Das Yoga-Lexikon

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Die wörtliche Bedeutung ist rötlicher (aruṇa) Berg (acala). aruṇa bedeutet auch Sonne, Morgenröte.

Arunāchaleshvara-Tempel siehe Tiruvannāmalai.

Arundhatī f die Frau des Sehers Vasishtha, sie gilt den Hindus als ideale Ehefrau.

Ārya adj und m das Wort bedeutet in seiner Grundbedeutung „edel“ und wurde in der vedischen Zeit für aufrichtige spirituelle Sucher verwandt, während unaufrichtige oder nicht fähige „anārya“ waren. Es stand auch allgemein für Menschen, die aufstreben, sich um etwas bemühen.

Das Wort erhielt erst auf der Grundlage von Interpretationen ei­niger westlicher Gelehrter die Bedeutung „Arier“ im Sinne eines überlegenen Volkes.

Siehe auch Indoarische Migration.

Aryaman m Name eines Āditya, einer vedischen Gottheit, die oft zusammen mit Mitra und Varuna angerufen wird. Aryaman steht für die Kraft des Opfers, die nach Wahrheit strebende Aktion.

Ārya Samāj m arische oder edle Gesellschaft. Eine Vereinigung, die 1875 von Svami Dayananda Sarasvati gegründet wurde, um die alte und ursprüngliche vedische Tradition neu zu beleben und zu bekräftigen. Teil der Arbeit der Gesellschaft war es, der Konvertierung von Hindus in andere Religionen entgegenzuwirken und diese, wenn möglich, rückgängig zu machen.

Die Zuwendung auch zu den Angehörigen niederer Kasten und Kastenlosen fand keine Akzeptanz in höheren Gesellschaftsschichten, so dass die Bewegung in Indien nur begrenzte Wirkung entfalten konnte.

Der Ārya Samāj fand zum Teil auch im Ausland unter Bürgern indischer Abstammung Anklang und unterhält heute weltweit zahlreiche Zentren, welche vor allem soziale und philanthropische Aktivitäten koordinieren.

Siehe auch Dayananda Sarasvati, Svami.

Asamprajñāta-Samādhi [asaṁ­pra­jñāta] m die zweite und höchste Stufe des Samādhi. Bei der ersten (sam­prajñāta – bewusst) wird der Geist des Meditierenden eins mit dem Gegenstand der Konzentration, aber es existiert beim Individuum noch das Bewusstsein ei­nes Objekts.

Beim asamprajñāta (nicht-b­e­wusst, überbewusst) wird auch diese Vorstellung eines Objektes gelöscht. Wenn man lange in diesem absoluten Zustand verharrt, werden die Samskāras, die unterbewussten Wünsche, Impressionen etc. aufgelöst, die bei der ersten Stufe zwar unter Kontrolle sind, aber noch weiter im Keim bestehen bleiben. So bewirkt dieser Samādhi die Loslösung von allen Karma-Ketten und führt zur spirituellen Befreiung.

Er wird auch Nirbīja-Sa­mādhi ge­nannt („ohne Keim“), im Vedānta Nirvikalpa-Samādhi („oh­ne Differenzierung“ von Subjekt und Objekt).

Āsana n Sitz; Matte; Körperhaltung. Die Grundbedeutung leitet sich ab von der Wurzel ās, sitzen. Ursprünglich bezeichnete das Wort die besondere Fläche, auf welcher der Yoga-Übende sitzt. Texte wie die Bhagavadgītā (6.11) führen detailliert aus, wie dieser Untergrund beschaffen sein soll, d.h. nicht zu hoch oder zu tief, sauber und in ruhiger Umgebung. Auch die Art des Sitzes, aus heiligem Gras, Tuch oder Tierfell, wird ausführlich be­schrieben.

Die Bedeutung „Yoga-Haltung“ ist die bekannteste. In der Bhagavadgītā 6.13 und im Yogasūtra 2.46 wird das Thema „Körperhaltung“ (während der Meditation) nur sehr kurz angesprochen, aber Schriften wie die Ha­tha­pradīpikā oder Gheranda-Sam­hitā stellen zahlreiche Āsanas im Detail vor.

Einige Texte sagen, Shiva habe ursprünglich 840 000 Haltungen dargelegt, die individuell den verschiedensten Arten von Lebewesen gerecht werden. Aber für den praktischen Gebrauch werden, je nach Quelle, 32 oder auch 84 gängige Āsanas genannt. Aktuelle Yoga-Titel stellen zum Teil weit über 100 vor. Die historisch ältesten Abbildungen von Āsanas wurden auf den Siegeln der Indus Kultur gefunden (siehe auch Ha­tha-Yoga, vorletzt. Abs.).

Der ursprüngliche Zweck der Haltungen war, den Körper während langer Meditationen zu stabilisieren, wobei z.B. empfohlen wird, Rücken, Hals und Kopf möglichst in gerader Linie zu halten. Ferner sollten Āsanas generell auch die Gesundheit des Üben­den stärken. Die so erworbenen Erfahrungen legten die Grundlage für erfolgreiche therapeutische Anwendungen in unserer Zeit.

In Yoga-Schulen werden Āsanas in zahlreichen Übungsstilen unterrichtet. So können die einzelnen Stellungen z.B. eher langsam und meditativ oder zügig, fließend und kraftvoll durchgeführt werden.

Viele Variationen sind auch bei der Anzahl von Āsanas in einer Übungseinheit möglich, ebenso bei der Zusammenstellung von bestimmten Sequenzen, indem die einzelnen Stellungen so aufeinanderfolgen, dass eine optimale Wirkung erzielt wird. Dabei können Sequenzen auch individuell erstellt werden, um den Voraussetzungen und Erfordernissen des Einzelnen zu entsprechen.

Einige Schulen verwenden Hilfsmittel wie Blöcke und Seile und legen großen Wert auf die präzise Durchführung der Āsanas, wobei die Lehrenden persönlich eingreifen und korrigieren. Andere sagen nur die Übungen an und heben mehr den Aspekt der inneren Erfahrung hervor.

So kann auch grundsätzlich die Zielrichtung des Unterrichts variieren, indem die Āsanas in der einen Schule primär als Teil einer spirituellen Praxis verstanden wer­den, während eine andere vor allem Zwecke wie Fitness und Therapie verfolgt.

Ein wichtiger Aspekt der Āsanas ist ihr Einfluss auf den feinstofflichen Körper, d.h. die Nādīs und Cakras, deren Energieströme gezielt gelenkt werden. Eine entsprechende Übungspraxis ist in der Regel nicht Teil des populären Yoga-Unterrichts, wird aber von einigen Yoga-Zentren als Teil ih­res Programms angeboten.

Einige bekannte Übungsstile sind Anusara-Yoga, Ashtānga-Vinyāsa-Yoga, Iyengar-Yoga, Pilates-Yoga, Sivananda-Yoga, Viniyoga, Ye­­su­dian-Yoga.

Siehe auch Hatha-Yoga.

Asat n das Nicht-Sein (a-sat). Be­zeichnet den unbeschreiblichen und unerkennbaren Urgrund des Seins, aber auch das Un-Wirk­liche, welches nicht echtes Sein ist.

Ein bekanntes Gebet in den Upa­nishaden, beginnt mit den Worten: asato mā sad gamaya – vom Nichtsein führe mich zum Sein.

In der Schöpfungshymne in Rigveda 10.129.1-2 heißt es: „Seiendes war nicht, noch Nichtsein. Nicht Erde oder Luftraum oder Himmelsgewölbe... Ewig waltete das Ureine ohne Atem, und außer Ihm war nichts im weiten Kosmos.“

Siehe auch Sat.

Āshādha [āṣāḍha] m Name des vierten Monats im Hindu-Ka­len­der (Juni/Juli).

Āshaya [āśaya] m Ruhestätte, Sitz, Platz, Behältnis. In der Yoga-Philosophie die Ansammlung von Früchten früherer Handlungen, auch Karma-Āshaya („Handlungs­depot“) genannt. Diese reifen in den unterbewussten Schichten des Men­schen und beeinflussen seine Geburt, Lebensdauer und Lebenserfahrung.

Siehe auch Samskāra.

Ashoka (1) [aśoka] m od adj wörtl. “ohne Sorge”, a-shoka. Name eines stets grünen heiligen Baumes (Saraca indica). Dessen rote Blüten dienen, zu Gir­landen gebunden, der Verehrung des Liebesgottes. Der Rinde des Baumes werden im Ā­yur­veda Heilwirkungen zugeschrieben.

Ashoka (2) [aśoka] m Name eines berühmten Königs, der im 3. Jh. v.Chr. in Nordindien lebte (272 – ca. 231). Eine tiefe innere Krise nach einem blutigen Feldzug bewirkte seinen Übertritt zum Bud­dhismus, dessen Verbreitung er nach Kräften förderte.

Āshrama (1) [āśrama] m oder n Einsiedelei; Mönchszelle; religiöses oder spirituelles Zentrum, Ashram. Von der Wurzel śram, sich anstrengen, denn dies ist ein Ort, wo sich Schüler unter Anweisung eines Lehrers um Fortschritt bemühen. In Indien tragen viele große Yoga-Zentren diese Bezeichnung.

Āshrama (2) [āśrama] m in den vedischen Schriften Bezeichnung für die vier klassischen Lebensstadien des Menschen: Brahmacarya, die Zeit des Lernens als Schüler; Grihastha, das Stadium des Familienvaters und Haushälters, der seine entsprechenden Pflichten erfüllt; Vānaprastha, die spirituelle Suche in der Einsamkeit; und Samnyāsa, Entsagung aller gesellschaftlichen Bindungen und ausschließliches Streben nach Mok­sha, spiritueller Befreiung.

Ashtādhyāyī [aṣṭādhyāyī] f die bekannte Sanskrit-Grammatik des Pānini, wörtl. „Jene, welche acht Kapitel hat“. Pānini vermochte es, die zahlreichen, teils komplizierten Regeln der Sanskrit-Gram­matik in äußerst knappe Formeln zu fassen, wofür er sich eine eigene Kürzel-Sprache schuf.

Ashtānga-Yo­ga [aṣṭāṅ­gayo­ga] m der Yoga der acht (aṣṭa) Glieder (aṅga). Der aus acht Stu­fen bestehende Yoga-Weg des Pa­tañjali: Ya­ma, Niyama, Āsana, Prānā­yā­ma, Pratyāhāra, Dhā­ra­nā, Dhyā­­na, Samādhi.

Siehe ausführliche Erläuterungen unter diesen Sanskrit-Begriffen und eine zusammenfassende Darstellung unter Rāja-Yoga.

Ashtānga-(Vinyāsa-)Yo­ga m Be­zeich­nung für ein Körper­ar­beitssystem, das insbesondere K. Pattabhi Jois, ein Schüler von Krishna­macharya, im südindischen Mysore etwickelt hat. Das Übungssystem besteht aus sechs Serien von Āsanas, die jeweils einem bestimmten Muster folgen, indem die energetische Intensität ständig zunimmt, einen Höhepunkt erreicht, dann wieder abflacht und in tiefer Entspannung endet.

Die einzelnen Āsanas sind durch Bewegungselemente mit synchro­ni­sierter Atmung verbunden (Vi­nyāsa heißt „Bewegung, Stellung; Verbinden“) und werden dynamisch durchgeführt, wobei auf eine korrekte, gesundheitsfördernde Ausrichtung der Gelenke Wert gelegt wird.

Die Übungen erzeugen eine große innere Hitze, die die Muskeln geschmeidig werden lässt und das Nervensystem reinigt, während die Körperzellen reichlich Sauerstoff und Energie erhalten. So soll der Körper stark und flexibel werden und der Geist ruhig und konzentriert. Als sehr wichtig wird die bewusste Wahrnehmung des Atems während der Übungsfolgen bezeichnet.

Ashtāvakra [aṣṭāvakra] m Name eines bekannten Weisen, der ein Lehrer Patañjalis war. Aufgrund eines Fluches seines Vaters trug er acht (aṣṭā) körperliche Missbildungen (vakra), von denen er jedoch später durch den Segen seines Vaters wieder befreit wurde. Aṣ­ṭāvakra lehrte einen reinen Jñāna-Yoga oder Weg der Erkenntnis.

 

Ashtāvakrāsana n die Ashtāva­kra-Haltung.

aṣṭāvakra – Eigenname (s.o.); āsana – Haltung.

Ashva [aśva] m Pferd. Als Ur-Pferd gilt in der indischen Mythologie Uccaihshravas, welches beim Quirlen des Milchozeans hervortrat. Indra eignete sich dieses göttliche, weiße Pferd an und stutzte ihm seine Flügel, damit es auf Erden bliebe.

In den Purānas heißt es, Vishnu werde am Ende des Kali Yuga auf einem weißen Schimmel reitend erscheinen und ein neues Zeitalter des Lichts und der Wahrheit einläuten.

Schon im Rig-Veda finden Pferde Erwähnung, und die Brihadāran­yaka-Upanishad eröffnet mit einem imposanten Bild, in welchem der ganze Kosmos in Gestalt eines gewaltigen Opferrosses visualisiert wird.

In der epischen Literatur spielt das Pferd eine wichtige Rolle als Streitross.

Siehe auch Ashvamedha-Yajña.

Ashvamedha-Yajña [aśvamedha] m Pferde-Opfer, ein sehr umfassendes vedisches Ritual, das von Königen zur Erlangung von Nachkommen oder in Verbindung mit der Erweiterung des Reiches durchgeführt wurde.

Ein besonders edler Hengst wurde auserwählt und lief dann ein Jahr frei herum, begleitet von einem Wächter des Königs. Dabei fiel dem König jedes Land zu, welches das Pferd betrat, sofern der lokale Herrscher nicht Widerstand leistete. Am Ende wurde das Pferd im Verlaufe einer großen öffentlichen Zeremonie geopfert.

Ashvasamcalanāsana ashva-sam­­calanāsana n die Reiter-Haltung.

aśva – Pferd; saṁcalana - Bewegen; āsana – Haltung.

Ashvattha [aśvattha] m der heilige Feigenbaum (Ficus religiosa), auch Pipal oder Bodhi genannt. In der Bhagavadgītā 15.1 wird das Bild des unvergänglichen Ashvattha-Bau­mes gebraucht, des­sen Wurzeln oben (im Himmel) sind, während seine Zweige sich nach unten in die Erde erstrecken.

Dieser Baum gilt als Weisheitsbaum. Wer ihm zu Füßen meditiert, soll – wie dereinst der Bud­dha – zur Erleuchtung gelangen.

Ashvatthāman [aśvatthāman] m im Mahābhārata der Sohn Dronas, einer der Generäle der Kauravas. Er gehörte auf deren Seite zu den drei einzigen Überlebenden der großen Schlacht und soll der Legende nach unsterblich sein.

Āshvina [āśvina] m Name des siebten Monats im Hindu-Kalen­der (Sept.-Okt.).

Ashvins [Skrt. aśvinau] m ein vedisches Götterpaar, Zwillingssöhne der Sonne, die als Ärzte, Heiler und Erlöser auftreten.

Sie erscheinen am Morgen auf einem von Pferden gezogenen Wagen am Himmel und lenken ihn zur Erde, wo sie die Menschen vor Unheil bewahren und sie zur Erleuchtung führen.

Ashvinī-Mudrā f [aśvinī] eine Praktik, bei der wiederholt die Schließmuskeln des Anus zusammengezogen werden. Die Übung soll kräftigend wirken und helfen, die Kundalinī, die verborgene Schlangenkraft, zu erwecken.

Ashvinī ist der Name einer Nymphe, der Gemahlin der Sonne, die sich einst in Form einer Stute verbarg.

Askese siehe Tapas.

Asmitā f Ich-heit (asmi-tā), das Ichgefühl. Die Wahrnehmung seiner selbst als gesondertes We­sen. Im Yogasūtra einer der fünf Kle­shas oder Leidursachen.

Asteya n das Nicht-Stehlen. Eine der fünf ethischen Leitlinien der ersten Stufe im Rāja-Yoga. Mit „Stehlen“ (steya) ist nicht nur das Entwenden im rechtlichen Sinn gemeint, sondern auch allgemein das Begehren von Dingen, die anderen gehören.

Siehe auch Yama.

Āstika adj oder m jemand, der gläubig ist oder an die Existenz Gottes glaubt. Von asti, er, sie, es ist oder existiert.

Āstikya n Glauben, Vertrauen. Glauben an die Realität der Welt (im Gegensatz zum Māyāvāda) und der Allgegenwart des Göttlichen in ihr.

Astra n Waffe, Pfeil, Schwert, Geschoss. Oft auch Waffen, die im Kampf zwischen Göttern und Asuras verwendet wurden und auf­grund okkulter Kraft besondere Wirkung entfalten konnten.

Astralreisen siehe unter Ākā­shaga­ma­na.

Astrologie siehe Jyotisha.

Asura m ungöttliches Wesen, Dämon, Titan. Ursprünglich hat­te dieses Wort genau die entgegengesetzte Bedeutung und steht im Veda (mit Ausnahme einiger weniger Hymnen) und im Avesta der Parsen (Ahura) für das höchste göttliche Wesen. Die spätere negative Bedeutung entstand vermutlich aus der – eigentlich falschen – etymologischen Deutung a-sura, un-göttlich.

Der Kampf zwischen Göttern (Devas) und Asuras ist ein häufig wiederkehrendes Motiv in den indischen heiligen Schriften. Die Asuras, die ursprünglich Kräfte des Göttlichen waren, sich jedoch in einer frühen Phase der Schöpfung wie gefallene Engel vom Einen abwandten, verfügen über gewaltige Kräfte und bringen die Götter oft in große Bedrängnis.

Die Bhagavadgīta widmet das ganze 16. Kapitel dem „Yoga der Unterscheidung zwischen dem Göttlichen und Asurischen“.

Atem siehe Prāna.

Atharvaveda m der vierte Veda, benannt nach dem Feuerpriester Atharvan, dem ältesten Sohn Brahmās; der Text enthält im wesentlichen seine magischen Zaubersprüche, aber auch bereits einige Gedanken und An­sätze, die zu späteren Yoga-Praktiken hinführen.

Siehe auch Veda.

Ātmabodha m Selbst-Erkenntnis, auch Name eines Werkes Shankaras.

Ātman m das unvergängliche Selbst, die Seele. Der Ge­danke eines unsterblichen trans­­zen­denten Selbstes wird bereits in den ältesten Upanishaden ausgesprochen und ist von großer Bedeutung für den Vedānta und Yoga. So schreibt Shankara in seinem Werk Vivekacūdāma­ni: „Der spirituelle Sucher... widmet sich der Übung der Kontemplation und meditiert über den Ātman in sich selbst als dem Ātman in allen Wesen. So löscht er vollständig das Gefühl der Trennung aus... und identifiziert sich mit dem Brahman.“

In der Taittirīya-Upanishad wird ausgeführt, dass das höchste Selbst von fünf Hüllen umgeben sei, die sich – ausgehend vom Grobstofflichen – immer mehr verfeinern (siehe Kosha).

Viele Texte erklären, dass es unmöglich sei, das Selbst verbal zu erfassen und zu beschreiben, es enthülle sich in seiner Realität nur in der ureigenen Erfahrung des Selbstes durch das Selbst.

Das Wort Ātman trägt im Sanskrit nicht notwendigerweise die bekannte spirituelle Bedeutung, sondern kann in anderen Zusam­menhängen auch das gewöhnliche menschliche Selbst bezeichnen oder reflexiv für „sich“ stehen.

Manchmal wird auch die Schreibweise „Ātmā“ gebraucht, d.h. der Nominativ Singular des Wortes, während Ātman der Stamm ist (vergl. Yogī, Yogin). In Komposita, zusammengesetzten Wörtern, erscheint unter Umständen auch „Ātma“.

Ātmajñāna n die Selbst-Er­kenntnis, das Wissen vom Āt­man.

Ātmanivedana n vollständige Hingabe an das Selbst, sich dem Göttlichen anvertrauen.

Ātmasākshātkāra [ātmasākṣāt­kā­ra] m die direkte, intuitive Wahrnehmung des Selbstes durch das Selbst.

Atri m Name eines bedeutenden Rishis, der mehrere vedische Hymnen verfasste, gerichtet u.a. an Agni, Indra und die Ashvins. Die Atris sind eine Familie vedischer Weiser, denen das 5. Mandala des Rig-Veda zugeschrieben wird.

Aum siehe Om.

Aurobindo, Sri [śrī] indischer Yogī, Dichter und Philosoph (1872-1950), Schöpfer des Integralyoga. „Aurobindo“ ist abgeleitet von Sanskrit Aravinda, Lotus.

Sri Aurobindo wurde am 15. August 1872 in Kalkutta geboren, doch schickte sein europäisch orientierter Vater ihn schon im Alter von sieben Jahren nach England, wo er eine klassisch-hu­ma­ni­stische Ausbildung erhielt. Als er mit 21 Jahren nach Indien zurückkehrte, hatte er bei seiner Ankunft in Bombay eine über­wältigende Erfahrung unsagbaren Frie­dens.

Er vertiefte nun seine Kenntnisse der indischen Kultur und Geschichte und lernte Sanskrit, die Sprache der heiligen Schriften Indiens. Doch sein Augenmerk galt zunächst vor allem der indischen Widerstandsbewegung, zu deren geistigem Führer er bald wurde. Er wollte Freiheit und Unabhängigkeit für sein Land und schrieb zahlreiche inspirierte Artikel in mehreren Zeitschriften.

Parallel zu diesen politischen Aktivitäten entwickelte sich auch sein Interesse am Yoga. Im Jahr 1904 begann er mit Prānāyāma-Übungen und fühlte ständig eine Art elektrische Kraft um seinen Kopf, woran sich viele kleinere spirituelle Erfahrungen anschlossen.

Der große Durchbruch ereignete sich im Jahr 1908, als er den vedantischen Yogī Vishnu Bhas­kar Lele traf. Dieser wies ihn an: „Setze dich hin, beobachte, und du wirst sehen, dass deine Gedanken von außen in dich eintreten. Bevor sie eintreten, wirf sie zurück.“ Sri Aurobindo folgte dieser Anweisung und erreichte innerhalb von drei Tagen die Erfahrung ewiger Stille. Es war das raumlose, unbegrenzte Brah­man, das Nirvāna, auf desen Hintergrund die Welt wie ein Film erscheint, der vorüberzieht. Es war die Erfahrung der Māyā, der Unwirklichkeit der Welt, die für Sri Aurobindo nur ein Durchgang sein sollte.

Indessen verunsicherten die Aktivitäten der Freiheitskämpfer die britische Kolonialregierung, und so wurde Sri Aurobindo 1908 mit vielen anderen führenden Persönlichkeiten verhaftet. Während der einjährigen Untersuchungshaft im Gefängnis von Alipur hatte er wei­tere spirituelle Erfahrungen. Wenn er vor seiner Zelle auf und ab ging, spürte er, wie die Kraft des Göttlichen ihn erfüllte: „Ich schaute auf das Gefängnis... und die hohen Mauern kerkerten mich nicht mehr ein, es war Krishna, der mich umgab...“

Zu dieser Zeit erschien ihm auch in einer Vision Swami Vivekanan­da und erklärte ihm zwei Wochen lang höhere Bewusstseinsebenen, einen wichtigen Bereich spiritueller Erfahrung, über den er zu Lebzeiten nie gesprochen hatte.

Ein angesehener indischer Anwalt verteidigte Sri Aurobindo im Prozess und erreichte schließlich mit einem brillanten Plädoyer seinen Freispruch von der Anklage der Verschwörung gegen die britische Krone.

Im Jahr 1910 erhielt Sri Aurobindo eine innere Weisung, sich von der politischen Arbeit zu lösen und nach Puducherry (Pondicherry) zu fahren, einer französischen Kolonie südlich von Chennai (Madras) an der Ostküste Indiens. Dort widmete er sich nun intensiver innerer Arbeit und entwickelte seinen ganzheitlichen Integralyoga.

1914 kam es zu einer ersten Begegnung mit Mira Alfassa, die bereits einen langen spirituellen Weg mit vielen Erfahrungen hinter sich hatte. 1920 reiste sie endgültig nach Puducherry und blieb dort bis an ihr Lebensende als Sri Aurobindos spirituelle Mitarbeiterin, „die Mutter“. Unter ihrer Leitung bildete sich allmählich der Sri Aurobindo Ashram heran, indem immer mehr Wahrheitssucher aus Indien und aus dem Westen nach Puducherry kamen.

Im November 1926 hatte Sri Aurobindo eine wichtige Erfahrung, die er als „Herabkunft Krishnas ins Physische“ deutete. Es war eine entscheidende Vorstufe für sein eigentliches Ziel, die Herabkunft (descent) des Supramen­talen (supermind), eines welt­dyna­mischen Wahrheitsbewusstseins, das nach seiner Schau bereits von einzelnen vedischen Ri­shis realisiert worden war, jedoch nur individuell und nicht kollektiv für die Menschheit als generell eta­blierte Bewusstseinsstufe.

Während des Ersten Weltkriegs veröffentlichte Sri Aurobindo in einer langen Artikelreihe zahlreiche Schrif­ten, welche zu seinen Haupt­werken wurden, darunter auch Das göttliche Leben, Die Synthese des Yoga und Essays über die Gita. Später kamen die Briefe über den Yoga als wichtige Informationsquelle hin­zu.

In seinem Werk Das göttliche Leben entwirft Sri Aurobindo in einer grandiosen Vision das Bild einer progressiven Evolution mit ungeahnten künftigen Möglichkeiten, aber auch teils schwierigen Phasen. Die Synthese des Yoga und die Briefe zeigen den integralen Yoga-Weg auf, der es sich zum Ziel setzt, das irdische Leben nicht zurückzuweisen, es nicht nur als Durchgang zur spirituellen Befreiung zu betrachten, sondern vielmehr ganzheitlich zu akzeptieren und zu transformieren, indem es schrittweise vom Licht der Wahrheit erfüllt und zu einer freudigen Teilnahme an Schöpfung und Evo­lution geführt wird.

Hauptelemente aus der indischen Tradition sind die drei Wege, die in der Bhagavadgītā aufgezeigt werden: Der Pfad der Werke, der Erkenntnis und der Liebe. Techniken und Erkenntnisse aus anderen Systemen und Weisheitslehren können ebenfalls mit Gewinn integriert werden, wenn dies dem persönlichen Entwicklungsgang entspricht. Dies gilt insbesondere für Japa, die Wiederholung eines Mantras, welches die Mutter in der letzten Phase ihres Lebens intensiv praktizierte und in dem betreffenden Stadium ihrer Sādha­nā für unverzichtbar hielt.

Ein zusätzliches Element im Integralyoga ist die schon erwähnte „Herabkunft des Supramentalen“, eines globalen, gnostischen Wahrheitsbewusstseins, das alle Teilung, z.B. auch jene der Religionen, in einem grenzenlosen Einheitsempfinden aufhebt. Die Dualität und Gegenüberstellung von Geist (Spirit) und Materie soll auf dieser Ebene endgültig überwunden werden: Materie ist Geist-Stoff.

 

Der Mensch kann dieses Bewusstsein nicht durch sein Ego anstreben, sondern sich nur durch allmähliche Aufgabe oder Umpolung des Egos und die Sehnsucht der innersten Seele ihm öffnen, es hereinlassen. Voraussetzung da­für ist eine gründliche Vorbereitung des Wesens, eine geduldige Sā­dhanā, so dass die mentale, vitale und physische Na­tur unter den Einfluss des Lichts kommt und allmählich transformiert wird. Hilfreich bei dieser Arbeit sind innere Haltungen wie Aufrichtigkeit, Hingabe an das Göttliche und Gleichmut

Das Streben nach ganzheitlicher Entwicklung bleibt nicht auf den Einzelnen beschränkt. Es kann zu spirituell orientierten Gemeinschaften führen, die kollektiv auf das Ziel der Transformation hinarbeiten. Im politischen Bereich wäre das Ziel eine auf Einheit und Harmonie ausgerichtete Weltgemeinschaft, die im wesentlichen von Kräften des Lichts regiert wird, was gewiss eine ferne Vision ist.

Als Sri Aurobindo am 5. Dezember 1950 die (physische) Erde verließ, war sein Körper 111 Stun­den in ein supramentales Licht gehüllt, das jede Zersetzung verhinderte und von vielen Anhängern gesehen werden konnte. Sri Aurobindo hatte beschlossen, we­gen starker Widerstände im Erdbewusstsein von der subtilphysischen Ebene weiterzuarbeiten, wäh­rend die Mutter den Yoga der Transformation im Körper fortsetzen würde.

Das bedeutendste literarische Werk Sri Aurobindos ist neben dem Titel Das göttliche Leben sein spirituelles Epos Savitri, eine mantrische Dichtung in englischer Sprache, die den Sucher auf einer langen Reise durch das Universum führt, durch seine sichtbaren und unsichtbaren Welten, seine Evolutionsgeschichte, seine spirituellen Gipfel und tiefen Abgründe. Der gesamte Text – fast 24.000 Zeilen in Blankvers – liegt auch in zwei deutschen Übertragungen vor.

Siehe auch Mutter, Die; Auroville, Evolution (Abs. 2-3); Seele (Abs. 3).

Auroville eine internationale Gemeinschaft, die im Jahr 1968 von der Mutter (Mira Alfassa) in Südostindien nahe der Stadt Puducherry (Pondicherry) und dem Sri Aurobindo Ashram gegründet wurde, um ein kollektives Experiment für den Fortschritt der Menschheit zu unternehmen.

Ziel des Projektes ist es, durch das gleichberechtigte Zusammenleben von Menschen aller Nationen ein urbanes Modell menschlicher Einheit und gelebter Völkerverständigung zu schaffen, wobei jeder einzelne die Möglichkeit für ein freies spirituelles Wachstum haben soll.

Die Arbeit der Aurovillianer führte zu vielfältigen interkulturellen, architektonischen, ökologischen und sozialen Ansätzen. Dabei hat sich auch das äußere Bild der Region geändert: Ein ursprünglich völlig ausgedörrtes Gebiet wurde in eine grüne Oase mit über 1,5 Millionen Bäumen und Büschen verwandelt, und es wurden zahlreiche Häuser, Gärten, Sportstätten, Betriebe und Schulen errichtet. Die Unesco hat ihre Mitgliedsstaaten in mehreren Resolutionen zur Förderung des Projekts eingeladen.

Das spirituelle Zentrum Aurovilles ist das Matrimandir, „die Seele Aurovilles“ in Form einer sphärischen (oben und unten leicht abgeflachten) Kugel, errichtet auf einem Grundgerüst von vier Pfeilern. Im Inneren findet sich ein großer Meditationssaal mit einem großen, in Deutschland gefertigten Kristall im Zentrum.

Avadhūta m ein Asket, der jede Bindung an weltliche Dinge abgeschüttelt hat (ava-dhūta) und sich mit extremer Entsagung ganz seinen spirituellen Praktiken widmet. Der bereits vollkommene Ava­dhūta wird auch Pa­ramahamsa genannt, der noch unvollkommene Parivrāj, Wanderer.

Avadhūtagītā f ein Werk des späten Vedānta, das den Lebensstil des entrückten Asketen beschreibt, der sich ganz von der Welt gelöst hat.

Āvarana [āvaraṇa] n Verbergen, Verhüllen, Verschleiern; Schlei­er der Unwissenheit.

Avasthā f Zustand, Bewusstseinszustand. Dieser Begriff wird zum einen gebraucht, um den Status des Yoga-Aspiranten auf seinem Weg zu beschreiben, zum anderen (in der Tradition des Vedānta), um vier grundlegende Bewusstseinszustände des Menschen zu bezeichnen, d.h. Wachen, Träumen, Schlafen und den „Vierten“, reines Bewusstsein. Diese werden ausführlich in der Māndūkya-Upa­nishad erläutert.

Siehe auch Ārambhāvasthā, Gha­tā­vasthā, Paricayāvasthā, Nishpattyavasthā, sowie Jāgrat, Svapna, Su­shupti, Turīya.

Avatāra m Herabkunft, Avatār (von der Wurzel ava-tṛ, herabkommen). Bezeichnet die Inkarnation des Göttlichen auf Erden, die jenseits aller karmischen Zwänge erfolgt mit dem Ziel, die Menschheit in ihrer Evolution und spirituellen Entwicklung voranzubringen. So sagt Krishna in Vers 4.7 der Bhagavadgītā: „Immer wenn Dharma verfällt und Adharma zunimmt, manifestiere ich mich.“

Die Purānas beschreiben die zehn Inkarnationen Vishnus, zu denen neben Krishna auch Rāma, Bud­dha und Kalki gehören – letzterer soll am Ende des Kali Yuga, des dunklen Zeitalters, auf einem weißen Schimmel reitend erscheinen und für die Menschheit ein neues Zeitalter des Lichts einläuten.

Auch viele Yogīs der Vergangenheit und Gegenwart wurden von ihren Anhängern als Avatār bezeichnet.

Siehe auch Amshāvatāra, Pūrnā­vatāra.

Avidyā f Nicht-Wissen (a-vidyā), Nichterkenntnis. Im spirituellen Kontext die Unfähigkeit, zwischen dem vergänglichen Unwirklichen und der unvergänglichen Realität zu unterscheiden. Yogasūtra II, 3-4 erklärt, dass Avidyā als erster der fünf Kleshas oder Leidfaktoren ursächlich für die anderen vier sei. In Sūtra 5 heißt es: „Unwissenheit ist es, wenn man das Nicht-Ewige, Unreine, Schmerzliche und das Nicht-Selbst für das Ewige, Reine, Freudvolle und das (wahre) Selbst hält.“

Avyakta adj und n nicht-offenbar (a-vyakta), unmanifestiert. Bezeichnet im Sānkhya die Urnatur, Prakriti, in ihrem noch unentfalteten Zustand.

ayam ātmā brahmā „dieser Ātman ist Brahman“, ein großer Lehrsatz (Mahāvākya) der Upanishaden.

Ayodhyā f im Epos Rāmāyana die Hauptstadt im Reich des Königs Rāma; eine der sieben heiligen Städte des Hinduismus. Wörtlich „die Unbezwingbare“.

Āyurveda m die Wissenschaft vom Leben (oder: vom langen Le­ben), āyur-veda. Der älteste über­­lieferte Text, die Caraka-Samhitā, geht wahrscheinlich auf das 2. Jh. zurück und ist ein bemerkenswertes Zeugnis des Genius der altindi-schen Medizinwissenschaft, die gleichzeitig auch eine Lebenslehre war. Ein spiritueller Kontext wird hergestellt, indem es in der Einleitung heißt, dass Freiheit von Krankheit die Basis für die Verwirklichung der vier Lebensziele des Menschen (Purushārtha) sei, deren höchstes Moksha ist, spirituelle Befreiung.

Der Āyurveda basiert auf dem System der drei Doshas, d.h. Humore oder Körpertemperamente. Wenn sie aus dem Gleichgewicht geraten, entstehen gesundheitliche Störungen und Erkrankungen.

Die Therapien des Āyurveda beinhalten Anwendungen wie Massage, Ölguss, Wasserbad und pflanzliche Heilmittel, welche einzelne Doshas stärken und das Gleichgewicht wieder herstellen sollen. Doch gleichzeitig wird der Patient auch ermutigt, eine gesunde geistige Grundhaltung in Form von Gleichmut und Frohsinn zu kultivieren, da negative Gemütszustände die körperliche Gesundheit in Mitleidenschaft ziehen können.

Traditionell bestand eine enge Verbindung zwischen Āyurveda und Yoga. Aktuell widmen einige Buchtitel sich der Frage, wie die Erkenntnisse des Āyurveda eingesetzt werden können, um z.B. Āsanas optimal auf die individuelle Konstitution des Üben­den abzustimmen.