Loe raamatut: «Hauptwerke: Der Kaufmann von Venedig, Der Widerspenstigen Zähmung, Die Komödie der Irrungen, Ein Sommernachtstraum, V...», lehekülg 14

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Zweite Szene

Platz vor dem Hause.

Es treten auf Luciana und Antipholus von Syrakus.

LUCIANA.

Vergaßest du in wenig Augenblicken

Des Gatten Pflicht? Und soll durch Mißverstand

Der Liebe Blüt' im Liebeslenz ersticken?

Der Bau zerfallen, der so schön erstand?

Hast du die Schwester um ihr Gold gefreit,

So heuchle ihr, dem Gold zu Liebe, Feuer;

Und glühst du sonst wo, tu's in Heimlichkeit;

Dein falsches Lieben hüll' in dunkle Schleier:

Die Schwester lese nicht in deinen Blicken,

Noch laß den Mund die eigne Schmach verkünden,

Daß Huld und Anmut deine Untreu' schmücken,

Kleid' als der Tugend Boten schnöde Sünden;

Verstellung berg' ihr deines Lasters Flecken

Und leihe dir der Heiligen Betragen;

Sei heimlich falsch; was mußt du's ihr entdecken?

Wird töricht wohl ein Dieb sich selbst verklagen?

Willst du sie zwiefach kränken, Unbeständ'ger,

An ihrem Tisch gestehn des Betts Verrat?

Schmach hat noch Scheinruhm, übt sie ein Verständ'ger,

Und böses Wort verdoppelt böse Tat.

Wir armen Frau'n! Gönnt uns doch nur den Glauben

(Wir sind ja ganz Vertraun), daß ihr uns huldigt;

Den Handschuh laßt, wollt ihr die Hand uns rauben;

Ihr wißt, wie gern ein liebend Herz entschuldigt.

Drum, lieber Bruder, geht zu ihr hinein,

Liebkost der Schwester, sprecht ihr freundlich zu:

's ist heil'ger Trug, ein wenig falsch zu sein,

Bringt süßes Schmeichelwort den Geist zur Ruh'.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Holdselig Kind, dein Nam' ist unbekannt mir,

Noch ahn' ich, wer dir meinen je genannt;

Du scheinst des Himmels Heiligen verwandt mir,

An Gnad' und Reiz, an Schönheit und Verstand.

Lehr' mich, Geliebte, prüfen, denken, sprechen;

Entfalte meinen irdisch groben Sinnen:

Wie mag ich, wahnumstrickt, betört von Schwächen,

Den Inhalt deines dunkeln Worts gewinnen?

Was strebst du, meine Seele zu entraffen,

Und lockst sie in ein unbekannt Gefild?

Bist du ein Gott? Willst du mich neu erschaffen?

Verwandle mich: dir folg' ich, schönes Bild! –

Doch, bin ich noch ich selbst, so zweifle nicht,

Nie war die eifersücht'ge Schwester mein; –

Nie weiht' ich ihrem Bette Schwur und Pflicht; –

Viel mehr, viel mehr ist meine Seele dein.

Laß ab, Sirene, mich mit süßen Liedern

In deiner Schwester Tränenflut zu locken;

Singst du für dich, wird trunkne Lieb' erwidern:

Breit' auf die Silberflut die goldnen Locken,

So holdem Lager will ich mich vertraun,

Und in der Täuschung des Entzückens wähnen:

Der triumphiert, der so den Tod mag schaun;

So sink' und sterbe Lieb' in sel'gem Sehnen! –

LUCIANA.

Wie sprecht Ihr fremd und allem Sinn entrückt!

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Fremd nur für jene, doch von dir entzückt! –

LUCIANA.

Die Sünd' entspringt in Euerm Aug' allein.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Blind schaute sich's an deiner Sonne Schein.

LUCIANA.

Schaut, wo Ihr sollt: das macht die Augen klar!

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Nacht sehn und blind sein, Lieb', ist gleich, fürwahr!

LUCIANA.

Ich Euer Lieb? Das muß die Schwester sein!

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Der Schwester Schwester!

LUCIANA.

Meine Schwester!

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Nein!

Du bist es selbst, des Herzens bester Teil,

Aug' meines Aug's, der Seele Seelenheil,

Des Lebens Inhalt, Hoffnung, Glück und Wonne,

Mein irdisch Heil und meines Himmels Sonne!

LUCIANA.

Das sollt' Euch alles meine Schwester sein!

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Dich nenne Schwester, denn ich bin nur dein;

Dir weih' ich Lieb' und Leben, nimm mich an:

Ich habe noch kein Weib, du keinen Mann;

Gib mir die Hand!

LUCIANA.

Ich bitt' Euch, seid nur still;

Ich muß erst sehn, ob auch die Schwester will.

Ab.

Dromio von Syrakus kommt.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Heda, was gibt's, Dromio? Wohin rennst du so eilig?

DROMIO VON SYRAKUS. Kennt Ihr mich, Herr? Bin ich Dromio? Bin ich Euer Diener? Bin ich Ich?

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Du bist Dromio, du bist mein Diener, du bist Du.

DROMIO VON SYRAKUS. Ich bin ein Esel, ich bin eines Weibes Diener, ich bin außer mir.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Welches Weibes Diener? und warum außer dir?

DROMIO VON SYRAKUS. Außer mir, mein' Seel'! denn ich gehöre einem Weibe an; einer, die mich in Anspruch nimmt, die mir nachläuft, die mich haben will!

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Wie nimmt sie dich in Anspruch?

DROMIO VON SYRAKUS. Nun, mein' Seel', wie Ihr Euer Pferd in Anspruch nehmt: wie eine Bestie will sie mich haben; – ich meine nicht, als ob ich eine Bestie wäre und sie mich haben wollte; sondern daß sie, als eine recht bestialische Kreatur, mich in Anspruch nimmt.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Wer ist sie?

DROMIO VON SYRAKUS. Ein sehr respektables Korpus; so eine, von der man nicht reden kann, ohne hinzuzusetzen: »mit Respekt zu melden«. Ich mache nur ein magres Glück bei der Partie, und doch ist's eine erstaunlich fette Heirat.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Wie meinst du das, eine fette Heirat?

DROMIO VON SYRAKUS. Mein' Seel, Herr, sie ist das Küchenmensch, und lauter Schmalz; ich wüßte nicht, wozu sie zu brauchen wäre, als eine Lampe aus ihr zu machen und bei ihrem eignen Licht vor ihr davon zu laufen. Ich wette, ihre Lumpen und der Talg darin brennen einen polnischen Winter durch; wenn sie bis zum Jüngsten Tag lebt, so brennt sie eine Woche länger als die ganze Welt.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Von welcher Farbe ist sie?

DROMIO VON SYRAKUS. Schwarz, wie meine Schuhe, aber ihr Gesicht ist lange nicht so rein; denn, warum? sie schwitzt, daß man bis über die Schuh' in den Schlamm zu waten käme.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Das ist ein Fehler, dem Wasser abhelfen wird.

DROMIO VON SYRAKUS. Nein, Herr, es ist zu echt; Noahs Flut würde nicht hinreichen.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Wie ist ihr Name?

DROMIO VON SYRAKUS. Nelle, Herr; aber ihr Name und Dreiviertel, das heißt 'ne Elle und Dreiviertel reichen nicht aus, sie von Hüfte zu Hüfte zu messen.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Sie ist also ziemlich breit?

DROMIO VON SYRAKUS. Nicht länger von Kopf zu Fuß, als von Hüfte zu Hüfte. Sie ist kugelförmig wie ein Globus; ich wollte Länder auf ihr entdecken.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Auf welchem Teile ihres Körpers liegt Schottland?

DROMIO VON SYRAKUS. Das fand ich aus an seiner Unfruchtbarkeit; recht auf der Fläche der Hand.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Wo Frankreich?

DROMIO VON SYRAKUS. Auf ihrer Stirn, bewaffnet und rebellisch und im Krieg gegen das Haupt.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Wo England?

DROMIO VON SYRAKUS. Ich suchte nach den Kalkfelsen, aber ich konnte nichts Weißes an ihr entdecken; doch denk' ich, es liegt auf ihrem Kinn, wegen der salzigen Feuchtigkeit, die zwischen ihm und Frankreich fließt.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Wo Spanien?

DROMIO VON SYRAKUS. Wahrhaftig, das sah ich nicht, aber ich spürte es heiß in ihrem Atem.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Wo Amerika? die beiden Indien?

DROMIO VON SYRAKUS. O Herr, auf ihrer Nase, die über und über mit Rubinen, Saphiren und Karfunkeln staffiert ist und ihren reichen Glanz nach dem heißen Atem Spaniens wendet, welches ganze Armadas von Galeeren mit Ballast für ihre Nase bringt.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS. Wo liegen Belgien und die Niederlande?

DROMIO VON SYRAKUS. Oh, Herr, so tief habe ich nicht nachgesucht. – Kurz, diese Drude, dieser Alp, legte Beschlag auf mich, nannte mich Dromio, schwur, ich habe mich ihr verlobt, erzählte mir, was für geheime Zeichen ich an mir trage, als den Fleck auf meiner Schulter, das Mal an meinem Halse, die große Warze an meinem linken Arm, so daß ich vor Schrecken davon lief wie vor einer Hexe; und wahrhaftig, wäre nicht mein Herz aus Glauben geschmiedet und meine Brust von Stahl, sie hätte mich in einen Küchenhund verwandelt und den Bratspieß drehen lassen.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Nun mach' dich auf und lauf zum Hafen schnell,

Und bläst vom Ufer irgend nur der Wind,

Weil' ich in dieser Stadt nicht über Nacht.

Geht heut ein Schiff noch ab, so komm zum Markt:

Da will ich dich erwarten, bis du heimkehrst. –

Wo jedermann uns kennt, und wir nicht einen,

Wär's Zeit wohl einzupacken, sollt' ich meinen.

DROMIO VON SYRAKUS.

Und wie der Wandrer vor dem Bären rennt,

Lauf' ich vor der, die meine Frau sich nennt.

Ab.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Von lauter Hexen wird der Ort bewohnt,

Drum ist es hohe Zeit, davon zu gehn.

Die hier Gemahl mich nannte, schafft mir Grau'n,

Als Frau zu denken; doch die schöne Schwester,

Begabt mit so viel holdem, mächt'gem Reiz,

So süßem Zauber in Gespräch und Umgang,

Macht fast mich zum Verräter an mir selbst. –

Doch, daß mich nicht verlocken diese Töne,

Schließ' ich mein Ohr der lieblichen Sirene.

Angelo tritt auf.

ANGELO.

Mein Herr Antipholus –

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Das ist mein Name!

ANGELO.

Nun ja, das weiß ich, Herr. Hier ist die Kette;

Ich dacht' im Stachelschwein Euch anzutreffen;

Die Kette war nicht fertig, darum säumt' ich.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Was wollt Ihr, daß ich mit der Kette tu'?

ANGELO.

Was Euch gefällt! Ich machte sie für Euch.

ANTIPHOLUS VON SYKARUS.

Für mich, mein Herr? Ich hab' sie nicht bestellt!

ANGELO.

Nicht einmal oder zwei: wohl zwanzigmal!

Geht heim damit und bringt sie Eurer Frau,

Und nach dem Abendessen sprech' ich vor

Und hole mir das Geld für meine Kette.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Ich bitt' Euch, Herr, empfangt das Geld sogleich,

Sonst möcht' Euch Kett' und Geld verloren gehn.

ANGELO.

Ihr seid recht aufgeräumt; gehabt Euch wohl!

Geht.

ANTIPHOLUS VON SYRAKUS.

Ich weiß nicht, was ich davon denken soll;

Doch denk' ich dies: es wird sich niemand grämen,

So reiches Kleinod zum Geschenk zu nehmen;

Auch seh' ich, leicht muß hier sich's leben lassen,

Wo man das Gold verschenkt auf allen Gassen.

Nun auf den Markt: auf Dromio wart' ich dort,

Und segelt heut ein Schiff, dann hurtig fort!

Geht ab.

Vierter Aufzug
Erste Szene

Straße.

Ein Kaufmann, Angelo und ein Gerichtsdiener treten auf.

KAUFMANN.

Ihr wißt, daß Ihr's zu Pfingsten zugesagt,

Und seit der Zeit hab' ich nicht nachgefragt,

Und tät's auch jetzt nicht, müßt' ich nicht durchaus

Nach Persien reisen und bedürfte Geld.

Drum leistet gegenwärtig Zahlung mir,

Sonst nehm' ich Euch in Haft durch diesen Häscher.

ANGELO.

Genau die Summe, die ich Euch verschrieb,

Soll ich erhalten von Antipholus;

Und eben jetzt, da Ihr mich traft, erhielt er

Von mir 'ne goldne Kette, deren Preis

Ich nachmittags um fünf erheben soll.

Gefiel's Euch, mitzugehn bis an sein Haus,

Zahlt' ich die Schuld und meinen Dank dazu.

Antipholus von Ephesus und Dromio von Ephesus kommen aus dem Hause der Kurtisane.

GERICHTSDIENER.

Die Mühe könnt Ihr sparen: seht, er kommt! –

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Derweil ich geh' zum Goldschmied, geh du hin

Und kauf' mir einen Strick, zum Angebinde

Für meine Frau und ihre Helfershelfer,

Weil sie mich aus dem Hause heut gesperrt; –

Doch halt! da ist der Goldschmied. Mach' dich fort,

Kauf' mir den Strick und bring' ihn mir nach Haus!

DROMIO VON EPHESUS.

Ich kauf' 'ne Rente von tausend Pfund!

Ich kauf' 'nen Strick! –

Geht ab.

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Der hat sich gut gebettet, der Euch traut!

Auf Euch und Eure Kette macht' ich Rechnung,

Doch Kette nicht noch Goldschmied sind gekommen.

Gelt, unsre Freundschaft schien Euch allzu fest,

Wenn wir sie ketteten? Drum kamt Ihr nicht! –

ANGELO.

Den muntern Scherz beiseit; hier ist die Note,

Wie viel sie wiegt, aufs äußerste Karat.

Des Goldes Feinheit und der Arbeit Kunst,

Dies, auf und ab, macht drei Dukaten mehr,

Als ich zu zahlen hab' an diesen Herrn.

Ich bitt' Euch, daß Ihr ihn sogleich befriedigt,

Er muß zur See und wartet nur darauf.

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Ich habe so viel bares Geld nicht bei mir

Und bin auch sonst noch in der Stadt beschäftigt.

Hört, Lieber, führt den Fremden in mein Haus,

Tragt meiner Frau die Kette hin und sagt ihr:

Daß sie dagegen Euch die Summe zahle;

Vielleicht auch bin ich dort so früh als Ihr.

ANGELO.

Ihr wollt ihr also selbst die Kette bringen?

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Nein, nehmt sie mit, ich könnte mich verspäten.

ANGELO.

Ganz wohl, mein Herr; habt Ihr die Kette bei Euch?

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Hab' ich sie nicht, so werdet Ihr sie haben;

Sonst mögt Ihr ohne Geld nach Hause gehn.

ANGELO.

Nein, jetzt in allem Ernst, Herr: gebt die Kette.

Denn Wind und Wetter dienen diesem Herrn,

Und leider hielt ich schon zu lang' ihn auf.

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Der Scherz, mein Gönner, meint Ihr, soll entschuld'gen,

Daß Ihr im Stachelschwein nicht Wort gehalten?

Ich sollte schelten, daß Ihr uns verfehlt;

Doch wie ein zänkisch Weib schmollt Ihr zuerst.

KAUFMANN.

Die Zeit verstreicht, ich bitt' Euch, macht ein Ende!

ANGELO.

Ihr hört, wie er mir lästig wird; die Kette ...

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Ei, gebt sie meiner Frau, und holt Eu'r Geld!

ANGELO.

Ihr wißt, daß ich sie eben jetzt Euch gab! –

Drum schickt die Kette oder sonst ein Zeichen!

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Pfui doch! das heißt den Spaß zu Tode jagen!

Wo ist die Kett'? Ich bitt' Euch, zeigt sie her!

KAUFMANN.

Ich hab' nicht Zeit für Eure Tändelei.

Sagt, Herr, wollt Ihr mir zahlen oder nicht?

Wo nicht, so überliefr' ich ihn dem Häscher.

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Euch zahlen? Sagt, was hätt' ich Euch zu zahlen?

ANGELO.

Das Geld, das Ihr mir schuldet für die Kette.

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Ich schuld' Euch keins, bis ich empfing die Kette.

ANGELO.

Ich gab sie Euch vor einer halben Stunde!

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Ihr gabt mir nichts! Ihr kränkt mich, dies zu sagen! –

ANGELO.

Mich kränkt viel mehr noch, Herr, daß Ihr mir's leugnet;

Bedenkt, wie mein Kredit darauf beruht!

KAUFMANN.

Nun, Häscher, nimm ihn fest auf meine Klage!

GERICHTSDIENER.

Gut; in des Herzogs Namen! folgt mir nach!

ANGELO.

Dies geht an meine Ehr' und guten Ruf;

Entweder willigt ein und zahlt die Summe,

Sonst setz' ich Euch in Haft durch diesen Häscher.

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Für etwas zahlen, das ich nie empfing?

Laß mich verhaften, Tropf, wenn du es wagst!

ANGELO.

Hier sind die Sporteln; Häscher, nehmt ihn fest!

Nicht meines Bruders schont' ich in dem Fall,

Macht' er mich ehrlos so auf offnem Markt.

GERICHTSDIENER.

Ich nehm' Euch fest, mein Herr: Ihr hört die Klage! –

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Ich folge, bis ich Bürgschaft dir gestellt; –

Doch Ihr, mein Freund, büßt mir den Spaß so teuer,

Daß all Eu'r Gold im Laden nicht genügt.

ANGELO.

Oh, Herr, ich finde Recht in Ephesus,

Zu Euerm höchsten Schimpf, das zweifelt nicht! –

Dromio von Syrakus kommt vom Hafen.

DROMIO VON SYRAKUS.

Herr, 's ist ein Schiff aus Epidamnus da,

Das nur noch wartet, bis der Reeder kommt,

Und dann die Anker lichtet. Unsre Fracht

Hab' ich an Bord gebracht, und eingekauft

Das Öl, den Balsam und den Aquavit.

Das Schiff ist segelfertig, lust'ger Wind

Bläst frisch vom Ufer, und sie warten nur

Auf ihren Reeder, Herr, und auf uns beide.

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Was, ein Verrückter noch? Du dummes Schaf,

Welch Schiff von Epidamnus wartet mein?

DROMIO VON SYRAKUS.

Das Schiff, das Ihr zur Überfahrt bestellt! –

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Du Trunkenbold! Ich hab' 'nen Strick bestellt;

Ich sagte dir's, zu welchem Zweck und Ende! –

DROMIO VON SYRAKUS.

Ihr hättet um ein Ende Strick geschickt?

Ihr schicktet mich zum Hafen um ein Schiff! –

ANTIPHOLUS VON EPHESUS.

Darüber sprechen wir zu beßrer Zeit

Und lehren deine Ohren besser hören.

Zu Adriana, Schlingel, lauf in Eil',

Bring' ihr den Schlüssel; sag ihr, in dem Pult,

Das mit dem türk'schen Teppich zugedeckt,

Sei eine Börse Gold, die laß dir geben;

Sag ihr: ich sei verhaftet auf der Straße,

Und dies mein Lösegeld. Nun eil' dich, Bursch! –

Jetzt ins Gefängnis, Häscher, bis er kommt.

Alle gehen ab, außer Dromio.

DROMIO VON SYRAKUS.

Zu Adriana? Das ist, wo wir speisten;

Wo Amaryllis mich zum Mann verlangt? –

Sie ist zu dick für mein Umarmen, hoff' ich!

Doch muß ich hin, obschon sehr wider Willen;

Ein Diener soll des Herrn Gebot erfüllen.

Geht ab.

Zweite Szene

Zimmer.

Adriana und Luciana, treten auf.

ADRIANA.

So stürmisch, Schwester, drang er auf dich ein?

War dir sein Aug' ein feierlicher Deuter?

Warb er in vollem Ernst? Ja oder nein?

Rot oder blaß? trübsinnig oder heiter?

Sind dir im Kampf der Leidenschaft erschienen

Des Herzens Meteor' auf seinen Mienen?

LUCIANA.

Er sprach zuerst, dir bind' ihn keine Pflicht.

ADRIANA.

Weil er sie nie erfüllt; o Bösewicht!

LUCIANA.

Er schwur: hier sei er Fremdling ganz und gar.

ADRIANA.

Da schwur er recht, obgleich es Meineid war.

LUCIANA.

Für dich dann sprach ich ...

ADRIANA.

Und was sagt' er dir?

LUCIANA.

Was ich ihn bat für dich, fleht' er von mir.

ADRIANA.

Mit was für Künsten wollt' er dich verführen?

LUCIANA.

War's treu gemeint, so konnt' er fast mich rühren:

Die Schönheit rühmt' er, dann der Rede Huld.

ADRIANA.

Sprachst du so huldreich?

LUCIANA.

Bitte dich, Geduld!

ADRIANA.

Die hab' ich nicht! Ich will den Zorn nicht stillen;

Der Zunge mind'stens lass' ich ihren Willen.

Er ist unförmlich, widrig, krumm und alt,

Wüst von Gesicht, von Körper mißgestalt';

Verderbt, unfreundlich, fern von aller Güte,

Ruchlos im Tun, und mehr noch im Gemüte.

LUCIANA.

Kann Eifersucht um solchen Mann uns plagen?

Wenn er entfloh, ich würd' es nicht beklagen.

ADRIANA.

Ach, Liebste! dennoch dünkt er mir der beste;

Säh'n ihn die andern nur mit scheelem Blick!

Der Kiebitz schreit nur, wenn er fern vom Neste:

Schmäht gleich mein Mund, mein Herz erfleht ihm Glück,

Dromio von Syrakus kommt.

DROMIO VON SYRAKUS.

Heda! das Pult! den Beutel! Sucht, geschwinde!

LUCIANA.

So atemlos?

DROMIO VON SYRAKUS.

Ich lief ja gleich dem Winde.

ADRIANA.

Wo ist dein Herr? Sprich, er ist doch gesund?

DROMIO VON SYRAKUS.

O nein! er steckt im tiefsten Höllenschlund.

Ihn packt ein Gnom, des Wams nicht zu verwüsten,

Des hartes Herz in Eisen eingeknöpft;

Ein Elf, ein Kobold, ohne Trost und Rührung;

Ein Wolf, ein Kerl in lederner Montierung;

Ein Spion, ein Schulterklopfer; ein Feind, der an den Mauern,

In Gäßchen, Winkeln, Schluchten und Buchten pflegt zu lauern;

Ein Spürhund, der die Quere läuft und kommt doch von der Stelle,

Und vor dem Jüngsten Tage die Seelen führt zur Hölle.

ADRIANA.

Nun, Mensch, was gibt's?

DROMIO VON SYRAKUS.

Was es gegeben, weiß ich nicht; genug, er ist in Haft.

ADRIANA.

In Haft? Wer hat ihm das nur angetan?

DROMIO VON SYRAKUS.

Ich weiß nicht, wer's ihm angetan, daß er jetzt sitzt im Block,

Doch weiß ich, war der angetan in einem Büffelrock.

Wollt Ihr als Lösung senden den Beutel dort im Pult?

ADRIANA.

Geh, hol' ihn, Schwester!

Luciana geht.

Seltsam, in der Tat,

Daß er vor mir verborgne Schulden hat!

Sprich, war's vielleicht wohl einer Bürgschaft Band?

DROMIO VON SYRAKUS.

Es war kein Band, es hielt ihn wohl noch stärker;

'ne goldne Kette bracht' ihn in den Kerker. –

– Hört Ihr sie klingen?

ADRIANA.

Was? die goldne Kette?

DROMIO VON SYRAKUS.

Nicht doch! Die Glocke mein' ich! Wie könnt Ihr nur mich plagen?

Zwei war es, da ich ging: nun hat's schon eins geschlagen.

ADRIANA.

Gehn jetzt die Stunden rückwärts? Ei, hört mir doch den Gecken!

DROMIO VON SYRAKUS.

Ja, wenn die Stunde Häscher sieht, so kehrt sie um vor Schrecken.

ADRIANA.

Als ob die Zeit verschuldet wär'! Wie das nun ganz verkehrt ist!

DROMIO VON SYRAKUS.

Zeit ist bankrott und schuldet mehr dem Zufall, als sie wert ist.

Dann ist die Zeit ein Dieb auch; habt auf den Spruch nur acht:

Die Zeit stiehlt sich von dannen, bei Tage wie bei Nacht;

Wenn sie nun stiehlt und Schulden hat, und ein Häscher sie fangen mag,

Hat sie nicht recht, zurück zu gehn eine Stunde jeden Tag?

Luciana kommt zurück.

ADRIANA.

Hier, Dromio, ist das Gold; gleich trag' es hin,

Und kehrt zurück, sobald ihr könnt, ihr beiden!

Tausend Gedanken kreuzen mir den Sinn,

Gedanken, bald zum Trost mir, bald zum Leiden.

Sie gehn ab.

Žanrid ja sildid
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