Loe raamatut: «Engel und Dämon», lehekülg 6

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Das gehörnte Pferd sprang regelmäßig durch die Flammen ohne Schaden zu nehmen, während das Blut auf seinem Horn immer mehr wurde und langsam begann das Fell des Tieres zu tränken.

„Das schafft er nicht. So wird er doch verlieren“, sprach Cido seine Ängste aus, wobei Marco nur kurz schnaubte. „So ist das immer. Drakina ist eine perfekte Kämpferin. Sie setzt Magie und ihr Horn in einer unschlagbaren Kombination ein. Bis jetzt hat noch keiner einen Kampf mit ihr überlebt.“

„Wie nicht überlebt? Was wenn man aufgibt?“ Cido verstand es nicht und sah das Löwentier unsicher an, wodurch dieses ruhig weiter sprach: „Drakinas Kämpfe sind immer auf Leben und Tod. Es ist erst zu ende wenn das Blut von einem den Boden tränkt. Niemand kann sie besiegen. Vielleicht nicht einmal Satan selbst. Ihre Taktik ist so undurchschaubar, wie eine Wand.“

„Aber… es muss doch einen Weg geben sie zu besiegen.“ Cido wollte nicht daran glauben, dass der Kampf für Xenio hoffnungslos war.

„Ja, wenn sie nicht mehr zaubern kann. Ihr Horn ist.“ Doch Marco unterbrach sich selbst: „Ups, ich habe schon zu viel gesagt. Los, lass uns kämpfen. Sonst schlaf ich hier noch ein.“

Ohne eine weitere Warnung stürmte der Marcanos wieder auf den Jungen zu, wodurch Cido auswich und versuchte das Schwert in die Höhe zu stemmen, doch er war zu schwach. Die Klinge schien Tonnen zu wiegen. Wie konnte Xenio das Stück Metall nur so leicht führen?

„Xenio! Das Horn!“, gab er die Information an den Kämpfer weiter, bevor er den weiteren wütenden Angriff des Marcanos auswich, der immer wieder aufs Neue auf den Jungen zustürmte und mit dem Stachel nach ihm schlug.

Durch das Knistern der Flammen vernahm Xenio die Stimme des Jungen, wobei er mittlerweile schwer atmend auf den Boden kniete und versuchte seinen Geist von den Schmerzen zu befreien.

Das Horn war also die Schwachstelle. Er musste es zertrümmern, dann würde er gewinnen können. Aber wie? Es war messerscharf. Mit der Hand würde er es nicht anfassen können. Seine einzige Möglichkeit war.

Ohne sein Zutun wanderte sein Blick auf den Dolch an seinem Knöchel, der dort für Notfälle befestigt war, um ihn eine Verteidigungsmöglichkeit zu geben, wenn er sein Schwert verloren haben sollte.

Dieses kleine scharfe Metallstück war seine einzige Hoffnung, wodurch er es aus der Scheide zog und kurz in seiner Hand kreisen ließ, dann lauschte er in sich hinein. Immer wieder kam das Einhorn zurück. Er versuchte so gut es ging auszuweichen und sich auf das Horn zu fixieren. Es war nicht leicht, weil er kaum eine ruhige Minute bekam, wodurch er noch den ein oder anderen Treffer einstecken musste, bevor es auftauchte: Das rote Glitzern.

Als Drakina erneut durch die Flammenwand sprang, schlug Xenio im richtigen Moment zu und das Horn zerbrach in tausend Stücke, wodurch das Feuer verschwand und das Einhorn wie erstarrt stehen blieb. Ihr Blick war voller Fassungslosigkeit und Entsetzen. Der Kampf war vorbei.

Xenio wollte gerade zum entscheidenden Schlag ansetzen, als der Schrei von Cido seine Aufmerksamkeit forderte. Der Junge war in Bedrängnis. Immer wieder wich er den Stichen des Löwentieres aus, doch der Abstand wurde schon geringer. Es würde nicht mehr lange dauern und Cido würde unterliegen.

Ohne zu zögern eilte er zu dem Jungen und stellte sich vor ihn wobei er den Angriff mit den bloßen Händen abfing. Seine Muskeln spannten sich unter der Anspannung, als er den Marcanos an seinen Hörnern festhielt und im nächsten Moment einfach auf den Rücken warf.

Xenio hob den Dolch auf, den er fallen gelassen hatte um den Angriff abzuwehren, wobei er ihn nun angriffsbereit in der Hand hielt und das Metall sogar spielerisch zwischen den beiden Händen hin und her wechselte.

„Na? Bist du schon müde, dass du dich hinlegen musst?“, verspottete er seinen Gegner, der nur zornig schnaubte und sich langsam wieder aufrichtete. „Du hattest den Über­raschungsmoment auf deiner Seite, doch du wirst mich nicht so leicht besiegen wie Pegio oder Drakina. Ich lasse mich nicht von dir provozieren.“

So viele kleine Wunden aus denen Xenio blutete. Warum konnte er noch stehen? Spürte er denn keinen Schmerz? Was für ein unmenschliches Wesen war dieser Krieger? Das war doch nicht möglich.

Dennoch begriff er es nicht, was der Kämpfer hier tat. Warum verteidigte er den Jungen? Wieso setzte er sein Leben für ihn aufs Spiel? Für den Menschen, der ihn doch eigentlich töten wollte? Sollte er nicht froh sein, wenn der Braunhaarige verschwand und ihn nicht mehr bedrohen konnte? Warum dann das? Wieso stand er nun zwischen ihm und den Marcanos?

Langsam fiel sein Blick auf die Klinge in seiner Hand. Sie spiegelte das Mondlicht wieder und schien ihn nur so auszulachen. Er war zu schwach um dieses Stück Metall zu heben. Zu schwach um sein Leben selbst zu verteidigen. Alle mussten sie sterben, um seine Existenz zu bewahren. Das musste enden. Am besten jetzt und hier.

Seine Finger schlossen sich enger um den Schwertgriff, als er die Klinge zu sich wandte und langsam seine Augen schloss. Er lauschte dem Pulsschlag in seinen Ohren und in sein Inneres hinein.

Nein, ihn hielt hier nichts mehr. Er konnte sein Versprechen nicht einlösen. Niemals würde er in der Lage sein Xenio zu töten. Dieser Kämpfer war unbesiegbar. Erst recht für einen unerfahrenen Jungen wie ihn. Also konnte er das Versprechen Kevin gegenüber nicht erfüllen. Er konnte nur den blonden Kämpfer zur Last fallen und das wollte er nicht.

„Hey, ich will mit dem Jungen kämpfen“, beschwerte sich der Marcanos erneut, wobei Xenio energisch den Kopf schüttelte. „Nein, dein Gegner bin ich. Wenn du mich getötet hast, dann kannst du gerne auch den Jungen haben.“

„Hm, wobei.“ Das Löwentier sah an Xenio vorbei und ließ den Satz offen, wodurch der blonde Kämpfer sich geschockt umwandte und gerade erblickte, wie Cido sich bereit machte das Schwert in seinen eigenen Leib zu rammen.

„Cido! Stopp!“ Die eisblauen Augen wurden von Panik gestürmt, als sich jeder Muskel in dem Leib in Bewegung setzte, um diese Gräueltat zu verhindern. Es schienen nur Sekunden zu sein, die Xenio in Bewegung war, dennoch kam es ihm wie etliche Minuten vor in denen er sich dem Jungen näherte und betete, hoffte, dass er noch rechtzeitig kam.

Der Dolch lag fest in seiner Hand, als er sein Ziel erreichte und die Klinge ablenkte und somit aus der Hand des braunhaarigen Junge schlug. Es prallte scheppernd in einem Meter Entfernung auf den Boden auf.

„Cido.“ Xenio konnte nicht fassen, dass er es geschafft hatte, wodurch er den Jungen in die Augen sah. Seine Hände glitten ohne sein Zutun über das Gesicht und den Körper. Untersuchten ihn auf irgendwelche Verletzungen, bevor er ihn einfach nur umarmte. „Gott sei Dank. Du lebst und bist zum größten Teil unverletzt. Tu das bitte nie wieder. Ich brauche dich. Du bist der Weg zu meinem Schicksal. Ohne dich kann ich doch nicht weitergehen. Spürst du es denn nicht? Diese Verbindung zwischen uns?“

Cido sah der Klinge trauernd hinterher. Er wollte es beenden. Seine Existenz in der es kein Zuhause mehr für ihn gab und er nur eine Last für alle um ihn herum war. Er ließ die Berührungen über sich ergehen und nahm die Worte des blonden Kämpfers nur am Rande wahr.

„Ich will keine Last mehr sein. Für niemanden“, huschte es leise über die Lippen des Jüngeren, wodurch Xenio nur sanft lächelte und ihn eine Strähne aus dem Gesicht strich. „Du bist keine Last für mich. Ich kämpfe gerne und liebe es andere beschützen zu können. Etwas anderes kann ich eigentlich gar nicht. Bitte, bleib ruhig hier sitzen. Ich mach das schon. Vertrau mir.“

Damit erhob er sich und hob das Schwert auf, wobei Marcanos diese Aktion mit einem Knurren kommentierte, bevor er den blonden Kämpfer böse anfunkelte. „Du hättest ihn sich umbringen lassen sollen. Er hat doch keine Zukunft mehr und du glaubst wirklich, dass er einen Mörder wie dich in seiner Nähe duldet?“

„Ich morde um mich zu verteidigen und andere zu beschützen. Würde man mich nicht angreifen, würde ich sie nicht töten. So einfach ist das“, widersprach Xenio entschlossen und wandte sich zu dem Marcanos um, wobei er in Angriffshaltung ging und darauf wartete, dass man sich ihm näherte. „Also los. Greif mich an, wenn du dich traust.“

Dies ließ sich das Löwentier nicht zweimal sagen, wodurch es kurz aufschrie und dann in den Angriff überging. Xenio steckte das Schwert kurz bevor der Marcanos bei ihm ankam weg und stieß sich vom Boden ab. Er griff nach dem einen Horn des Tieres, um sich dann auf den Rücken zu schwingen, wo er es sich gemütlich machte.

„Was? Was soll das?“, protestierte der Gerittene, doch er lief weiter. Direkt auf Cido zu und Xenio musste handeln, was er auch ohne Zögern tat. Er umfasste die Hörner stärker und begann mit ihrer Hilfe das Tier zu lenken und als er einen Bogen um den Jungen machte, vollführte Xenio den nächsten Streich.

Er sprang von dem Rücken des Tieres und nutzte den Schwung und den Griff um die Hörner um Marco über sich hinweg zu schleudern. Mit einem lauten Knall krachte der Koloss auf den Boden auf und blieb benommen liegen, wodurch Xenio die Klinge aus seiner Scheide zog und mit einem gezielten Hieb den Kopf von den Schultern trennte.

Das Haupt rollte ein paar Zentimeter von dem Torso weg, bevor es liegen blieb und die Augen voller Überraschung und Entsetzten ins Leere starren ließ.

Xenio atmete erleichtert aus, als er das Blut von der Klinge schlug, bevor er sie dann wieder in die Scheide steckte und sich zu Cido umdrehte. Doch was er dort sah, hatte er gehofft, niemals zu erblicken.

Die Augen des Braunhaarigen waren voller Entsetzten und Angst auf den Kämpfer gerichtet, wobei der ganze Körper unter der Panik zu erbeben schien.

Als sich Xenio dem Jungen näherte, wurde das Beben stärker und er wich vor diesem zurück, um den Abstand aufrecht zu erhalten.

„Mörder.“ Das Wort war nur ein leiser Hauch im Wind, doch es versetzte Xenio einen Stich ins Herz und er schluckte trocken, als er seine Hand nach Cido ausstreckte. „Bitte nicht, Cido. Sag das nicht.“

„Du bist ein Mörder und hast sie kaltblütig umgebracht!“, schrie der Junge verzweifelt, wodurch Xenio seine Hand zur Faust ballte und zurück an seinen Körper zog, als er spürte, wie der Schmerz sich weiter in seinem Inneren ausbreitete. „Ich hatte keine Wahl. Sie haben uns angegriffen. Ich habe doch nur unser Leben verteidigt.“

„Das sind nur Ausreden! Es hat dir doch Spaß gemacht! Ich hab das Leuchten in deinen Augen gesehen, als du sie getötete hast! Du bist ein elendiger Mörder! Wahrscheinlich kannst du nichts anderes als zu töten!“ Cido rappelte sich auf und wich noch weiter vor Xenio zurück. Man sah deutlich, dass er Angst hatte. Angst davor, dass der Kämpfer auch ihn einfach töten würde.

Doch der Blonde wollte diese Panik nicht sehen. Nicht bei Cido. Er wollte ihn doch beschützen. Sie mussten doch zusammenarbeiten, sonst würden sie beide sterben und die Dunkelheit würde gewinnen. Sah das der Junge nicht?

„Ich… ich hatte doch keine andere Wahl“, versuchte er erneut zu widersprechen, doch Cido schüttelte nur energisch den Kopf: „Man hat immer eine andere Wahl. Verschwinde! Ich will mit einem Mörder wie dir nichts zu tun haben! Irgendwann werde ich es sein, der sterbend unter deiner Klinge liegt!“

Xenio sah ein, dass er keine Chance hatte. Cido würde ihm niemals vertrauen. Er würde immer Angst vor ihm haben. So hatte das Ganze keinen Sinn, wodurch er sich mit einem Seufzen abwandte und dann einfach den Weg weiter in die Stadt ging. Hier wurde er nicht mehr gebraucht.

Cido entspannte sich, als der Kämpfer langsam verschwand und fiel erschöpft zurück auf den Boden. Tränen brannten in seinen Augen, die er nur mühsam zurückhalten konnte. Warum musste dieser Mensch nur so grausam sein? Wieso war er nur fähig so etwas zu tun?

Er spürte die sanften Berührungen, als Xenio ihn untersuchte. Die zärtliche Stimme, die sich in seinen geschundenen Geist vorarbeitete, kam zurück in seine Erinnerung. All das war auch Teil dieses Mörders. Doch es schien wie ein Betrug. Niemals konnte so etwas wirklich in diesem Menschen existieren.

Plötzlich schlug etwas hart hinter ihm ein und als der Junge erschrocken seinen Blick hob, sah er in das Gesicht von Drakina, das ihn mordlüsternd ansah. Aus ihrem Hals ragte ein Pfeil und sie ging röchelnd zu Boden.

Ihr Körper zuckte im Todeskampf und langsam erlosch das Glühen in ihren Augen. Xenio hatte es erneut getan. Er hatte ihn gerettet und ein weiteres Wesen getötet.

„Warum? Warum hat er das getan?“, fragte sich Cido in Gedanken als sein Blick zu der Stelle glitt, wo Xenio verschwunden war, doch von dem Kämpfer fehlte jede Spur.

„Du hast mich erneut gerettet und das obwohl ich dich vertrieben habe. Wieso tust du das? Was versprichst du dir davon?“ Der Junge verstand den anderen nicht mehr, doch er zwang sich aufzustehen und ebenfalls weiterzugehen. Hier konnte er nicht bleiben. Und wer weiß, vielleicht werden sich ihre Wege ja erneut kreuzen…

Xenios Schritte trugen ihn weiter in Richtung Stadt. Er musste jedoch immer wieder an Cido denken, wie er ihn zurück gelassen hatte. Im letzten Moment hatte er ihm noch sein Leben gerettet, denn auch wenn der andere ihn nicht bei sich haben wollte, so konnte Xenio den Gedanken nicht ertragen, dass der Braunhaarige starb.

„Cido, du bist so ein Idiot“, huschte es durchs Xenios Gedanken, „wie hast du dir das Alles vorgestellt? Du kannst dich nicht wehren. Nicht einmal als ich dir mein Schwert gegeben hatte, warst du in der Lage dein Leben zu verteidigen. Dort draußen warten noch mehr von diesen Kreaturen auf uns, um uns zu töten. Dennoch behauptest du, dass du meine Hilfe nicht brauchst und mit mir keine Sekunde länger zusammen sein willst.

Wie kommst du nur auf die Idee, dass du ohne mich auch nur diese Nacht überleben kannst? Wieso hast du mich vertrieben? Ich habe dir doch nie etwas getan. Nur weil ich unser Leben verteidigt hatte oder weil ich Sebastian getötet habe? Ich hab doch schon gesagt, dass es mir Leid tut und dieser Junge keine Absicht war. Oder hast du es gesehen? Hast du mein wahres Ich gesehen? Das Monster in mir, das nach Blut verlangt und immer freudig aufschreit, wenn ich mein Schwert umschließe und kämpfe.“

Er seufzte und wünschte sich, dass er eine Antwort auf all seine Fragen bekam, doch dies war nicht möglich. Cido würde nie wieder mit ihm reden. Die Angst, die er in den Augen des Braunhaarigen gesehen hatte, war so echt und bodenlos. Er würde niemals in der Lage sein dieses Gefühl aus dem Geist des Jungen zu reißen.

„Cido“, sehnsüchtig huschte dieser Name über seine Lippen, wobei er spürte, wie sein Herz schwer wurde. Immer wieder musste er an diesen zierlichen Jungen denken. Er wirkte so verletzlich, aber strahlte eine innere Kraft aus, die Xenio jedes Mal aufs Neue überraschte.

„Du wirst sterben. Ist dir das eigentlich klar?“ Der Kämpfer strich sich träge eine Strähne aus dem Gesicht und seufzte erneut. Er würde jetzt lieber zurückgehen und den Jungen sicher in eine Stadt geleiten. Doch er durfte nicht. Wenn er jetzt umdrehte und Cido begegnen würde, dann müsste er sich wieder anschreien lassen und das wollte er nicht. Dafür tat diese Ablehnung viel zu sehr weh.

„Ich töte doch nur, um mein Leben und das meiner engsten Vertrauten zu verteidigen. Hast du nicht gesehen, dass sie uns bedrohten? Du hast es doch auch gespürt, wie sie nach unserem Leben trachteten. Nein, du kannst mir nicht erzählen, dass du ihre Mordlust nicht gespürt hast. Es ist töricht von dir immer noch auf den Tod des Jungen herumzureiten. Die Sache ist weitaus größer, als du es dir jemals vorstellen könntest.

Diese Wesen trachten nach unserem Leben, weil wir ihnen angeblich im Weg stehen würden. Und sie werden nicht aufhören, bevor eine der Seiten vernichtet ist. Ist dir das nicht klar? Entweder sie oder wir. Wir müssen sie töten und dadurch, dass du dazu nicht in der Lage bist, wirst du ohne mich drauf gehen. Warum willst du das nicht sehen?

Nein, du schreist mich nur an, dass ich ein Mörder wäre und du nichts mit mir zu tun haben willst. Es tut weh, dass du nur diese Seite von mir siehst. Sie ist zwar ein Teil von mir, aber ich bin viel mehr als das. Warum willst du dich nicht näher mit mir beschäftigen? Wovor hast du Angst?“ Xenios Gedanken hörten nicht auf um den Jungen zu kreisen, wobei er erschöpft seufzte, damit er zumindest für einen kurzen Herzschlag nicht mehr an den Braunhaarigen dachte.

Sein Herz zog sich immer weiter zusammen. Die Nacht war noch lange nicht vorbei und damit die Gefahr nicht gebannt. Dennoch war er hier. Stand alleine auf dem Weg und sah auf seine blutverschmierten Hände. Vier Leben hatte er heute genommen. Der Stahl des Schwertes glitt durch das Fleisch seiner Opfer wie ein heißes Messer durch Butter. Sie waren kein Hindernis für ihn.

Seine Hände begannen zu zittern, wodurch er sie zu Fäusten ballte und tief durchatmete, um sich zu beruhigen, denn er spürte, wie sich langsam Tränen in seinen Augen sammelten.

Wie konnte ein einziger Mensch ihn nur so quälen? Das letzte Mal hatte er solch eine Trauer verspürt, als seine Eltern vor seinen Augen gestorben waren und das Monster ihn am Leben ließ, um für alle Ewigkeit allein zu sein.

Xenio hatte sich in dieser Nacht geschworen, dass er niemanden mehr in sein Leben lassen wollte, doch nun spürte er, dass er auch in diesem Bereich versagt hatte. Cido hatte sich einfach hinein gedrängt und schien nicht mehr gehen zu wollen. Xenio konnte ihn nicht mehr gehen lassen.

Er begann gerade damit den Jungen in irgendeine dunkle Ecke seines Bewusstseins zu sperren, sodass er ihn vergessen konnte, als er genau diesen schreien hörte: „Hilfe! So helft mir doch jemand! Ein Zwerg ist hinter mir her! Er will mich umbringen!“

„Das ging ja schnell“, schoss es durchs Xenios Kopf, als er sich umdrehte und den herannahenden Schatten erblickte, wobei sich der Braunhaarige sofort hinter dem Krieger versteckte. Dieser hatte mittlerweile seine Klinge gezogen und wartete auf den Feind.

All der Schmerz über die Zurückweisung war vergessen. Jetzt zählte es nur, dass er den Jüngeren verteidigte und verhinderte, dass dieser starb. Mehr war in seinem Leben nicht mehr wichtig. Nur dass der Körper hinter ihm weiterlebte. Xenio wusste nicht einmal woher dieser Wunsch kam, doch er spürte, dass dieser tief in ihm vergraben war. Tiefer als alles andere, was sein bisheriges Sein jemals ausgemacht hatte.

„Komm her, du kleiner Zwerg. Dich mach ich auch noch fertig“, zog Xenio die Aufmerksamkeit des Feindes auf sich. Sein Gegner ging ihm wirklich gerade mal bis knapp unter die Brust. Es war lächerlich in seinen Augen gegen diesen zu kämpfen und eigentlich hatte er sich auch geschworen keine Kleineren zu schlagen. Aber in diesem Fall fing der Zwerg den Streit ja an, also war es wohl in Ordnung.

„Zwerginio hat noch nie jemand klein genannt ohne es zu überleben“, begehrte der schwarze Zwerg auf, wobei seine roten Augen zornig aufblitzten. „Dann komm doch her und zeig mir, was deine kleine Axt so kann“, provozierte Xenio seinen Feind weiter, wodurch der Zwerg nun wütend mit dem Fuß aufstampfte. „Das wirst du noch bereuen. Zwerginio wird dich mit seiner Berta in tausend kleine Stücke hacken. Das wird einen riesigen Spaß machen.“

Sofort stürmte der Zwerg auf ihn zu und schrie zornig auf, wodurch Xenio instinktiv reagierte. Er stieß Cido von sich und wich in die andere Richtung aus. Der Junge landete unsanft auf dem Boden, wobei ein kurzer Schmerz durch seinen Körper schnellte. „Aua. Hätte das nicht sanfter sein können?“

Doch Xenio reagierte nicht auf die Beschwerde, sondern ließ sein Schwert eine kurze Drehung vollführen in der er den Stiel der Axt in zwei Teile schlug. Das harte Metall fiel mit einem dumpfen Laut auf den Boden und Zwerginio starrte fassungslos auf seine demolierte Waffe. Sein Körper begann langsam unter der Wut zu zittern, bevor er den nutzlosen Stiel von sich warf. „Niemand hat Berta bisher beschädigt! Du wirst es bereuen, was du Zwerginios Berta angetan hast. Zwerginio wird dich mit seinen bloßen Händen zerreißen!“

Xenios Lippen wurden von einem siegessicheren Lächeln umspielte, als er sein Schwert locker in der Hand kreisen ließ. „Ach ja? Das will ich sehen.“

Ohne Vorwarnung stieß der Zwerg einen Schrei aus und stürmte auf Xenio zu. Kurz bevor er auf den Kämpfer stieß, senkte er sein Haupt und rammte den harten Metallhelm in den Leib des Blonden.

Der Schmerz raste durch den Körper von Xenio und er krümmte sich unter diesen zusammen, wodurch Zwerginio einfach weiter auf ihn einschlug und trat, was den Kämpfer dazu veranlasst sich noch mehr zusammenzukauern und seinen Körper so gut es ging zu schützen. Doch die Attacken hörten nicht auf. Immer wieder gruben sich die schweren Stiefel seines Feindes in sein Fleisch und schickten neue Wellen des Schmerzes durch seinen Körper.

„Hör auf!“, durchbrach die Stimme von Cido den Kampf, wodurch Zwerginio kurz innehielt und auf den Jungen sah, der sich langsam erhob, bevor er den Zwerg dann mit seinen grünen Augen fixierte. Die Trauer und Einsamkeit waren daraus verschwunden. Man erkannte nur noch Hass, Zorn und pure Entschlossenheit diesen Kampf zu gewinnen.

Eine nicht greifbare Energie umspielte den Körper des Jungen und ließ seine Haare in einem unsichtbaren Wind tanzen. „Du wolltest mich! Also hol mich!“

„Was? Was ist mit dir passiert?“ Der Zwerg wirkte unsicher, wodurch das boshafte Lächeln zurück auf die Lippen von Cido kam. „Nichts von Bedeutung. Ich bin jetzt nur kampfbereit.“

Xenio konnte nicht glauben, was er spürte. Diese pure Kraft, die den Jungen umgab, war selbst für ihn nicht zu durchbrechen. Kein Feind wäre in der Lage Cido auch nur ein Haar zu krümmen, wenn dieser Schild aktiv war. Anscheinend war dieser doch nicht so wehrlos wie Xenio zu Anfang geglaubt hatte.

Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Los, Cido! Mach ihn fertig!“ „Du sei still!“ Erneut trat der Zwerg nach ihm, doch dieses Mal ins Gesicht, wodurch Xenio seine Hände schützend über dieses hielt.

„Du sollst ihn in Ruhe lassen, habe ich gesagt. Ich bin dein Feind!“, begehrte der braunhaarige Junge auf, doch Zwerginio sah gar nicht ein auf diesen zu hören, wodurch er demonstrativ noch einmal zutrat. „Zwerginio entscheidet selbst, wen oder was er schlägt. Er lässt sich da nichts von anderen befehlen.“

Ein Knurren verließ die Lippen von Cido und der Zwerg trat noch einmal zu, wodurch sich der Körper des Jungen anspannte. „Lass ihn!“

„Genau, hör endlich auf mein Gesicht zu schlagen, sonst hab ich bei den Frauen gar keine Chance mehr“, begehrte nun auch Xenio auf, doch der Schwarze knurrte nur und trat erneut zu, wodurch bei Cido der Geduldsfaden riss und sich eine Energiewelle von seinem Körper löste, die den Zwerg von den Körper des Blonden fegte.

Xenio selbst spürte nur einen warmen Luftzug, was ihn ein wenig irritierte, doch er war froh, dass er nun endlich wieder in Sicherheit war, wodurch er sich ein wenig entspannte und in der nächsten Sekunde war Cido neben ihm. Er sah ihn besorgt an, doch deutete ihm auch, dass er liegen bleiben konnte. „Ruh dich aus. Diesen Kampf übernehme ich.“

Diese Worte taten der Seele von Xenio gut. Er spürte, wie eine gewaltige Last von seinen Schultern fiel, wodurch sich seine Muskeln endlich mal wieder entspannten und er einen erleichterten Luftstoß aus seinen Lungen entließ. Eine Freiheit breitete sich in seinen Herzen aus, wie er es schon lange nicht mehr kannte und es ihm sogar erlaubte, dass er seine Augen für einige Herzschläge schloss.

Cido selbst ging weiter auf den Zwerg zu. Dieser knurrte und rappelte sich gerade auf, bevor er den Jungen dunkel fixierte. „Niemand wirft Zwerginio einfach durch die Luft. Zwerge sind kein Luftgeschoss.“

Im nächsten Moment stürmte der Zwerg auf den Jungen zu, doch er kam nicht zu diesem durch, denn der Schild hielt und schleuderte den Angreifer wieder einen Meter von Cido weg, wodurch das Lächeln auf den Lippen des Braunhaarigen noch breiter wurde. „Du hast verloren, Zwerginio.“

Das Knurren des Zwergs wurde tiefer, als er sich erneut aufrappelte und den Jungen finster fixierte. Er konnte nicht angreifen solange diese starke Energie um den Körper des Jungen zirkulierte. Irgendwie musste er diesen Schild ausschalten. Ansonsten hatte er wirklich verloren.

Xenio war vollständig auf den Kampf fixiert, wobei er sich mittlerweile aufgesetzt hatte, um einen besseren Blick zu haben. Er hätte nie gedacht, dass solch eine Macht in dem Jungen schlummerte. Dieses Phänomen hatte er noch nie gesehen und es machte den Braunhaarigen mächtiger als ihn.

Ein eisiger Schauer lief ihm bei dem Gedanken über den Rücken, dass Cido vor kurzem eigentlich sogar noch sein Feind gewesen war und hätte dieser wirklich gewollt, dann hätte er den Kämpfer umbringen können. So viel stand fest.

„Hast du Angst?“, fragte der Braunhaarige herablassend. „Nein, aber ich suche nur den richtigen Platz um dich fertig zumachen“, antwortete der Zwerg unsicher. „Ach, wirklich? Warum bringen wir es nicht jetzt zu ende?!“, brüllte der Junge, als sich schon eine Welle aus purer Energie von seinem Körper löste und gegen Zwerginio schlug.

„Ich hasse es zu spielen. Also fangen wir gleich mit Ernst an“, fügte er wieder ein wenig leiser hinzu. Der Schwarze rappelte sich mühselig auf und hustete ein paar Mal. „Du mit deiner schwachen Energie kannst mich nie besiegen“, erwiderte der Zwerg mit fester Stimme. „Bist du dir da sicher?“, fragte Cido höhnisch. Zwerginio nickte ein wenig unsicher und viel zu heftig, um seine Angst zu verstecken. „Dann greif mich an wenn es wirklich so ist, wie du behauptest“, sprach der Braunhaarige weiter und blieb abwartend stehen.

„Wenn du meinst. Aber ich habe dich gewarnt“, sagte der Zwerg und ging in den Angriff über. Auf Cidos Gesicht legte sich ein fieses Lächeln und Zwerginio stockte kurz, bevor er weiter rannte. Doch auch dieses Mal scheiterte er an dem Schild und landete wieder unsanft auf Boden.

„Los zeig es ihm“, dachte sich Xenio, der den Kampf mit großem Interesse zusah, „du bist stärker als er!“ Cidos Schritte wurden sicherer und kraftvoller, während die des Zwerges nervöser und unsicherer wurden. Denn er wusste, dass er den Jungen nicht attackieren konnte und so dem Untergang geweiht war.

Sein Blick schweifte immer wieder voller Hoffnung suchend nach hinten zu beiden Seiten aber dann verschwand sie wieder. Ja, man konnte seine Verzweiflung schon richtig spüren. Schon fast greifen. Ein Lächeln schlich sich auf die Züge von Xenio. Er witterte den Sieg und war froh darüber, dass sie auch diese Gefahr gemeinsam gebannt hatten. Wenn sie zusammen arbeiteten dann würden sie alle Herrscher besiegen. Da war sich Xenio sicher.

Ein kurzes Rascheln erklang hinter ihm und bevor er sich umdrehen konnte, spürte er ein kaltes Metall an seinem Hals. „Hallo, Xenio. Beweg dich nicht, sonst könnte es sein, dass deine Existenz ein schnelles Ende findet. Und das wollen wir doch beide vermeiden, nicht wahr?“

Die Stimme war eisig und die Präsenz des anderen legte sich schwer auf die Seele des Kämpfers, der nur im Augenwinkel sah, dass eine Sense an seinem Hals lag. Wie töricht von ihnen zu glauben, dass der Zwerg wirklich alleine sein würde. Doch wer stand nun hinter ihm? Wenn er doch nur einen kurzen Blick auf seinen Gegner erhaschen könnte.

„Hey, Cido!“, rief die Stimme aus, wodurch der Braunhaarige sich zu ihnen wandte und sein Gesicht wurde von Entsetzten gestürmt, „ich glaube, dass du jetzt lieber ganz brav bist, sonst verliert dein Freund hier den Kopf.“

Xenio spürte die Unsicherheit in dem Geist des Jungen und er bemerkte auch, wie das Energiefeld um diesen herum langsam zusammenbrach. Anscheinend war er mit dieser Erkenntnis nicht alleine, denn im nächsten Moment ging Cido unter einem Schmerzenslaut in die Knie, denn Zwerginio hatte seinen Schädel in das Kreuz des Jungen geschlagen.

„Du bist schon töricht dein Leben für diesen jungen Kämpfer aufs Spiel zu setzen. Ist dir nicht klar, wen du da eigentlich verteidigst? Hast du denn nicht gesehen, wie er sein Schwert führt? Dieser Junge ist gerade einmal sechzehn Jahre alt, hat aber mehr Leben auf seinem Gewissen als irgendein anderer Mensch auf diesen Planeten. Mit acht Jahren hat er begonnen Tiere zu töten und später auch Menschen. Immer wieder nur um zu kämpfen. Willst du wirklich für diesen Menschen dein Leben riskieren?“, begann der Neuling Zweifel zu säen und Xenio wusste nicht, was er sagen sollte, „dank diesem Jungen war mir niemals langweilig. Ja, ich bin der Sensenmann Sensio und ich bin ihm dankbar, denn er hat für einen regen Seelenverkehr gesorgt. Denn dieser Junge ist geboren um zu töten.“

„Nein, das ist nicht wahr“, presste Cido hervor, wobei seine Augen auf Xenio gerichtet waren, der den Blick nicht standhielt, „sag mir, dass es nicht wahr ist. Dass er hier Lügen erzählt! Du bist nicht so! Nein, das bist du nicht wirklich. Bitte, sag es mir.“

Das Flehen in der Stimme des Jüngeren versetzte Xenio einen Stich ins Herz, doch er konnte nicht antworten. Nicht das, was der Junge unbedingt hören wollte. Denn es wäre nicht die Wahrheit.

„Nein, er hat Recht. Mit allem was er sagt, hat er Recht. Ich bin ein Mörder. Denn in jedem Lebensjahr habe ich mindestens fünf Leben gefordert. Ich liebe es mein Schwert zu schwingen. Liebe meinen Bogen zu spannen um dann etwas zu erlegen oder zu verletzten. Meine Lieblingsfarbe ist rot. Rot wie das Blut, das meine Hände bedeckt. Ja, ich bin ein Mörder. Ein Mörder, dem das Töten Spaß macht. Der es liebt die Verzweiflung in den Blicken seines Opfers zu sehen.“ Seine Stimme war leise und er spürte, wie etwas in dem Jungen starb und Xenio schämte sich das erste Mal in seinem Leben für seine Vergangenheit.

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