Loe raamatut: «Für Immer und Noch Ein Tag »
F Ü R I M M E R
U N D N O C H E I N T A G
(DIE PENSION IN SUNSET HARBOR—BUCH 6)
S O P H I E L O V E
Sophie Love
# 1 Bestsellerautorin Sophie Love ist die Autorin der Liebesroman Reihe DIE PENSION IN SUNSET HARBOR, die sieben Bücher umfasst (und fortgesetzt wird), und die mit FÜR JETZT UND FÜR IMMER (DIE PENSION IN SUNSET HARBOR - BUCH 1) beginnt.
Sophie Love ist auch die Autorin der Debüt-Liebesroman Reihe DIE LIEBES CHRONIKEN, die mit LIEBE WIE DIESE beginnt (DIE LIEBES CHRONIKEN – BUCH 1).
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BÜCHER VON SOPHIE LOVE
DIE PENSION IN SUNSET HARBOR
FÜR JETZT UND FÜR IMMER (Buch 1)
FÜR IMMER UND EWIG (Buch 2)
FÜR IMMER MIT DIR (Buch 3)
WENN ES DOCH NUR FÜR IMMER WÄRE (Buch 4)
EWIG UND DREI TAGE (Buch 5)
FÜR IMMER UND NOCH EIN TAG (Buch 6)
FÜR DICH FÜR IMMER (Buch 7)
FÜR IMMER WEIHNACHTEN (Buch 8)
DIE LIEBES CHRONIKEN
DAS FESTIVAL DER LIEBE (BUCH #1)
ITALIENISCHE NÄCHTE (BUCH #2)
L'AMOUR IN PARIS (BUCH #3)
INHALT
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERZUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
EPILOG
KAPITEL EINS
Die Geräusche der geschäftigen Yacht verblassten, während sich in Emilys Kopf ihre gerade gesprochenen Worte wiederholten.
„Ich bin schwanger.“
Auf den Gesichtern von Daniel und Chantelle ihr gegenüber lag ein überraschter Ausdruck. Keiner von beiden sagte ein Wort. Emily selbst war ebenfalls zu überwältigt, um etwas Anderes hervorzubringen. Erst vor knapp einer Minute hatte der Schwangerschaftstest, den sie auf der Toilette des Yachtclubs gemacht hatte, ihre neue Realität enthüllt. Sie hatte das alles noch gar nicht richtig verarbeitet.
Schließlich brach Chantelle das Schweigen. Aber nicht mit Worten, sondern mit einem erfreuten Kreischen. Ihr Freudenschrei schien Daniel aus seiner Trance zu reißen. Er streckte seinen Arm über den Tisch und umschloss Emilys Hand fest. In seinen Augen glänzten Tränen.
„Wirklich?“
Emily nickte, wobei ihr Blick nicht von Daniel abwich. Sie wurde von einer Welle der Emotionen überrannt. Es war nicht nur der Schock, sondern auch Aufregung, Begeisterung und Freude. In ihr wuchs ein Baby! Sie bekam ein eigenes Kind! Sie und Daniel hatten ein neues Leben geschaffen. Ihre Liebe und Hingabe hatte ihnen diesen Augenblick unsagbaren Glückes beschert.
Chantelle begann, auf ihrem Stuhl auf und ab zu hüpfen. „Ich werde eine große Schwester!“, rief sie.
Der intensive Moment zwischen Emily und Daniel wurde gebrochen, als sie von Chantelles Begeisterung wieder in die Gegenwart gezogen wurden. Beide lachten und Emily nickte dem Mädchen bestätigend zu.
„Wann wird das Baby auf die Welt kommen?“, fragte Chantelle ungeduldig.
Emily zuckte mit den Schultern, denn sie hatte immer noch Schwierigkeiten, diese neue Wirklichkeit zu akzeptieren. „Das weiß ich noch nicht.“
Sie rechnete in ihrem Kopf zurück, in dem Versuch, herauszufinden, wann sie schwanger geworden sein könnte. Doch das Baby war nicht geplant gewesen, egal, wie sehr sie sich darüber freuten. Es war ein glücklicher Unfall, der irgendwann geschehen war.
Emily dachte an die seltsamen Schwindelanfälle, die sie in letzter Zeit gehabt und die sie auf Stress geschoben hatte, sowie an die zahlreichen Momente, in denen ihr übel gewesen war, was sie auf Nervosität zurückgeführt hatte. Waren das etwa schon die ersten Anzeichen der Schwangerschaft gewesen? In letzter Zeit war so viel geschehen – die Hochzeit, die Adoption, ihr Vater und Roman Westbrook – dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass ihre Periode ausgeblieben war. Als sie so darüber nachdachte, stellte sie fest, dass sie ihre letzte Periode eine Woche vor der Hochzeit gehabt hatte. Das war schon Wochen her. Wenn sie in ihren Flitterwochen schwanger geworden war, dann hätte sie womöglich schon die Hälfte des ersten Trimesters geschafft!
„Wir müssen mit einem Arzt reden“, erklärte Emily Chantelle. „Er wird dann herausfinden können, wie lange ich schon schwanger bin und wann das Baby auf die Welt kommen wird.“
„Aber das wird immer noch viele Monate dauern“, fügte Daniel hinzu. „Du musst also geduldig sein.“
Das war jedoch nicht gerade Chantelles Stärke.
„Können wir einen Kalender erstellen?“, fragte sie mit großen und glitzernden Augen. „Damit wir die Tage herunterzählen können?“
Emily strahlte, berührt von Chantelles Begeisterung. „Das hört sich wunderbar an“, meinte sie.
„Kann er richtig groß sein?“, fuhr Chantelle fort. „So groß wie eine ganze Wand?“ Sie streckte ihre Arme so weit sie konnte aus.
Emily nickte. „Okay!“
„Mit Regenbogenfarben?“
„Wenn du das möchtest.“
„Und mit Glitzer?“
Emily lachte. „Das hört sich toll an.“
Es war solch eine Erleichterung zu wissen, dass Chantelle sich für sie freute. Sheilas Schwangerschaft hatte in Chantelle eine Welle an Emotionen ausgelöst, gepaart mit der Tatsache, dass ihr Schulfreund Toby auch bald ein großer Bruder werden würde. Emily war leicht besorgt gewesen, dass Chantelle nicht gut auf die Neuigkeiten reagieren würde. Doch bisher schien sie nur begeistert zu sein. Emily merkte sich vor, Chantelles Lehrerin Miss Glass und der Schulpsychologin Gail über die Situation Bescheid zu geben, falls Chantelle eine verspätete schlechte Reaktion auf darauf zeigte.
Daniels Miene wurde für einen Moment ernst. „Chantelle, könntest du die Sache erst einmal für dich behalten?“, bat er.
Das Mädchen sah ihn mit einem Stirnrunzeln an, so als ob er einen Luftballon zum Platzen gebracht hätte. „Warum denn?“
Emily wusste, warum Daniel die Sache erst einmal nicht an die große Glocke hängen wollte. Sie hatte das kritische erste Trimester noch nicht hinter sich. Dies war ihre erste Schwangerschaft und sie war nicht mehr die jüngste. Mit sechsunddreißig fiel sie in die Kategorie mit dem schrecklichen Namen der „Spätgebärenden“. Die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt war höher als unter normalen Umständen. Dieser Gedanke sandte eine Schockwelle durch ihren Körper.
„Damit es unser besonderes Morey-Familien-Geheimnis ist“, erklärte Emily, während sie ihr auf die Nase tippte. „Dann macht das Ganze noch viel mehr Spaß.“
Daniel sah mit erleichterter Miene auf, vermutlich, weil Emily sich um die delikate Situation kümmerte.
Chantelles Stirnrunzeln wich Misstrauen, was jedoch genauso schnell verschwand, wie es gekommen war.
„Okay!“, sagte sie zustimmend, während sie die Augenbrauen hochzog. „Aber was ist mit Papa Roy? Er gehört auch zur Familie, aber er ist ein Mitchell und kein Morey.“
Emily dachte einen Moment über diese Frage nach. Was war mit ihrem Vater? Sollte sie es ihm vor dem Ende des ersten Trimesters erzählen? Sollte sie es überhaupt jemandem erzählen? Sie brauchte emotionale Unterstützung, so viel war sicher. Sie wusste einfach nicht, wer dafür am besten geeignet wäre. Ihr Vater war erst vor kurzem wieder in ihr Leben getreten. Sie wusste nicht, wie er darauf reagieren würde, Vater, Schwiegervater und nun auch Großvater zu sein!
„Vielleicht in einer Weile“, sagte sie zu Chantelle. „Für jetzt ist es ein Geheimnis zwischen uns drei. Okay?“
Chantelle tat so, als würde sie sich den Mund verschließen. Dann formte sie mit den Lippen stumm die Worte: „Ich liebe dich.“
Emily lächelte in sich hinein und erwiderte die Geste. Der Augenblick war so perfekt, so wunderschön. Sie schätzte sich glücklich, dass ihre Familie so perfekt zusammengefunden hatte.
*
In dieser Nacht lagen Emily und Daniel zusammen im Bett.
„Ich kann nicht schlafen“, gestand Emily, während sie sich auf die Seite rollte, um ihn anzusehen.
Dabei spürte sie, wie sich Daniels Hand unter der Decke beschützerisch auf ihren Bauch legte.
„Warum wohl?“, entgegnete er mit einem Glucksen.
Emily legte ihre Hand auf seine. „Ich weiß, ich kann selbst noch gar nicht glauben, dass es wahr ist. Vielleicht glaube ich es erst, wenn ich bei einem Arzt war und ein Ultraschallbild gesehen habe.“
„Ein Ultraschallbild“, wiederholte Daniel ehrfürchtig. „Bei Chantelle hatte ich nie die Möglichkeit, all das zu erleben.“
Er tat Emily leid. Daniel hatte so viel von Chantelles frühem Leben, einschließlich ihrer Geburt, verpasst. Diesmal würden die Dinge anders sein. Er würde jeden Moment im Leben ihres Babys miterleben, das erste Lächeln, das erste Niesen, den ersten Schritt. Der Gedanke wärmte ihr Herz.
„Wann werden wir also unser Baby sehen?“, fragte Daniel. „Wann ist der erste Ultraschall?“
„Ich denke bei zwölf Wochen“, antwortete Emily, die erkannte, dass sie selber nicht sonderlich viel über das wusste, was gerade geschah. Ihre Schwangerschaft war etwas, bei dem sie gemeinsam lernen würden. „Ich werde erst beim Arzt erfahren, wie weit ich bin.“
„Glaubst du, du bist in unseren Flitterwochen schwanger geworden?“, wollte Daniel wissen.
„Das hoffe ich“, erwiderte Emily grinsend, während sie sich genau an ihre Liebesspiele erinnerte und wusste, dass sie ihre gemeinsame Zeit in den Flitterwochen niemals vergessen würde.
Daniel wurde still. „Sollen wir es den Leuten sagen? Unseren Freunden. Den Angestellten.“ Dann fügte er mit leiser Stimme hinzu: „Unseren Müttern.“
Emily seufzte. Darüber hatte sie auch schon nachgedacht. Keine ihrer Mütter nahm aktiv an ihrem Leben teil. Beide hatten schwierige Persönlichkeiten und ihre Kinder in der Vergangenheit schwer enttäuscht, weshalb sie wohl auch als Großmütter versagen würden. Wenn sie ihre Probleme schon nicht in den Griff bekommen hatten, um zur Hochzeit ihrer Kinder zu kommen, welche Hoffnung bestand dann, dass sie im Leben ihres Enkelkindes eine aktive Rolle spielen würden?
„Lass uns noch nicht darüber nachdenken“, sagte Emily. „Ich will zumindest ein paar Wochen lang glücklich sein. Schaffen wir das?“
Daniel nickte und wandte seinen Blick zur Decke. Emily hatte den Eindruck, dass er ein wenig zurückhaltend und reserviert wirkte. Sie hoffte, dass das nur mit seiner Mutter zu tun hatte, und mit nichts anderem. Trotzdem sorgte sie sich darum, dass seine Stimmung einen anderen Auslöser hatte. Vielleicht freute er sich doch nicht so über die Schwangerschaft. Immerhin hatte er ihr gemeinsames Kind planen wollen. Vielleicht war er enttäuscht, dass es einfach so passiert war?
Emily beschloss, ihn erst einmal in Ruhe zu lassen. Sie hoffte, dass Daniel ihr irgendwann von alleine von seinen Problemen erzählen würde. Sie sorgte sich ja schließlich auch über ihre Muttereigenschaften, die Gesundheit des Kindes, die Zukunft und sogar über die aktuelle Lage auf der Welt, in die das Kind bald hineingeboren würde! Es gab so viele Dinge, die ihr Kopfzerbrechen bereiteten und es würde Zeit brauchen, bis sie beide damit zurechtkamen.
Sie kuschelte sich unter die Decken, während sich ihre Gedanken immer noch unaufhörlich um die Zukunft drehten. Würden sie einen Sohn oder eine Tochter bekommen? Hätte das Kind blonde Haare wie Chantelle oder dunkle wie sie selbst? Es gab noch so viele Dinge zu bedenken.
Sie atmete in dem Versuch, sich zu beruhigen, tief durch. Es wäre am besten, eine Hürde nach der anderen zu bewältigen. Als erstes würde sie einen Termin bei einem Frauenarzt ausmachen.
KAPITEL ZWEI
Emily war so nervös wie ein Kind bei seinem ersten Schultag, als sie mit schwingenden Beinen auf der Untersuchungsliege der Frauenärztin saß. Daniel, der neben ihr auf einem harten Plastikstuhl saß, sah ebenfalls so aus, als würde er sich nicht wohl fühlen. An den mintgrünen Wänden hingen ärztliche Zertifikate sowie bunte Poster, die die unterschiedlichen Phasen der Schwangerschaft darstellten, und in der Luft lag der unangenehme Geruch nach Desinfektionsmittel. In den kommenden Monaten würde sie ihn noch oft riechen!
Die Tür schwang auf und Ärztin Rose Arkwright trat ein. Mit ihrem eleganten Äußeren machte sie auf Emily eher den Eindruck einer Anwältin als einer Ärztin. Allein die flachen Schuhe, der weiße Arztkittel und das Stethoskop, das um ihren Nacken hing, wiesen auf ihre eigentliche Beschäftigung hin.
Sie lächelte die beiden an, während sie ihr Klemmbrett neben dem Computer ablegte und sich an den Schreibtisch setzte.
„Mr. und Mrs. Morey?“, sprach sie die beiden an. „Zuerst möchte ich Sie beglückwünschen.“
Emily bemerkte ihr warmes Lächeln, als die Ärztin ihnen mit angenehmem Druck die Hand schüttelte. Emily hatte den starken Eindruck, dass Doktor Arkwright eine intelligente und schliche Frau war. Schon gleich fühlte sie sich in ihren Händen sehr sicher.
„Vielen Dank“, sagte Daniel mit schüchternem Lächeln. „Wir freuen uns riesig.“
Emily stimmte es glücklich, ihn so etwas sagen zu hören, denn sie war sich nicht sicher, wie er zu der ganzen Sache stand, da er am Tag zuvor noch so schockiert und gestresst gewirkt hatte.
„Sollen wir dann gleich anfangen?“, schlug Doktor Arkwright vor. Sie blätterte die erste Seite um und sah dann Emily an. „Ich muss Ihnen leider sehr viele detailreiche Fragen stellen. Formulare, Formulare und noch mehr Formulare.“
„Kein Problem“, erwiderte Emily. „Schießen Sie los.“
„Als erstes müssen wir bestimmen, wie lange Sie schon schwanger sind. Bekommen Sie Ihre Periode normalerweise regelmäßig?“
Emily nickte. „Meine letzte war erst kurz vor unserer Hochzeit. Also vor etwa acht Wochen.“
„Dann ist dies vielleicht ein Flitterwochen-Baby?“, meinte Doktor Arkwright mit einem Lächeln. „Wie romantisch.“
Emily errötete.
Doktor Arkwright fuhr fort. „Wir setzen den Geburtstermin anfangs um die achtunddreißig bis zweiundvierzig Wochen nach dem Ende der letzten Periode an. Das bedeutet, dass wir uns um den elften Dezember bewegen.“
Emily und Daniel sahen sich mit großen Augen an. So nahe an Weihnachten!
„Wenn Sie dann Ihr erstes Ultraschallbild haben und das Baby vermessen wurde, kann der Termin leicht angepasst werden“, fügte die Ärztin hinzu. „Können Sie mir sagen, welche Schwangerschaftssymptome Sie haben und wie lange Sie sie schon verspüren?“
„Ihr ist schwindelig und übel“, erklärte Daniel. „Eigentlich schon seit kurz nach der Hochzeit, nicht wahr?“ Er sah Emily nach Zustimmung suchend an.
„Ich dachte, es liegt am Stress“, erwiderte sie. „Zu dieser Zeit war in unserem Leben so einiges los.“
Doktor Arkwright nickte. „Das sind die zwei häufigsten Symptome in der ersten Phase. Und sie werden oft mit Stress verwechselt. Aber Sie sind noch nicht ohnmächtig geworden, sondern haben nur leichten Schwindel verspürt?“
„Ja“, bestätigte Emily.
Doktor Arkwright machte sich Notizen, während Sie fortfuhr. „Gut. Es ist nicht gefährlich für das Baby, wenn Sie in Ohnmacht fallen sollten, weil es momentan noch zu klein ist und sich in einem schützenden Flüssigkeitssack befindet. Aber für Sie kann das natürlich sehr erschütternd sein, vor allem, wenn Sie beim Fallen an etwas hängen bleiben. Sie sollten sich allerdings keine allzu großen Sorgen machen. Das Ganze wird in den kommenden Wochen verschwinden, nur bei wenigen Frauen bleiben die Symptome bestehen. Wenn Sie von Natur aus einen niedrigen Blutdruck haben, könnte sich das im zweiten Trimester verstärken. Gehen Sie die Dinge also ruhig an. Stehen Sie langsam auf. Essen Sie regelmäßig. Am besten haben Sie immer eine Banane in der Handtasche. Und eine Tüte Nüsse.“
„Alles klar“, erwiderte Emily, die von alldem erschlagen war. Sie wünschte sich, Notizen gemacht zu haben, und hoffte, dass sich Daniel all die Dinge gemerkt hatte, die sie in ihrem überwältigten Zustand nicht in sich hatte aufnehmen können.
„Gut, dann schauen wir doch einmal“, meinte Doktor Arkwright und stand auf.
Emily schwang ihre Beine herum, sodass sie mit dem Rücken auf der Untersuchungsliege lag. Daniel stand auf und stellte sich neben sie. Dann zog sich Doktor Arkwright Gummihandschuhe an.
„Das fühlt sich so an, als wäre ich von Aliens entführt worden“, sagte Emily, während sie zu den anderen beiden aufsah.
Daniel lachte.
„Ja, Sie werden in den kommenden Monaten häufiger untersucht werden als je zuvor in Ihrem Leben“, stimmte Doktor Arkwright zu. „Am Ende der Schwangerschaft werden Sie keinerlei Probleme damit haben, sich vor anderen Menschen auszuziehen. Schamgefühle haben hierbei nichts zu suchen.“
„Ich freue mich schon auf diese Zeit“, entgegnete Emily, deren Wangen erröteten.
Doktor Arkwright prüfte Emilys Becken, den Bauchraum, ihre Hüftdrehungen und die Beweglichkeit der Gelenke. Mit ihren geschickten Fingern untersuchte sie fast jeden Zentimeter von Emilys Körper. Emily kam sich wie ein Teigkloß vor, der geknetet wurde.
„Ich werde ein paar Bluttests veranlassen“, erklärte die Ärztin während ihrer Arbeit. „Damit wir Ihren Rh-Status kennen. Außerdem werden wir auf Blutarmut und bestimmte Antikörper testen und sicherstellen, dass Sie immun gegen die großen Viren wie Windpocken, Röteln und Hepatitis sind.“
Bluttests gehörten nicht gerade zu den Dingen, die Emily gerne hinter sich brachte, und der Gedanke daran, dass diese Tests gemacht werden mussten, verstärkte ihre Nervosität.
„Dies ist Ihre erste Schwangerschaft, nicht wahr, Mrs. Morey?“, fragte die Ärztin, während sie ein kaltes Stethoskop an Emilys Brust drückte.
Emily nickte. „Ja.“
„Hatten Sie irgendwann einmal gynäkologische Probleme? Unnormale Abstrichergebnisse? Sexuell übertragene Infektionen? Irgendetwas in diese Richtung?“
Emily schüttelte den Kopf und fragte sich, ob es für Daniel wohl besser gewesen wäre, zu diesem Termin nicht mitgekommen zu sein. In ihrer Naivität war sie nicht davon ausgegangen, dass ihr gleich schon solch delikate Fragen gestellt würden. Sie würde sich daran gewöhnen müssen, alle Details über ihren Körper preiszugeben. Nichts war verboten!
Doktor Arkwright nahm Emily das Stethoskop von der Brust und hängte es sich wieder um ihren Nacken.
„Als Spätgebärende“, erklärte sie, während ihre Aufmerksamkeit auf Emilys Bauchraum lag, „ist es umso wichtiger, dass Sie die richtigen Vitamine nehmen, genug schlafen und Ihr Stresslevel auf das absolute Minimum reduzieren. Das empfehlen wir erwartenden Müttern in jedem Alter, aber für Sie sind sie besonders wichtig.“
„Sollten wir uns Sorgen machen?“, fragte Daniel. „Wegen Emilys Alter?“
Emily sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Mit unverdecktem Bauch, den die beiden so unverhohlen ansahen, fühlte sie sich verletzlich und auf gewisse Weise ihrer Gnade ausgeliefert. Sie kam damit klar, wenn die Ärztin über ihr Alter sprach, aber nicht, wenn Daniel es tat!
Doktor Arkwright sah Daniel kurz an und schüttelte den Kopf. „Heutzutage gründen viele Frauen erst in ihren späten Dreißigern eine Familie und die Medizinwelt hält dem Schritt. Das ist nicht mehr so ein Problem wie es früher war. Das Hauptproblem ist, überhaupt schwanger zu werden, was in diesem Fall ja nicht zutrifft. Es besteht ein leicht erhöhtes Risiko für Schwangerschaftsdiabetes, Blutdruckprobleme und einer Frühgeburt. Aber Sie sind in sicheren Händen.“
Emily fühlte sich definitiv in sicheren Händen. Sie wünschte sich nur, dass sie nicht so viele Untersuchungen hinter sich bringen musste. Das alles fühlte sich ein wenig unpersönlich an. Klinisch. Es gefiel ihr nicht, dass sie sich wie eine Babymaschine fühlte, und wäre sehr froh, wenn diese Erstuntersuchung endlich hinter ihr lag.
Doktor Arkwright zog sich die Handschuhe aus. „Alles fertig. Sie sind in guter Form, Sie müssen sich in dieser Hinsicht also keine Sorgen machen. Bitte setzten Sie sich und dann sehen wir uns kurz Ihre Krankengeschichte an.“
Emily setzte sich auf und lächelte Daniel schwach an, denn sie war noch nicht bereit, ihm seinen Kommentar über ihr Alter zu verzeihen. Sie richtete ihre Kleider, zog sich die Schuhe wieder an und setzte sich dann hin. Doktor Arkwright wusch sich die Hände und setzte sich dann auf ihren Stuhl, mit dem sie sich zum Computer drehte. Anschließend las sie etwas auf dem Bildschirm.
„Sie haben einen guten Gesundheitsbericht“, sagte sie, während sie sich die Daten ansah. „Als Kind hatten Sie Scharlach, jedoch sind keine Nachwirkungen aufgetreten. Sie sind Nichtraucherin, was mich sehr freut. Es gibt auch keine besonderen Gesundheitszustände aufgeführt. Keine chronischen Krankheiten. Keine dauerhafte Medizineinnahme. Sie haben zwar einen leicht erhöhten Alkoholwert, aber in den kommenden Monaten werden Sie Alkohol ja sowieso komplett aufgeben.“ Sie wandte sich wieder Emily zu.
„Wir geben ihn beide auf“, sagte Emily.
„Das wäre sonst nicht fair“, fügte Daniel hinzu. „Vor allem, da wir eine eigene Bar und einen wunderbaren Cocktailmixer haben.“
Doktor Arkwright lächelte. Dann stützte sie ihre Ellbogen auf den Tisch und sah Emily mit ernster Miene an.
„Das nächste Thema ist vielleicht etwas schwierig zu besprechen, aber ich habe gesehen, dass Sie auf dem Anmeldeformular angekreuzt haben, dass es in Ihrer Familie mentale Gesundheitsprobleme gibt. Wenn es für Sie in Ordnung ist, würde ich Sie gerne bitten, mir ein wenig mehr darüber zu erzählen. Das kommt Ihnen nur zugute, niemand wird verurteilt. Wir möchten nur ein Auge auf bestimmte Dinge haben, während die Hormone sich im Laufe der Schwangerschaft verändern.“
Emily faltete ihre Hände im Schoß, denn sie fühlte sich nicht wohl. Sie wollte wirklich nicht über ihre chaotische Kindheit reden, schon gar nicht mit einer Fremden, selbst, wenn es sich hierbei um eine Ärztin handelte, die das wahrscheinlich alles schon gehört hatte und nun lediglich helfen wollte.
Daniel streckte seinen Arm aus und legte seine Hand aufmunternd auf die von Emily. Von seiner Anwesenheit bestärkt holte Emily tief Luft.
„Mein Vater hatte eine lange Zeit mit Depressionen zu kämpfen“, sagte Emily schließlich mit leiser Stimme. „Mehrere Jahrzehnte lang. Das folgte auf den Tod meiner Schwester.“
Doktor Arkwright nickte und schrieb sich die Informationen mit neutraler Miene auf. „Und Ihre Mutter?“
„Meine Mutter?“ Emily schüttelte den Kopf. „Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht einmal, was eigentlich ihr Problem ist. Es könnte etwas Mentales sein. Aber vielleicht ist sie auch einfach nur eine schwierige Person.“
„Sie ist nie untersucht oder mit etwas diagnostiziert worden?“
Emily schüttelte den Kopf. Nun fühlte sie sich gar nicht wohl. Über diese Dinge zu sprechen, löste immer eine gewisse Panik in ihr aus. Doch Doktor Arkwright schrieb diese Information ebenfalls auf, während sie so tat, als bestünde kein Grund zur Sorge.
„Und was ist mit Ihnen selbst?“, fragte sie dann vorsichtig. „Hatten Sie als Kind irgendwelche Probleme?“
Emily zuckte mit den Schultern. „Ich glaube nicht. Ich meine, nach Charlottes Tod war ich natürlich am Boden zerstört. Und nachdem mein Vater…“ Sie brach ab, um ihre Gedanken zu sortieren. Mit einem tiefen Atemzug fuhr sie fort: „Ich hatte ein paar sehr schwierige Phasen in meinem Leben. Ich weiß nicht, wie gut ich mit ihnen zu der jeweiligen Zeit umgegangen bin. Ich habe Jahre gebraucht, um mit ihnen richtig abzuschließen. Und als ich damit anfing, erlebte ich all die Dinge in Flashbacks wieder.“
Daniel strich mit seinem Daumen über die Oberseite ihrer Hand, auf der sie lag. „Manchmal schaltet sie gedanklich ab“, meinte er. „Sie ist dann gar nicht mehr richtig anwesend. Aber das geschieht nun immer seltener.“
Doktor Arkwright blieb bei der ganzen Geschichte sehr professionell und nahm Emilys Geständnisse mit einem mitfühlenden Kopfnicken auf. „Es hört sich so an, als hätten Sie leichte Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung“, sagte sie.
Emily erschrak. Das hörte sich so dramatisch an. Für sie selbst war das alles wie eine Art natürliche Therapie gewesen, durch die sie Erinnerungen erlangt hatte, die sie so viele Jahre lang verloren geglaubt hatte.
„Machen Sie sich bitte keine Sorgen“, versicherte die Ärztin. „Das passiert häufiger als man allgemein denkt, vor allem, wenn man in der Kindheit etwas Traumatisches erlebt hat. Wir können nicht alle unsere Emotionen mit Worten ausdrücken oder sie richtig beschreiben, weshalb es ganz natürlich ist, diese zu verdrängen. Wichtig ist jedoch, zu wissen, dass Sie dadurch einem höheren Risiko für pre- oder postnatale Depressionen oder Psychosen ausgesetzt sind. Das hört sich auch wieder dramatisch an, doch mittlerweile gibt es sehr gute Behandlungsmöglichkeiten, Therapien und, wenn es nötig sein sollte, auch Medikamente. Solange wir ein Auge auf Ihre Symptome haben, besteht keinen Grund zur Sorge.“
Emily nickte und stieß den Atem aus. Doktor Arkwright beruhigte sie sehr, jedoch verspürte sie gleichzeitig eine seltsam unwohle Nervosität auf das, was wohl noch auf sie zukommen mochte. Über diese Dinge wurde nie gesprochen. Weder unter ihren Freunden noch in der Generation ihrer Eltern. Sie fühlte sich automatisch unwohl, zu wissen, dass sie einem größeren Risiko ausgesetzt war, an etwas zu leiden, das in der Gesellschaft nur wenig Verständnis fand.
Doktor Arkwright lächelte und reichte Emily ein gefaltetes Hochglanzpapier. „Hier ist eine Broschüre mit Informationen zu Ernährung, Vitaminen, Sport, Dingen, die Sie bei Reisen beachten sollen, und ein paar anderen Hinweisen. Lesen Sie sie in Ruhe durch und stellen Sie mir bei unserem nächsten Termin alle Fragen, die eventuell aufkommen. In vier Wochen machen wir eine Ultraschalluntersuchung, damit Sie Ihr Baby sehen können.“
Sie wandte sich wieder an den Computer und legte einen Termin fest. Dann sah sie die beiden an. „Das wäre es für jetzt. Ich verspreche Ihnen, dass die Folgetermine nicht so lange dauern werden.“
Sie stand auf und streckte ihre Hand Emily entgegen. Diese erhob sich und schüttelte genau wie Daniel die Hand der Ärztin. Sie hatte das Gefühl, dass der Termin so schnell und verschwommen wie ein Traum an ihnen vorbeigezogen war, obwohl er in Wirklichkeit viel Zeit in Anspruch genommen hatte. Emily wusste nicht, wie viel von dem, was sie gerade gehört hatte, auch zu ihr durchgedrungen war. Es fühlte sich so an, als hätte sie fast nichts davon aufgenommen.
Sie verließen die Arztpraxis und traten gemeinsam in den hellen Tag hinaus.
„Konntest du dir irgendetwas davon merken?“, fragte Emily Daniel, während sie zu dem geparkten Auto liefen.
„Nicht wirklich“, gestand er. „Das waren so viele Informationen.“
Als sie so nebeneinander hergingen, beobachtete Emily sein Gesicht. Er schien gestresst zu sein und sie fragte sich, welcher Teil des Termins ihn am meisten Sorgen bereitete. Waren es die Probleme wegen ihres Alters? Ihr möglicherweise erhöhtes Risiko einer postnatalen Depression? Oder doch nur die Tatsache, dass sie sich nicht jedes einzelne Wort der Ärztin hatten merken können?
„Es steht ja alles in der Broschüre“, versicherte sie ihm. „Wir können sie immer und immer wieder lesen. Wenn du willst, sogar jeden Abend vor dem Schlafengehen.“
Sie lachte in dem Versuch, die Stimmung aufzuheitern. Und obwohl Daniel nickte, schien er immer noch angespannt und sein Blick leicht entrückt zu sein. Am liebste hätte Emily gefragt, was gerade durch seinen Kopf ging, doch er schien sich abgeschottet zu haben.