Loe raamatut: «Kimberly - Abgerichtet», lehekülg 2

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Masterson drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, lehnte sich in seinem Sessel zurück und verschränkte lässig beide Arme hinter dem Kopf.

»Nun, dann geht eben eine Kopie des Filmes an deine Arbeitsstelle, eine weitere an deine Eltern und für die Schulbehörde deines Vaters gibt es auch eine. Ich könnte sie natürlich auch lukrativ im Internet vermarkten. Was glaubst du, was ich damit für ein Geld verdienen würde! ›Kimberly – The Drugfuck-Queen‹. Wie gefällt dir der Titel? Hübsch, nicht wahr? Mit dem neuen Hardcore-Star am Pornohimmel: Kimberly Lockwood. Ist das nicht eine ausgezeichnete Idee?«

»Du bist so ein verdammtes Dreckschwein!«, schluchzte Kimberly. Sie konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten. Sie wusste, dass sie ihm ausgeliefert war. Ließ er ihr überhaupt eine andere Wahl, als auf seine schmutzigen Wünsche einzugehen? Gewiss, sie konnte zum Metropolitan Police Service gehen und ihn anzeigen. Als Beweismaterial würde der Film vorgespielt. Polizeibeamte, Staatsanwalt, Richter, Geschworene und jede Menge Schaulustige im Gerichtssaal würden sie dann ihn Aktion bewundern dürfen. Sie würde vor Scham vergehen. Und dann waren da ja auch noch ihre Eltern! Nicht auszudenken, wenn sie von der Sache Wind bekamen. Ihre wohlerzogene Tochter verkehrte in Kreisen, von denen man in der Kleinstadt aus der sie kam nur hinter vorgehaltener Hand sprach, wenn überhaupt.

»Du bist so nachdenklich geworden«, verspottete sie ihr Peiniger. »Du lässt dir meinen Vorschlag wohl durch deinen hübschen Kopf gehen, was? Siehst du ein, dass du keine andere Wahl hast?«

»Warum ausgerechnet ich?«, schluchzte Kimberly. »Warum suchst du dir nicht ein Mädchen, das sich ohnehin für diese Arbeit entschieden hat? Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe?«

»Das kann ich dir genau sagen«, rief Masterson und seine Augen funkelten dabei böse. »Weil du mich immer hast abblitzen lassen! Weil du mir immer und immer wieder gezeigt hast, wie sehr du mich und meine Lebensart verachtest! Du hast dich immer für etwas Besseres gehalten. Und weil du blendend aussiehst und für meine Zwecke genau die Richtige bist, deshalb musstest du es sein! Dir werde ich zeigen, dass du nichts Besseres bist und den Platz zuweisen, der dir gebührt!«

Kimberly wurde plötzlich ganz ruhig. John Masterson hat seine Maske fallen lassen. Sie wusste, dass sie verloren hatte – zumindest für den Augenblick. Jetzt hatte sie keine Chance, aber sie würde sie ergreifen, sobald sich ihr eine bot. »Und wie stellst du dir das Ganze vor?«, erkundigte sie sich. »Du kannst mich vielleicht zwingen für dich die Nutte zu machen, aber glaubst du denn allen Ernstes die Männer hätten ihren Spaß mit mir? Ich werde wie ein Betonklotz im Bett liegen, wenn sie mich mit ihren gierigen Händen betatschen. Ich werde nichts dazu tun, ganz im Gegenteil. Ich werde ihnen offen meine grenzenlose Verachtung und meinen tief empfundenen Ekel zeigen. Du wirst dir und deinen sogenannten Geschäftsfreunden damit kaum einen Gefallen erweisen, wenn du sie mit mir zusammenbringst. Sie werden alle enttäuscht nach Hause fahren. Das schwöre ich dir!«

»Wenn du nicht willst, bitte, deine Entscheidung, ich habe ja noch bessere Ausschnitte. Diese hier waren ja noch die harmlosen. Du kannst es dir also überlegen, ansonsten weißt du ja nun, was ich tun werde.«

Kimberly fühlte wie ein Brechreiz in ihr aufstieg und sie glaubte, sich jeden Augenblick übergeben zu müssen. In was für eine Situation war sie nur geraten? Gab es denn gar keinen Ausweg? Musste sie wirklich die schrecklichen Dinge tun, die Masterson von ihr verlangte? Es blieb ihr wohl kaum etwas anderes übrig, dachte sie resignierend.

Mit einem teuflischen Grinsen im Gesicht beobachtete John Masterson die junge Frau, die zusammengesunken im Sessel saß und nervös mit den Fingern spielte.

»Ich werde dir natürlich ein paar Mittelchen überlassen, die deine anfängliche Scheu überwinden helfen«, erklärte Masterson mit gönnerhafter Miene. »Bei mir bist du in den besten Händen. Ich sorge für meine Mädchen wie ein Vater. Es wird dir an nichts fehlen. Wie du darauf reagierst, haben wir ja in unserem wundervollen Film von gestrigem Abend gesehen, nicht wahr? Meine Geschäftsfreunde werden hocherfreut sein.«

»Du willst mir also wieder diesen Mist geben?«, fragte Kimberly kaum hörbar.

»Klar«, entgegnete er. »Mir stehen da noch ganz andere Mittelchen zur Verfügung. Es ist ja nicht gesagt, dass es immer so stimulierend wirkt. Vielleicht tritt ja mal der gegenteilige Fall ein. Das kannst du aber ruhig mir überlassen. Ich bin Fachmann auf diesem Gebiet. Ich werde schon immer das Richtige für dich finden.«

»Also Rauschgift?« Es war weniger eine Frage, mehr eine Feststellung. »Dir reicht es nicht mich zu erniedrigen indem du mich zur Hure machst, ich soll auch noch drogenabhängig werden? Was hast du davon, wenn du mich vernichtest? Denn darauf läuft es doch am Ende hinaus.«

Masterson zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Bis dieser Tag gekommen ist, hast Du mir so viel Geld eingebracht, dass ich dich entbehren kann«, erwiderte er kaltschnäuzig. »Was interessiert es mich dann ob du verreckst? Und bis dahin werde ich gut auf mein Kapital aufpassen.«

»Und wenn meine Eltern dahinterkommen, was mit ihrer Tochter ist? Glaubst du denn allen Ernstes, die werden nicht bemerken, dass sich ihr Kind verändert?« Kimberly klammerte sich an diesen letzten Strohhalm.

»Du hast mir doch selbst erzählt, dass du deine Eltern nicht mehr so oft siehst, seit du deine eigene Wohnung in London hast«, sagte er. »Wenn du sie aber tatsächlich besuchen solltest, wirst du schon okay sein. Auch dafür sorge ich. Den Mund wirst du ohnehin halten. Denke immer an den Film.«

Kimberly senkte den Kopf und starrte betreten auf den Fußboden. Sie musste einsehen, dass Masterson sich alles gründlich überlegt hatte, und es für sie im Moment keinerlei Entrinnen gab.

»Ich gebe dir diese Mittelchen, damit dir dein neuer Job leichter fällt«, erklärte er. »Ich meine es doch nur gut mit dir.«

Kimberly lachte bitter. Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich über die Augen, die tränenleer waren. Sie konnte nicht mehr weinen. Es wäre auch sinnlos gewesen. »Ja, du meinst es wirklich gut mit mir«, meinte sie spöttisch.

»Wie schön, dass du deinen Humor wiederfindest«, antwortete Masterson lachend. »Ich glaube, wir werden glänzend zusammenarbeiten. So, und damit du dich ein wenig leichter ums Herz fühlst, werde ich dir jetzt eine Spritze geben. Sozusagen als Vorgeschmack auf den Himmel, der dich bei mir erwartet.«

Kimberly wagte einen letzten Versuch. Sie stand auf, trat vor John Masterson und ging vor ihm auf die Knie. »John, ich tue alles für dich«, sagte sie beschwörend. »Alles was du verlangst, aber gibt mir kein Rauschgift. Ich werde auch ohne Drogen machen worum du mich bittest. Ich verspreche es!«

»Nein, nein, das ist mir zu unsicher«, erwiderte er kopfschüttelnd und schob sie mit einer groben Bewegung zu Seite als er aufstand.

Kimberly kippte fast zur Seite. Ihre Augen hatten jeden Glanz verloren. Sie war nur noch ein armes, geplagtes Bündel Mensch.

»Ich bleibe lieber bei meiner Methode. Sie hat sich bis jetzt immer bestens bewährt.« Mit diesen Worten nickte er ihr noch einmal zu und ging dann aus dem Zimmer.

Kimberly sah sich wie ein gehetztes Reh um. In einem offenen Teil der Schrankwand lag ein Datenstick auf dem ihr Name stand. Da war sicher die Filmdatei drauf. Konnte sie ihn unbemerkt an sich bringen und damit fliehen? Die junge Frau erhob sich und lauschte. Von John Masterson war nichts zu hören. Lautlos schlich sie zum Schrank, immer damit rechnend, dass er jeden Augenblick zurückkam. Schon hatte sie den Datenstick in der Hand. Doch wohin jetzt?

Vor ihr lag die breite Schiebetür, die zur Terrasse führte. Von dort gelangte man in den Garten und dann ... Soweit wagte Kimberly noch gar nicht zu denken.

Jedes Geräusch vermeidend, öffnete sie die Schiebetür. Nur einen Spalt, gerade so viel, dass sie durchschlüpfen konnte. Jetzt stand sie auf der Terrasse und blickte in den Garten, der von einer hohen Hecke umsäumt war. Von außen konnte man ihn nicht einsehen. Wo war bloß die Tür?

In diesem Augenblick bog Masterson um die Hausecke. Er hielt eine Pistole in der Hand, die er in einer fast verspielt anmutenden Bewegung auf sie richtete. »Ich wollte doch mal sehen, ob du die Gelegenheit zur Flucht nutzen würdest und prompt wurde ich nicht enttäuscht«, stellte er mit kalter Stimme fest. »Mein Köder hast du ja geschluckt, den Datenstick mit deinem Namen. Du hast wirklich Mut, Kimberly. Alle Achtung!«

Die junge Frau sah sich gehetzt um. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Fliehen konnte sie wohl nicht mehr. Die Waffe in seiner Hand sprach eine mehr als deutliche Sprache. Aber der Datenstick! Den konnte sie vernichten. Dann hatte er nichts mehr gegen sie in der Hand. Sie schleuderte den Stick auf den Steinboden und trat mit dem Fuß immer und immer wieder auf das Plastik, bis es zerbarst.

Masterson beobachtete sie mit verschränkten Armen und lachte hemmungslos. Er unternahm nichts. »Schade um den Stick«, meinte er genüsslich, als Kimberly ihr Zerstörungswerk beendet hatte. »Leider bringt dir das nichts, der war leer!«

Kimberly schaute ihn erschrocken an. »War das nicht ... der Film?«, stammelte sie.

Masterson schüttelte den Kopf. »Leider nein«, bestätigte er mit ruhiger Stimme. »Der war nur der Köder. Doch das konntest du ja nicht wissen. So, und nun gehen wir wieder brav ins Haus zurück. Da wartet noch eine Spritze auf dich!« Unsanft packte er sie bei diesen Worten an den Armen und zog sie durch die Terrassentür ins Innere. Dieses Mal leistete Kimberly keinen Widerstand mehr.

***


Kapitel 4

»Was ist nur mit dir los, Kimberly?«, fragte Amber Hopkins ihre Freundin ein paar Tage später. »Ich erkenne dich ja nicht mehr wieder.«

Sie hatten in einem Fastfood-Restaurant eine Kleinigkeit zu sich genommen und verbrachten den Rest ihrer Mittagspause auf einer Bank in der nahe gelegenen Parkanlage, um sich von den letzten Strahlen der Herbstsonne bescheinen zu lassen.

»Seit Johns letzter Party benimmst du dich reichlich merkwürdig. Du sprichst kaum noch ein Wort, starrst nur noch geistesabwesend vor dich hin und scheinst in anderen Sphären zu schweben. Hast du Liebeskummer? Oder was ist sonst mit dir los?« Amber sah ihre Freundin fragend an.

»Ach, lass mir doch meine Ruhe«, entgegnete Kimberly mürrisch. »Es ist gar nichts mit mir.«

»Das kannst du mir nicht weismachen, meine Beste«, erklärte Amber kopfschüttelnd. »Das sieht doch ein Blinder, dass mit dir etwas nicht stimmt. Machst du dir Vorwürfe wegen der letzten Party? Ja, es war gemein, dass er uns etwas unter die Getränke gemischt hat. Ich habe ihn deshalb schon zur Rede gestellt. Er war sehr zerknirscht und hat mir geschworen, es niemals wieder zu tun.«

»Ach ja, wirklich?« Kimberly machte auf unbeteiligt. Sie stand seit dieser verhängnisvollen Nacht nur noch unter Stoff. Masterson verabreichte ihr täglich kleine Mengen, aber sie genügten, um sie langsam davon abhängig zu machen. Ihr war es mittlerweile gleichgültig. Sie hatte sich mit ihrem Schicksal abgefunden.

Um keinen Verdacht zu erwecken, musste sie weiter ihrer Arbeit in der Bank nachgehen. Darauf hatte John Masterson bestanden. Wenn er sie brauchte, würde er sie rufen. Bis heute war das noch nicht der Fall gewesen. Anscheinend hatte bis jetzt keiner seiner Geschäftsfreunde sexuelle Gelüste verspürt, die sie zu befriedigen hatte.

»Kimberly, du bist mit deinen Gedanken schon wieder ganz woanders«, rief Amber, die ihre Freundin misstrauisch von der Seite beobachtet hatte. »Hast du was mit John angefangen? Hast du Angst, ich wäre dir deshalb böse? Das brauchst du wirklich nicht. Wir kennen ihn doch beide und wissen, wie er ist.«

»Weißt du das wirklich?«, reagierte Kimberly leise, aber eindringlich.

»Also ist doch etwas mit John«, stellte Amber fest. »Kimberly, ich dachte immer, wir sind Freundinnen. Warum sprichst du dich nicht mit mir aus?«

»Ich kann nicht, Amber«, erwiderte Kimberly müde und erhob sich. »Komm, es wird Zeit. Lass uns zurückgehen.«

Bevor Amber noch etwas sagen konnte, war Kimberly bereits losgegangen. Kopfschüttelnd folgte sie Ihrer Freundin. Das war nicht die Kimberly, die sie kannte. Was war nur aus ihrer sonst so lebenslustigen Freundin geworden? Sie konnte sich einfach keinen Reim auf die Sache machen. Doch sie beschloss, ihr auf den Grund zu gehen. Sie spürte, Kimberly brauchte ganz dringend ihre Hilfe.

Als Amber in die Bank kam, saß Kimberly schon vor ihrem Computermonitor. Sie hatte die Hände in den Schoß gelegt und starrte auf die Eingabemaske vor sich. Sie schien am ganzen Körper zu zittern.

»Kimberly, um Gottes willen, was ist denn los?«, entfuhr es Amber erschrocken. »Du hast ja Pupillen wie Untertassen.«

Kimberly gab keine Antwort. Ihr war kalt, obwohl die Schalterhalle gut geheizt war. Die Buchstaben auf dem Monitor erschienen ihr ungeheuer groß. Sie glotzten sie an wie Ungeheuer aus einer fremden Welt. Ihr Mund war trocken und klebrig. Kalter Schweiß trat auf ihre Stirn. Sie war nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen.

»Kimberly, jetzt sag doch endlich ein Wort«, flehte Amber und rüttelte sie an den Schultern. Die Arbeitskollegen sahen schon zu ihnen herüber und tuschelten miteinander.

Kimberly bewegte den Mund. Sie wollte etwas sagen, aber mehr als ein heiseres Krächzen und unverständliches Gestammel brachte sie nicht über ihre Lippen.

»Kimberly, ist dir nicht gut? Soll ich dich nach Hause bringen?«

Die junge Blondine nickte. »Ja, bitte«, brachte sie mühsam hervor. »Ich glaube, ich werde krank.«

Inzwischen war auch der Abteilungsleiter nähergetreten und schaute besorgt auf seine Mitarbeiterin, die kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen schien. »Wollen wir nicht lieber einen Krankenwagen besorgen, Miss Hopkins?«, fragte er Amber, die ratlos neben ihrer Freundin stand.

»Nein, bitte nicht«, wehrte Kimberly ab.

»Dann komm«, sagte Amber kurz entschlossen, und fasste sie unter. »Kannst du überhaupt gehen?«

»Ja, so leidlich«, murmelte Kimberly. Sie versuchte, alle Sinne zusammenzunehmen. Jetzt nur nicht umkippen. Sie wusste längst, was sie brauchte. Sie brauchte schnellstens eine Injektion.

»Geht es wirklich?«, erkundigte sich ihr Vorgesetzter noch einmal. »Oder soll ich helfen und Sie bis zum Auto begleiten?«

»Nein, danke«, erwiderte Kimberly und versuchte zu lächeln. Es missglückte ihr völlig. Auf Ambers Arm gestützt wankte sie aus der Schalterhalle. Die Kollegen sahen ihr mit betretenen Gesichtern nach.

»Soll ich euch sagen, was sie hat?«, meinte einer der Auszubildenden, als sich die Tür hinter den beiden jungen Frauen schloss. »Kimberly ist auf Turkey.«

»Was ist das denn?«, fragte der Abteilungsleiter erstaunt. »Das habe ich ja noch nie gehört.«

»Das kann ich mir gut vorstellen«, erwiderte der junge Mann mit einem breiten Grinsen. »Ich kenne das von einer Bekannten. Sie ist Frontfrau in einer Heavy Metal Band. Wenn die mal länger ohne ihre Drogen ist, flippt sie genauso aus.«

»Wollen Sie etwa damit andeuten, dass Miss Lockwood …?« Der Abteilungsleiter wagte das Wort kaum auszusprechen.

»Genau«, entgegnete der angehende Bankkaufmann. »Ihre Mitarbeiterin ist ein Drogenjunkie!«

»Mister Henderson, ich muss doch sehr bitten«, zeigte sich der Abteilungsleiter erbost. »Das ist eine ungeheuerliche Anschuldigung, die ich auf Miss Lockwood nicht sitzen lassen kann. Sie ist eine unserer fähigsten Mitarbeiterinnen und hat sich niemals etwas zu Schulden kommen lassen. Ich halte sie für eine grundsolide, anständige junge Frau, die sich mit dergleichen Dingen nicht abgibt. Ich verbiete Ihnen ausdrücklich, solch schreckliche Dinge über sie zu sagen. Haben Sie mich verstanden!?«

Der Auszubildende zuckte mit den Schultern und schwieg. Er dachte sich seinen Teil. Warum sollte nicht auch eine grundsolide Frau ein Laster haben? Wer von ihnen wusste schon, in welchen Kreisen sie in ihrer Freizeit verkehrte. Man ging schließlich nach Dienstschluss auseinander, und keiner kümmerte sich weiter um das Privatleben der anderen.

Die beiden jungen Frauen hatten inzwischen den Personalausgang der Bank erreicht. Kimberly lehnte sich gegen die Tür und schloss gequält die Augen. Sie konnte nicht mehr. Ihre Beine drohten den Dienst zu versagen. In einem Augenblick dachte sie vor Kälte zu erfrieren, im nächsten Moment wurde ihr so heiß, dass ihr der Schweiß in Strömen über den Körper lief.

»Beeil dich, Amber«, stöhnte sie gequält. »Hol schnell deinen Wagen. Ich warte hier. Bitte, beeil dich!«

Amber rannte los. Sie stolperte bei Rot über die nahe gelegene Kreuzung. Das lautstarke Schimpfen einiger Autofahrer nahm sie in ihrer Aufregung nicht wahr. Nur schnell, schnell, dachte sie. An der Ecke des Parkhauses rempelte sie eine ältere Dame an. Sie murmelte eine flüchtige Entschuldigung und raste weiter. Endlich saß sie in ihrem Wagen und fuhr zur Bank.

Kimberly hatte sich auf eine der Treppenstufen gesetzt. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt. Die Augen hatte sie geschlossen.

Amber sprang aus ihrem Wagen und eilte zu ihrer Freundin. Sie half ihr aufzustehen und schleppte sie zu ihrem Auto.

Kimberly ließ sich schwer auf den Beifahrersitz fallen. Ihr Atem ging nur noch stoßweise. Es schien als würde sie keine Luft mehr bekommen. »Fahr zu John«, stieß Kimberly zwischen den Zähnen hervor, als Amber endlich wieder hinter dem Steuer saß und den Motor kommen ließ.

»Sollten wir nicht lieber einen Arzt aufsuchen?«, fragte Amber besorgt. »Du gefällst mir gar nicht, Kimberly.«

»Fahr doch endlich«, schrie Kimberly wie von Sinnen. »Fahr zu John!«

Amber wusste sich keinen anderen Rat. Also fuhr sie zu Masterson und klingelte Sturm kurz darauf an seiner Haustür.

Kimberly saß zusammengekrümmt auf dem Beifahrersitz und wimmerte leise vor sich hin.

»Amber, du?«, entfuhr es John Masterson, als er die junge Frau erkannte, die völlig aufgelöst und den Tränen nahe vor seiner Tür stand. »Was gibt es denn?«

»Kimberly!«, schrie Amber verzweifelt und Tränen schossen ihr über die Wangen. »Ich glaube, sie stirbt!«

Masterson erfasste die Situation auf den ersten Blick. Ein böses Lächeln huschte über sein Gesicht. Kimberly war also soweit. Sie war abhängig von dem Zeug geworden. Jetzt gab es für sie kein Zurück mehr. Nun brauchte sie, was ich ihr beschaffen konnte und ich habe mein Ziel erreicht.

»So schnell stirbt man nicht«, meinte er lakonisch zu Amber, als er ihr zum Auto folgte. »Ich werde Kimberly etwas geben, dann geht es ihr gleich wieder besser.«

Amber sah John Masterson misstrauisch von der Seite an. »Was willst du ihr denn geben, John?«, hakte sie nach. »Mach bitte keinen Unsinn.«

»Sie bekommt genau das was sie braucht«, erwiderte er. »Komm, hilf mir, schaffen wir sie erst einmal ins Haus. Es muss ja keiner sehen, in welchem Zustand sie sich befindet.«

Gemeinsam stützten sie die junge Frau, die sich kaum noch auf ihren Beinen halten konnte und führten sie ins Haus. Sie brachten Kimberly in eines der Gästezimmer und halfen ihr, sich auf das Bett zu legen.

»Ich bin gleich zurück«, erklärte Masterson und verließ bereits das Zimmer.

Amber kniete sich neben ihre Freundin und hielt ihre Hand. »Kimberly, bitte, Kimberly!«, flehte sie und Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. »Was hat er nur mit dir gemacht?«

»John, fahr mich zu John«, murmelte Kimberly mit ersterbender Stimme.

»Gleich wird alles gut«, sagte Amber mit leiser, ruhiger Stimme. »Wir sind schon bei John. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.«

Masterson kam zurück. In der Hand hielt er eine Spritze. Er trat an Kimberlys Bett und setzte sich neben sie. Dann hielt er die Spritze gegen das Licht und ließ ein winziges Tröpfchen aus der Injektionsnadel quellen.

»Was ist da drin?«, wollte Amber wissen. Ihre Stimme klang ängstlich. Sie kniete immer noch am Boden und hielt Kimberlys Hand.

»Nur ein Beruhigungsmittel«, log Masterson sie an. »Nur ein Beruhigungsmittel.«

»Das glaube ich dir nicht! Das ist doch Heroin! Ist es doch, oder?«, stellte Amber fassungslos fest.

»Möglich«, brummte Masterson unwillig. »Lass mich jetzt in Ruhe!«

Amber ergriff seine Hand und hielt sie fest.

»John, ich lasse das nicht zu!«, rief sie erregt. »Das kannst du nicht machen! Willst du, dass sie abhängig von diesem Mist wird? Willst du das?«

»Ja, glaubst du denn, sie hat Blähungen?«, schrie Masterson sie an. »Deine Freundin ist auf Entzug. Ich will ihr doch nur helfen.«

»Du hast sie so weit gebracht, nicht wahr?«, fragte Amber mit tonloser Stimme. »Du hast sie völlig abhängig von dir gemacht. Plötzlich verstehe ich vieles!«

»Dann ist es ja gut!«, entgegnete John Masterson gereizt. »Und jetzt halt gefälligst deine Klappe und lass mich machen! Sonst werde ich stocksauer!« Mit einer groben Armbewegung schob er sie beiseite und griff nach Kimberlys Arm, der schon von zahlreichen Einstichen gezeichnet war. Nachdem er eine Vene gefunden hatte, stieß er die Kanüle hinein.

Kimberly zuckte kaum merklich zusammen.

Langsam drückte er den Kolben der Spritze hinunter und ließ die Flüssigkeit in ihre Ader fließen.

Kimberly wurde zusehends ruhiger. Die Atemzüge normalisierten sich, die Zuckungen hörten auf. Endlich schlug sie die Augen auf und sah sich verwirrt im Zimmer um. »Das war schrecklich«, murmelte sie noch leicht benommen. »Mein Gott, war das schrecklich.«

»Nun ist es ja vorbei«, meinte Masterson und erhob sich.

Amber saß weinend vor dem Bett und hatte ihren Kopf auf beide Arme gelegt. In ihr war eine Welt zusammengebrochen. Sie sah John Masterson plötzlich so, wie er war.

Kimberly richtete sich auf und blickte ihre Freundin an.

»Was machen wir jetzt mit der?«, wollte Masterson wissen. »Sie wird ja wohl kaum ihr Maul halten können!«

Amber hob ihren Kopf und sah ihn aus tränennassen Augen an. »Nein, John, das werde ich bestimmt nicht!«, schrie sie ihn unbeherrscht an. »Ich werde dich anzeigen. Ich werde dich fertigmachen! Du wirst deine Strafe bekommen, dafür werde ich sorgen!«

Kimberly sprang vom Bett und kniete sich neben ihre Freundin. Behutsam legte sie ihr einen Arm um die Schulter und drückte sie fest an sich. »Natürlich wirst du den Mund halten«, sprach sie beschwörend auf Amber ein. Sie dachte an den Film, den sie gesehen hatte und wollte ihre Freundin vor einem ähnlichen Schicksal bewahren. Ihr war bewusst, dass Masterson keine Gnade kannte, wenn es ihm nicht in den Kram passte. Ganz sicher würde es Amber ebenso ergehen. »Ich bin selbst schuld, dass ich in dieser Lage bin. John hilft mir nur und ich bin ihm dankbar dafür. Ich wüsste nicht, was ich sonst machen sollte. Du weißt, was dieses Zeug kostet. Ohne seine Hilfe wäre ich verloren.«

»Ach komm schon, Kimberly, lüg mich nicht an!«, schluchzte Amber. »Du bist doch nie und nimmer freiwillig in diese Sache hineingeschlittert.«

»Oh doch«, erwiderte Kimberly und lächelte wehmütig. »Ich war neugierig und habe es einmal versucht. Seitdem komme ich nicht mehr davon los.«

»Ich habe noch nie bemerkt, dass du so ein Zeug nimmst«, begehrte Amber auf. »Kimberly, hier stimmt doch etwas nicht.«

»Es ist alles in Ordnung«, meinte Kimberly sanft. »Und deshalb bitte ich dich auch dringend, niemandem davon etwas zu erzählen. Du schadest damit John und mir. Ganz besonders aber mir.«

»Warum machst du denn keine Entziehungskur?«, wollte Amber wissen. »Jetzt im Anfangsstadium müsste das doch eine Kleinigkeit sein.«

»Sie wird bald eine Entziehungskur machen. Dafür sorge ich schon«, mischte sich jetzt Masterson ein. »Aber wir haben noch die Hoffnung, dass sie es auch so schafft. Du weißt selbst, was es für einen Wirbel gäbe, wenn herauskäme, was mit Kimberly los ist. Das wollen wir ihr nach Möglichkeit ersparen, oder etwa nicht?«

»Ich verstehe«, bemerkte Amber. Sie traute der Sache zwar immer noch nicht, war aber intelligent genug einzusehen, dass es im Augenblick besser war, den Mund zu halten. Die warnenden Blicke ihrer Freundin sprachen Bände.

»So, meine Liebe, und jetzt ist es besser, wenn du zur Bank zurückfährst«, meinte Kimberly. »Dort erzählst du, mich hätte eine schwere Grippe gepackt, und ich müsste ein paar Tage das Bett hüten.«

»Bleibst du denn hier?«

»Ja, ich habe noch etwas mit John zu besprechen«, erwiderte Kimberly.

»Es geht um die anstehende Entziehungskur«, erklärte Masterson. »Du kannst beruhigt gehen. Ich passe schon auf Kimberly auf.«

Kurz darauf verabschiedete sich Amber und fuhr zurück zur Bank.

»Das hast du wirklich fein hinbekommen«, grinste Masterson, als Amber gegangen war. »Ich hatte mir ernstlich Sorgen um sie gemacht.«

»John, wenn ihr irgendwas passiert, dann sei dir sicher, ich packe aus!«, schwor Kimberly und sah ihn mit böse funkelnden Augen an. »Lass sie aus der Sache raus!«

»Es gibt keine Veranlassung mehr, ihr etwas anzutun«, entgegnete Masterson ruhig. »Sie hat dir jedes Wort geglaubt. Ich habe sie ja immer schon für recht naiv gehalten, sonst hätte ich sie schon längst für meine Zwecke eingespannt. Doch dazu brauche ich intelligente Frauen und keine wie Amber.«

»Falls das ein Kompliment gewesen sein sollte, dass kannst du dir sonst wohin stecken!«, bemerkte Kimberly böse. Sie hatte sich auf die Bettkante gesetzt und eine Zigarette angezündet. »Jetzt hast du also geschafft was du wolltest. Ich bin süchtig, und du kannst mit mir machen was du willst!«

»Da hast du ja so recht«, erwiderte er kaltschnäuzig. »Jetzt wird es Zeit sich einmal in Ruhe über deine Zukunft zu unterhalten. Ich erwarte heute Abend einen lieben Freund, der sich ein wenig Entspannung wünscht. Ich gehe davon, du hast Zeit?«

»Die werde ich wohl haben müssen. Was soll also die dämliche Frage!«, fauchte Kimberly ihn an. »Wo soll diese Vorstellung stattfinden?«

»Natürlich hier in meinem Haus«, beantwortete Masterson ihre Frage mit einem Lächeln. »Ich werde selbstverständlich im Hintergrund bleiben und euch nicht stören. Ich habe auch noch einiges zu arbeiten.«

»Klar, filmen mit einer versteckten Kamera!«, reagierte Kimberly bissig.

Masterson sah sie überrascht an.

»Du bist intelligenter, als ich gedacht habe«, lächelte er. »Ich hoffe doch sehr, dass dir das nichts ausmacht. Ich benötige den Film.«

»Du bist und bleibst ein widerliches Schwein, John!«

»Damit kann ich leben«, schmunzelte Masterson. »Jedenfalls brauche ich diesen Film. In letzter Zeit wird mein Geschäftspartner nämlich ein wenig unverschämt. Ich brauche ein kleines Druckmittel. Er ist schließlich glücklich verheiratet und ich gehe davon aus, er möchte es auch bleiben!«

»Ich verstehe«, murmelte Kimberly. »Und mir wirst du wieder was ins Getränk mischen.«

»Vermutlich werde ich das«, erwiderte Masterson und grinste dabei verschlagen. »Vielleicht sollte ich es euch beiden geben. Kann den Film ja nur interessanter machen. Aber ich denke, das wird er auch so. Ich kenne ja die Vorlieben meines Gastes. Wie auch immer«, er unterbrach sich kurz, ehe er fortfuhr: »Wenn der Deal klappt, bekommst du deinen Anteil. Ich bin schließlich nicht kleinlich. Deinen Job bei der Bank wirst du ohnehin kündigen müssen. Dazu hast du in Zukunft keine Zeit mehr.«

»Und was erzähle ich meinen Eltern?«

»Ganz einfach, du hast einen ausgezeichnet bezahlten Job als Privatsekretärin bei einem bekannten Geschäftsmann angenommen. Und das ist ja nicht einmal gelogen!«

»Privatsekretärin ist gut«, flüsterte Kimberly bitter. »Private Hure wäre wohl der korrekte Ausdruck.«

»Das wollen wir mal nicht so eng sehen«, grinste Masterson. »Ruh dich jetzt noch eine Weile aus. Es wird für dich ein anstrengender Abend werden. Mein Geschäftspartner ist anspruchsvoll und hat sehr exquisite Wünsche.«

»Oh, wie gütig«, spottete Kimberly.

Masterson trat zu ihr und gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange.

Angewidert ließ Kimberly es über sich ergehen. Irgendwann würde sie es diesem Schwein heimzahlen, und wenn es das Letzte war, was sie in ihrem Leben tat. Vor dem »goldenen Schuss«, der ihr endlich Frieden schenken würde.

»Trish und Cathy werden dich holen, wenn es Zeit wird. Du wirst tun, was sie dir sagen. Ich gehe davon aus, dass du mich deutlich verstanden hast.«

Kimberly deutete ein leichtes Nicken des Kopfes an.

***

Tasuta katkend on lõppenud.

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