Old Home, New Love

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Old Home, New Love
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Sarah Glicker



Old Home, New Love





Dieses ebook wurde erstellt bei






Inhaltsverzeichnis





Titel







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Impressum neobooks







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Sarah Glicker



Old Home, New Love










Sarah Weber



Alter Postweg 31a



48477 Hörstel




Copyright by Sarah Weber



Covergestaltung: akbuchcover



Bildlizenz: Maridav@depositphotos.com



Alle Rechte vorbehalten!



Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen schriftlichen Genehmigung der Autorin!




„Du dämliches Arsch“, zische ich wütend und werfe meinem Freund Anthony dabei einen bösen Blick zu.



Oder sollte ich besser sagen meinem Ex-Freund? Ja, wahrscheinlich wäre das passender.



„Du bescheuerter …“, setze ich an. Allerdings ist es wahrscheinlich besser, wenn ich dieses Wort nicht ausspreche, weswegen ich es hinunterschlucke.



Vor einer halben Stunde hat er mir gebeichtet, dass er mich nicht nur einmal betrogen hat, sondern gleich mehrere Male. Und das nicht nur mit einer Frau. Nein, er hat es vorgezogen, mit mehreren Frauen in die Kiste zu steigen. Für mich macht es allerdings keinen Unterschied, ob er mich mehrmals mit einer Frau betrogen hat, oder nicht. Es ändert ja nichts an der Tatsache, dass er es getan hat.



Ich frage mich nur, ob es wirklich so viele Frauen gibt, die genauso dämlich sind, wie ich es anscheinend bin, dass sie sich auf ihn einlassen. Und ja, in diesem Fall kann ich mich selber nur als dämlich bezeichnen.



Anthony steht ein paar Schritte von mir entfernt und macht den Anschein auf mich, als würde er nicht genau wissen, wie er reagieren soll.



„Wann wolltest du es mir sagen?“, fahre ich ihn an, als er auch nach einer gefühlten Ewigkeit noch keinen Ton von sich gegeben hat.



„Eigentlich wollte ich es dir schon längst gesagt haben“, weicht er aus und sieht mich an, als wäre er ein kleines Kind.



Es gibt vielleicht Frauen, bei denen dieser Gesichtsausdruck dafür sorgt, dass sie sich wieder beruhigen. Doch bei mir sorgt es eher dafür, dass das Gegenteil passiert. Ich werde noch wütender, falls das überhaupt noch geht.



„Ich hoffe, dass du es selber nicht glaubst, was gerade aus deinem Mund gekommen ist. Wir beide wissen, dass es gelogen ist.“



Ich bin sauer und es wird von Sekunde zu Sekunde nur noch schlimmer. Langsam habe ich seine Lügen nur noch satt.



„Es stimmt“, erklärt er und sieht mich eindringlich an.



In dieser Sekunde kann ich mich nicht mehr beherrschen. Ich beginne laut zu lachen und zeige ihm so, was ich von seinen Worten halte. Und ehrlich gesagt ist das nicht sehr viel. Eigentlich ist es überhaupt nichts.



„Ich will kein Wort mehr von dir hören, kein einziges! Um genau zu sein bin ich froh, dass ich es nun endlich erfahren habe. Auch wenn ich sagen muss, dass ich mir gewünscht hätte, dass du wenigstens den Mut dazu gehabt hättest. Leider hattest du den aber nicht. Stattdessen musste ich es von deinen Geliebten erfahren“, gebe ich von mir und halte mein Handy ein Stück in die Luft.



In den letzten Tagen habe ich mehrere Nachrichten von Frauen bekommen, allerdings bin ich nie darauf eingegangen. Heute Morgen hat es mir allerdings gereicht, nachdem ich wieder eine erhalten habe, und habe ihn darauf angesprochen.



Das einzige, was ich ihm zugutehalten muss ist, dass er es nicht geleugnet hat. Auch, wenn es die Tat an sich auch nicht besser macht.



Allerdings hätte das auch nicht sehr viel genutzt

, denke ich und spanne mich erneut an. Schließlich habe ich vorhin sogar noch zwei Bilder bekommen.



 „Lass es mich bitte erklären“, murmelt er und sieht dabei an mir vorbei an die Wand hinter mir.



 Einige Male atme ich tief durch. Nur so kann ich mich im Griff behalten, damit ich ihm nicht an den Hals gehe.



 Langsam gehe ich an ihm vorbei und hänge mir meine Tasche dabei über die Schulter. Nachdem ich meine Wohnungstür erreicht habe, drehe ich mich zu ihm um und sehe ihn aus zusammengekniffenen Augen an.



 „Wenn ich nach Hause komme, sind deine Sachen aus meiner Wohnung verschwunden. Und du mit ihnen“, gebe ich von mir.



 Ich lasse keinen Zweifel daran, dass ich ihn nie wiedersehen will. Fremdgehen ist für mich unentschuldbar und das weiß er auch.



 Dennoch kann ich beobachten, wie seine Augen sich ein Stück weiten und er anscheinend im ersten Moment nicht weiß, wie er darauf reagieren soll. Doch dann macht er einen Schritt in meine Richtung.



 „Und wo soll ich bleiben?“, fragt er mich, als er anscheinend seine Sprache wiedergefunden hat.



 Seine Augen sind auf mich gerichtet, sodass ich die Verzweiflung darin erkennen kann. Ich weiß, dass es bei ihm gerade nicht sehr gut aussieht. Vor ein paar Wochen hat er seinen Job und seine Wohnung verloren, sodass ich ihm gesagt habe, dass er auch bei mir wohnen kann. Doch das ist nicht mehr mein Problem.




Ganz davon abgesehen hatte er Zeit genug, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen!



 „Zieh´ in ein Hotel, oder zu einer deiner Freundinnen. Ich bin mir sicher, dass du irgendwo schon ein Fleckchen finden wirst. Ich lasse mich von dir jedoch nicht mehr von dir an der Nase herumführen.“



 Mit diesen Worten verlasse ich meine Wohnung und lasse die Tür laut hinter mir in das Schloss fallen.



 Er kann froh sein, dass ich schon immer ein Mensch war, der sich im Griff hat, auch wenn das nicht immer einfach ist. Sonst wäre ich sicherlich nicht so ruhig geblieben. Und ich bin mir sicher, dass jede Frau, die selber schon einmal betrogen wurde, mich auch hätte verstehen können.



 Es gibt wahrscheinlich nicht eine Frau, die es mir krumm genommen hätte, wenn ich eine Vase oder Teller nach ihm geschmissen hätte.



 Doch ich bin der Meinung, dass er es nicht wert ist. Zwei Jahre meines Lebens habe ich an ihn vergeudet.



 Zwei Jahre!



 Für ihn habe ich meine Heimat die Glades und meine Familie verlassen. Sicher, ich hätte eh gehen wollen. Doch Gainesville war nicht mein Ziel gewesen.



 Nun bleibt mir gerade aber nichts anderes übrig, als das Positive an dieser Situation zu erkennen, auch wenn das nicht einfach ist. Ich habe eine schöne Wohnung und einen guten Job. Mehr kann ich mir gerade überhaupt nicht wünschen.




 „Wir müssen uns unterhalten“, verkündet mein Chef, nachdem ich das Büro betreten habe.



 Mit großen Schritten kommt er auf mich zu und sieht mich mit einem strengen Blick an.



 Ich kann nicht verhindern, dass sich augenblicklich ein weiteres Mal an diesem Morgen ein ungutes Gefühl in mir breit macht. Und das ist das Letzte, was ich gerade gebrauchen kann.



 „Ist etwas passiert?“, frage ich ihn unsicher.



 Meine Stimme ist leise, beinahe brüchig, doch gerade bin ich froh, dass ich überhaupt einen Ton herausbekomme.



 „Wir müssen etwas besprechen.“



 Er klingt zwar so, als wäre es keine große Sache, doch ich werde das Gefühl nicht los, dass etwas passiert ist, was mir nicht gefällt.



 Mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, wenn ich herausfinden will, was passiert ist. Dabei achte ich jedoch darauf, dass sich einige Schritte zwischen uns befinden.



 Ein paar der Kollegen, die schon da sind, sehen mich nachdenklich an, als ich an ihnen vorbeigehe. Ich habe keine Ahnung, ob sie bereits wissen, was passiert ist, oder ob sie genauso überrascht sind, wie ich es bin. Doch ich habe keine Ahnung, was los ist. Und das gefällt mir überhaupt nicht.



 Wenn ich zu einem Gespräch beim Chef gerufen werde, weiß ich lieber, was vor sich geht. Ich will mich darauf vorbereiten können.



 „Setzen Sie sich“, weist er mich an, nachdem er die Tür seines Büros hinter sich geschlossen hat.



 Ich schlucke und versuche so den Kloß aus meinem Hals zu entfernen, der sich dort in den letzten Sekunden gebildet hat. Doch ich schaffe es nicht, ihn wieder loszuwerden. Mir kommt es eher so vor, als würde er noch größer werden.

 



 „Ist etwas passiert?“, erkundige ich mich.



 Angespannt sieht er mich an. Ich habe keine Ahnung, was hier los ist, doch ich will es endlich wissen. Dabei ist mir egal, was es ist.



 Sein Verhalten zeigt mir, dass irgendetwas passiert sein muss. Und leider habe ich schon eine Vorahnung, die mir leider überhaupt nicht gefällt. Und leider auch eine, mit der ich nicht gerechnet habe.



 Er hat in den letzten Wochen kein Geheimnis daraus gemacht, dass die Auftragslage nicht sehr gut ist. Und dementsprechend hat er auch angemerkt, dass er ein paar Leute entlassen muss, wenn es sich nicht bessert. Dementsprechend haben sich alle noch mehr ins Zeug gelegt, dennoch mussten uns letzte Woche bereits zwei meiner Kollegen verlassen.



 „Ich sehe mich leider gezwungen, die Agentur noch mehr zu verkleinern“, beginnt er schließlich.



 „Sie kündigen mir“, stelle ich trocken fest.



 Während ich spreche, versuche ich alle Emotionen, die ich gerade empfinde, für mich zu behalten. Doch nachdem ich mich vorhin schon von meinem Freund getrennt habe, ist das jetzt nicht mehr so leicht.



 In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken, während ich versuche herauszufinden, was der beste Weg ist, mit diesem Mist klarzukommen.



 „Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber ich bin gezwungen etwas zu unternehmen, wenn ich nicht will, dass dieser Betrieb pleite geht. Nach der ganzen Arbeit, die ich in den letzten Jahren hier reingesteckt habe, will ich das wirklich nicht.“



 Mit einem entschuldigenden Blick sieht er mich an. Doch ich gehe nicht weiter darauf ein, da ich glaube, dass dies die einzige Möglichkeit ist.



 „Das ist schon in Ordnung“, gebe ich nur zurück.



 Einige Sekunden warte ich darauf, dass er vielleicht noch etwas sagt. Doch er schweigt und sieht mich stattdessen nur nachdenklich an.



 Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stehe ich auf und verschwinde aus seinem Büro und der Firma, für die ich mir den Arsch aufgerissen habe. Gerade kommt es mir so vor, als würde die Welt um mich einbrechen.



 Die letzten zwei Jahre habe ich damit verbracht, mir hier ein Leben aufzubauen. Ich gebe zu, dass ich kein Bedürfnis hatte, hier Freundschaften zu schließen und mich auch mit den Freunden von Anthony nicht sehr gut verstanden habe. Doch ich hatte einen Job, einen Freund und eine schöne Wohnung. Mehr habe ich nicht gebraucht.



 Und nun ist mir innerhalb eines Morgens, eigentlich nur innerhalb von zwei Stunden, nur die Wohnung übrig geblieben.



 Während ich durch die Straßen nach Hause fahre, überlege ich mir, wie ich weitermachen soll. Klar, ich brauche einen neuen Job, das steht außer Frage. Doch sogar mir ist bewusst, dass es nicht so leicht ist, einen zu finden.



 In meiner Branche gibt es nicht sehr viele Firmen und auf jede Stelle kommen mindestens zehn Bewerber. Aber vielleicht ist es auch die Chance, mit etwas anderem zu beginnen.




 Noch bevor ich die Wohnungstür erneut hinter mir geschlossen habe, höre ich, dass mein Telefon klingelt. Schnell lege ich alles auf dem Küchentisch ab und nehme das Gespräch an.



 „Schätzchen“, begrüßt mich meine Mutter.



 „Hi“, gebe ich schlecht gelaunt von mir. Ich kann es nicht für mich behalten und das will ich auch überhaupt nicht.



 „Was ist los?“



 Vor meinem inneren Auge habe ich ein Bild, wie sie noch in der gleichen Sekunde die Ohren spitzt und mehr oder weniger geduldig darauf wartet, dass ich ihr die Geschichte erzähle.



 Kurz zögere ich mit mir selber. Es fiel mir schon immer schwer, meiner Mutter von meinen Misserfolgen zu berichten. Und wenn man es genau nimmt, waren die letzten Stunden genau das.



 Dennoch breche ich mein Schweigen und setze sie über die neusten Vorkommnisse in Kenntnis.



 Aufmerksam hört sie mir zu, bis ich geendet habe.



 „Das tut mir leid, mein Schatz“, erklärt sie schließlich.



 „Das braucht es nicht. Es war besser, dass ich es jetzt erfahre, als erst in ein paar Jahren. Und das mit meinem Job ist zwar scheiße, aber dennoch werde ich mich davon nicht unterkriegen lassen.“



 Einen Moment ist es ruhig in der Leitung. Ich kenne meine Mutter gut genug, um auch aus dieser Entfernung zu wissen, dass sie etwas beschäftigt.



 „Was ist los?“, stelle ich schließlich die Frage, die mir auf der Zunge liegt.



 „Ich wüsste da vielleicht etwas, was dich ablenken kann“, stellt sie nach einer Ewigkeit fest.



 „Und das wäre?“



 Die Art und Weise, wie sie die Worte ausspricht, lässt mich vorsichtig werden.



 „Komm nach Hause. Ich könnte hier wirklich deine Hilfe gebrauchen.“



 „Was?“



 So zeige ich ihr, dass ich nicht einschätzen kann, wovon sie gerade spricht.



 „Komm in die Glades. Ich werde es dir erklären, sobald du hier bist.“



 Ich weiß, dass irgendetwas passiert sein muss, wenn sie sich so verhält. Und es passiert nicht sehr oft, dass sie so ein Geheimnis daraus macht. Schon alleine das lässt mich neugierig werden.



 „Okay“, sage ich also, lasse sie gleichzeitig aber auch wissen, dass ich nicht sehr begeistert davon bin.



 Es ist das dritte Mal an diesem Tag, dass ich so gesehen vor einem Rätsel stehe, wenn man es so nennen will. Doch ich weiß auch, dass ich es dieses Mal wirklich nicht innerhalb der nächsten Minuten erfahre werde.



 Wenn meine Mutter sich etwas in den Kopf gesetzt hat, setzt sie das auch durch. Und in diesem Fall hat sie es sich wahrscheinlich in den Kopf gesetzt, dass ich nichts wissen soll, bis ich dort bin.





2




Obwohl ich mir eigentlich einen neuen Job suchen sollte, damit ich in einigen Wochen nicht auch noch meine Wohnung verliere, mache ich mich auf den Weg in die Glades, um von meiner Mutter zu erfahren, was passiert ist.



Während ich die Strecke hinter mich bringe und mich meinem Ziel nähere, werde ich immer nervöser. Ich hasse es, wenn etwas vor sich geht und ich keine Ahnung habe, was es ist. Ich entscheide nämlich gerne darüber, ob ich mich deswegen in den Wagen setze, oder nicht. Aber noch mehr hasse ich es, nachdem an diesem Tag schon so einiges schiefgelaufen ist, auf das ich keinen Einfluss hatte.



Und genau das ist auch der Grund, wieso sie es mir nicht gesagt hat. Sie wollte mir diese Wahl nehmen und ich habe mich darauf eingelassen. Dies aber nur aus dem Grund, weil ich das Gefühl habe, dass es mich von dem Chaos ablenkt, welches gerade in meinem Leben herrscht. Denn meine Mutter wird schon einen Grund haben, wieso sie mich nach Hause holt.



Als ich in meiner Heimatstadt ankomme, ist es bereits nach einundzwanzig Uhr. Da ich mich erst um ein paar Sachen kümmern musste, damit während meiner Abwesenheit das Chaos nicht noch größer wird, bin ich spät weggekommen. Und ich muss zugeben, dass ich mir während der Fahrt auch Zeit gelassen habe. Ich hatte es nicht eilig, anzukommen. Und das schon alleine aus dem Grund, weil ich keine Lust habe, mir anhören zu können, mit was für einem Idioten ich doch zusammen war.




Das weiß ich auch so.



 Meine Mutter hat noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie kein Fan von Anthony ist. Und in den letzten zwei Jahren hat sie mir auch mehrmals gesagt, dass er nicht zu den Männern gehört, die einer Frau treu sind. Allerdings hat sie auch mehrmals betont, dass sie hofft, dass sie sich irrt.



 Leider habe ich nur immer wieder gesagt, dass sie ein völlig falsches Bild von ihm hat. Und genauso muss ich auch leider zugeben, dass sie recht hatte.



 Als ich in die Straße einbiege, in der meine Eltern und meine Großmutter wohnen, sehe ich mich zu allen Seiten hin um.



 Meine Eltern wohnen in einer kleinen Seitenstraße, die aber den gleichen Namen trägt. Direkt daneben befindet sich das Hotel, was sich schon seit Generationen im Familienbesitz befindet und welches von jeder Generation mindestens zweimal renoviert wird.



 Während ich an dem Parkplatz, der dazu gehört, vorbeifahre erkenne ich, dass gerade anscheinend niemand dort wohnt. Stattdessen stehen zwei Autos vor der Tür, die irgendwelchen Handwerkern gehören. Aus der Entfernung kann ich aber leider nicht erkennen, welche es sind.



 Ein letztes Mal seufze ich leise, nachdem ich den Wagen am Straßenrand abgestellt habe, ehe ich aussteige und auf das Haus zugehe, in dem ich aufgewachsen bin. Es ist nicht sonderlich groß, sodass es einem nicht direkt ins Auge fällt. Doch es ist groß genug, um die ganze Familie zu beherbergen, die nicht gerade klein ist.



 Nachdem ich den Weg durch den Vorgarten entlang gelaufen bin, greife ich nach dem Türknauf und öffne die Tür.



 „Mom? Dad?“, rufe ich in die Stille des Hauses hinein, nachdem ich es betreten habe. Dabei sehe ich mich zu allen Seiten hin um. Doch weder auf dem Sofa, welches sich auf der rechten Seite befindet, sitzen sie, noch an dem riesigen Esstisch, der eigentlich nur an Feiertagen genutzt wird und sich auf der linken Seite befindet.



 Auch nach einigen Sekunden hat noch niemand geantwortet, sodass ich in die Küche gehe, die sich in dem hinteren Teil des Hauses befinden, aber auch dort ist niemand.



 „Toll, sie will, dass ich komme und ist selber nicht da“, knurre ich schlecht gelaunt, während ich mich einmal im Kreis drehe.



 Schnell gehe ich zum Kühlschrank, hole eine Wasserflasche heraus und nehme einen großen Schluck daraus. Dann sehe ich mich um.



 Ich bin früher davon ausgegangen, dass meine Eltern es als Chance nutzen, das Haus verkaufen und die Welt bereisen, so wie sie es immer gesagt haben, sobald ich nicht mehr zu Hause wohne. Doch bis jetzt haben sie noch nichts in diese Richtung von sich gegeben.




Aber vielleicht hat meine Mutter mich auch deswegen hergeholt.



 Kaum habe ich das Wohnzimmer wieder betreten, geht die Tür ein weiteres Mal auf und meine Eltern, gefolgt von meiner Oma, betreten das Haus. Auf den ersten Blick erkenne ich, dass mein Vater ein wenig genervt aussieht und meine Mutter und meine Großmutter über irgendetwas diskutieren.



 „Hi, Leute“, begrüße ich sie und unterbreche so ihre Unterhaltung.



 Im ersten Moment sehen sie mich prüfend von oben bis unten an. Ein wenig kommt es mir so vor, als würden sie sichergehen wollen, dass ich es auch wirklich bin. Doch dann breitet sich ein glückliches Lächeln auf ihren Gesichtern aus.



 „Ich hatte schon die Befürchtung, dass du heute nicht mehr kommst“, begrüßt mich meine Oma, schließt mich in ihre Arme und grinst mich dann wieder an. „Du siehst gut aus.“



 „Danke“, murmle ich nur, da ich schon von meinen Eltern belagert werde, die mich ebenfalls für eine feste Umarmung an sich ziehen.



 „Ich freue mich, dass es so schnell geklappt hat. Ich hoffe, dein Chef ist nicht zu wütend deswegen“, erklärt meine Mutter.



 Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich ihr nur gesagt habe, dass ich mich von Anthony getrennt habe. Meine Entlassung habe ich mit keinem Wort erwähnt.



 Ich kann es mir nicht verkneifen, die Augen zu verdrehen, als meine Mutter auf dieses Thema zu sprechen kommt. Mir war bewusst, dass sie früher oder später damit anfangen wird. Allerdings hatte ich gehofft, dass ich wenigstens noch bis morgen Zeit habe. Nun hat sie jedoch damit angefangen, daher werde ich ihr auch nicht ausweichen.



 „Das glaube ich weniger. Nachdem ich entlassen wurde, kann es ihm egal sein, wie ich meine Zeit verbringe“, gebe ich ausweichend von mir.



 Mit großen Augen und geöffneten Mündern stehen meine Eltern und meine Oma mir gegenüber und lassen mich keine Sekunde aus den Augen. Ich sehe meinem Vater an, dass er etwas dazu sagen will, doch das macht er nicht. Und darüber bin ich froh. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das morgen oder in einigen Tagen noch immer so aussieht.



 Er kann nur schwer etwas für sich behalten. Und vor allem in solchen Dingen kann er nur schwer den Mund halten.



 „Dann kommt das ja genau passend“, verkündet er stattdessen und geht an mir vorbei.



 Verblüfft sehe ich ihm nach, als er in der Küche verschwindet, bevor ich mich wieder auf die beiden älteren Frauen konzentriere, die vor mir stehen.



 „Würdet ihr mir jetzt vielleicht sagen, wieso ich hier bin? Ich verstehe nämlich ehrlich gesagt kein einziges Wort.“

 



 Ich ziehe meine Augenbrauen ein Stück nach oben und zeige ihnen so, dass sie mir nicht ausweichen können. Zur Not werde ich so lange hier stehen bleiben, bis sie es mir gesagt haben.



 „Lass uns in der Küche darüber sprechen“, erklärt meine Mutter und geht ebenfalls an mir vorbei.



 Ich gebe einen letzten frustrierten Ton von mir, bevor ich ihr folge. Dort lasse ich mich auf einen Stuhl sinken und sehe alle drei gespannt an.



 „Es geht um das Hotel“, verkündet meine Oma, nachdem sie sich mir gegenüber hingesetzt hat.



 „Was ist damit?“



 Meine Stimme klingt ein wenig skeptisch und vorsichtig, doch genau das bin ich auch.



 „Ich werde es nicht mehr leiten“, verkündet sie nun und lässt damit eine Bombe platzen.



 Es dauert ein wenig, bis ihre Worte bei mir angekommen sind. Allerdings weiten sich dann meine Augen, während ich sie genau beobachte. Allerdings verzieht sie nicht das Gesicht und auch sonst kommt es mir nicht so vor, als würde sie sich einen Scherz erlauben.



 „Was?“, frage ich noch einmal nach, da es mir trotzdem so vorkommt, als hätte ich mich verhört.



 Meine Oma liebt dieses Hotel, zumindest hat sie das in der Vergangenheit immer getan. Umso überraschender kommt nun diese Ankündigung von ihr.



 „In den letzten Jahrzehnten habe ich nichts anderes getan, als dieses Hotel zu führen, gemeinsam mit deinem Großvater, und es erfolgreich zu machen. Und auch nach seinem Tod habe ich es nicht aufgegeben, sondern jede Minute des Tages in ihm verbracht. Nun bin ich jedoch der Meinung, dass es Zeit für mich ist, noch andere Ziele zu erreichen. Ich werde ja auch nicht jünger.“



 Mit einem eindringlichen Blick betrachtet sie mich. Ich habe keine Ahnung, was ich dazu sagen soll. Doch es gibt eine Frage, die mir auf der Zunge liegt.



 „Und wem gehört es nun?“



 Unsicher sehe ich einen nach dem anderen an. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Antwort darauf wirklich wissen. Doch sollte es verkauft worden sein, muss ich es wissen.



 „Mir“, verkündet meine Mutter nun. Dabei höre ich den Stolz in ihrer Stimme.



 Allerdings kann ich nicht näher darauf eingehen, da ich damit beschäftigt bin, die Nachricht zu verarbeiten.



 „Moment“, gebe ich schließlich von mir und hebe meine Hand. Auf diese Weise zeige ich ihnen, dass ich gerade nicht mehr so ganz mitkomme. In gewisser Weise kann man auch sagen, dass es mir zu schnell geht. „Du willst neue Ziele verfolgen und du hast das Hotel übernommen?“



 Nacheinander zeige ich auf die beiden Frauen, die begeistert nicken. Ich weiß gerade ehrlich gesagt nicht, ob ich ihre Begeisterung dafür teile.



 Ich gebe zu, dass ich in der letzten Zeit nicht sehr viel mit ihnen telefoniert habe, da ich viel zu tun hatte. Doch wenn wir miteinander gesprochen haben, hat keine von ihnen etwas darüber gesagt, dass sie diesen Schritt gehen wollen.



 „Wow“, flüstere ich schließlich.



 „Ich weiß, das kommt wahrscheinlich sehr überraschend“, meldet sich mein Vater zu Wort.



 „So kann man es auch ausdrücken.“



 „Doch deine Mutter hat ein paar gute Ideen“, fügt er noch hinzu. „Ich bin mir sicher, dass sie bei den Gästen gut ankommen werden.“



 Ich sehe ihn an und versuche so die Kopfschmerzen loszuwerden, die sich gerade bilden. Dafür, dass ich mich heute schon mit so einigem an Mist herumschlagen musste, ist das eindeutig zu viel für mich.



 „Und wie sehen die aus?“



 Mit diesen Worten wende ich mich an meine Mutter.



 „Ich werde den Pool und den ganzen Außenbereich neu machen lassen. Es wird alles größer und bunter. Außerdem wird es eine Bowling-Bahn im Keller und eine große Bar auf dem Dach geben. Das Hotel ist weit genug von den meisten Wohnhäusern entfernt, sodass ich mir deswegen keine Sorgen machen muss.“



 „Das sind zumindest ein paar Ideen“, gebe ich zu.



 „Viel mehr, es wird bereits alles geplant und ein paar der Umbauten sind bereits in Angriff genommen worden. Solange bleibt das Hotel geschlossen. Passend zur nächsten Saison soll alles fertig werden.“



 Mit großen Augen sehe ich meine Mutter an.



 „Da hast du dir einiges vorgenommen. Wenn ich mich nicht irre, beginnt die Saison bereits in drei Monaten“, überlege ich.



 „Und das ist der Grund, wieso wir deine Hilfe brauchen.“



 Mein Vater setzt sich neben mich und sieht mich auf eine Art und Weise an, die ich gerade nicht genau einschätzen kann. Als Kind hat er mich so betrachtet, wenn er herausfinden will, ob ich die Wahrheit sage. Doch ich kann mir nicht vorst