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Sechste Scene

Herzog. Macht uns Plaz ihr andern – Versuch es noch zum leztenmal, Cäsario; geh noch einmal zu dieser schönen Unerbittlichen; sag ihr, meine Liebe lege einer Menge von ausgebreiteten Erdschollen die man Ländereyen heißt, keinen Werth bey; sag ihr, die Güter die das Glük ihr zugelegt habe, seyen in meinen Augen so eitel als das Glük selbst; ihr Gemüth allein, dieses Wunder, dieses unvergleichliche Kleinod, das die Natur so schön gefaßt hat, ziehe meine Seele an, und wenn sie die ganze Welt zum Brautschaz hätte, so würde sie in meinen Augen nicht reizender seyn.

Viola.

Aber wenn sie euch nun nicht lieben kan, Gn. Herr?

Herzog.

Ich will keine solche Antwort haben.

Viola. Aber wie dann, wenn ihr müßt? Sezet den Fall, es gäbe eine junge Dame, wie es vielleicht eine giebt, die aus Liebe zu euch diese nemliche Quaal in ihrem Herzen fühlte, die ihr für Olivia fühlt; und ihr könntet sie nicht lieben, und ihr sagtet ihr das; müßte sie sich diese Antwort nicht gefallen lassen?

Herzog. Es giebt kein weibliches Herz das stark genug wäre, den Sturm einer so heftigen Leidenschaft auszuhalten, wie die meinige ist – es giebt keines, das groß genug wäre, eine solche Liebe zu fassen. Ihre Liebe verdient mehr den Namen eines flüchtigen Gelusts, sie reizt nur ihren Gaumen, nicht ihre Leber, und endigt sich bald durch Überfüllungen Ekel und Abscheu; da die meinige hingegen so hungrig ist wie die See, und eben so viel verdauen kan. Mache keine Vergleichung zwischen der Liebe die ein Weibsbild für mich haben kan, und der meinigen für Olivia.

Viola.

Gut, und doch weiß ich —

Herzog.

Was weißst du?

Viola. Nur zuwohl was für einer Liebe die Weibsbilder zu den Mannsleuten fähig sind. Aufrichtig zu reden, sie haben so getreue Herzen als wir immer. Mein Vater hatte eine Tochter die jemand so sehr liebte, als ich vielleicht, wenn ich ein Weibsbild wäre, Euer Gnaden lieben würde.

Herzog.

Und was ist ihre Geschichte?

Viola. Ein weisses Blatt Papier: Nie entdekte sie ihre Liebe sondern ließ ihr Geheimniß, gleich einem Wurm in der Knospe, an ihrer Rosenwange nagen: Sie verschloß ihre Quaal in ihr Herz, und, in blasser hinwelkender Schwermuth, saß sie wie die Geduld auf einem Grabmal, und lächelte ihren Kummer an. War das nicht Liebe, wahre Liebe? Wir Männer mögen mehr reden, mehr schwören, aber daß wir besser lieben, daran läßt sich zweiffeln, ohne uns Unrecht zu thun; wir zeigen immer mehr als wir fühlen – und unsre Liebe ist oft desto schwächer, je stärker wir sie ausdruken.

Herzog.

Aber starb deine Schwester an ihrer Liebe, Junge?

Viola.

Ich bin alle Töchter die von meines Vaters übrig sind, und alle Brüder dazu – und doch weiß ich nicht – Gnädigster Herr, soll ich zu dieser Dame gehen?

Herzog. Ja, das ist die Sache. Eile zu ihr; gieb ihr dieses Kleinod; sag ihr, meine Liebe könne und werde sich nicht abtreiben lassen.

(Sie gehen ab.)

Siebende, achte und neunte Scene. (Jungfer Maria hatte mit den beyden würdigen Junkern Sir Tobias und Sir Andreas, in der vierten Scene den Plan zu einem kleinen Streich angelegt, den sie, zu ihrer allerseitigen Belustigung, dem Malvolio, einem einbildischen, in sich selbst verliebten, dummen und dabey sehr feyrlichen Gesellen, spielen wollten. Dieses Complott wird nun in diesen dreyen Scenen ausgeführt. Maria schreibt in ihrer Gebieterinn Namen einen Brief worinn Oliviens Hand so gut als möglich nachgeahmt ist, und legt ihn an einen Ort, wo ihn Malvolio finden muß. Man kan sich vorstellen, was für närrisches Zeug ein solcher Bursche anzugeben fähig ist, da er Oliviens eigne Hand dafür zu haben glaubt, daß sie sterblich in ihn verliebt sey. Alles was wir aus diesem Intermezzo der Übersezung würdig halten, ist das Gespräch des Malvolio das er mit sich selbst hält, eh und da er den unterschobnen Brief findet, und aus welchem wir nur die abgeschmakten Ausruffungen, Schwüre und Parenthesen weglassen, welche die beyden Junkers a parte machen.)

(Die Scene ist in Olivias Garten.)

(Maria zu Sir Tobias, Sir Andreas und Fabian.)

Maria. Geht, verbergt euch alle drey in die Laube dort; Malvolio kommt diesen Gang herauf; er stuhnd schon diese halbe Stunde lang dort in der Sonne, und gesticulirte gegen seinem eignen Schatten – gebt auf ihn acht, ich bitte euch, ihr werdet Spaß davon haben: Denn ich bin sicher, dieser Brief wird ihn in die lächerlichste Betrachtungen versenken – Haltet euch still, wenn ihr euch nicht selbst einen Spaß verderben wollt – lieg du da —

(Sie wirft den Brief hin, und entfernt sich.)

(Malvolio tritt auf; mit sich selbst redend.)

Malvolio. Es kommt alles aufs Glük an, alles aufs Glük! Maria sagte mir neulich, sie könne mich überaus wohl leiden, und ich habe selbst gehört, daß sie sich herausgelassen hat, wenn sie sich verlieben wollte, so müßt' es in einen von meiner Figur seyn. Überdem begegnet sie mir immer mit einer gewissen Achtung, das sie sonst für keinen von ihren Bedienten thut. Was soll ich von der Sache denken – das wäre mir eins, Graf Malvolio – Man hat doch dergleichen Exempel – Die Princessin von Thracien heurathete einen Bedienten von der Garderobe – Wenn ich dann drey Monate mit ihr verheurathet wäre, und sässe da auf meinem Guthe – und rieffe meine Officianten um mich herum, in meinem ausgeschnittnen Samtnen Rok – nachmittags, vom Ruhbette aufgestanden, wo ich Olivia schlafend gelassen hätte – und dann nähm ich den Humor an den mein Stand erforderte; gienge, die Hände kreuzweis auf den Rüken gelegt, ganz ernsthaft auf und ab, schaute sie dann mit einem kalten, überhinfahrenden Blik an, und sagte ihnen, ich wisse wer ich sey, und wünschte, sie möchten auch wissen wer sie seyen – fragte nach meinem Onkel Tobias – Sechs oder Sieben von meinen Leuten führen dann plözlich auf, und rennten einander nieder vor Eilfertigkeit ihn aufzusuchen; indessen mach ich eine weil' ein finstres Gesicht, ziehe vielleicht meine Uhr auf, oder tändle mit dem Schaupfenning an der goldnen Kette, die ich um die Schultern hängen habe – Dann kommt Tobias herbey, macht seine Verbeugungen sobald er mich erblikt – ich streke meine Hand so gegen ihn aus, und lösche mein vertrauliches Lächeln mit einem strengen herrischen Blik – sag ihm, Onkel Tobias, da mein Schiksal mich eurer Nichte zugeworfen hat, so hoff ich das Recht zu haben zu reden – ihr müßt euer starkes Trinken lassen – und zudem verderbt ihr eure kostbare Zeit mit einem närrischen Junker – einem gewissen Sir Andreas – He? was giebts hier zu thun? —

(Er hebt den Brief auf.)

Bey meinem Leben, das ist der Gnädigen Frau ihre Hand: Das sind ihre natürlichen C., ihre U., und ihre T., und so macht sie ihre grosse P. Es ist ihre Hand, da ist nicht dawider einzuwenden – (Dem Geliebten Ungenannten dieses und meine Zärtlichsten Wünsche:) Das ist ihre Schreib-Art: Mit Erlaubniß, Wachs. Sachte! Und das Sigel ihre Lucretia, mit der sie alle ihre Briefe zu sigeln pflegt: An wen mag das seyn?

(Das ich lieb', ist euch, ihr Götter, kund; aber wen, verschweige stets, mein Mund) Das soll also ein Geheimniß seyn? – Seltsam! was folgt weiter? Aber wen, verschweige stets mein Mund – wie wenn du das wärest, Malvolio? – Sachte, hier haben wir auch Prosa – "Wenn dieses in deine Hände kommt, so liese es mehr als ein mal. Mein Gestirn hat mich über dich gesezt, aber fürchte dich nicht vor Grösse; einige werden groß gebohren, andre arbeiten sich zu Grösse empor, andern wird sie zugeworffen. Dein glükliches Schiksal öffnet seine Arme gegen dich; habe den Muth ihm entgegen zu eilen; und um dich bey Zeiten an das zu gewöhnen, was du wahrscheinlicher Weise werden wirst, so wirf dein allzu demüthiges Betragen von dir, und zeige dich in einem vortheilhaftern Lichte. Begegne meinem Vetter zuversichtlich, und den Bedienten trozig; rede von Staats-Sachen; nimm in allen Stüken etwas sonderliches an. Das ist der Rath derjenigen, die für dich seufzet. Erinnre dich, wer dir rieth gelbe Strümpfe zu tragen und sie unter dem Knie zu binden. Ich sag', erinnre dich daran; (Geh, geh, du bist ein gemachter Mann, wenn du nur willst: Wo nicht, so bleibe dann dein Lebenlang ein Hausmeister, der Camerad von Bedienten und unwürdig Fortunens Finger zu berühren. Adieu. Sie, die geneigter ist, deine Sclavin zu seyn, als dir zu gebieten, o glüklicher Sterblicher)" – Sonnenlicht kan nichts klärer machen als das ist – Das heiß' ich klar. Ja, ich will stolz seyn, ich will politische Bücher lesen, ich will Sir Tobiesen scheeren, ich will mit meinen vorigen Bekannten thun, als kennt' ich sie nicht, kurz, ich will thun, wie mein Herr selbst. Es ist offenbar, daß ich mir nicht zu viel schmeichle, daß es keine blosse Einbildung ist; alles überzeugt mich, daß die Gnädige Frau verliebt in mich ist. Sie ermahnte mich lezthin gelbe Strümpfe zu tragen, sie lobte meine Beine – und hier haben wir's wiederum, und auf eine Art, als ob sie es für eine Gefälligkeit aufnehmen wolle, wenn ich mich nach ihrem Geschmak puze. Dank sey meinen Sternen, ich bin glüklich: Ich will so fremde thun, daß man mich nicht mehr kennen soll, gelbe Strümpfe tragen, und sie unter den Knien binden, und das gleich diesen Augenblik. Jupiter und mein Gestirn sey gepriesen! – Hier ist noch ein Postscript – (Es ist unmöglich daß du nicht errathen solltest wer ich bin – wenn dir meine Liebe angenehm ist, so zeig es durch dein Lächeln; das Lächeln läßt dir gar zu gut. Lächle also immer in meiner Gegenwart, mein Allerliebster, ich bitte dich darum) – Jupiter! ich danke dir! Ich will lächeln, ich will alles thun, was du von mir verlangst.

(ab.)

Dritter Aufzug

Erste Scene

(Olivia's Garten.)

 

(Ein wiziger Wett-Kampf zwischen Viola und dem Narren.)

Zweyte Scene

(Sir Tobias mit seinem Freund, zu den Vorigen.)

(Bald darauf auch Olivia und Maria.)

Dritte Scene

(Olivia und Viola allein.)

Olivia.

Gebt mir eure Hand, mein Herr.

Viola.

Mit meinen unterthänigsten Diensten, Gnädige Frau.

Olivia.

Wie ist euer Name?

Viola.

Cäsario ist euers Dieners Name, schöne Princessin.

Olivia.

Meines Dieners, mein Herr? Die Welt hat ihre beste Anmuth verlohren, seitdem man erdichtete Gesinnungen Complimente nennt: Ihr seyd des Herzogs Orsino Diener, junger Mensch —

Viola. Und also der eurige, Gnädige Frau. Der Diener euers Dieners, muß nothwendig auch euer Diener seyn.

Olivia. An ihn denk' ich nun gar nicht; ich wollte, seine Gedanken wären lieber gar leer als mit mir angefüllt.

Viola. Gnädige Frau, ich komme in der Absicht, eure schönen Gedanken zu seinem Vortheil zu wenden.

Olivia. O, mit eurer Erlaubniß, ich bitte euch – Ich sagt' euch ja, ihr möchtet mir nichts mehr von ihm sagen. Ihr könntet eine andre Sayte rühren, wo ich euch lieber hören wollte als Musik aus dem Himmel.

Viola.

Gnädige Frau —

Olivia. Mit Erlaubniß, wenn ich bitten darf. Ich schikte euch, nach der lezten zaubrischen Erscheinung, die ihr hier machtet, einen Ring nach. Es war ein Schritt, dessen Bedeutung ihr nicht mißverstehen konntet, und der mich vielleicht in euern Augen herabgesezt hat. Was konntet ihr davon denken? Habt ihr deßwegen so nachtheilig von meiner Ehre gedacht als ein unempfindliches Herz denken kan? Einem von euerm Verstand, ist genug gesagt; ein Cypern, nicht ein Busen dekt mein armes Herz. Und nun laßt hören, was ihr zu sagen habt.

Viola.

Ich bedaure euch.

Olivia.

Das ist eine Stuffe zur Liebe.

Viola.

Nicht allemal; wir bedauren oft sogar unsre Feinde.

Olivia.

Wie dann, so ist es Zeit wieder zu lächeln. O Welt, wie geneigt die Armen sind stolz zu seyn! Wenn man ja zum Raube werden muß, so ist es doch besser durch einen Löwen zu fallen als durch einen Wolf.

(Die Gloke schlägt.)

Die Gloke wirft mir vor daß ich die Zeit verderbe. Fürchtet euch nicht, guter junger Mensch, ich mache keine Ansprüche an euch; und doch wenn Verstand und Jugend bey euch zur Reiffe gekommen seyn werden, so wird eure Frau, allem Ansehen nach, einen feinen Mann haben: Hier ligt euer Weg, westwärts.

Viola. So wünsch' ich Euer Gnaden Vergnügen und guten Humor; habt ihr mir nichts an meinen Herrn aufzugeben, Madam?

Olivia.

Warte noch; ich bitte dich, sage mir was du von mir denkst?

Viola.

Ich denke, ihr denkt ihr seyd nicht was ihr seyd.

Olivia.

Wenn ich so denke, so denk ich das nemliche von euch.

Viola.

Und so denkt ihr recht, ich bin nicht was ich bin.

Olivia.

Ich wollt' ihr wäret wie ich euch wünschte.

Viola. Würd' ich besser seyn, Madam, als wie ich bin? Ich wollt es wäre so, denn izt bin ich euer Narr.

Olivia. Wie anmuthig selbst Verachtung und Zorn auf seinen schönen Lippen sizt.* Mördrische Schuld verräth sich nicht schneller, als Liebe die sich verbergen will: Die Nacht der Liebe ist Mittag. Cäsario, bey den Rosen des Frühlings, bey meiner jungfräulichen Ehre und Treue, und bey allem in der Welt, ich liebe dich so sehr, daß, troz allem deinem spröden Wesen, weder Wiz noch Vernunft meine Leidenschaft verbergen kan. Erzwinge dir daher, daß ich dir mein Herz selbst antrage, keinen Grund es zu verschmähen; denke lieber so, (du wirst so richtiger denken) gesuchte Liebe ist gut; aber ungesucht geschenkt, ist sie noch besser.

Viola. Ich schwöre bey meiner Unschuld und Jugend, ich habe Ein Herz, Einen Busen, und Eine Treue, und diese hat kein Weibsbild; noch wird jemals Eine Meisterin davon seyn als ich selbst. Und hiemit, adieu, Gnädiges Fräulein; niemals werd' ich mich wieder gebrauchen lassen, euch meines Herrn Thränen vorzuweinen.

Olivia. Komm nichts desto minder wieder; vielleicht mag es dir endlich gelingen, dieses Herz, das izt seine Liebe verabscheut, zu einer zärtlichern Gesinnung zu bewegen.

(Sie gehen ab.)