Fachbewusstsein der Romanistik

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7 Neuanfang der Romanistik in Deutschland und Österreich nach 1945

1945 musste man in Deutschland und in Österreich einen romanistischen Neuanfang versuchen, aber es fehlte das Personal für diesen Neuanfang, denn man musste ja weitgehend auf diejenigen zurückgreifen, die vor den dreißiger Jahren studiert hatten – mit Romanistik konnte man ja in der Zeit des Nationalsozialismus keine Karriere machen. Der Neuanfang musste versucht werden mit Romanisten mit einer Prägung aus den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts, mit – wie damals üblich – kaum Auslandserfahrung oder Auslandskontakten, und neue Kontakte mussten ja erst geknüpft werden. So wurden die alten Themen (Ausgliederung der romanischen Sprachen, Germanen und Romanen, Dialektologie, verschiedene Sprachstufen) weiter betrieben, aber der Strukturalismus, die Textlinguistik oder die entstehende Soziolinguistik klopften noch sehr bescheiden an die Türe. In Deutschland bemühte man sich darum, Anschluss an die Zeit vor 1933 zu gewinnen, freilich unter Betonung der traditionellen Aspekte (Kuhn 1951; der vorgesehene Band über die Literatur ist nie erschienen). Der Versuch, eine Einführung unter Berücksichtigung des Strukturalismus zu schreiben, wurde 1956 von Heinrich Lausberg begonnen, aber die „Wortlehre und Synax“ dieses als Ersatz von Zauner 1905 gedachten Göschen-Werkes ist nie erschienen, obwohl die Bände über Vokalismus und Konsonantismus sehr positiv aufgenommen wurden und immer wieder neue Auflagen erlebten.

Ausländische Werke konnten in der Nachkriegszeit auch nur partiell Ergänzungen zum eingeschränkten deutschen Angebot bieten. In Frankreich hat sich die Romanistik unter anderen Vorzeichen entwickelt, so dass dort die Éléments de linguistique romane von Édouard Bourciez (1854–1946), die 1910 erstmals erschienen sind, bis zum Ende der sechziger Jahre als Pflichtlektüre für Studierende vorgeschrieben waren und natürlich unübertrefflich altmodisch waren. Auch die englische Einführung von William Dennis Elcock (1960) ist konservativ und eher auf die Bedürfnisse von Studienanfängern eingerichtet. Die ausgezeichnete und alle romanischen Einzelsprachen berücksichtigende Darstellung von Carlo Tagliavini litt lange darunter, dass nur das italienische Original vorlag und Übersetzungen in andere Sprachen erst spät erfolgten. Das Werk bleibt aber „le meilleur manuel en termes d’équilibre interne et de qualité du traitement“, und als Gesamturteil gilt: „Tagliavini reste insurpassable“ (Glessgen 2007, 35).

8 Der Umbruch der Romanistik in den sechziger Jahren

Ein Moment der Krisis erlebte die internationale und besonders die deutsche Romanistik in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts: Der unvermeidliche Generationenwechsel fand statt, aber es fehlte die verbindende Generation, weil niemand sich in der Zeit des Nationalsozialismus für die Romanistik begeistern konnte. So drängten völlig neue junge Kräfte seit den sechziger Jahren nach vorne, so dass oft die Jüngeren es an Verständnis für die Älteren fehlen ließen und deutlich „Opas Romanistik“ verachteten. Man lehrte und forschte weitgehend aneinander vorbei, man schrieb eher in kurzlebigen Sammelbänden statt in etablierten Zeitschriften, statt gut geschriebener Beiträge in der eigenen Muttersprache begannen französische, spanische und vor allem englische Beiträge sich durchzusetzen, und nicht ganz selten ahmte man Fragestellungen nach, die sich schon in der Germanistik oder in der Allgemeinen Sprach- und Literaturwissenschaft „bewährt“ hatten. Die Diversifizierung der Universitätslandschaft mit der Neugründung zahlreicher Universitäten und der Erschaffung zahlreicher Sonderforschungsbereiche, oft ex nihilo, führte zur Konstituierung zahlreicher neuer – und oft auch nicht so neuer – Themenbereiche, an denen man sich gemeinsam abarbeitete, meist aber ohne Verbindung zu anderen Romanistinnen und Romanisten, die sich mit anderen Gebieten beschäftigten.

9 Neue Lexika der Romanistik am Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert

Aus der Impasse der Romanistik mussten neue Gemeinschaftsunternehmungen und vor allem die umfangreichen Lexikonbände herausführen, die in Deutschland in drei Veröffentlichungsschritten den Stand der Wissenschaft darstellen und zugleich eine Öffnung zur Internationalität bilden. Neue englischsprachige Großpublikationen liefern außerdem neuerdings eine internationale Abrundung.

Kommen wir zunächst zu den Sammelbänden, die im Wesentlichen den Status der Romanistik abbilden, wie er in erster Linie, wenn auch keineswegs ausschließlich, im deutschen Sprachraum erzielt wurde! Die acht Bände des Lexikons für Romanistische Linguistik (LRL), die in 12 Einzelbänden zwischen 1988 und 1995 von Günter Holtus, Michael Metzeltin und Christian Schmitt veröffentlicht wurden, eröffnen die Reihe. Was die Wahl der Darstellungssprache anbelangt, war man offen: Man findet Beiträge in deutscher, englischer, französischer, spanischer, portugiesischer und italienischer Sprache; einen „nationalistischen Ausreißer“ stellen lediglich die auf Galizisch geschriebenen Beiträge zum „galego“ (Band VI, 2, 1–129) dar, die durch ihre Abkehr von den internationalen Wissenschaftssprachen schon dadurch auffallen, dass beispielsweise kein einziger Beitrag auf Rumänisch geschrieben ist. Insgesamt enthält das LRL 583 Artikel (VIII, 98), die jeweils zwischen grob zehn und zwanzig Seiten mit Bibliographie umfassen. Die Artikel richten sich an die „Lehrenden und Studierenden der Romanischen Sprachwissenschaft“, darüber hinaus sollen sie ein Hilfsmittel für alle sein, die „in der Sprachwisssenschaft und speziell in der Romanistik eine funktionale Hilfswissenschaft erkennen“ können (VIII, 5).

Das zweite Unternehmen, das von Gerhard Ernst, Martin-Dietrich Gleßgen, Christian Schmitt und Wolfang Schweickard zwischen 2005 und 2008 herausgegeben wurde, trägt den Titel Romanische Sprachgeschichte; es handelt sich um drei umfängliche Lexikonbände, die als Band 23 in die Reihe der Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft eingeordnet werden. Thematisch sind die Bände auf die Sprachgeschichte eingeschränkt, wobei der Umfang der Beiträge umfangreicher als beim LRL ausgefallen ist.

Das zeitlich dritte, jetzt vom De Gruyter Verlag betreute Unternehmen, das inzwischen den Niemeyer-Verlag übernommen hat, firmiert unter dem (englischen!) Gesamttitel Manuals of Romance Linguistics, mit den romanischen Entsprechungen Manuels de linguistique romane = Manuali di linguistica romanza = Manuales de lingüística románica. Die Herausgeber sind Günter Holtus und Fernando Sánchez-Miret, und die Planung ist auf ungefähr sechzig Bände veranschlagt, also ein Riesenunternehmen wahrhaft pharaonischer Dimension; inzwischen (2019) sind mehr als ein Dutzend Bände erschienen, und man erkennt auch allmählich, dass die Menge der romanistischen Sondergebiete unendlich ist, die Menge der Romanstinnen und Romanisten aber nicht, so dass bislang viele Gebiete von denselben Persönlichkeiten unter verschiedenen Aspekten behandelt wurden – schlimm ist das nicht, aber es erhöht die Übersichtlichkeit keineswegs. Prinzipiell ist für jeden Band eine und nur eine romanische Darstellungssprache oder das Englische vorgesehen, wobei dieses Prinzip gelegentlich durchbrochen wurde; das Deutsche ist aus dem Kreis der Darstellungssprachen ausgeschlossen, wenn man so will, ein typischer Fall des autoodi cap a la llengua pròpia der deutschsprachigen Romanistinnen und Romanisten, der sich mit der zurückgehenden internationalen Fähigkeit, deutsche Texte zu verstehen, trifft.

Die englischsprachige Tradition der substantiellen Einführungen in Wissensgebiete basiert auf umfangreichen einbändigen Sammelbänden. Das beste Beispiel dafür ist der neue Oxford Guide to the Romance Languages (mit LIV + 1194 Seiten), der 2016 von Adam Ledgeway und Martin Maiden herausgegeben wurde. In 60 Kapiteln, aufgeteilt auf zehn Sachgebieten („parts“), wird ein Panorama der sprachwissenschaftlichen Romanistik geboten, das von internationalen Fachleuten dargeboten wird, die die einführenden Kapitel in englischer Sprache schreiben konnten oder wollten – der vielsprachige Charakter der Romanistik, in der im Wesentlichen jeder in seiner Lieblingssprache internationaler Verbreitung schreibt, wird damit natürlich zu Grabe getragen. Wir haben hier aber ein Werk vor uns, das das, „was man in der englischsprachigen Welt für das Grundwissen in der sprachwissenschaftlichen Romanistik hält“ überzeugend, wenn auch nicht immer leicht lesbar, darstelllt, technisch-struktureller ausgeführt, als man das in den Bänden aus dem Niemeyer-De Gruyter-Verlag findet, die eher kulturhistorische und soziolinguistische Fragestellungen mitberücksichtigen (Kramer 2018b, 1251).

10 Die Rolle der Summae Romanisticae in der Wissenschaftsgeschichte

In der Rückschau kann man sagen, dass es drei Perioden in der Geschichte des Faches gibt, die umfassende Darstellungen der Romanistik bieten: Das ist einmal die Anfangsperiode der Wissenschaft, als man sozusagen das eigene Interessengebiet absteckte und von Nachbarterritorien (Latinistik, Indogermanistik, andere Neuphilologien) abgrenzte, dann ist da die Zeit vor dem Ausbruch der Ersten Weltkrieges, als man im Vollbewusstsein des sich vermeintlich abzeichnenden Triumphes der historisch-vergleichenden Methode darstellte, was die Romanistik erreicht hatte, und schließlich ist da die Gegenwart, in der man die Romanistik in den Kanon der anderen Sprachwissenschaften einzuordnen versucht und zugleich ihr Spezifikum herausstellt. In der Geschichte jeder Wissenschaft gibt es Momente, in denen sich das Bedürfnis herausstellt, eine Summa zu haben, weil das eigene Gebiet zu umfangreich geworden ist, um es auch nur einigermaßen zu übersehen, und wenn böse Zungen auch behaupten, dass die Entwicklung der mittelalterlichen Theologie an einem bestimmten Endpunkt angelangt war, als der „Markt“ mit verschiedenen Summae theologiae überschwemmt wurde, so muss man doch sagen, dass die systematische Wissenschaftsdarstellung jeweils einen Zielpunkt darstellten, von dem aus man neue Enzwicklungen angehen konnte. Hoffen wir, dass es bei den neuesten Guides, Manuals, Handbüchern und Lexika der Romanistik wie bei den spätmittelalterlichen Summae ist: Rekapitulation des Ist-Standes und Vorbereitung zukünftiger neuer Horizonte, von denen noch niemand wissen kann, was sie beinhalten werden.

 

Bibliographie

Bartsch, Karl (1875): Chrestomathie provençale, accompagnée d’une Grammaire et d’un Glossaire, Elberfeld, Friederichs.

Bartsch, Karl (1886): Chrestomathie de l’Ancien Français, accompagnée d’une Grammaire et d’un Glossaire, Leipzig, Vogel.

Bourciez, Édouard (51967 [1910]): Éléments de linguistique romane, Paris, Klincksieck.

Curtius, Ernst Robert (1911): Li quatre livre des Rois, Dresden, Gesellschaft für romanische Literatur.

Diez, Friederich (1818): Altspanische Romanzen, Frankfurt, Hermann.

Diez, Friedrich (1826): Die Poesie der Troubadours, Zwickau, Schumann.

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Diez, Friedrich (1853): Lexicon Etymologicum Linguarum Romanarum, Italicae, Hispanicae, Gallicae. Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen, Bonn, Marcus.

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Elcock, William Dennis (1960): The Romance Languages, London, Faber/Faber.

Fuchs, August (1849): Die romanischen Sprachen im ihrem Verhältnisse zum Lateinischen, Halle, Schmidt.

Grimm, Jacob (1819): Deutsche Grammatik, Erster Theil, Göttingen, Dieterich.

Gröber, Gustav (1888–1902): Grundriss der romanischen Philologie, vol. 1, Strassburg, Trübner (1888, 2. verbesserte und vermehrte Auflage, Strassburg, Trübner, 1903–1906); vol. 2 (1), Strassburg, Trübner (1902); vol. 2 (2), Strassburg, Trübner (1897); vol. 2 (3), Strassburg, Trübner (1901).

Glessgen, Martin-Dietrich (2007): Linguistique romane, Paris, Colin.

Hausmann, Frank-Rutger (1989): „Die nationalsozialistische Hochschulpolitik und ihre Auswirkungen auf die deutsche Romanistik von 1933 bis 1945“, in: Christmann, Hans Helmut/Hausmann, Franl-Rutger (eds.): Deutsche und österreichische Romanisten als Verfolgte des Nationalsozialismus, Tübingen, Stauffenberg, 9–54.

Holtus, Günter (1997): „Romanistik einst und jetzt: Gustav Gröbers Grundriss der romanischen Philologie und das Lexikon der Romanistischen Linguistik (LRL)“, in: Holtus, Günter/Kramer, Johannes/Schweickard, Wolfgang (eds.): Italica et Romanica. Festschrift für Max Pfister zum 65. Geburtstag, vol. 3, Tübingen, Niemeyer, 371–389.

Jäger, Gerhard (1975): Einführung in die Klassische Philologie, München, Beck.

Körting, Gustav (21901 [1890–1891]): Lateinisch-romanisches Wörterbuch, Paderborn, Schöningh.

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Kuhn, Alwin (1951): Die romanischen Sprachen, Bern, Francke.

Lausberg, Heinrich (1956–1968): Romanische Sprachwissenschaft I: Einleitung und Vokalismus, Berlin, de Gruyter (1956); II: Konsonantismus (1968); Formenlehre (1962).

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Lommatzsch, Erhard (1917): Provenzalisches Liederbuch. Lieder der Troubadours mit einer Auswahl biographischer Zeugnisse, Nachdichtungen und Singweisen, Berlin, Weidmann.

Morf, Heinrich/Meyer-Lübke, Wilhelm (1925): Die romanischen Literaturen und Sprachen, Leipzig/Berlin, Teubner (zuvor: Zimmer, Heinrich/Meyer, Kuno/Stern, Ludwig Christian/Morf, Heinrich/Meyer-Lübke, Wilhelm (1909): Die romanischen Literaturen und Sprachen mit Einschluss des Keltischen, Berlin/Leipzig, Teubner).

Pfeiffer, Rudolf (1970): Geschichte der klassischen Philologie. Von den Anfängen bis zum Ende des Hellenismus, Reinbeck bei Hamburg, Rowohlt.

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Tagliavini, Carlo (61972 [1949]): Le origini delle lingue neolatine. Introduzione alla filologia romanza, Bologna, Pàtron. Deutsche Übersetzung: (21998 [1973]): Einführung in die romanische Philologie, Tübingen/Basel, Francke.

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Voretzsch, Karl (1921): Altfranzösisches Lesebuch, Halle, Niemeyer.

Zauner, Adolf (1905): Romanische Sprachwissenschaft, Leipzig, Göschen.

La valeur méthodologique des quatre axiomes constitutifs de l’analyse philologique des langues romanes

Ulrich Hoinkes

Les langues romanes représentent un cas particulier de famille de langues et trouvent leur source dans une langue d’origine historiquement attestée : le latin. En cela, elles se différencient par exemple de la famille des langues germaniques ou slaves.1 Alors qu’en cherchant un proto-germanique ou proto-slave, il faut remonter à environ trois mille ans dans l’histoire, nous trouvons les débuts des langues romanes, donc le proto-roman, environ entre 500 et 800 après Jésus-Christ. Nous nous situons alors au haut Moyen Âge de notre histoire culturelle directe et bien documentée. Mais nous voici au cœur du problème : faut-il continuer à chercher l’origine des langues romanes dans un proto-roman, ce qui serait conséquent du point de vue des études indo-européennes, ou peut-on s’accommoder du latin comme langue d’origine des langues romanes, ce qui rendrait superflue la recherche d’un proto-roman ?

Voici le dilemme de la philologie romane, car le latin comme il nous a été transmis dans sa forme écrite, donc en l’occurence le latin classique et certaines formes de latin écrit médiéval, ne livrent, de par leur norme, que peu d’éclaircissements sur l’origine des langues romanes. Les romanistes doivent donc partir à la recherche du latin non-normatif qui était parlé dans l’Antiquité et au haut Moyen Âge, mais qui est peu documenté, en général de manière indirecte et dans tous les cas lacunaire. Lorsqu’ils entament cette recherche d’un latin parlé et non-normé, ils reconstruisent une langue d’origine dont nous ne connaissons pas le degré exact d’uniformité et de conformité avec le proto-roman, qui était parlé à une époque où le latin parlé n’était définitivement plus du latin. Ainsi, il est salvateur d’accepter qu’il ne reste pas grand-chose de la prémisse que « toutes la langues romanes sont issues du latin » en termes de clarté historico-linguistique lorsqu’on cherche à expliquer scientifiquement l’origine des langues romanes.2

L’histoire de la philologie romane se résume, dans ses grandes lignes, à l’effort de pallier au manque de clarté décrit. Une série d’axiomes a été énoncée ce faisant ; je voudrais les nommer ci-après comme principes constitutifs de la philologie romane.3


Axiome n°1 : Les langues romanes ne proviennent pas du latin classique, donc le latin comme il nous a été transmis dans sa forme écrite. (principe d’oralité)
Axiome n°2 : L’origine des langues romanes n’est pas monogénétique, c’est-à-dire qu’il n’existe pas une langue d’origine. (principe d’hétérogénéité)
Axiome n°3 : Avant que les langues romanes existent, il y avait seulement des variétés romanes se développant constamment dans l’espace géographique (dialectes, « patois »). (principe d’aréalité)
Axiome n°4 : Les langues romanes se sont constituées dans un processus complexe de diversification normative. (principe de standardisation)

Ces idées ne se sont établies qu’au cours de l’histoire de la discipline. Elles ont acquis néanmoins un caractère réellement axiomatique, c’est-à-dire qu’elles sont toujours constitutives de l’identité définitoire de la philologie romane comme discipline s’étant établie dans le temps. Ci-après, je voudrais tenter de mettre en lumière les corollaires, les conséquences méthodiques et interprétatives ainsi que les traditions et erreurs qui peuvent découler de ces quatre axiomes. N’omettons pas de souligner que les quatre axiomes sont intrinsèquement liés d’un point de vue méthodologique et que les explications relatives à chacun d’entre eux ne peuvent être lues qu’en relation aux autres. En règle générale, mes remarques peuvent donc être attribuées à plus d’un axiome à la fois.