Loe raamatut: «Rom - eine Biografie»
Stephan Elbern
ROM – eine Biografie
Menschen und Schicksale
VON ROMULUS BIS MUSSOLINI
Impressum
200 Seiten mit 10 Abbildungen in Duoton
Titelbild: Hauptfassade der Kirche „Sankt Paul vor den Mauern“ in Rom
Frontispiz: Forum Romanum, Abendstimmung mit Blick auf den Tempel der Dioskuren und den Titusbogen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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© 2013 by Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz am Rhein
ISBN 9783943904314
Gestaltung: Bild1Druck GmbH
Lektorat: Annette Nünnerich-Asmus, Frauke Itzerott
Gestaltung des Titelbildes: Scancomp GmbH
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten.
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2013
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Inhalt
Cover
Titel
Copyright
Vorwort
Einleitung
Dichtung und Wahrheit – die Anfänge der Tiberstadt (753–295 v. Chr.)
Ein mythischer Ahnherr: Aeneas
Der legendäre Stadtgründer: Romulus
Fremde Tyrannen: Die Tarquinier
Der erste Künstler Roms: Vulca
Die Vertreibung der Könige: Brutus d. Ä.
Der erste Held: Camillus
BAUTEN DER RÖMISCHEN FRÜHZEIT
Aufstieg zur Weltmacht (295–133 v. Chr.)
Ein Zauderer?: Fabius Maximus Cunctator
Sieg über Hannibal: Scipio Africanus d. Ä.
Ein strenger Moralist: Cato d. Ä.
Das Ende Karthagos: Scipio Africanus d. J.
BAUTEN DER EPOCHE VON 295–133 V. CHR.
Das „Jahrhundert der Bürgerkriege“ (133–30 v. Chr.)
Sozialrevolutionäre Aristokraten: Die Gracchen
Der Retter Roms: Marius
Marsch auf Rom: Sulla
Sieg über Asien: Pompeius
Der Meister der Sprache: Cicero
Ein weltfremder Idealist: Cato d. J.
Einzigartiges Genie: Caesar
Der Mörder Caesars: Brutus d. J.
Zeitkritik: Sallust
Liebe und Macht: Antonius und Kleopatra
DIE KUNST DER BÜRGERKRIEGSEPOCHE
Die Kaiserzeit (30 v. Chr. – 284 n. Chr.)
Der erste Kaiser: Augustus
Ein treuer Gefährte: Agrippa
Förderer der Kunst: Maecenas
Das römische Nationalepos: Vergil
Meister der kleinen Form: Horaz
Poetisches Liebesspiel: Ovid
Politik und Philosophie: Seneca
Ein Kaiser als Künstler: Nero
Apostelfürsten: Petrus und Paulus
Die ersten Flavier: Vespasian und Titus
Herr und Gott: Domitian
Kaiserliche Residenz: Rabirius
Optimus Princeps: Traian
Der schönste Platz der Welt: Apollodorus von Damaskus
Ein düsteres Bild der Zeit: Tacitus
Der Reisekaiser: Hadrian
Ein Philosoph auf dem Kaiserthron: Marc Aurel
Die „Rache Hannibals“: Septimius Severus
Brudermörder: Caracalla
Restitutor Orbis: Aurelian
DIE KUNST DER RÖMISCHEN KAISERZEIT
Die Spätantike (284–565 n. Chr.)
Reichsreform und Christenverfolgung: Diocletian
Der letzte große Bauherr: Maxentius
In diesem Zeichen wirst du siegen: Constantin d. Gr.
Sieg des Christentums: Theodosius d. Gr.
Treuer Sachwalter oder Verräter: Stilicho
Sieg über Attila: Aetius
Anfänge des Papsttums: Leo d. Gr.
Das Ende des Reiches: Romulus Augustulus
Nachblüte der Antike: Theoderich d. Gr.
DIE KUNST DER SPÄTANTIKE
Rom im Mittelalter (565–1450)
Der Konsul Gottes: Gregor d. Gr.
Ein schicksalhafter Hilferuf: Stephan II.
Strahlendes Kleinod: Paschalis I.
Eine schlichte Mauer: Leo IV.
Frauenherrschaft: Alberich und das „Hurenregiment“
Jugendlicher Schwärmer: Otto III.
Der Weg nach Canossa: Gregor VII.
Keine Künstlerfamilie: Die Cosmaten
Radikale Reformideen: Arnold von Brescia
„Weltherrschaft der Päpste“: Innozenz III.
Niederwerfung des Adels: AndaIó Brancaleone
Vorläufer der Renaissance: Arnolfo di Cambio
Tiefer Fall: Bonifaz VIII.
Traum von alter Größe: Cola di Rienzo
Rückkehr der Päpste: Katharina von Siena
Ende des Schismas: Martin V.
DIE MITTELALTERLICHE KUNST IN ROM
Das Zeitalter der Renaissance (1450–1600)
Instaurator urbis: Sixtus IV.
Prunkgräber: Pollaiuolo
Eine skandalöse Familie: Alexander VI. und Cesare Borgia
Kriegsherr und Mäzen: Julius II.
Der neue Petersdom: Bramante
Der Titan: Michelangelo
Glanz der Renaissance: Leo X.
Früh verblüht: Raffael
Die Geburtsstunde des Barock: Vignola
Die Flucht des Petrus: Sixtus V.
Steinerne Wegmarken: Domenico Fontana
DAS ERBE DER RENAISSANCE
Rom im Zeitalter des Barock (1600–1789)
Der letzte Uomo universale: Bernini
Reizvolle Raumschöpfungen: Borromini
DER RÖMISCHE BAROCK
Die Moderne (seit 1789)
Meister des Klassizismus: Canova
Römisches Erbe: Napoleon I.
Die Einigung Italiens: Garibaldi
Im Zeichen der fasces: Mussolini
Der Stellvertreter: Pius XII
DAS KUNSTSCHAFFEN DER MODERNE
Fachbegriffe
Ortsregister
Abbildungsnachweis
Für Elke
Vorwort
Zweifellos erschließen sich geschichtliche Fragestellungen einem breiteren Publikum am leichtesten durch die Beschäftigung mit bedeutenden Persönlichkeiten vergangener Epochen. Das weit verbreitete Interesse an Biografien, aber auch an Lebensbildern im Film und anderen modernen Medien zeigt die ungebrochene Faszination historischer Gestalten auch in einer lesemüden Zeit. Daher erscheint es reizvoll, sich der Entwicklung großer Metropolen in Geschichte und Gegenwart auf diesem Wege anzunähern, in den Einzelschicksalen gleichsam die Biografie der Städte zu malen. Dass Rom am Beginn der geplanten Reihe steht, ist eine Huldigung an die Ewige Stadt, die wie keine andere das geschichtliche, kulturelle und religiöse Interesse aller Epochen erregt hat. Nachfolgende Bände werden sich weiteren Großstädten und Regionen widmen – von Berlin bis Paris, von Kairo bis Istanbul, von Moskau bis New York.
Der Nünnerich-Asmus Verlag hat das Werk in bibliophiler Qualität ausgestattet; ihm sei an dieser Stelle gedankt, ebenso seiner Geschäftsführerin Dr. Annette Nünnerich-Asmus für die bereits in früheren Jahren erprobte gute Zusammenarbeit. Dank schulde ich zudem meiner Frau, die das Werk in seinem Werden mit unermüdlichem Interesse begleitet und gefördert hat, unserem Sohn Jörg für die Mitarbeit am Ortsregister sowie Frau Daniela Hettler für die technische Unterstützung bei der Erstellung des Manuskripts.
Bad Frankenhausen, im November 2012
Stephan Elbern
Die mit * markierten Fußnoten finden Sie am Ende des Bandes.
Einleitung
Keine Stadt auf Erden hat im Lauf der Jahrhunderte die Menschen so in ihren Bann gezogen wie Rom und keine andere ist von der Geschichte mit dem Beinamen der Ewigen ausgezeichnet worden. Denn als einzige verkörperte sie durch mehr als zwei Jahrtausende ein unvergleichliches Kontinuum an Macht: Rom schuf ein Imperium, das von Spanien bis Syrien, von Schottland bis Ägypten reichte; seine Herrscher konnten sich als Herren der Welt fühlen. Auch als das Römische Reich in den Stürmen der Völkerwanderung zerbrach, verlor die Stadt ihre Bedeutung nicht, sondern wurde als Residenz der Päpste zum geistigen und geistlichen Zentrum des christlichen Abendlandes; und als die universale Macht der Kirche schwand, wandelte es sich als Hauptstadt des vereinigten Italien zu einem der Machtzentren des modernen Europa. Die historische Bedeutung Roms spiegelt sich in seinen Bauten: Von der Zeit der Etrusker bis zur Moderne ist jede kunstgeschichtliche Epoche mit großartigen Monumenten vertreten; die bedeutendsten Künstler des Abendlandes wetteiferten, die Stadt mit ihren Werken zu schmücken.
In zahlreichen Wanderungen durch die Ewige Stadt erwuchs der Gedanke, ihr geschichtliches Werden in knappen, aber prägnanten Lebensbildern zu schildern. Dabei stehen die wichtigsten Gestalten der römischen Antike neben berühmten Päpsten, einzigartige Künstler neben großen Literaten. Dass bei ihrer Auswahl dem Altertum ein gewisses Übergewicht zufiel, ist historisch leicht zu begründen: Das römische Imperium war zweifellos das bedeutendste Weltreich der Geschichte – mit seinem gewaltigen Umfang ebenso wie in der einzigartigen Machtfülle, die durch Jahrhunderte keinen ebenbürtigen Gegner kannte, ebenso den Meisterleistungen in Kunst und Technik, zudem im Nachleben bis in unsere Zeit.
Denn die abendländische Kultur ruht auf drei Säulen – der griechischen Philosophie, dem römischen Recht und der christlichen Ethik. Schlüssig wird das Bild freilich erst, wenn diese Stützen durch einen Architrav zu fester Architektur verbunden werden – das Imperium Romanum. Denn Rom begründete nicht nur das europäische Rechts- und Staatsdenken, es vermittelte auch der Nachwelt die Werke der hellenischen Dichter und Denker und ermöglichte den Aufstieg des Christentums zur Weltreligion. Daher ist die Betrachtung der römischen Geschichte kein geistreiches Gedankenspiel weltfremder Gelehrter, sondern eine Besinnung auf unsere geschichtlichen Wurzeln, eine Suche nach der eigenen historischen Identität.
Dichtung und Wahrheit – die Anfänge der Tiberstadt (753 – 295 v. Chr.)
So könnte die „Stadt“ des Romulus ausgesehen haben – eine Siedlung der Villanova-Kultur (Rekonstruktion).
Von Sagen und Legenden umwoben, liegen die Gründung sowie die ersten Jahrhunderte Roms im Dunkel der Geschichte. Erst in den Punischen Kriegen entstand die lateinische Historiographie; zuvor berichtete – außer den Priesterannalen und den Archiven der Adelsfamilien – lediglich mündliche Überlieferung von den Anfängen der Stadt. Daher wurde die römische Frühzeit vom Mythos verklärt: Das traditionelle Gründungsdatum ist ebenso unhistorisch wie der trojanische Ahnherr Aeneas und die überlieferten sieben Könige, auf die man später zahlreiche politische und religiöse Einrichtungen zurückführte.
Erst seit dem 19. Jh. wurden die patriotischen Sagen durch die kritische Geschichtswissenschaft in Frage gestellt und aus den spärlichen literarischen und archäologischen Quellen ein – bis heute weitgehend umstrittenes – Bild der römischen Frühgeschichte erschlossen: Seit dem 10. Jh. entstanden auf den Hügeln am Tiber mehrere Siedlungen von Latinern und Sabinern, die sich später zusammenschlossen. Im 6. Jh. übernahmen etruskische Könige die Herrschaft; sie begründeten die führende Rolle Roms in Latium und schmückten die Stadt mit ersten Monumentalbauten.
Nach dem Sturz der Monarchie (um 500 v. Chr.) übernahmen die vornehmen Patrizier die Regierung; die Plebejer blieben von den Entscheidungen der Adelsrepublik ausgeschlossen. In den jahrzehntelangen Ständekämpfen erreichten sie jedoch ihre politische und gesellschaftliche Gleichstellung. Durch zahlreiche Kriege gegen die benachbarten Völker erkämpfte sich Rom erneut die Hegemonie über Latium; die Niederlage gegen die Gallier blieb ohne Folgen (387 v. Chr.). Nach der endgültigen Unterwerfung der wehrhaften Samniten stand Mittelitalien unter römischer Herrschaft.
Ein mythischer Ahnherr: Aeneas
Eine kleine Verssequenz der Ilias (20, 302 - 308) machte ihn zum Stammvater der Römer – den trojanischen Helden Aeneas. Denn sie verkündet, er werde den Untergang seiner Vaterstadt überleben. Darauf stützte sich die spätere Überlieferung, der Sohn der Göttin Venus sei der Katastrophe entronnen, nach langen Irrfahrten nach Italien gelangt und habe dort die Stadt Lavinium und eine Herrscherreihe begründet, an deren Ende Romulus stand – der legendäre Gründer der Ewigen Stadt.
Den Römern ermöglichte der fiktive Ahnherr, gleichberechtigt in den Kulturkreis der Hellenen (denen alle fremden Völker als „Barbaren“ galten) einzutreten. Denn die Abstammung von den Trojanern und der Welt Homers adelte in den Augen der Griechen die Ursprünge der Tiberstadt. Bereichert wurde die Sage um nationalrömische Züge; so diente die unglückliche Liebe zwischen dem Helden und Dido, der königlichen Gründerin von Karthago, zur Erklärung der späteren Erbfeindschaft zwischen Römern und Puniern.
Besondere Bedeutung besaß diese Tradition für Augustus, der sein Geschlecht auf den homerischen Ahnherrn zurückführte; unter seiner Regierung schuf Vergil die „Aeneis“, das römische Nationalepos, in dem die Taten und Tugenden des „pius Aeneas“ verherrlicht werden, des Stammvaters der Römer und ihres Herrscherhauses.
Der legendäre Stadtgründer: Romulus
„Sieben – fünf – drei: Rom schlüpft aus dem Ei“ – mit diesem Merkvers eigneten sich Generationen von Schülern das (unhistorische) Gründungsdatum der Ewigen Stadt an (21. 4. 753 v. Chr.), verbunden mit der Sage von Romulus und Remus.
Der antiken Überlieferung nach stammten die Zwillingsbrüder von Aeneas ab, dem trojanischen Urahnen der Römer. Einer seiner Nachfahren, Numitor, wurde von seinem machtgierigen Bruder Amulius als Herrscher der Stadt Alba Longa verdrängt. Um künftige Rivalen auszuschließen, zwang der neue König Numitors Tochter Rhea Silvia (nach anderer Version: Ilia), Priesterin der Göttin Vesta zu werden (und damit auf ewig jungfräulich zu bleiben). Dennoch gebar sie dem Kriegsgott Mars die beiden Zwillinge Romulus und Remus. Deshalb zum Tode durch Ertrinken bestimmt, wurde sie vom Flussgott Tiber als Gemahlin aufgenommen.
Auch die Kinder sollten sterben und wurden am Flussufer ausgesetzt; doch eine Wölfin – das ihrem göttlichen Vater geheiligte Tier – rettete sie. Von Hirten aufgezogen, wuchsen sie heran, bis sie ihre Herkunft erfuhren und ihrem Großvater wieder zur rechtmäßigen Stellung verhalfen. Selbst aber beschlossen sie, an der Stelle ihrer Errettung eine Siedlung zu gründen. Der Herrscher der neuen Stadt sollte durch den Vogelflug als göttliches Zeichen bestimmt werden; zwölf Geier erschienen dem Romulus, der nun seiner Stadt den Namen gab. Als er den künftigen Verlauf ihrer Mauer mit dem Pflug kennzeichnete, übersprang Remus die Furche zum Hohn und wurde von seinem Bruder erschlagen.
Die neue Siedlung nahm alle auf, die kommen wollten – Rom wurde zum Asyl für entflohene Sklaven und Verbrecher. Da die benachbarten Völker sich weigerten, ihre Töchter diesen Neuankömmlingen zu verheiraten, griff Romulus zu einer List: Er lud die Sabiner zu Zirkusspielen nach Rom ein; während des Schauspiels raubten seine Mannen die Töchter der Gäste. Diese unternahmen unverzüglich einen Rachefeldzug gegen die Frevler und drangen durch Verrat in die Stadt ein; doch bevor es auf dem Forum zur Schlacht kam, warfen sich die entführten Frauen – die ihre neuen Männer inzwischen lieb gewonnen hatten – zwischen die Heere und erzwangen die Versöhnung der Gegner.
Während eines Gewitters wurde der Gründer Roms nach 37-jähriger Herrschaft zu den Göttern entrückt und fortan unter dem Kultnamen Quirinus verehrt. Viele Institutionen wurden auf ihn zurückgeführt und man schrieb ihm zahlreiche militärische Erfolge zu. Mit der fiktiven Gestalt des Romulus gewann die Stadt nicht nur einen namengebenden Helden (tatsächlich geht ihr Name auf die etruskische Familie der Ruma zurück), sondern auch göttliche Abstammung – und wer konnte wohl eher der Ahnherr des unbesiegbaren Volkes sein, dessen Weltreich von Spanien bis Syrien, von Schottland bis Ägypten reichte, als der Gott des Krieges?
An den legendären Gründer erinnerten auch einige Monumente in der Stadt: Jahrhundertelang wurde die „Casa Romuli“ auf dem Palatin verehrt; auf dem Forum zeigte man sein angebliches Grab. Vor allem aber gemahnt die Kapitolinische Wölfin (im Konservatorenpalast) an den Sohn des Mars – ein Meisterwerk der etruskischen Bronzekunst – der die Renaissance nach einem römischen Münzbild die Knaben hinzufügte. Auch wenn umstritten bleibt, ob sie mit der historisch überlieferten Skulptur der „Lupa Martia“ identisch ist (gelegentlich wurde sie sogar in das Mittelalter datiert): Das majestätische Tier mit dem stilisierten Fell, den wachsam aufgestellten Ohren und der heulend geöffneten Schnauze ist das großartigste Zeugnis für die Gründungssage der Ewigen Stadt.
Fremde Tyrannen: Die Tarquinier
Als blasse Schatten, als Idealtypen herrscherlicher Eigenschaften – so erscheinen uns die sieben legendären Könige Roms. Nur die drei letzten – Tarquinius Priscus, Servius Tullius und Tarquinius Superbus – können eine gewisse Historizität beanspruchen (immerhin ist der Name ihres Geschlechts inschriftlich belegt), wenngleich auch bei ihnen die geschichtliche Wahrheit kaum noch von späteren Verfälschungen zu scheiden ist.
Aus der etruskischen Stadt Tarquinii zugewandert soll L. Tarquinius Priscus („der Ältere“) in Rom die Königswürde erlangt haben. Seiner Regierung (angeblich 616 – 578 v. Chr.) werden einige militärische Erfolge sowie erste Maßnahmen zum repräsentativen Ausbau der Stadt zugeschrieben. Ihm folgte der von den antiken Historikern als weise und friedfertig geschilderte Servius Tullius (578 – 534 v. Chr.), bei dem es sich wahrscheinlich um einen etruskischen Condottiere handelte, der die Macht in Rom an sich riss, von der legitimen Dynastie jedoch schließlich beseitigt werden konnte.
Sein Nachfolger L. Tarquinius Superbus (534 – 509 v. Chr.), der als Sohn oder Enkel des ersten Tarquiniers bezeichnet wird, beschließt die Reihe der sagenhaften Könige Roms. Die Überlieferung schildert ihn in deutlicher Parallele zum griechischen Tyrannenbild: Er regiert tatkräftig und erfolgreich gegen äußere Feinde, herrliche Bauten künden von seiner Macht – aber alle Widersacher werden erbarmungslos beseitigt, eine Leibwache schützt ihn vor den Bürgern, der Beiname „Superbus“ (der Hochmütige) charakterisiert ihn als Gewaltherrscher. Ein Frevel seines Sohnes wird ihm zum Verhängnis: Die Vergewaltigung der edlen Lucretia (s. Brutus, S. 21 f.) führt zum Sturz des entarteten Herrscherhauses (von den römischen Historikern in zeitlicher Parallele zum Tyrannensturz in Athen auf das Jahr 510/509 v. Chr. datiert, tatsächlich wohl einige Jahre später). Der Versuch des Gestürzten, mit Hilfe des Königs Porsenna von Clusium die Macht zurückzugewinnen, scheitert – der Tyrann stirbt im Exil.
Welchen historischen Kern umschließt die romanhafte Darstellung der antiken Historiker? Tatsächlich ist Rom eine Gründung der Etrusker, die auf dem Weg von ihrem Kernland – der Toskana – zu den Städten im Süden einen Stützpunkt am wichtigen Tiberübergang benötigten. Auch wenn das Gebiet des späteren Rom bereits seit dem 10. Jh. v. Chr. bewohnt gewesen war, entstand erst mit der Entwässerung der Senke zwischen Kapitol und Palatin – als Forum Romanum in späteren Jahrhunderten der Mittelpunkt der Welt – durch die Cloaca Maxima der etruskischen Ingenieure eine städtische Siedlung (um 575 v. Chr.). Rom verdankte ihnen auch den Namen (nach dem Geschlecht der Ruma; erst in der römischen Republik entstand die Sage von Romulus als eponymem Stadtgründer) und die ersten monumentalen Bauten: Als größtes Heiligtum des Etruskerlandes kündete der Tempel des Jupiter Capitolinus vom hegemonialen Machtanspruch der Tarquinier; der Circus Maximus und seine Spiele waren ebenso etruskischen Ursprungs wie das technische Meisterwerk der Cloaca Maxima.
Auch die Zeichen der fremden Königsherrschaft lebten in der Stadt fort: der Elfenbeinthron (sella curulis) ebenso wie die Liktoren, die mit ihren Rutenbündeln (fasces) die richtende Gewalt der Beamten symbolisierten. Der Triumph der siegreichen Feldherren Roms, die höchste Ehrung für einen Sterblichen, wurzelt gleichfalls in etruskischer Sitte – und damit in der glanzvollen Epoche der Tarquinier.