Loe raamatut: «Das Kind»
Der Schullehrer öffnete die Haustür und blieb auf der Schwelle stehen. Noch immer tobte der Wind; hohe Staubwolken wälzten sich entlang der Straße vor ihm her. Jählings sprangen sie vom Boden auf und wirbelten in rasendem Taumel davon, Gespenstern gleich, die vor einer Beschwörung fliehen, oder auch wie Schemen von Lebensgebilden, denen eine fremde Macht ein flüchtiges Dasein leiht. Kraftlos fielen sie dann zurück in die graue Schichte der Straße, bis ein neuer Windstoß sie wieder aufjagte. Trüb hing der Himmel in bleierner Einförmigkeit über der Landschaft. Seit Wochen hatte es nicht geregnet, Wiesen, Äcker, Strohdächer, alles im Umkreis der weiten Ebene war in das gleiche Grau getaucht. Das Gesicht des Schullehrers war so trüb und grau, als läge auch eine Staubschichte darauf, das Jugendliche der Züge schwand in einem Ausdruck von Pein, der seine Miene zusammenzog, als hätte er eben etwas unerträglich Bitteres verschluckt. Wie gebannt starrte er auf das Treiben des Staubes. Irgendetwas daran schien ihn anzuziehen, er konnte sich daran nicht sattsehen.
Aus der offen gebliebenen Tür läßt sich eine Frauenstimme vernehmen: »Martin, komm doch herein! Man erstickt ja vor Staub.«
»Laß mich, Mutter«, erwidert der Schullehrer, ohne sich ganz umzuwenden. »Wenn ich drinnen bin, ersticke ich an was anderm.« Er streckt die Hand aus, um die Tür hinter sich zuzuziehen, aber dann kehrt er sich doch um und geht ins Haus.
Dort, in dem halbdunklen Vorraum, der gerade Platz für einen Kasten und eine Bank hatte, saß die Mutter und strickte gleichmütig. Wenn das Sausen des Windes nachließ, hörte man Töne wie das Gewinsel eines Hundes; von Zeit zu Zeit aber schwollen sie zu einem Geheul an, das sich schauerlich in das des Windes mischte.
»Mutter, ist das immer so?« fragt der Schullehrer und krampft die Hände ineinander.
»Ja, das ist immer so«, versetzt die Mutter, ohne von ihrem Strickzeug aufzuschauen.