotionen: Der Fall der Dankbarkeit

Dankbarkeit als Teil sozialer Relationen ist weitgehend eine kulturell geformte Emotion (cf. z.B. Sommers 1984). Sie wird in vielen Alltagssituationen zur sozialen Pflicht, z.B. beim Empfang von Geschenken, bei einer Einladung oder als Reaktion auf Komplimente. Undankbarkeit wird in solchen Situationen als Charakter- bzw. Erziehungsmangel sozial stigmatisiert (cf. Alston 200: 112). Interkulturelle Studien zeigen allerdings, dass die Dankbarkeit in informellen Gesprächssituationen viel häufiger implizit oder schweigend als verbal ausgedrückt wird.

For speakers of Lao (Southeast Asia) or Siwu (western Africa), saying ‘thank you’ is so rare that it may be perceived as bizarre or out of place, whereas English speakers in foreign contexts sometimes find it rude when gratitude is left unspoken. Languages like Cha’palaa (South America) have no conventional way to say ‘thank you’ at all, and while some speakers know the Spanish word ‘gracias’, they are unable to translate it. (Floyd et. al. 2018: 8)

Die Dankbarkeit als emotionale Einstellung zum Adressaten wird explizit im Sprechakt des Dankens ausgedrückt. Searle bringt dies in seinem Kommentar zu diesem Sprechakttyp folgendermaßen auf den Punkt: „Danken bedeutet nur, Dankbarkeit auszudrücken“ (Searle 1973: 103). Der illokutionäre Zweck dieses Sprechakts und somit seine wesentliche Regel wird von ihm vorher als „Ausdruck der Dankbarkeit oder Anerkennung“ (Searle 1973: 102) beschrieben. Searle bemerkt außerdem, dass sich die Aufrichtigkeitsregel beim Danken weitgehend mit der wesentlichen Regel deckt: Aufrichtiges Danken kommt dann zustande, wenn der Sprecher gegenüber seinem Adressaten Dankbarkeit empfindet.

Aus der wesentlichen (konstitutiven) Regel des Dankens, dass Danken als Ausdruck der Dankbarkeit oder Anerkennung gilt, ergibt sich die Einleitungsregel hierfür: „Wenn ich jemandem danke, impliziert das für mich, daß das, wofür ich mich bedanke, mir geholfen hat.“ (Searle 1973: 108). Die Dankbarkeit kann man außerdem nur für etwas Vergangenes empfinden1 (Regel des propositionalen Gehalts) und nur für etwas, was einem vorteilhaft bzw. nützlich ist und als solches erscheint (Einleitungsregel).

Betreffs der Regel des propositionalen Gehalts hat sich in der sprechakttheoretischen Forschung bereits die Meinung durchgesetzt, dass der Sachverhalt, auf den man mit einer Danksagung Bezug nimmt, stets als gegeben vorausgesetzt und nicht erst mit dem Sprechakt behauptet wird (cf. Brandt et al. 1992: 55, Hanks 2018: 140, Finkbeiner 2019: 143–145). Selbst wenn in eine expressive Äußerung eine Proposition wie in (7) eingebettet ist, benennt sie nicht den Inhalt des Akts des Dankens, sondern den Anlass, zu dem die expressive Illokution vollzogen wird. Beim Fehlen des expliziten Nennens dieser Angabe in (8) und (9) wird die Sprechhandlung einer Danksagung nicht weniger korrekt als in (7) vollzogen, denn die Illokution wird allein durch das Verb danken bezeichnet.


(7) He thanked her for opening the door (Hanks 2018: 140).
(8) Oh, vielen Dank!
(9) Vielen, vielen Dank!

Sander (2003: 10) unterstreicht die Subjektivität der entsprechenden Überzeugung eines Sprechers, der kaum über die objektive Vorteilhaftigkeit des Dankanlasses urteilen kann. Z.B. ist die Danksagung für ein geschenktes Motorrad auch dann berechtigt und geglückt, wenn der Sprecher „am nächsten Tag in einen Unfall verwickelt wird, der ihn für den Rest seines Lebens an den Rollstuhl fesselt“ und „die Handlung des Schenkens von außen und retrospektiv“ (ebd.) kaum als Vorteil angesehen wird. Aus diesem Grund formuliert Sander die Searle’sche Einleitungsregel wie folgt um: Ein Sprecher ist der Überzeugung, dass eine Handlung des Hörers für ihn von Vorteil war (ebd.). Im Hinblick aber auf z.B. das misstrauische Danken scheint mir die subjektive Überzeugung des Sprechers als Einleitungsbedingung nicht auszureichen, sondern vielmehr die Searle’sche Formulierung „A benefits S and S believes A benefits S“ (Searle 1969: 67) zu gelten, die auch die Perspektive „von außen“ mit berücksichtigt, darunter etwa die Überzeugung des Hörers, dass er eine dem Sprecher vorteilhafte Handlung ausgeführt hat.

Sander weist allerdings zurecht auf eine weitgehende Redundanz in der Searle’schen Definition des Akts des Dankens hin, insofern die in der wesentlichen Regel geforderte Dankbarkeit des Sprechers nicht nur bereits in der Aufrichtigkeitsregel gefordert wird, sondern sich begrifflich auch mit der Einleitungsbedingung weitgehend überlappt: „Gehört es nicht zu einem […] Begriff der Dankbarkeit, daß der Dankbare die ausgeführte Handlung als vorteilhaft betrachtet?“2 (Sander 2003: 11). Wie bereits in Abschnitt 3. bemerkt, spricht sich der Autor dafür aus, dass die Dankbarkeit sprechakttheoretisch nicht nur als „eine Art von Empfindung“ (ebd.)3 behandelt wird, sondern als innerer Zustand, der zugleich eine evaluative Überzeugung des Sprechers beinhaltet, die wiederum das Vorteilhafte als Formalobjekt hat.

Für den geglückten Vollzug einer Danksagung ist es dementsprechend prinzipiell unerheblich, ob der Sprecher beim Sagen einer Dankformel dankbar gestimmt ist. Solange der Sprechakt im gegebenen Kontext Höflichkeitserwartungen und andere soziale Normen erfüllt, wird er korrekt vollzogen. Dies wird auch von Searle zugegeben:

In den Fällen, in denen durch die Aufrichtigkeitsbedingung ein psychischer Zustand bestimmt wird, gilt der Vollzug des Aktes als Zum-Ausdruck-Bringen jenes Zustandes. Dieses Gesetz gilt unabhängig davon, ob der Akt aufrichtig oder unaufrichtig vollzogen wird, d.h. unabhängig davon, ob der betreffende psychische Zustand bei dem Sprecher wirklich besteht oder nicht. (Searle 1973: 107)

Searle zufolge ist also ein Danke! auch dann ein gelungener expressiver Sprechakt, wenn die Aufrichtigkeitsbedingung nicht erfüllt wird, z.B. wenn der Sprecher keine Dankbarkeit empfindet, sondern nur das Bedürfnis verspürt, einer sozialen Konvention zu folgen oder ihr nachzugeben4. Wenn also in diesem Sinne unaufrichtige Danksagungsakte immer noch gelungene, obschon für manche Forscher defekte (cf. Kissine 2013: 184) Sprechakte sind, dann müsste ihr illokutionärer Zweck eigentlich nicht im Ausdruck der vorhandenen oder nicht vorhandenen Emotion liegen – wie es Austin und Searle wollen – sondern eher in der Erfüllung der sozialen Norm, diese Emotion in bestimmten Situationen ausdrücken zu sollen. Da der Emotionsausdruck durch Konvention zur sozialen Pflicht geworden ist, muss man in der Regel zu weiteren verbalen – z.B. mehrmaliger Wiederholung des Danke! oder zusätzlichen Exklamationen wie in (10) – (13) – bzw. nonverbalen, z.B. mimischen, gestischen, kinetischen Mitteln greifen, um die tatsächlich vorhandene Emotion der Dankbarkeit auszudrücken.


(10) Das ist genau das, was ich gebraucht habe!
(11) Das ist so eine Erleichterung für mich!
(12) Das war so eine große Hilfe!
(13) Das werde ich dir nie vergessen!

Noch deutlicher wird die Rolle des Konventionellen beim Ausdrücken von Emotionen der Dankbarkeit im Falle von misstrauischem, missmutigem bzw. ironischem Dank. Was in diesen Sprechakten als eigentlich ausgedrückter innerer Zustand gelten kann, ist weniger Dankbarkeit als Misstrauen, Missmut, Unzufriedenheit bzw. Verärgerung, also innere Zustände, die die Dankbarkeit entweder begleiten oder auch gänzlich verdrängen können, so dass die Äußerung im Extremfall nur eine Kritik am Adressaten statt Dankbarkeit ausdrückt.

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Definition einer Danksagung könnte man sich mit guten Gründen fragen, ob insbesondere ein ironischer Dank – wie etwa die Danksagung in (14) als Reaktion auf eine Auskunftsverweigerung – immer noch die illokutionäre Kraft des Dankens hat.


(14) A: Wo finde ich die Garderobe?
B: Hier jedenfalls nicht.
A: Vielen Dank, dass Sie mir so freundlich Auskunft erteilt haben.

Dem Äußern des Danks liegt hier ein Vermissen von adressatenseitiger Hilfsbereitschaft, also nichts Vorteilhaftes für den Sprecher und keine Dankbarkeit seinerseits zugrunde. Die Dankformel ist zwar den Höflichkeitskonventionen gemäß gebraucht, kann aber nicht in ihrem konventionellen Sinne gemeint sein5. Der ausgedrückte psychische Zustand des Sprechers hat hier mit dem Danken als sog. sekundärer Illokution nur soweit zu tun, als die Äußerung indirekt auf die mangelnde Bereitschaft des Sprechers zur emotionalen Einstellung der Dankbarkeit verweist. Die letztere müsste eventuell wie z.B. in (15) ausgedrückt werden. Das Danken in (14) kann also wütend, verärgert, tadelnd, missmutig, sich distanzierend, aber kaum noch dankend gemeint sein, so dass (16) unmöglich gesagt werden kann, denn in der Äußerung würde es sich um zwei kontradiktorische Evaluationen derselben Situation handeln wie in (5).


(15) Danke trotzdem.
(16) # Vielen Dank, dass Sie mir so freundlich Auskunft erteilt haben, ich danke Ihnen trotzdem.

Die Rolle des Konventionellen bei einer ironischen Danksagung kann man wie folgt zusammenfassen: Auf der lokutionären Ebene werden sprachliche Konventionen eingesetzt, während auf der illokutionären die konventionelle, kulturell bedingte Bewertung einer Auskunftsverweigerung stattfindet. Die sekundäre Illokution in (14) fällt mit der lokutionären Bedeutung des geäußerten Satzes zusammen, aber bedankt hat man sich mit dem Satz nicht einmal annähernd.

5 Fazit

Searle (1969) verweist im Zusammenhang mit seiner Auseinandersetzung mit der pragmatischen Bestimmung des Bedeutungsbegriffs von Grice (1957) darauf, dass eine Analyse illokutionärer Sprechakte sowohl die von Grice hervorgehobenen intentionalen als auch die von ihm heruntergespielten konventionellen Aspekte des Sprechens mit berücksichtigen muss. Die illokutionäre Kraft einer Äußerung bestimmt denjenigen Aspekt ihrer Bedeutung, der als sog. illokutionäre Bedeutung auf soziale Konventionen zurückzuführen ist. Eine illokutionäre Bedeutung bezieht sich auf individuelle Einstellungen, insofern die letzteren eine Bedingung für aufrichtige Illokutionen darstellen. Die wesentliche Bedingung bezieht sich aber nicht auf die Einstellungen selbst, sondern auf ihren Ausdruck.

Gerade im Falle von emotionalen Einstellungen wird ihr sprachlicher Ausdruck weitgehend von sprachlichen und anderen sozialen Konventionen geregelt. Auf solche Konventionen bezieht sich die kollektiv geteilte Bewertung einer vorgefundenen Situation, auf deren Grundlage sich emotionale Einstellungen herausbilden, die in expressiven Sprechakten ausgedrückt werden. Sprachlich ausgedrückt werden also in diesen Sprechakten nicht beliebig entstandene, sondern durch die sozialen Regeln geförderte Emotionen. Sie sind vor allem evaluative Reaktionen auf Sachverhalte, deren affektive Komponente mit den jeweils individuellen Intensitätsgraden letztendlich nicht mehr als eine Variante des gewählten sozialen Handlungsmusters darstellt. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Anzahl expressiver Sprechakttypen durch die Anzahl konventionell ausdrückbarer Emotionen und nicht durch die Anzahl individueller Empfindungen bestimmt wird.

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