Passion between us

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Passion between us
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Sarah Glicker

Passion between us

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Impressum neobooks

1

Sarah Glicker

Passion between us

Sarah Glicker

Alter Postweg 31a

48477 Hörstel

Copyright by Sarah Glicker

Alle Rechte vorbehalten!

Bilderrechte: www.shutterstock.com

Cover: Bookcover for everyone

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen schriftlichen Genehmigung der Autorin!

„Ich kann dir versprechen, dass ich meine Tasche zu Hause in die Ecke schmeißen und die nächsten Wochen nicht mehr anrühren werde. Und nach den Semesterferien muss ich mir ganz genau überlegen, ob ich sie erneut in die Hand nehme“, verkündet Lana, nachdem sie in meinen Wagen gestiegen ist. Dabei sieht sie mich verschwörerisch an. Aber ich kann es nur allzu gut nachvollziehen.

„Das glaube ich dir sofort“, erwidere ich und starte den Motor.

In den letzten Wochen ist nicht ein einziger Tag vergangen, an dem sie nicht gesagt hat, wie sehr sie sich auf die Ferien freut. Allerdings tue ich das auch.

In der letzten Zeit war viel zu tun. Tagsüber sind wir von einem Kurs zum nächsten gerannt und abends saß ich ewig über den Büchern, um zu lernen.

„Und jetzt kannst du mich ja auch endlich einweihen, was du so schönes geplant hast“, spricht sie weiter.

Meine Freundin betrachtet mich aufmerksam, als würde sie Angst haben, dass ihr etwas entgeht. Ich hingegen schlucke und muss wieder an das denken, was ich ihr bis jetzt verheimlicht habe. Etwas, von dem ich nicht sagen kann, wie ich es ihr beichten soll, da sie wahrscheinlich nicht sehr froh darüber sein wird.

„Nichts Besonderes. Shoppen und so“, antworte ich und zucke mit den Schultern. Gleichzeitig streiche ich mir eine Strähne, die sich aus dem Zopf gelöst hat, meiner dunkelbraunen Haare hinter das Ohr. „Das übliche halt.“

Vor uns liegen die Semesterferien. Wenn ich ehrlich bin, muss zugeben, dass ich mir bis jetzt noch keine Gedanken darüber gemacht habe, wie ich sie verbringen kann. Das heißt bis auf einen Punkt.

Bevor ich den riesigen Ford Edge rückwärts aus der Parklücke fahre, werfe ich ihr noch einen kurzen Blick zu. Ich kenne sie gut genug um zu wissen, dass sich bereits ein paar Ideen hinter ihrer Stirn bilden, was wir die nächsten Wochen anstellen können. Das braucht sie mir nicht extra mitzuteilen. Schließlich sind wir zusammen aufgewachsen. Deswegen kennen wir uns gegenseitig besser, als jemand anderen.

„Wieso kommt es mir so vor, als würdest du mir etwas verheimlichen?“

Lana betrachtet mich eindringlich. Es gefällt mir nicht, doch ich kann es ihr auch nicht vorhalten.

„Ich bin einfach müde.“ Ich kann nur hoffen, dass sie diese Ausrede gelten lässt.

„Wie wäre es, wenn wir heute Abend ins Fire gehen?“, schlägt sie vor. Ich bin froh darüber, dass sie sich anscheinend nicht weiter damit befassen will und sich lieber über etwas anderes unterhält. „Den Beginn der Sommerferien feiern. Ich kann nachher Liana und Savannah anrufen. Die beiden kommen bestimmt gerne mit. Sie haben sicherlich noch nichts geplant.“

Nicht nur Lana ist meine beste Freundin, mit der ich über alles sprechen kann, sondern auch Liana und Savannah. In den letzten Jahren haben wir schon so viel miteinander erlebt, dass ich es nicht mehr zählen kann. Und nicht alles war gut. Wir haben gesehen, wie jede wegen eines Mannes weint und ihn verflucht,

„Haben die zwei sich in der Vergangenheit eine Party entgehen lassen?“, stelle ich die Gegenfrage.

„Genauso wenig wie wir. Ich werde aber wohl nichts trinken.“ Entschuldigend verzieht sie das Gesicht und sieht mich an.

„Und dann willst du ins Fire?“ Der Laden ist für seine ausgelassenen Partys bekannt. Und vor allem Lana ist dafür bekannt, dass sie es zwischendurch auch gerne übertreibt.

„Meine Tante und mein Onkel kommen morgen. Bei ihrem letzten Besuch war ich noch viel zu sehr damit beschäftigt, meinen Kater auszukurieren, sodass ich gar nicht mitbekommen habe, wie ich eingewilligt habe, ihr Auto nach Miami zu bringen. Du kannst dir vorstellen, wie überrascht ich war, als sie mir die Schlüssel in die Hand gedrückt haben. Und ich will lieber gar nicht davon anfangen, wie lange ich unterwegs war, bis ich endlich wieder zu Hause war. Ich verfluche mich selber noch immer dafür, dass ich mich tatsächlich darauf eingelassen habe.“

Ich kann nicht verhindern, leise zu lachen, als ihre Worte bei mir ankommen. Noch zu gut habe ich ihr Gesichtsausdruck in Erinnerung, nachdem sie realisiert hatte, was sie getan hatte. Außerdem kann ich mich noch an ihre einfallsreichen Flüche erinnern, die sie zu der Zeit herausgehauen hat. Und die kann man wirklich nur als einfallsreich bezeichnen.

Um der Gefahr aus dem Weg zu gehen, dass mir nicht doch noch etwas dazu über die Lippen dringt, suche ich mir schnell einen Weg über den Parkplatz. Doch so einfach ist das nicht. Schließlich sind wir nicht die Einzigen, die sich darüber freuen, dass sie das Gelände in den nächsten Wochen nicht mehr betreten müssen. Deswegen dauert es ein wenig, bis ich es endlich geschafft habe die Straße zu erreichen.

„Was ist los?“, fragt sie mich nach endlosen Sekunden.

Ich habe mich vor dieser Frage gefürchtet, dennoch lasse ich es mir nicht anmerken. Ich tue so, als müsse ich mich konzentrieren.

„Was soll denn los sein?“, kontere ich.

„Keine Ahnung, aber du bist doch sonst nicht so ruhig.“

Obwohl ich mich auf die Straße konzentriere, kann ich ihren aufmerksamen Blick auf mir spüren. Mir ist klar, dass ich ihr nicht ausweichen kann. Wenn sie etwas gefunden hat, ist sie wie ein Bluthund, der sich nicht mehr von seiner Fährte abbringen lässt. Deswegen hoffe ich, dass ich wenigstens noch ein wenig Zeit habe, bevor ich es ihr sagen muss.

„Cady“, fordert sie mich mit ungeduldiger Stimme auf.

„Na gut“, murmle ich schließlich.

Ich weiß, dass ich keine Chance habe ihr zu entkommen. Ganz davon abgesehen würde sie es früher oder später erfahren. Da kann ich es auch direkt hinter mich bringen.

„Ich wette, dass ich dir den perfekten Grund dafür liefern kann, dass du es dir anders überlegst und heute Abend vielleicht doch etwas trinkst.“

Vorhin fiel es mir nicht leicht. Nun kann ich aber das leichte Grinsen nicht für mich behalten, was sich auf meinen Lippen bildet.

„Wieso? Weißt du etwas, was ich nicht weiß?“ Überrascht zieht sie ihre Augenbrauen nach oben.

„So kann man es auch nennen.“

„Ich hasse es, wenn du das machst. Aber ich gehe davon aus, dass dir das bewusst ist. Auf der anderen Seite weiß ich aber auch, dass es dann nicht leicht für dich ist, wenn du dich so verhältst. Deswegen gebe ich dir den Rat, einfach mit der Sprache herauszurücken.“

„Okay“, stimme ich zu. „Ich sage es dir. Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du nicht ausrasten wirst. Ich fahre Auto“, erinnere ich sie. Eindringlich schaue ich kurz in ihre Richtung. „Das Letzte, was ich gerade gebrauchen kann ist, dass du total ausrastest und ich deswegen einen Unfall baue.“

 

„Hätte ich denn einen Grund, genau das zu machen?“

„Ich weiß es nicht.“

„Du machst mir Angst.“ Ihre Stimme klingt argwöhnisch. Doch an ihrer Stelle würde es mir nicht anders gehen.

„Mason ist die nächsten Wochen in der Stadt“, rücke ich also mit der Sprache heraus. Die Worte platzen nur so aus mir heraus, als ich sie nicht mehr für mich behalten kann.

„Mason?“, hakt Lana mit viel zu hoher Stimme nach. „Du meinst deinen Bruder Mason?“

Ich weiß, dass ihr das überhaupt nicht passt. An ihrer Stelle würde es mir aber nichts anders gehen. Bei allem, was zwischen ihnen vorgefallen ist, ist es für mich nachvollziehbar, dass sie nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen ist.

„Ich kenne nur ihn.“ Ich tue so, als würde mich ihre Reaktion kaltlassen. Die Wahrheit sieht aber anders aus.

Es ist schon ein paar Jahre her, drei um genau zu sein, aber die beiden sind damals mehrmals im Bett gelandet. Zu ihrer Verteidigung muss ich aber vorbringen, dass sie jedes Mal nicht gerade nüchtern waren. Aber wie es bei meinem Bruder üblich ist, ist die Sache nicht gut ausgegangen, als er die Stadt für sein Studium verlassen hat. Die beiden haben sich gestritten, da sie wohl verschiedene Vorstellungen von ihrer gemeinsamen Zukunft hatten. Das soll in etwa heißen, dass mein Bruder gar keine hatte und zugegeben hat, dass er Lana nur ausgenutzt hat.

In gewisser Weise war ich schon froh, dass er es überhaupt zugegeben hatte, und nicht einfach verschwunden war, wie er es sonst gemacht hat.

Sobald ich davon erfahren habe, habe ich den beiden ins Gewissen geredet und ihnen gesagt, dass sie es lassen sollen. Außerdem habe ich Mason daran erinnert, dass sie meine beste Freundin ist und sie, dass das nicht gut ausgehen kann. Beide haben nicht auf mich gehört.

Da ich seine Schwester und ihre Freundin bin, stand ich in der Mitte und habe es so geschafft, es wenigstens zu verhindern, dass sie ihm an den Hals gesprungen ist. Trotzdem war ich wütend auf beide und habe auch eine zeit lang nicht mehr mit ihnen gesprochen.

Ich fahre schweigend über die Straße. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Ich weiß nicht mehr, ob es nicht schon Minuten sind. Eigentlich gehört meine Freundin nicht unbedingt zu den Menschen, die den Mund halten können. Umso mehr mache ich mir jetzt Sorgen um sie.

„Ist alles in Ordnung?“, erkundige ich mich, als ich hinter einem anderen Fahrzeug warten muss.

„Mir geht es bestens.“ Kaum hat sie ausgesprochen dringt ihr noch ein leises Seufzen über die Lippen, was mir zeigt, dass nicht alles in Ordnung ist. Zumindest nicht so, wie sie es gerne hätte.

„Du konntest schon besser lügen. Jetzt sag es mir“, fordere ich sie auf. Ich lasse nicht den geringsten Zweifel daran, dass ich es auch wirklich so meine.

Ich will wissen, was in ihrem Kopf vor sich geht. Denn wenn es etwas mit meinem Bruder zu tun hat, will ich lieber darauf vorbereitet sein.

„Ich muss zugeben, dass ich selber Schuld daran bin, was passiert ist. Ich wusste, worauf ich mich bei Mason einlasse, beziehungsweise ich hätte es wissen müssen. Schließlich habe ich es davor oft genug miterlebt. Und wenn ich nach seinen letzten Besuchen gehe, weiß ich, dass er sich noch immer nicht geändert hat.“

Als ich an einer Kreuzung stehen bleiben muss, drehe ich mich überrascht zu ihr. Für einen Moment kommt es mir so vor, als würde ich träumen. Ich habe damit gerechnet, dass sie laut schimpft und mich fragt, wieso ich es ihr nicht schon eher mitgeteilt habe. Doch das habe ich nicht erwartet.

„Also gehe ich richtig in der Annahme, dass ihr euch nicht streiten werdet, wenn ihr euch über den Weg läuft?“ Skeptisch ziehe ich die Stirn kraus.

Mit dieser Frage lehne ich mich vielleicht zu weit aus dem Fenster. Doch ich muss sie stellen. Alleine schon um zu wissen, auf was ich mich einstellen muss.

„Ich werde zumindest nicht damit anfangen. Sollte er einen blöden Kommentar von sich geben, kann ich für nichts garantieren. Du weißt, dass ich nicht still sein kann.“

„Das weiß ich“, sage ich noch, ehe ich mich wieder nach vorne schaue.

Ich nehme mir vor, dass ich die beiden nicht alleine lassen werde. Denn obwohl sie gesagt hat, dass sie sich nicht mehr mit ihm streiten will ich verhindern, dass sie es vielleicht doch machen. So schön die Vorstellung auch ist, dass es die nächsten Wochen ruhig zwischen den beiden ist, muss ich mich dennoch darauf vorbereiten, dass es eventuell nicht so ist.

„Aber du hattest recht. Mehr musstest du nicht erwähnen, damit ich doch den einen oder anderen Sekt trinke.“

„Es wird ein lustiger Abend werden.“

Noch bevor ich die Straßenecke erreicht habe, an der ich Lana herauslasse, hat sie den anderen bereits eine Nachricht geschrieben, die sofort begeistert sind.

„Wir treffen uns heute Abend bei dir“, verabschiedet sie sich ein paar Minuten später von mir und grinst von einem Ohr bis zum anderen. Ihre gute Laune ist zurückgekehrt, worüber ich froh bin.

Ein letztes Mal lache ich noch, ehe ich mich auf den Heimweg mache. Ein merkwürdiges Gefühl macht sich in mir breit. Es hat nichts mit meinem Bruder zu tun. Ich freue mich darauf, ihn zu treffen, nachdem wir in den letzten Monaten nur miteinander geschrieben haben. Es ist auch nicht der plötzliche Sinneswandel von Lana. Sondern eher ein Punkt, den ich ihr verheimlicht habe. Und das, obwohl ich nicht weiß, wieso ich es nicht erwähnt habe. Doch ich weiß selber nicht, wie ich mich deswegen verhalten soll.

Es ist nämlich so, dass er einen seiner Freunde im Schlepptau hat, der auch die nächsten Wochen bei uns verbringen wird. Ich kenne ihn nicht, weiß nicht seinen Namen. Allerdings bin ich den meisten Freunden meines Bruders schon über den Weg gelaufen. Aus diesem Grund kann ich mit Gewissheit behaupten, dass es nicht einen einzigen gibt, mit dem ich mich verstehe. Sie alle sind aufdringlich, laut und ich bezweifle sogar, dass sie überhaupt erzogen wurden. Alles in einem kann man feststellen, dass sie gerne die Regeln so auslegen, wie es ihnen gerne passt. Ich mache einen riesigen Bogen um sie, um meine Ruhe zu haben. Doch dieses Mal wird das nicht gehen.

Es sei denn, ich ziehe in der Zeit zu einer meiner Freundinnen.

Wobei sie bestimmt kein Problem damit hätte. Dennoch ist es eine bescheuerte Idee. Schließlich bin ich kein kleines Kind mehr und sehr wohl in der Lage, mich vernünftig mit ihm zu unterhalten. Ich klammere mich auch ein wenig daran, dass er nicht so ist, wie die anderen Jungs, mit denen Mason für gewöhnlich abhängt. Auch, wenn diese Chance doch eher sehr gering ist.

Als ich in unsere Einfahrt biege, entdecke ich als Erstes den großen schwarzen Geländewagen, der sich direkt vor mir befindet. Es ist nicht der meines Bruders und auch sonst kenne ich niemanden, der so einen fährt. Deswegen gehe ich davon aus, dass dieser hier seinem Kumpel gehört.

Nicht nur der Lack ist schwarz. Auch die Fenster sind so dunkel, dass man kaum einen Unterschied zwischen ihnen und der Karosserie erkennt. Da er rückwärts in der Einfahrt steht, erkenne ich, wie aggressiv er von vorne wirkt. Und ich habe das Gefühl, als würde das auch auf seinen Besitzer zutreffen. Es sorgt nicht unbedingt dafür, dass ich Lust habe, auszusteigen.

Diese Erkenntnis sorgt dafür, dass sich ein Kloß in meinem Hals bildet. Beinahe verzweifelt versuche ich ihn wieder loszuwerden, als ich merke, dass ich kaum noch atmen kann. Doch es bringt nichts. Es kommt mir sogar eher so vor, als würde es noch schlimmer werden. Ich versuche mir vor Augen zu halten, dass mein Bruder bestimmt niemanden anschleppen würde, der sich überhaupt nicht benehmen kann. So genau kann ich das aber nicht sagen.

Um mich abzulenken, steige ich aus und schließe den Wagen hinter mir ab. Ich bin aber darauf bedacht, dass ich den anderen nicht mehr beachte und am besten auch nicht in seine Nähe komme.

Mit langsamen Schritten gehe ich auf die Haustür zu und hoffe inständig, dass ich mich irre. Seitdem ich erfahren habe, dass Mason nicht alleine kommt, habe ich es geschafft, mich nicht damit auseinanderzusetzen. Nun kann ich dem aber nicht mehr aus dem Weg gehen. Hinzu kommt, dass ich mich immer auf mein Bauchgefühl verlassen kann. Deswegen halte ich es für unwahrscheinlich, dass ich mich irre.

Leise, um möglichst unauffällig in meinem Zimmer verschwinden zu können, öffne ich sie. Ich hätte mir aber auch denken können, dass ich nicht weit komme. Ich habe noch keinen Fuß ins Innere gesetzt, als mein Bruder bereits mit energischen Schritten auf mich zu kommt.

„Cady, Schwesterherz“, ruft er und schließt mich als Nächstes in seine Arme. Fest drückt er mich an sich und sorgt so dafür, dass ich für einen kurzen Moment keine Luft mehr bekomme.

„Mason“, keuche ich, als ich endlich wieder in der Lage bin, wenigstens einen Ton von mir zu geben.

„Oh, entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht umbringen. Ich freue mich nur so, endlich meine kleine Schwester wieder in die Arme schließen zu können.“

Glücklich strahlt er mich an. Er macht ein wenig den Eindruck auf mich, als würde er etwas im Schilde führen. Es gibt immer etwas, was in ihm vor sich geht. Deswegen kann ich mich auch täuschen.

Ungefähr so, wie bei Lana. Ich ziehe es vor, diese Worte für mich zu behalten.

„Ich freue mich auch.“ Während ich spreche huschen meine Augen immer wieder hin und her. Auch wenn ich es nicht will, so halte ich dennoch Ausschau nach seinem Freund.

Innerlich versuche ich mich vorzubereiten, auch wenn ich aus Erfahrung weiß, dass man das bei seinen Freunden nicht kann. Sie haben alle eine große Klappe und vor allem prügeln sie sich genauso gerne, wie sie sich besaufen.

Ich muss mich korrigieren, man kann sich darauf vorbereiten. Das heißt aber nicht, dass ich das gerne mache.

Doch nachdem ich meinen Blick durchs Wohnzimmer habe gleiten lassen, stelle ich fest, dass von ihm weit und breit bis jetzt nichts zu sehen ist.

Ich kann nicht sagen, ob ich erleichtert darüber bin, oder nicht. Es ist nämlich so, je eher ich weiß, worauf ich mich einstellen muss bei ihm, umso besser ist das für mich und meinen Seelenfrieden. Doch nun kann ich eh nichts daran ändern, sodass ich mich wieder auf Mason konzentriere, der noch immer vor mir steht.

„Ich habe nicht gedacht, dass du schon da bist. Ich bin davon ausgegangen, dass du erst heute Abend hier sein wirst“, erkläre ich also. Schnell stelle ich meine Tasche auf dem großen Tisch ab, der ein paar Schritte von der Tür entfernt steht.

„Wir sind schon früher losgefahren. Wir haben gedacht, dass wir immerzu im Stau landen werden und wollten nicht erst heute Nacht ankommen. Man könnte auch sagen, dass wir selber überrascht darüber sind, dass wir schon hier sind.“ Mason zuckt mit den Schultern und vergräbt die Hände in den Hosentaschen.

„Ganz so war es nicht. Er ist davon ausgegangen. Ich habe gewusst, dass wir schnell hier sein werden“, ertönt in der nächsten Sekunde eine weitere männliche Stimme, die ich nicht zuordnen kann. Was ich aber sofort weiß ist, dass sie mir eine Gänsehaut über den Körper jagt. Außerdem sorgt sie dafür, dass mein Herz beginnt schneller zu schlagen und mein Mund trocken wird. Alles Reaktionen, die ich überhaupt nicht gebrauchen kann.

Im ersten Moment weiß ich nicht, wie ich darauf reagieren soll. Deswegen versuche ich mich wieder in den Griff zu bekommen. Erst als ich mir sicher bin, dass man es mir nicht sofort ansieht, hebe ich langsam meinen Kopf. Es dauert nicht lange, bis ich mir wünsche, dass ich genau das nicht getan hätte. Um genau zu sein wünsche ich mir sogar, dass ich einfach hochgegangen wäre, als ich die Chance dazu hatte.

Dafür ist es nun aber zu spät.

Mit geschmeidigen Bewegungen, die mich an ein Raubtier erinnern, kommt er auf mich zu und bleibt nur wenige Meter von mir entfernt stehen. Frech grinst er mich an. Doch das ist nicht das Einzige, was mir an ihm sofort auffällt. Um genau zu sein, ist es sein gesamtes Auftreten.

Er ist groß und muskulös. Sein schwarzes Shirt ist so eng, dass die Muskeln, die sich darunter befinden, einem sofort ins Auge fallen. Seine ebenfalls dunkle Jeans sitzt tief auf seinen Hüften, sodass man ein Stück seiner Boxershorts erkennen kann. Und seine Füße stecken in schweren Stiefeln.

 

Alleine dieser Anblick reicht schon aus, dass ich nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Mein Mund öffnet sich sogar ein Stück, da es mir so vorkommt, als würde ich nicht genug Sauerstoff bekommen. Mir ist sehr wohl bewusst, dass mein Bruder direkt neben mir steht und ich es mir alleine deswegen schon verkneifen sollte, mich wie ein kleines Kind zu verhalten.

Doch ich kann es nicht. Auch dann nicht, als ich mir vor Augen halte, dass es sich bei ihm um einen Freund von Mason handelt.

Keiner von uns gibt einen Ton von sich. Ich sehe aus dem Augenwinkel, wie Mason seinen Blick zwischen uns hin und her wandern lässt.

„Du musst Cady sein“, unterbricht sein Freund nun die Ruhe und kommt noch ein wenig näher. „Ich bin Jax.“ Kaum hat er ausgesprochen, streckt er seine Hand nach mir aus. „Aber meine Freunde nennen mich Dragon.“

Der Name passt zu ihm, denke ich.

Einen Moment betrachte ich sie, als würde ich abwägen wollen, ob ich das wirklich machen kann, oder nicht. Dann rufe ich mir aber in Erinnerung, dass wir die nächsten Wochen unter einem Dach verbringen werden. Da sollte ich mir wenigstens Mühe geben.

Also ergreife ich sie und versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie es mir gerade geht. Vor allem aber deswegen, weil ich es selber nicht weiß. Doch Mason hat mich schon in den unterschiedlichsten Situationen erlebt, sodass er wahrscheinlich genau weiß, was in mir vor sich geht. Und leider weiß er wahrscheinlich auch, dass Jax genau weiß, welche Wirkung er auf Frauen hat.

„Ja, das ist sie. Meine kleine Schwester. Also sei schön lieb zu ihr“, erklärt Mason, bevor ich ihn begrüßen kann. Ich war noch nie ein Fan davon, wenn jemand anderes für mich spricht. Jetzt mache ich gerne eine Ausnahme. Ich nutze die Zeit und will wieder zu mir zu kommen. Gelingen tut es mir nicht.

In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken, während ich versuche herauszufinden, wie ich aus dieser Situation wieder heraus kommen kann. Doch bevor ich einen Versuch unternehmen kann, um zu verschwinden, dringt das Klingeln eines Handys an mein Ohr.

„Das ist meins. Ich bin gleich wieder da“, verkündet Mason. Er hat noch nicht ausgesprochen, als er bereits mit einem Fuß das Wohnzimmer verlassen hat.

Ein wenig hilflos schaue ich ihm nach, bevor ich mich wieder auf Jax konzentriere, der sich nicht von mir abwendet.

„Mason hat mir schon einiges über dich erzählt“, beginnt Jax nun.

Unauffällig atme ich tief durch, ehe ich meinen Kopf hebe und in seine Augen schaue. Dunkel und gefährlich blitzen sie mich an. Doch da ist noch etwas anderes. Etwas, was wie Herausforderung aussieht.

„Wenn das so ist, kann ich wahrscheinlich nur hoffen, dass er die peinlichen Geschichten weggelassen hat.“ Ich bin froh, dass ich meine Stimme wieder gefunden habe. Gerade würde es nämlich nichts Peinlicheres geben, als stumm vor ihm zu stehen.

„Das ist mein Geheimnis“, antwortet er nur, nachdem er sich mir noch etwas genähert hat. Er lehnt sich noch ein Stück nach vorne, sodass nur ich ihn verstehen kann.

Seine Worte bewegen mich dazu, dass ich überlege, was Mason ihm von mir erzählt hat. Ich brauche nur einen Blick in sein Gesicht zu werfen um zu wissen, dass ich wirklich keine Chance habe, ihn dazu zu überreden, es mir zu sagen. Auf jeden Fall jetzt nicht.

„Dann hoffe ich, dass du eine Menge Spaß haben wirst“, erkläre ich.

Einen Moment sieht er mich ausdruckslos an. Ich habe keine Ahnung, was in seinem Kopf vor sich geht. Und das liegt nicht nur daran, weil ich ihn nicht kenne. Es ist viel eher die so, dass ich ihn nicht einschätzen kann.

Er will gerade den Mund aufmachen, als Mason wieder ins Wohnzimmer kommt. Erleichtert darüber atme ich tief durch.

„Wir werden eine Menge Spaß haben. Bis später.“ Ein letztes Mal zwinkert er mir zu. Erneut lehnt er sich so weit nach vorne, dass sich beinahe unsere Nasenspitzen berühren. Doch dann dreht er sich um und verschwindet so schnell, wie er gekommen ist.

Völlig perplex bleibe ich an Ort und Stelle stehen. Bei jedem anderen würde ich einen spitzen Kommentar von mir geben. Und auch jetzt liegen mir ein paar auf der Zunge. Dennoch schaffe ich es nicht, sie auszusprechen.

Von der ersten Sekunde an hat er es geschafft mich aus der Bahn zu ziehen. Und sein Verhalten mir gegenüber in den letzten Minuten hat es nicht besser gemacht. Obwohl ich nicht weiß, wie ich es bezeichnen soll. Deswegen brauche ich auch noch ein wenig, bis ich merke, dass er tatsächlich mit mir geflirtet hat.

Für das, was ihm wahrscheinlich durch den Kopf gegangen ist, muss er sich aber eine andere suchen, denke ich.