Sitze, Wandle, Stehe

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Sitze, Wandle, Stehe
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Imprint

Sitze, wandle, stehe

WATCHMAN NEE

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Copyright: © 2014 Verlag Der Strom

ISBN 978-3-8442-8534-5

Übersetzt aus dem Englischen

Originaltitel: Sit, Walk, Stand

Copyright CLC Ministries International, Fort Washington, USA

VERLAG DER STROM GmbH

Filderhauptstr. 61 C, 70599 Stuttgart

www.verlagderstrom.de

email: info@verlagderstrom.de

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Sitze

Die Reichweite seines vollbrachten Werkes

Gott, der Geber

Wandle

Die Vollkommenheit des Vaters

Kauft die Zeit aus

Stehe

In seinem Namen

Gott bindet sich an den Namen Jesu

Der Gott Elias

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Einleitung

Ein Gott wohlgefälliges Christenleben muss in allen Dingen Gott entsprechen.

Um dies zu erreichen, achten wir in unserem persönlichen Leben zu oft auf einzelne Aspekte unseres Verhaltens oder Wirkens für Gott. Dabei verkennen wir, wie umfassend unser Leben auf Gott ausgerichtet sein soll, und manchmal sogar den Ausgangspunkt dafür. Gott misst von Anfang bis Ende alles an der Vollkommenheit seines Sohnes. Die Schrift bezeugt unmissverständlich, dass es Gottes Wohlgefallen ist, „alles zusammenzufassen in dem Christus … Und in ihm haben wir auch ein Erbteil erlangt“ (Eph. 1:10–11). Es ist mein ernstes Gebet, dass uns durch die folgende Darlegung noch einmal die Augen dafür geöffnet werden, dass wir nur dann hoffen können, den göttlichen Plan für uns zu erkennen – dass wir nämlich „zum Preise seiner Herrlichkeit seien“ (Eph. 1:12) –, wenn wir unser ganzes Augenmerk auf Christus richten.

Als Grundlage für unsere Gedanken soll uns der Brief des Paulus an die Epheser dienen.

Wie viele Briefe des Apostels lässt sich auch dieser in zwei Hauptabschnitte gliedern. Der erste Teil, Kapitel 1–3, befasst sich mit der Lehre, der zweite dagegen, Kapitel 4–6, mit unserem praktischen Leben. In den ersten drei Kapiteln zeigt Paulus hauptsächlich die großartigen Tatsachen, die das Erlösungswerk umfasst, das Gott in Christus für uns bereitet hat. In den letzten drei Kapiteln führt uns Paulus dann die Erwartungen vor Augen, die Gott angesichts dieser Erlösung an unser Verhalten und unseren Eifer als Christen stellt. Beide Teile sind eng miteinander verbunden, aber doch erkennt man in jedem, wie wir zeigen werden, einen besonderen Schwerpunkt.

Der zweite Teil mit seiner Betonung des praktischen Christenlebens lässt sich nochmals untergliedern: in einen ersten, längeren Abschnitt von Kapitel 4:1 bis 6:9 und einen zweiten, viel kürzeren von Kapitel 6:10 bis zum Ende. Der erste hat unseren Wandel mitten in dieser Welt zum Gegenstand, der zweite unseren Kampf gegen den Teufel.

Hieraus ergibt sich also die folgende Gliederung des Epheserbriefes:

A. Die Lehre (Kapitel 1–3)

– Unsere Stellung in Christus (1:1–3:21)

B. Das praktische Leben (Kapitel 4–6)

– Unser Wandel in dieser Welt (4:1–6:9)

– Unser Stand gegenüber dem Feind (6:10–24)

Von allen Briefen des Apostels Paulus enthält der Epheserbrief die tiefsten geistlichen Wahrheiten über unser Christenleben. Er ist voll geistlichen Reichtums und zugleich äußerst praktisch. Die erste Hälfte des Briefes offenbart uns, dass unser Leben in Christus ein Leben in völliger Einheit mit ihm in den Himmeln ist. Die zweite Hälfte zeigt uns an ganz praktischen Beispielen, wie wir solch ein himmlisches Leben auf dieser Erde verwirklichen sollen. Wir wollen nicht auf die Einzelheiten des Briefes eingehen, sondern einige verborgene Grundsätze herausarbeiten. Zu diesem Zweck wollen wir für jeden der Abschnitte ein Schlüsselwort herausgreifen. Im ersten Abschnitt des Briefes fällt uns als Schlüsselwort „sitzen“ (2:6) auf, das, wie wir glauben, den Hauptgedanken des Abschnitts zum Ausdruck bringt. Hinter diesem Wort verbirgt sich das Geheimnis echter Erfahrung mit Christus. Gott hat uns mit Christus in den Himmeln niedergesetzt, und das geistliche Leben eines jeden Christen muss von diesem Ruheort seinen Ausgang nehmen.

Im zweiten Abschnitt wählen wir „wandeln“ (4:1) als Schlüsselwort für die Beschreibung unseres Lebens in der Welt. Von diesem Wandel handelt der zweite Abschnitt. Wir werden aufgefordert, in unserem Wandel als Christen ein Verhalten an den Tag zu legen, das mit unserer hohen Berufung übereinstimmt.

Der dritte Abschnitt schließlich gibt uns das Wort „stehen“ (6:11, 14) als Schlüssel für unser Verhalten gegenüber dem Feind und beschreibt den Ort, von welchem aus uns der Sieg zuteil wird.

Fassen wir noch einmal zusammen:

1. Unsere Stellung in Christus – sitzen (2:6)

2. Unser Leben in der Welt – wandeln (4:1)

3. Unser Stand gegenüber dem Feind – stehen (6:11, 14)

Das Leben eines Gläubigen hat immer drei As­pekte – seine Stellung gegenüber Gott, gegenüber den Menschen und gegenüber den Mächten Satans. Um für Gott brauchbar zu sein, muss der Mensch in jedem dieser Aspekte Gott entsprechen: in seiner Stellung, seinem Leben und seinem Kampf. Er genügt Gottes Anforderungen nicht, sobald er auch nur in einem Punkt Abstriche macht, denn durch jeden dieser Bereiche will Gott die „Herrlichkeit seiner Gnade, mit der er uns begnadigt hat in dem Geliebten“ (1:6), zum Ausdruck bringen.

Dieser Brief soll uns daher durch die drei Worte „sitzen“, „wandeln“, „stehen“ als Wegweiser dienen und unseren Herzen seine auch heute noch gültige Botschaft vermitteln. Wir werden erkennen, wie aufschlussreich ihre Reihenfolge und ihr Zusammenhang sind.

Sitze

„…indem er (der Gott unseres Herrn Jesus Christus) ihn aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in der Himmelswelt gesetzt hat, hoch über jede Macht und Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der nicht nur in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen genannt werden wird“ (1:20–21).

„Er hat uns mitauferweckt und uns mitsitzen lassen in der Himmelswelt in Christus Jesus … Denn aus Gnade seid ihr errettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme“ (2:6, 8, 9).

Gott hat Christus zu seiner Rechten gesetzt und uns in Christus in die Himmelswelt versetzt. Lasst uns zuerst der Bedeutung des Wortes „sitzen“ nachgehen. Wie bereits gesagt, offenbart es uns das Geheimnis eines himmlischen Lebens. Das Christenleben beginnt nicht mit Wandeln, sondern mit Sitzen. Das christliche Zeitalter begann mit Christus, von dem wir lesen: Er hat „sich zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt, nachdem er die Reinigung von den Sünden bewirkt hat“ (Hebr. 1:3). Ebenso beginnt jeder Mensch „in Christus“ sein Christenleben damit, dass er sich im Glauben mit ihm in den Himmeln sitzend sieht.

Die meisten Christen begehen den Fehler, mit Wandeln beginnen zu wollen, um sitzen zu können. Damit kehren sie die biblische Reihenfolge um. Unser natürlicher Verstand sagt uns, dass wir ohne zu wandeln das Ziel nicht erreichen können. Wie können wir, ohne uns fortzubewegen, irgendwohin gelangen? Wie können wir überhaupt etwas ohne unseren Einsatz erreichen? Das Christsein ist etwas sehr Sonderbares. Versuchen wir, gleich am Anfang etwas zu tun, so erreichen wir nichts; bemühen wir uns um etwas, so entgeht uns alles. Am Anfang des Christseins stehen nicht unsere großartigen Taten, sondern eine großartige vollendete Tatsache. Darum beginnt der Epheserbrief mit der Feststellung: „Er hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt in Christus“ (1:3). Wir sind also von Anfang an eingeladen, uns zu setzen und uns über alles zu freuen, was Gott für uns getan hat; wir werden nicht aufgefordert, es selbst zu erringen.

Wandeln verlangt eine Anstrengung; Gott sagt uns jedoch, dass wir nicht aus Werken, sondern aus Gnade gerettet wurden (2:8–9). Wir reden oft davon, dass wir allein aufgrund des Glaubens gerettet wurden, aber was verstehen wir eigentlich darunter? Es bedeutet, dass wir erlöst werden, indem wir im Herrn Jesus ruhen. Wir haben nichts zu unserer Errettung beigetragen, sondern legten lediglich unsere Sündenlast auf ihn. Unser Christenleben begann damit, dass wir uns auf das vollbrachte Werk des Herrn verlassen haben, nicht auf unsere eigenen Leistungen. Wer nicht so angefangen hat, ist kein Christ. Wer jedoch bekennt, dass er zu seiner Erlösung nichts beitragen kann, dass aber Gott in seiner Gnade alles für ihn vollbracht hat, der hat damit den ersten Schritt im Glaubensleben getan.

 

Der Grundsatz, der sich durch unser ganzes Christenleben zieht, ist die völlige Abhängigkeit von unserem Herrn Jesus Christus. Die Gnade, die Gott uns verleihen will, ist unbegrenzt. Er möchte uns alles schenken, aber wir können nichts empfangen, es sei denn, wir ruhen in ihm.

Sitzen ist eine Ruhestellung. Nachdem etwas erledigt, die Arbeit beendet ist, können wir uns niedersetzen. So widersinnig es klingen mag, so ist es dennoch wahr, dass wir im Christenleben nur dann vorwärts kommen, wenn wir in erster Linie lernen, uns zu setzen. Was bedeutet sitzen eigentlich? Solange wir gehen oder stehen, tragen unsere Beine unser ganzes Körpergewicht. Sitzen wir aber, so ruht das Gewicht auf dem Stuhl. Gehen oder stehen ermüdet, aber nachdem wir eine Wei­le gesessen haben, fühlen wir uns ausgeruht. Im Gehen und Stehen verbrauchen wir Kraft, im Sitzen ruhen wir aus, weil nun nicht mehr unsere Nerven und Muskeln in Anspruch genommen sind, sondern die Last von unserem Körper auf etwas außerhalb von uns verlagert wurde. So ist es auch im geistlichen Leben. Sitzen bedeutet, dass unser ganzes Gewicht – unsere Last, wir selbst, unsere Zukunft und was immer es sein mag – auf dem Herrn ruht. Wir lassen ihn die Verantwortung tragen und hören auf, sie selbst zu tragen.

Diesen Grundsatz erkennen wir schon in der Schöpfungsgeschichte. Als Gott die Erde schuf, wirkte er vom ersten bis zum sechsten Tag und ruhte am siebten. Während dieser sechs Tage war er sehr beschäftigt, aber als er dann das geplante Werk vollendet hatte, hörte er auf zu arbeiten. Der siebte Tag war Gottes Sabbat, Gottes Ruhetag.

Wie aber verhielt es sich bei Adam? Da er erst am Ende des sechsten Tages erschaffen wurde, ist klar, dass er an dem Sechstagewerk nicht beteiligt war. Gottes siebter Tag war somit Adams erster. Während Gott sechs Tage gearbeitet hatte, bevor er die Sabbatruhe genoss, begann Adams Leben mit dem Sabbat. Gott arbeitet, bevor er ruht, aber der Mensch muss zuerst in Gottes Ruhe eingehen, bevor er arbeiten kann. Weil Gottes Schöpfungswerk vollständig war, konnte das Leben Adams mit der Ruhe beginnen. Dann ging Gott noch einen Schritt weiter und vollbrachte auch das Erlösungswerk, so dass wir nichts tun müssen, um es zu verdienen, sondern wir dürfen uns Gottes vollständiges Werk durch den Glauben unmittelbar zunutze machen. Das ist das Evangelium!

Wir wissen allerdings auch, dass zwischen ­diesen beiden Tatsachen, der Ruhe Gottes in der Schöpfung und der Ruhe Gottes in der Erlösung, die ganze tragische Geschichte der Sünde Adams, des Gerichtes, des unablässigen und doch fruchtlosen Bemühens der Menschen liegt, dass schließlich der Sohn Gottes kam und sich abmühte und sein Leben hingab, um das Verlorengegangene wieder zurückzugewinnen. Und zur Erläuterung dieses seines Weges sprach Jesus: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke“ (Joh. 5:17). Erst nachdem er am Kreuz das Lösegeld bezahlt hatte, konnte er ausrufen: „Es ist vollbracht!“ (Joh. 19:30).

Dieser Siegesschrei macht deutlich, dass Gott sowohl sein Werk der Schöpfung als auch der Er­lösung wirklich vollendet hat. Der christliche Glaube beruht daher auch darauf, dass Gott in Christus alles vollbracht hat und dass wir im Glauben diese Tatsache einfach genießen dürfen. Unser Schlüsselwort ist nach dem Textzusammenhang daher kein Befehl im Sinne von „Setz dich!“, sondern wir sollen uns in Christus „sitzend“ sehen. Paulus betet, dass die Augen unseres Herzens erleuchtet werden mögen (1:18), damit wir das Ausmaß dieser doppelten Tatsache verstehen, dass Gott zuerst Christus durch die Macht seiner Stärke „gesetzt“ hat und danach uns durch Gnade hat „mitsitzen lassen“ (1:21; 2:6). Zuallererst sollten wir lernen, dass es in keiner Weise unser, sondern Christi Werk ist. Nicht wir wirken für Gott, sondern er wirkt für uns. Unsere Ruhestellung ist uns von Gott gegeben. Er zeigt uns das vollbrachte Werk seines Sohnes, bietet es uns an und sagt: „Bitte, setz dich!“ Sein Angebot kann wohl kaum besser zum Ausdruck gebracht werden als mit der Einladung zum großen Abendmahl: „Kommt, denn schon ist alles bereit!“ (Luk. 14:17). Unser Christenleben beginnt damit, dass wir entdecken, was Gott alles für uns bereitet hat.

Die Reichweite seines vollbrachten Werkes

So wie das Christenleben beginnt, nämlich auf ­der Grundlage des vollbrachten Werkes Gottes, so schreitet es auch fort. Bei jeder neuen geistlichen Erfahrung nehmen wir im Glauben das für uns in Anspruch, was Gott getan hat, das heißt wir setzen uns nieder. Dieses Lebensprinzip hat Gott selbst festgelegt, und von Anfang bis Ende vollzieht sich unser Christenleben nach eben diesem göttlichen Grundsatz.

Wie kann ich die Kraft des Heiligen Geistes für den Dienst erlangen? Muss ich mich darum bemühen, muss ich Gott darum anflehen? Muss ich meine Seele durch Fasten und Kasteiung plagen, um sie zu verdienen? Niemals! Die Schrift lehrt uns anders. Wie erhielt ich die Vergebung meiner Sünden? Epheser 1:6–8 sagt uns: „nach dem Reichtum seiner Gnade“ und dass „er uns begnadigt hat in dem Geliebten“. Wir taten nichts, um die Vergebung zu verdienen. Wir haben die Erlösung durch sein Blut aufgrund dessen, was er getan hat.

Worin besteht denn nun die biblische Voraussetzung für die Ausgießung des Heiligen Geistes? In der Erhöhung des Herrn Jesus (Apg. 2:33). Weil er für mich am Kreuz gestorben ist, empfange ich die Vergebung meiner Sünden, und weil er auf den Thron erhöht worden ist, empfange ich die Kraft des Heiligen Geistes. Weder die eine noch die andere Gabe ist abhängig von dem, was ich bin oder tue. Ich habe weder die Vergebung verdient noch die Gabe des Geistes. Und was immer mir auch zuteil wird, empfange ich nicht durch Wandeln, sondern durch Sitzen; nicht indem ich arbeite, sondern dadurch, dass ich im Herrn ruhe. So wenig wir auf unsere erste Glaubenserfahrung, die Errettung, zu warten brauchen, ebenso wenig brauchen wir auf die Ausgießung des Geistes zu warten. Ich darf euch versichern, dass ihr diese Gabe nicht von Gott erflehen oder euch dafür abquälen oder gar Warteversammlungen abhalten müsst. Sie gehört euch nicht aufgrund dessen, was ihr tut, sondern weil Christus erhöht wurde. In diesem erhöhten Christus „seid auch ihr, nachdem ihr das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils, gehört habt und gläubig geworden seid, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung“ (1:13). Das gehört genauso zum Evangelium von unserer Errettung wie die Vergebung der Sünden.

Wir können auch ein anderes Thema zur Ver­anschaulichung nehmen, das speziell im Ephe­serbrief behandelt wird. Wie werden wir Glieder Christi? Wie kommen wir dazu, uns zu diesem Leib zu zählen, den Paulus die Fülle Christi nennt (1:23)? Gewiss hat uns nicht unsere Aktivität und Anstrengung zu einem Teil dieses Leibes gemacht. „Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid zu einer Hoffnung eurer Berufung“ (4:4). Der Epheserbrief zeigt uns Tatsachen. Zuerst war Jesus Christus, dann hat Gott uns in ihm vor Grundlegung der Welt erwählt (1:4). Wenn uns der Heilige Geist Christus offenbart und wir an ihn glauben, dann beginnt für uns, ohne dass wir noch etwas hinzutun müssen, sogleich ein Leben der Gemeinschaft mit ihm.

Wenn uns nun das alles durch Glauben allein zuteil wird, wie verhält es sich dann mit unserer Heiligung, die uns ein so dringendes, praktisches Anliegen ist? Wie können wir täglich frei werden von der Macht der Sünde? Wie wird unser alter Mensch, der uns jahrelang folgte und Schwierigkeiten machte, gekreuzigt und abgelegt? Das Geheimnis liegt wiederum nicht im Wandeln, sondern im Sitzen, nicht darin, dass wir irgendetwas tun, sondern darin, dass wir in dem ruhen, was bereits vollbracht ist. Wir sind der Sünde gestorben. Wir sind in seinen Tod getauft. Wir sind mit ihm begraben. Gott hat uns mit Christus zusammen lebendig gemacht (Röm. 6:2–4; Eph. 2:5). Warum stehen alle diese Satzaussagen in der Vergangenheitsform? Weil der Herr Jesus vor nahezu zweitausend Jahren außerhalb von Jerusalem gekreuzigt wurde und ich mit ihm! Das ist eine großartige geschichtliche Tatsache! Durch sie wurde seine Erfahrung zu meiner geistlichen Geschichte, und Gott sieht mich als einen, der „mit ihm“ bereits alles hat. Alles, was ich jetzt habe, habe ich „mit Christus“. Die Schrift spricht von diesen Dingen nie, als ob sie zukünftig wären, auch nicht davon, dass wir in un­serer Zeit danach zu streben hätten. Es sind geschichtliche Tatsachen aus dem Leben Christi, in die jeder, der glaubt, eingeschlossen ist.

„Mit Christus“ – gekreuzigt, auferstanden, aufgefahren und in die Himmelswelt versetzt. Das erscheint unserem menschlichen Verstand ebenso unglaublich, wie es für Nikodemus unvorstellbar war, dass er von neuem geboren werden sollte (Joh. 3:3). Dort ging es um die Frage der Wiedergeburt, hier aber um etwas noch viel weniger Vorstellbares, das nicht nur – wie die Wiedergeburt – in uns gewirkt werden muss, sondern das wir als unsere Wirklichkeit erkennen und annehmen dürfen, weil es uns längst in einem anderen, nämlich in Christus, erwirkt wurde. Wie ist das möglich? Es lässt sich nicht erklären. Wir sollen es von Gott annehmen als etwas, das er getan hat. Wir wurden nicht mit Christus geboren, aber wir wurden mit ihm gekreuzigt (Gal. 2:20). Somit begann unser Einssein mit ihm in seinem Tod. Gott hat uns dort in ihn eingeschlossen. Wir waren „mit ihm“, weil wir „in ihm“ waren.

Wie aber kann ich denn gewiss sein, dass ich in Christus bin? Ganz einfach: weil es das Wort Gottes sagt und gleichzeitig bezeugt, dass es Gottes Werk war. „Aus ihm aber kommt es, dass ihr in Christus Jesus seid“ (1.Kor. 1:30). „Der uns aber mit euch befestigt in Christus …, ist Gott“ (2.Kor. 1:21). Er hat es in seiner großen Weisheit vollbracht, damit wir es erkennen, glauben, annehmen und uns darüber freuen.

Wenn ich einen Geldschein zwischen die Seiten einer Zeitschrift lege und diese dann verbrenne, so werden beide zu Asche. Sie erleiden dasselbe Schicksal. Genauso hat Gott uns in Christus eingeschlossen. Alles, was mit ihm geschah, ist in ihm auch mit uns geschehen. „Da wir dies erkennen, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan sei, dass wir der Sünde nicht mehr dienen“ (Röm. 6:6). Das ist keine Ermahnung, dass wir darum ringen sollen. Hier wird von ­der Geschichte gesprochen, nämlich unserer Geschichte, die in Christus geschrieben wurde, ehe wir geboren waren. Glaubt ihr das? Das ist die Wahrheit! Dass wir mit Christus gekreuzigt sind, ist eine herrliche geschichtliche Tatsache. Unsere Befreiung von der Sünde beruht nicht auf dem, was wir tun können, auch nicht auf dem, was Gott für uns tun wird, sondern einzig und allein darauf, was er in Christus bereits für uns getan hat. Wenn uns diese Tatsache aufgeht und wir uns darauf stützen (Röm. 6:11), dann haben wir das Geheimnis eines heiligen Lebens entdeckt.

Doch leider müssen wir alle bekennen, dass dies noch viel zu wenig unsere Erfahrung ist. Wie reagierst du z. B. darauf, wenn jemand in deiner Gegenwart eine unfreundliche Bemerkung über dich macht? Du presst die Lippen zusammen und versuchst, den Ärger zu unterdrücken, und reißt dich zusammen. Und wenn dir mit großer Mühe gelingt, deine Verstimmung zu verbergen und einigermaßen höflich zu bleiben, dann glaubst du, einen großen Sieg errungen zu haben. Doch der Ärger bleibt und nicht immer kannst du ihn verbergen. Etwas scheint nicht zu stimmen, aber was? Du versuchst zu wandeln, bevor du dich gesetzt hast, und das ist der sichere Weg zur Niederlage. Ich möchte daher noch einmal wiederholen, dass keine Glaubenserfahrung mit Wandeln beginnt, sondern mit einem entschiedenen Sich-Setzen. Das Geheimnis der Befreiung von der Sünde liegt nicht in unserem Kampf gegen die Sünde, sondern darin, dass wir in dem ruhen, was Gott getan hat.

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