Baldwin Wunderhund

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Baldwin Wunderhund
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Neue Rechtschreibung

© 2020 by Obelisk Verlag, Innsbruck – Wien

Coverentwurf: Nadja Grace Bodner

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-85197-962-6

eISBN 978-3-99128-042-2

www.obelisk-verlag.at

Für meine Eltern Ilse und Alfred

Susanne Riha

BALDWIN WUNDERHUND

Illustrationen

von Nadja Grace Bodner


INHALT

1Baldwin, Alfredo und Teresa

2Wiff, wuff, waff – Zaubersaft

3Alfredos Strichmundgesicht

4Rix, rax, rex – Creme für die Hex’

5Alfredo schreibt einen Brief

6Hoch hinauf, das kann nicht jeder

7Flieder, fleder, Hundefeder

8Jan und die guten Geister

9Baldwins Entschluss – und Schluss!

1
BALDWIN, ALFREDO UND TERESA

Hallo!

Hier bin ich!

Seht ihr mich?

Da am Waldrand! Der Hund! Das bin ich: Baldwin!

Nein, das bin ich nicht heute. Sondern das bin ich damals, an dem Tag, als alles angefangen hat, sich zu verändern.

Und der Mann, der dort hinten den Weg entlangkommt?

Seht ihr ihn? Das ist Alfredo. Zu ihm gehöre ich.

Wenn ihr jetzt findet, dass Alfredo ziemlich alt aussieht, dann habt ihr recht. Hört ihr es? Jetzt ruft mich Alfredo! Er will nicht, dass ich so weit vorauslaufe. Ich kehre um und laufe zu ihm zurück.

Jetzt holt Alfredo einen kleinen Leckerbissen für mich aus der Hosentasche! So ist er, mein Alfredo! Einfach wunderbar!

Wir gingen auch an diesem Tag zwischen den beiden hohen Tannen hindurch, tief hinein in den Wald.

Ob Alfredo die herrlichen Düfte im Wald bemerkte, so wie ich?

Ja, ja, ich weiß schon, was ihr jetzt sagen werdet!

Hunde haben eine gute Nase, die vierhundert Mal besser riechen kann als die des Menschen.

Im Wald setzte sich Alfredo auf einen Baumstrunk und weinte.

Mein geliebter Alfredo weinte um Ilsebill.

Ilsebill war viele Jahre lang seine Frau gewesen.

Seit ich zurückdenken kann, hatte es neben Alfredo Ilsebill gegeben.

Dann aber war Ilsebill krank geworden. Und eines Tages war sie fort gewesen.

Nein, eigentlich war sie noch nicht ganz fort gewesen. Sie hatte in einer großen Holzkiste gelegen, die bald wie ein Hundeknochen in die Erde vergraben worden war.

Es war sehr traurig für Alfredo gewesen und natürlich auch für mich.

Im Wald war es kalt. Nebelfetzen zogen durch die Luft. Ich konnte beinahe riechen, wie Alfredo fror. Aber er stand lange nicht auf.

Zuhause musste Alfredo niesen und am nächsten Tag war er krank.

Er saß mit einer Decke in seinem Lehnsessel, trug einen Schal um den Hals und brachte keinen Ton heraus. Jetzt war es bei uns zuhause noch stiller als gewöhnlich.

Solange Ilsebill da gewesen war, war es nie still gewesen.

Ilsebill hat geredet, den ganzen lieben Tag lang. Denn Ilsebill hat alles dreimal gesagt:

„Alfredo, wir müssen einkaufen gehen. Ich glaube, es ist Zeit einzukaufen. Heute steht Einkaufen auf dem Programm, Alfredo.“


Oder:

„Der Hund hat schon wieder Flecken auf dem Fußboden hinterlassen! Sind das nicht schon wieder Flecken von unserem Hund? Dieser Hund muss immer Flecken auf den Fußboden machen!“

Alfredo hat ihr Gerede nicht ernst genommen:

„Schau nicht so genau hin, Ilsebill“, sagte er.

Denn bald war es wieder eine andere Sache, die Ilsebill aufregte und sie hatte die erste bereits vergessen.

Ich hingegen konnte Ilsebills Geplapper oft nicht mehr hören.

Besonders, wenn sie Dinge sagte wie:

„Was weiß denn Baldwin. Baldwin weiß doch nichts. Unser Hund ist ein Nichtswisser!“

Dann habe ich sie angesehen und geknurrt.

„Was weißt denn du! Ilsebill weiß rein gar nichts! Ilsebill ist die Nichtswisserin!“, dachte ich dabei.

Ich konnte nämlich schon damals scharf denken. In richtigen Worten und in ganzen Sätzen!

Alfredo besitzt ein großes Haus mit vielen Zimmern und einem Garten. Damit ich jederzeit hinauskann, hat die Türe, die auf der Rückseite des Hauses von der Küche zum Garten führt, unten eine große Klappe.

In diesem Haus mit Klappe zum Garten wohne ich heute noch.

In dem Haus gibt es ein Oben und ein Unten; vom Unten führt eine Stiege zum Oben hinauf. Im Oben befinden sind zwei Schlafzimmer, ein Badezimmer und ein Klosett. Früher schliefen Alfredo und Ilsebill in einem der Schlafzimmer des Oben.

Im Unten liegt die Küche, noch ein weiteres Klosett und ein kleines Wohnzimmer mit Blick auf den Garten. In dem kleinen Wohnzimmer war und ist mein Lager: eine gemütliche, alte Matratze mit einem Polster darauf.

Im Wohnzimmer standen schon immer ein Lehnsessel und noch ein zusätzliches Bett für Gäste oder einfach nur zum Ausruhen für Ilsebill oder Alfredo.

Als Ilsebill nicht mehr da war, zog Alfredo zu mir in das Wohnzimmer herunter.

Er schlief ab nun in dem zusätzlichen Bett. Untertags saß er in dem großen Lehnstuhl. Da nun niemand anderer mehr im Haus war, redete Alfredo mit mir.

Fast die ganze Zeit hatte er etwas zu erzählen. Ich verstand ihn, konnte aber nicht antworten. Aber an diesem Tag, wie gesagt, brachte Alfredo kein Wort heraus.

Am nächsten Morgen kam Teresa, unser „liebes Mädchen für alles“, wie Alfredo sie nennt. Teresa ist zwar kein Mädchen mehr, aber sie ist doch jünger als Alfredo. Dafür ist sie doppelt so dick wie er. Sie hat ein freundliches Gesicht mit großen Augen. Darüber trägt sie eine lockige Frisur.

Teresa ist in einem anderen Land aufgewachsen und spricht eigentlich eine andere Sprache. Sie ist erst vor Kurzem in unser Land gekommen und musste unsere Sprache dazulernen. Sie spricht sie bereits so gut, dass Alfredo und ich sie verstehen können. Aber ein bisschen verkürzt und verdreht Teresa noch die Sätze. Das hört sich dann so an:

„Baldwin, was bist du guter Hund!“ Oder:

„Ist Schmutz überall in Haus!“

Auch an diesem Tag brachte Teresa Säcke mit Futter mit für Alfredo und für mich. Nachdem sie die Säcke in der Küche abgestellt hatte, begrüßte sie Alfredo in seinem Lehnsessel.

Aber Alfredo krächzte nur etwas Unverständliches zurück.

„Herrjemine!“, rief Teresa. „Das ist Hals, ganz schlecht!“

Alfredo nickte und machte ein schmerzverzerrtes Gesicht.

Wie jedes Mal, wenn Teresa zu uns kam, putzte sie. Sie wusch und bügelte Alfredos Wäsche. Schließlich band sie sich eine Schürze um und begann für uns zu kochen. Es dauerte nicht lange und sie rief nach mir. Ich lief zu ihr und wartete.

„Hier, Baldwin-Schätzchen, für dich!“

Teresa beugte sich zu mir herunter, um das frisch gekochte Futter zu mir auf den Boden zu stellen.

In diesem Moment konnte ich tief in ihre Augen sehen.

Ich entdeckte darin etwas, das ich noch nie zuvor gesehen hatte:

In Teresas Augen blitzte es!

Es war ein Leuchten, das tief aus dem Grund ihrer großen Augen zu kommen schien. Es strahlte von ganz hinten heraus, also vom Augenboden her, wenn ihr wisst, was ich meine.

2
WIFF, WUFF, WAFF – ZAUBERSAFT

Zwei Tage später kam Teresa wieder.

Alfredo war noch erkältet, er hatte immer noch einen „schlechten Hals“.

Ganz so, als ob Teresa es gewusst hätte, holte sie ein Fläschchen aus ihrer Tasche und sagte:

„Habe Hustensaft gemacht, aus Tannenwipfeln, mit noch was drin! Macht Stimme!“

Sie füllte den Hustensaft in ein Glas und stellte es auf das Tischchen neben Alfredos Lehnsessel. Der Saft in dem Glas war grün wie die Wiese in unserem Garten.

Alfredo schaute kurz zu dem Glas hin. Er verzog das Gesicht.

„Bitte trinken, Alfredo! Saft macht Stumme wieder reden!“, bat Teresa. „Trinken und an Wirkung glauben! Ganz fest glauben!“, verlangte sie.

Aber Alfredo schüttelte den Kopf.

Er machte eine ungeschickte Bewegung, um Brille und Zeitung vom Tischchen zu holen. Dabei fegte er mit dem Arm das Glas mit dem Hustensaft hinunter.

 

Das Glas zerbrach. Der Hustensaft rann zwischen den Scherben auf den Boden und bildete einen kleinen, grünen See.

„Herrjemine!“, rief Teresa und schlug die Hände zusammen. Alfredo versteckte sich rasch hinter seiner Zeitung. Teresa aber eilte hinaus, um Besen, Schaufel und Wischtuch zu holen.

Vorsichtig kostete ich von dem Saft.

Er schmeckte süß.

Leise, um Alfredo nicht beim Lesen zu stören, schleckte ich weiter.

Dabei achtete ich darauf, die Glassplitter neben dem See nicht mit der Zunge zu berühren.

Als Teresa zurückkam, war der Saft verschwunden.

Teresa seufzte: „Ach, Baldwin!“


Sie begann, die Scherben zusammenzukehren und den Boden zu wischen.

Ich rollte mich auf meinem Lager zusammen und schleckte mir das Maul sauber.

„Der Saft lässt Stumme reden“, ging es mir durch den Kopf.

„Man muss nur ganz fest daran glauben. ICH MUSS FEST DARAN GLAUBEN! Für mich! Für meinen geliebten Alfredo!“

Dann fielen mir die Augen zu.

Als ich sie wieder öffnete, war es dunkel um mich herum. Ich lauschte. Alfredo lag in seinem Bett und schnarchte. Ich hatte also den ganzen restlichen Tag verschlafen. Jetzt musste ich dringend hinaus. Ich stand auf und tapste zur Türe zum Garten. Als ich zurückkam, fühlte ich mich immer noch müde.

Trotzdem wälzte ich mich lange hin und her. Denn ich hatte das Gefühl, als hätte ich etwas in meinem Hals stecken. Immer wieder musste ich mich räuspern, aber es half nichts.

Schließlich hatte ich Schluckbeschwerden. Das tat weh. Ich versuchte, das Schlucken zu vermeiden, solange es ging.

Irgendwann muss ich doch eingenickt sein.

Als ich erwachte, dämmerte es draußen. Die Schluckbeschwerden waren verschwunden. Dafür schnarchte Alfredo jetzt laut.

„Schnarchkopf!“, dachte ich – und – ich sagte es auch.

Wie bitte?? Sagte es auch?!

Ich versuchte es nochmals:

„Schnarchkopf!“

Ich hatte …! Ich hatte gesprochen!!

Zuerst fuhr mir der Schreck in alle Glieder. Ich sprang auf und lief hinaus in den Garten. Hier musste ich erst einmal tief durchatmen. Dann aber machte ich einen Luftsprung:

ICH HATTE GESPROCHEN!

Teresas Saft hatte gewirkt!

Ich lief durch den Garten.

Ich sprach aus, was ich sah: „Baum, Wiese, Weg, Blatt – Hauz!“

Beim Wort „Haus“ gelang mir das Ende nicht.

Ich dachte „Haus“, sagte aber „Hauz“.

Denn die Zungenspitze schlüpfte bei dem „S“ zwischen die Vorderzähne.

Immer wieder probierte ich es: „Hauz, Hauz, Hauz …“

Auch „Maus“ und „Fuß“ endeten in einem „Z“.

Als die Zungenspitze zu brennen anfing, hörte ich zu üben auf.

Aber ich beschloss, mit Alfredo dieses Problem so bald wie möglich zu BESPRECHEN!

Ich lauerte vor Alfredos Bett. Er schnarchte noch immer vor sich hin.

Ich überlegte, wie ich ihn ansprechen könnte, ohne ihn dabei zu sehr zu erschrecken.

Aber als er sich bei einem Schnarcher verschluckte und davon aufwachte, sagte ich einfach nur:

„Hallo, Alfredo!“

Alfredo setzte sich auf, schaute um sich und krächzte:

„Wer ist da?“

Ich wiederholte es:

„Hallo, Alfredo!“

Alfredo riss die Augen auf, schloss sie und riss sie abermals auf.

„Hallo, Alfredo!“

Jetzt hättet ihr Alfredo sehen sollen. Er sprang aus dem Bett, schlüpfte in seine Hausschuhe und ließ sich in seinen Lehnsessel plumpsen. Hier blieb er sitzen und starrte mich an. Nach einiger Zeit flüsterte er:

„Baldwin, du?!“

„Ja! Ich!“

„Wie ist das gekommen?“

„Wiff! Wuff! Waff! Zaubersaft! Keine Ahnung!“, sagte ich und lauschte dabei meiner Stimme, die mir, wie ich gestehen muss, sehr gut gefiel. Sie war weder zu hoch noch zu tief. Sie war auch nicht schrill, sondern klang angenehm samtig.

„Als ich aufwachte, konnte ich plötzlich meine Gedanken aussprechen!“

Mehr verriet ich nicht.

„Zauberei, Baldwin?“

„Wiff! Wuff! Waff! Zaubersaft!“, wiederholte ich glücklich.

Nachdem Alfredo gefrühstückt und ich meine Futterschüssel leergefressen hatte, erzählte ich Alfredo von meinem „S“-Problem.

Alfredo dachte nach.

Dann zog er sich an und spazierte mit mir in den Garten hinaus. Hier schien er etwas zu suchen. Schließlich hob er einen kleinen Stein auf. Alfredo bat mich, mein Maul weit zu öffnen. Er legte mir den Stein vorne auf die Zungenspitze.

„Jetzt, Baldwin, sag Haus“, verlangte er.

„Hausz!“

Der Stein im Maul störte natürlich sehr beim Sprechen. Aber er hielt die Zungenspitze am Maulboden fest. Sie konnte sich bei „S“ nicht mehr hinauf zwischen die Zahnreihen schwindeln.

Ich übte. „Haus“, „Maus“, „Fuß“ …

Es klang tatsächlich besser. Ich probierte so lange, bis ich die richtige Stellung der Zunge im Gefühl hatte. Schließlich gelang es mir, auch ohne Stein im Maul, statt „Z“ ein „S“ zu sagen.

„Super! Alfredo!“, jubelte ich.

Natürlich kehrte das Problem in den nächsten Wochen ab und zu wieder zurück. Dann suchte ich mir einen Stein und übte ein bisschen.

Bald war auch Alfredo wieder gut bei Stimme. Er gewöhnte sich schnell daran, in mir nun einen richtigen Gesprächspartner zu haben. Er fragte mich, wie das Wetter sei, wenn ich am Morgen aus dem Garten zurückkam. Er wollte wissen, was wir einkaufen sollten und ob wir nach der Mahlzeit eine Ruhepause einlegen wollten.

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