Loe raamatut: «Zwischen Knast und Alltag», lehekülg 5

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Es tut mir übrigens so leid, wenn ich höre, wie unschön deine letzten Jahre verlaufen sind. Das hast du definitiv nicht verdient. Im Gegenteil, nach all dem hast du es verdient, dass dich jemand verwöhnt und dich glücklich macht. Aber dafür bin ich ja jetzt da.

»Da hat er natürlich recht«, lache ich zufrieden.

Ja, auch nicht leibliche Kinder sind beim Besuch erlaubt, es gibt sogar eine kleine Spielecke.

Das ist ja klasse! Also, wenn das dort so relaxt ist, mit Cafeteria und Spielecke, dann kann ich die Zwerge demnächst doch ganz einfach mitnehmen.

Ich wollte früher schon eine Familie, sonst hätte ich bestimmt nie geheiratet und auch keine kleine Prinzessin. Meine Tochter war ein absolutes Wunschkind von uns beiden. Was danach passierte, ist für mich bis heute nicht nachvollziehbar. Meine Ex-Frau hat sich im siebten Monat von mir getrennt. Sie hat mich von Anfang an nur belogen und meine Gutmütigkeit gnadenlos ausgenutzt. Es ist eine lange Geschichte, die ich dir gern mal ausführlich erzähle. Du wirst schockiert sein, dass ein Mensch so berechnend sein kann.

John tut mir leid.

Nach der Scheidung und dem ganzen Stress habe ich mich vor allem zur Ablenkung wieder voll in die Arbeit gestürzt. Eigentlich bin ich ein totaler Familienmensch, von daher schaffe ich mir doch liebend gern gleich »eine ganze Familie« an. Außerdem bin ich ein sehr geduldiger und verständnisvoller Mensch. So schnell bringt mich nichts aus der Ruhe, auch keine anstrengenden Nächte mit den Kurzen.

John wird sich umschauen, wie anstrengend Nächte sein können.

Zum Thema perfekte Frau, das ist nicht so leicht zu beantworten, weil jeder Mensch zum Glück sehr individuell ist und einen bestimmten Typ »Traumfrau« habe ich nicht. Natürlich ist die Optik sehr wichtig (jeder, der etwas anderes behauptet, belügt sich damit selbst), aber das allein macht noch lange keinen »perfekten« Partner aus. Was ich nicht mag, sind Frauen, die keine eigene Meinung haben und sich nur nach mir richten. Ich möchte eine selbstbewusste Frau an meiner Seite, die ihren eigenen Kopf hat und diesen auch mal durchsetzt.

Ich finde es auch sehr wichtig, dass man über alles sprechen kann und dies auch tut. So vermeidet man unnötige Missverständnisse durch fehlende Kommunikation. Dinge wie Treue, Ehrlichkeit und so weiter sind für mich selbstverständlich. Na, und dass ich meine Frau verwöhnen möchte, ist für mich total normal und macht mir Spaß. Ob nun mit Frühstück am Bett, einem schönen Essen, einer Massage oder eben auch, dass ich mich nachts um die Kinder kümmere, so dass du liegen bleiben kannst. All das mache ich doch gerne für die Frau an meiner Seite.

Also, auf so einen Mann an meiner Seite warte ich gerne zwei Jahre!

By the way, ich bin sehr sportlich, trinke nicht jeden Abend (ich trinke sowieso nicht oft beziehungsweise viel), bin sehr humorvoll, bin natürlich immer für meine Partnerin da, auch wenn es ihr schlecht geht (Selbstverständlichkeit), ich hasse es Spielchen zu spielen, finde Vertrauen enorm wichtig und bei mir darfst du dich jederzeit fallen lassen. Von daher bin ich ja wohl der perfekte Partner für dich!

Fast schon zu perfekt für meine Bedürfnisse, aber daran könnte ich mich zur Not gewöhnen.

So, mein süßer Schatz, inzwischen ist es zehn vor drei, ich bin hundemüde, aber ich wollte dir einfach heute noch schreiben und bei so vielen Fragen, die ich zu beantworten hatte, ist der Brief auch gleich etwas länger geraten. Ich werde jetzt kurz schlafen und von dir träumen. In drei Stunden muss ich schon wieder raus. Ich denk an dich, Lara! Liebe Grüße, dein John

Mein erster Besuch in einer JVA

Die Jungs sind bereits oben in ihren Betten. Ich schaue auf die Uhr. Zwischen achtzehn und einundzwanzig Uhr kann man in Kaisheim wegen der Besuchstermine anrufen. Ich probiere es jetzt einfach! Was habe ich schon zu verlieren? Ich suche die Telefonnummer raus. Mein Herz pocht wie wild, als es klingelt. Ich bin total aufgeregt. Passiert ja nicht alle Tage, dass man in einer Justizvollzugsanstalt anruft. Außerdem weiß ich gar nicht so richtig, was ich eigentlich fragen möchte.

»Justizvollzugsanstalt Kaisheim, Grüß Gott!« Ich sage meinen Namen, stammle etwas von meinem ausgefüllten Besucherzettel, den ich schon vor drei Wochen abgeschickt habe und möchte gerne einen Termin ausmachen. »Jetzt mal langsam!«, unterbricht mich der Beamte. »Wie heißen Sie und wen möchten Sie besuchen?« Ich erzähle ihm noch einmal, wer ich bin und dass ich gerne John Jackson sehen möchte, wir aber immer noch nichts hinsichtlich des rosa Antrags gehört haben. »Moment mal bitte.« Er legt den Hörer beiseite und ich warte eine gefühlte Ewigkeit.

»Da haben Sie Glück«, meldet er sich freundlich zurück. »Der ist inzwischen bewilligt worden. Wann möchten Sie Herrn Jackson denn besuchen?« Ich zögere keine Sekunde: »Wären eventuell gleich morgen Nachmittag die vollen zwei Stunden möglich?« »Das kann ich Ihnen leider jetzt nicht zusagen. Im Moment schaut es ganz gut aus, aber ich weiß nicht, wer noch anruft.« »Okay, dann probiere ich es auf gut Glück und komme morgen um dreizehn Uhr. Muss ich noch etwas Spezielles mitbringen?« »Ihren Personalausweis oder Reisepass und wenn Sie möchten zwei Euro, dass sich der Gefangene zwei Tafeln Schokolade holen darf.«

In Gedanken stelle ich mir das gerade bildlich vor, Johns Gesicht, wenn ich ihm zwei Euro in die Hand drücke. Der lacht sich doch kaputt. John hat immer so viel verdient und ich gebe ihm Geld für Schokolade. Ich lache beinah laut los.

Erst nach dem Telefonat überlege ich, wie ich den morgigen Tag organisiere. Einmal mehr werde ich meine Mom bitten müssen, mir mit den Jungs zu helfen. Was sage ich ihr eigentlich, wo ich plötzlich so dringend hinfahren muss? Ich werde ewig unterwegs sein, denn zusätzlich zu dem hoffentlich zweistündigen Besuch, muss ich ja noch jeweils zwei Stunden Fahrtzeit hin und zurück einrechnen.

Meine Mom weiß bisher nichts von John, nicht einmal von der Annonce hatte ich ihr erzählt. Ich rufe sie an und schiebe für morgen Nachmittag einen Arztbesuch in München vor. Zum Glück hat sie Zeit und ist einverstanden. Ich kann ihr die Kinder am Vormittag bringen.

Dann stelle ich schelmisch grinsend fest, dass ich John morgen ganz schön überfallen werde. Er weiß vielleicht noch gar nicht, dass mein Besucherantrag endlich bewilligt worden ist.

Und was ziehe ich an? John hat mich vierzehn Jahre nicht gesehen. Aussehen ist ihm total wichtig. Den ganzen Abend probiere ich verschiedene Oberteile an und entscheide mich schließlich für die Ich-bin-wie-ich-bin-Variante mit Jeans, rotem New-York-City-Top und einem Hilfiger-Pulli drauf. Das ist es ja gerade, was ich mir von diesem Besuch erhoffe, dass wir uns entweder noch genauso verstehen und mögen wie damals oder aber wir stellen fest, es passt nicht und dann bitte sofort! Denn so aufgewühlt und unter Strom wie die letzten Wochen, das stehe ich nicht mehr lange durch. Auch diese Nacht schlafe ich schlecht, immer wieder läuft der morgige Tag vor meinen Augen ab. Und doch wird er komplett anders, als ich mir das vorgestellt habe.

In der Früh sind die Jungs begeistert von der Idee, heute einen Omi-Tag einzulegen. »Yay. Yippie! Zur Omi fahren!«, tönt es wie aus einem Mund. »Mit Omi Kuchen backen!«, ruft Nic munter durchs Haus und Felix singt hinterher: »Kuchen backen, Kuchen backen.« Ihre Sachen sind gepackt, nach dem Frühstück geht es los. Somit kann ich noch ein wenig dabeibleiben und muss die Jungs nicht so abrupt verlassen. Gegen halb elf mache ich mich auf den Weg. Dank Navi und relativ leeren Straßen bin ich viel zu früh in Kaisheim.

Briefpapier habe ich seit Wochen immer dabei und inzwischen ist es fast schon zur Gewohnheit geworden, dass ich jede freie Minute nutze, um John zu schreiben. Warum nicht auch auf dem Parkplatz vor der JVA. Wenn ich mir das hier so anschaue, sieht das Gebäude vor mir überhaupt nicht aus wie ein Gefängnis, eher wie ein altes Kloster. Ich hatte mir ein Gefängnis immer mit einer hohen Mauer und Stacheldraht vorgestellt. Erscheint optisch also gar nicht so schlimm.

Somit bin ich am letzten Junitag, gut drei Monate nach meiner Annonce, das erste Mal in einer Justizvollzugsanstalt. »Na dann, in wenigen Minuten weiß ich mehr«, mit diesen Worten steige ich aus. Den Brief nehme ich mit. Das Porto kann ich mir sparen und John bekommt ihn einen Tag früher als mit der Post. Ich gehe zur Tür und klingle. Ein komisches Gefühl durchfährt mich. Wieder habe ich schweiß-nasse Hände. Am Empfang gebe ich meinen Ausweis ab und bekomme einen Schlüssel. Ich frage, ob ich den Brief für John hier abgeben kann. Der Beamte wundert sich, warum der so dick ist: »Aber Geld ist keines drin, oder?« Ein wenig überrascht antworte ich: »Nein, nur Fotos von den Kindern.«

Danach folgt ein Sicherheitscheck genau wie am Flughafen. Langsam gehe ich durch die Lichtschranke. Es piepst. »Haben Sie einen Gürtel um?« »Ja, hab ich.« Ich lege ihn ab und versuche es erneut. Wieder piepst es. »Ziehen Sie bitte Ihre Stiefel aus!« Jetzt klappt es und ich darf mich wieder ankleiden. Ich denke mir meinen Teil und werde durch die große Eisentür in den Besucherraum geführt. Eigentlich muss ich noch auf die Toilette, aber ich möchte John nicht länger warten lassen.

Die Minuten, die ich im Warteraum verbringe, fühlen sich an wie Stunden. Meine Hände sind inzwischen eiskalt. Ich lese den Hinweis mit den Besuchervorschriften bestimmt schon zum fünften Mal, als ich endlich aufgerufen werde: »Besuch für Jackson!« Ich stehe auf und gehe langsam durch die Tür. Mein Herz klopft mir bis zum Hals.

Da kommt John schon auf mich zu. Sein breites Grinsen hat er nicht verloren. Meine Knie werden weich. Dieses Strahlen in seinen Augen lässt mich alles um mich herum vergessen. Am liebsten würde ich ihm direkt um den Hals fallen. Aber ich habe es ja gerade mehrfach gelesen: »Am langen Tisch bitte keinen Berührungskontakt zum Gefangenen. Auch das ungeöffnete Getränk muss vom Wärter kontrolliert und übergeben werden.«

John scheint das offensichtlich nicht zu interessieren. Er nimmt mich in den Arm, drückt mir einen Kuss auf die Wange und wir setzen uns an einen Tisch. Auf mein verdutztes Gesicht hin und meinen Hinweis auf die Besuchervorschriften lächelt John mich an und meint: »Keine Sorge, Süße, diese Regeln gelten nur für den langen Tisch da drüben hinter der Scheibe. Dort sitzen die Gefangenen, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben.«

An unserem Tisch fühlt es sich in der Tat relativ normal an. Hier auf dieser Seite vom Raum stehen circa acht bis zehn kleine Tische mit jeweils vier Stühlen und wir sitzen ganz vorne neben der Tür. Ich erzähle John, dass ich mir unter Cafeteria etwas völlig anderes vorgestellt hatte. Das Einzige, was man hier kaufen kann, sind Getränke, eine Suppe oder einen Schokoriegel aus dem Automaten.

John beschreibt mir bildhaft, wie überrascht er gerade war, als sein Chef zu ihm sagte: »Besuch für Sie, Herr Jackson. Eine Frau Gruber.« »Gruber? Lara Gruber? Ich bin dann mal weg!« Dann sei er mit klopfenden Herzen zum anderen Ende des Gebäudes gesprintet, um hierher zu gelangen. Er hatte keine Ahnung, dass ich ihn heute schon treffen würde. Keiner hatte ihm Bescheid gegeben. Er wurde bisher noch nicht einmal bezüglich des inzwischen genehmigten Besucherscheins kontaktiert. Überglücklich schaue ich John einfach nur an. Er sieht blass aus und müde.

Genau wie damals, schafft er es mit seiner natürlichen Art sehr schnell, mich in ein Gespräch zu verwickeln. Zwischenzeitlich vergesse ich sogar, wo wir uns befinden. Es fühlt sich gut an hier bei John. Er versteht meine Witze, gemeinsam können wir über die ganze Situation lachen und er nimmt meine Scherze genauso auf, wie ich sie meine. Ich glaube, ich fresse John förmlich auf, so wie ich ihn die ganze Zeit anstarre. Trotzdem kann ich seine Gefühle nicht einschätzen. Warum nur schaut er dauern zum Wärter vorne an der Tür? Immer wieder dreht er sich zu ihm um. Ich ignoriere es und genieße die gemeinsame Zeit, die wir haben.

Nach einer Stunde füllen sich drei weitere Tische. Ich habe Schiss, dass wir unser erstes »Date« schon wieder beenden müssen. Doch wir haben Glück und dürfen die komplette Besuchszeit nutzen. Erst nach knapp zwei Stunden wird John darauf aufmerksam gemacht, dass er der Nächste ist. Es ist ein komisches Gefühl. Relativ förmlich verabschieden wir uns. Ich sage John, dass er auf sich aufpassen soll und er wünscht mir eine gute Fahrt. Aufgewühlt gehe ich zur Tür, während John genau in die andere Richtung des langen Gangs abgeführt wird. Offenbar zeitgleich drehen wir uns um und wie im Film treffen sich unsere Blicke noch ein letztes Mal.

Dann bin ich wieder draußen und kann endlich auf die Toilette gehen. Schon in diesem Moment schießen mir tausend Gedanken durch den Kopf. So viel mehr wollte ich John eigentlich fragen. Letztlich haben wir fast gar nicht über UNS gesprochen, sondern vielmehr darüber, warum er genau hier ist, wie es ihm hier drinnen geht, was er arbeitet und über seine Ex. Ich verlasse den abgesperrten Bereich durch die große schwere Eisentür, hole meine Sachen aus dem Schließfach und bekomme meinen Ausweis wieder. Fünf Minuten später sitze ich im Auto nach Hause. Allein. Mit dem Kopf voller Gedanken.

Ich stelle fest, dass ich keinen Deut schlauer bin als vorher, außer vielleicht der Bestätigung für mich selbst, dass ich noch immer genauso intensiv für John fühle wie damals. Aber darum ging es mir doch gar nicht! Das wusste ich schon vorher. Eigentlich wollte ich von ihm wissen, was er meint, wie es mit uns weitergehen soll und ob wir tatsächlich noch eine Chance miteinander haben. Nichts dergleichen hatte ich John gefragt.

Echte Gefühle

Drei Tage warten. Drei Tage, die sich anfühlen wie drei Wochen. Doch heute, ich stehe gerade in der Küche am Fenster, da kommt die Post. Gleichzeitig klingelt das Telefon und meine Mom ist am Apparat. Ich höre ihr mit halbem Ohr zu und platze währenddessen fast vor Neugier. Wie hat John unser erstes Treffen nach all den Jahren erlebt? Ich renne hinaus, hole die Post und fange direkt an zu lesen.

Hallo mein Schatz!

Das war ja heute eine riesige Überraschung, als du auf einmal vor mir standst. An so einen schönen Anblick würde ich mich zu gern gewöhnen.

Ich gefalle ihm also auch noch?

Du hast mich damit sehr glücklich gemacht. Ich hätte dich am liebsten gar nicht mehr gehen lassen.

Da ging es mir nicht anders. Nur hätte ich John viel lieber mitgenommen, denn »Ferienlager«, wie wir seinen Aufenthalt seit unserem Treffen nennen, war noch nie so mein Ding.

Übrigens war ich total nervös. Das macht sich bei mir unter anderem auch dadurch bemerkbar, dass ich dann immer viel zu viel rede. Und ich glaube, vorhin habe ich geplappert wie ein Wasserfall, oder? Ich bin heilfroh, dass es nun doch so schnell geklappt hat und wir mehr als nur eine Stunde Zeit hatten. Mir haben sie übrigens immer noch nichts von dem genehmigten Besucherschein mitgeteilt.

Wer weiß, wie lange der schon bearbeitet dort herumlag? Da hat uns meine Ungeduld zur Abwechslung mal richtig in die Karten gespielt.

Ich weiß ja nicht wie es dir geht, aber jetzt, nachdem ich dich hier bei mir hatte, möchte ich mir ein Leben ohne dich gar nicht mehr vorstellen.

Das hat er süß geschrieben. Ich hoffe, er meint es tatsächlich so.

Was denkst du jetzt nach unserem ersten »Date« nach all den Jahren? Ich wusste gar nicht so recht, wie ich dich verabschieden sollte, weil ich dich am liebsten in den Arm genommen und nie wieder losgelassen hätte. Ich kann eigentlich nur hoffen, dass du ebenso begeistert von mir bist, wie ich es von dir bin.

Jetzt komme ich mal zurück auf deinen Brief, den ich ja auch noch an diesem perfekten Tag bekommen habe. Ich kann kaum glauben, dass dir in den letzten Jahren nie jemand gesagt hat, was für eine wundervolle Frau du bist. Andererseits bin ich natürlich auch froh darüber, weil wir uns sonst vermutlich nie wiedergefunden hätten.

Wo er recht hat, hat er recht. Ein bisschen mehr Gefühl und eine etwas liebevollere Art von meinem Ex, ich hätte ihn nie im Leben verlassen. Ich wollte doch nichts sehnlicher, als mit meiner kleinen Familie glücklich sein.

Ich hoffe, dass du nach heute meine Briefe auch weiterhin abends lesen kannst und sie dich nun nicht mehr so aufwühlen.

Das hoffe ich auch, denn es ist gerade nachts, wenn ich noch nicht so ganz an dieses Märchen mit uns in der Hauptrolle glauben kann.

Dass dein Selbstbewusstsein im Keller ist, finde ich absolut unbegründet! Für mich bist du optisch super attraktiv, sollte es dich interessieren.

»Natürlich interessiert es mich!«, lächle ich glücklich.

Du fragst, was meine Idealvorstellung von unserer gemeinsamen Zukunft wäre?

Gut, dass ich ihm diese Frage wenigstens im Brief gestellt hatte, wenn ich schon unter vier Augen nicht dazugekommen bin.

Zuallererst natürlich, dass wir die momentane Situation so schnell wie möglich überstehen und hinter uns lassen. Dann möchte ich ganz einfach mit euch, meiner kleinen Familie, zusammen sein, alles Mögliche unternehmen, den Kindern alles bieten, was sie benötigen, dich verwöhnen und unterstützen, vielleicht ein nettes kleines Häuschen mit Garten, aber vor allem würde ich jeden Tag mit dir an meiner Seite genießen und dankbar dafür sein, dass ich so ein Glück hatte, dich noch einmal kennenlernen zu dürfen.

Diese Antwort ist mehr, als ich je zu hoffen gewagt hätte. Ein nicht enden wollendes Lächeln beschreibt meinen momentanen Gefühlszustand wohl am besten.

Vielen Dank für die Fotos, mein Schatz. Sie hängen schon an meiner Pinnwand. Die hebe ich für unsere Kinder und Enkelkinder auf.

Woran der schon wieder denkt, grinse ich vor mich hin.

Ich hoffe doch sehr, es ist ein Versprechen, wenn du sagst, dass ich dich nicht mehr loswerde.

Definitiv! Nur so zum Spaß tue ich mir diese brutalen zwei Jahre bestimmt nicht an!

So mein Schatz, nun schnell in den Umschlag mit dem Brief, damit du ihn ganz bald bekommst. Ich bin so glücklich, dass es dich in meinem Leben gibt. Ich denk an dich und drück dich ganz fest. HDL! Liebe Grüße und einen dicken Kuss, dein John

Ich bin geplättet. Liebevollere Worte hätte ich mir von keinem Mann der Welt nach einem ersten Treffen wünschen können. Meine Ängste, dass sich zwischen uns vieles geändert haben muss, sind mir damit fürs Erste genommen. Es fühlt sich mit einem Mal alles so richtig, so perfekt, so angekommen an – nahezu unglaublich und unglaublich schön.

Drei Tage später habe ich wieder Post.

Hallo mein lieber Schatz!

Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich gerade gefreut habe, als ich deinen Brief bekam. Ich habe nämlich schon voller Sehnsucht darauf gewartet. Du weißt doch, wie neugierig ich bin. Und natürlich war ich total gespannt darauf, was du zu uns sagst, jetzt wo wir uns endlich wiedersehen durften. Dass du ebenso positiv über uns denkst, macht mich unsagbar glücklich. Ich würde dich jetzt so gern in den Arm nehmen, mein Schatz. Ich vermisse dich total. Ich bin heute nicht einmal hoch in die Redaktion gegangen, weil ich dir sofort antworten wollte.

Süße, logisch habe ich mitbekommen, wie sehr es dich gestört hat, dass ich hin und wieder mal eine Zigarette rauche.

Und ob mich das gestört hat! Eins ist sicher, für mich und meine Kinder kommt ein Raucher definitiv nicht in Frage!

Keine Sorge, meine Süße, bei mir ist das wirklich so, dass ich nicht rauchen muss. Du wirst mich auch nie rauchen sehen, weil ich darauf gar keine Lust habe, wenn ich mit einer Frau zusammen bin, die nicht raucht und erst recht nicht, wenn ich Kinder um mich herum habe. Unabhängig davon, habe ich unmittelbar nach unserem Treffen entschieden, dass ich auch das Gelegenheitsrauchen einstelle. Ich bin nun also wieder zu einhundert Prozent Nichtraucher.

Haha! Der kann mir viel erzählen. So, wie Johns Klamotten nach Zigaretten gestunken haben, wird er gerade da drinnen damit aufhören. Ich glaub ihm kein Wort.

Süße, mach dir nicht so viele Gedanken darüber, dass du, wenn ich meine Ausgänge habe, keine eigene Wohnung hast oder es aufgrund der großen Entfernung und der Kinder schwierig wird, dass wir uns regelmäßig sehen und, und, und. Wir bekommen das alles hin, wirst sehen! Die Hauptsache ist doch, dass wir uns haben und unser gemeinsames Leben als Familie bald genießen können.

Naja bald? Augenverdrehend schüttle ich den Kopf.

Übrigens kann ich sehr wohl richtig abschalten. Das war zwar nicht immer so, aber inzwischen geht das schon. Außerdem für dich und die Zwerge nehme ich mir natürlich so viel Zeit wie nur möglich.

Leicht gesagt aus seinem derzeitigen Domizil heraus.

Süße, ich hätte auch niemals gedacht, dass ich erst auf eine Anzeige antworten muss, um meine Traumfrau zu finden. Und dass diese Traumfrau jetzt tatsächlich zwei Jahre auf mich wartet, rechne ich ihr ganz hoch an.

Ja, dieses Weihnachten bin ich wohl leider hier mit meinen »Ferienlagerkumpels« noch einmal allein. Am liebsten wäre ich bei euch, mein Schatz. Im nächsten Jahr können wir dann aber in jedem Fall gemeinsam feiern.

Hehe, ein gutes Steak wäre wirklich klasse gewesen. Nur leider darf man hier tatsächlich nichts mit reinbringen, noch nicht einmal Babygläschen oder Spielzeug für die Kinder sind erlaubt. Aber im Ernst, alles was ich brauche bist du, mein Schatz. Weder ein Steak, noch ein Stück Kuchen oder eine Tafel Schokolade sind wichtig, Hauptsache, du bist da!

Und Süße, es macht mir überhaupt nichts aus, dass ich zukünftig, wie du es so schön nennst, »Aufbauarbeit« leisten muss. Ganz im Gegenteil! Wenn ich lese, wie du deine letzten Jahre verbracht hast und womit du zu kämpfen hattest, dann durchfährt mich einfach nur ein nicht nachzuvollziehendes Unverständnis. Wie kann man eine so wundervolle Frau nur so behandeln? Ich kann so etwas absolut nicht verstehen, aber ich bin da wohl komplett anders.

Na, das hoffe ich. Aber das Gute ist, erstens habe ich diese Zeit hinter mir und zweitens kann ich jetzt alles was kommt viel besser genießen. Da geht es John bestimmt ähnlich. Er wird die Welt nach dieser momentanen Zwangsauszeit auch mit anderen Augen sehen.

Für mich gibt es nichts Schöneres, als meine Partnerin glücklich zu machen und sie zu verwöhnen. Und wenn es doch einmal etwas gibt, womit der andere ein Problem hat, dann sprechen wir einfach darüber und finden ganz sicher eine gemeinsame Lösung. Das ist es doch, was eine gute Beziehung ausmacht, nicht wahr?

Ich nicke zustimmend.

WAS? Du hast noch nie ein Frühstück ans Bett bekommen? Das werden wir auf jeden Fall ändern! Wenn du in der Früh noch schläfst, schnappe ich mir den Nic und dann machen wir dir ein Frühstück, geliefert bis ans Bett.

Klar kannst du mit zu den Bayern ins Stadion kommen. Süße, ich nehme dich überall mit hin, ebenso wie unsere Zwerge. Schließlich sind wir doch eine Familie. Außerdem ist das für die Jungs sicherlich alles sehr spannend.

Wow! Jetzt spricht er sogar schon von »unseren« Zwergen und einer »Familie«. Das klingt für mich noch wie ein Traum.

Warum warst du dir denn nach unserem Treffen nicht sicher, dass ich so positiv darüber schreiben würde? Lara, ich habe es wirklich ernst gemeint. Ich bin super glücklich, dass du wieder in mein Leben zurückgekommen bist und ich möchte mir mein Leben ohne dich gar nicht mehr vorstellen. Ich bin in Sachen Gefühlsäußerungen vor allem zu Beginn eher zurückhaltend und vorsichtig, aber bei dir fühlt sich jetzt schon alles so richtig an. Ich bin mir – Aus welchem Grund auch immer? – so sicher mit dir, dass ich mir auch keine Sorgen mache, verletzt zu werden.

Unsere gemeinsame Zukunft vor Augen, nehme ich mir fest vor, ich bin für diesen Mann da. Ich werde diese zwei Jahre schaffen! Komme was wolle.

Was für eine Frage, Süße, natürlich möchte ich, dass du mich wieder besuchen kommst. Unter der Woche ist es immer am besten, weil dann weniger los ist und man eigentlich fast immer mehr als eine Stunde bekommt.

Aber am Wochenende kann ich die Jungs viel leichter unterbringen.

Wie gesagt, mein Schatz, für mich seid ihr meine kleine Familie und für meine Familie und dass es ihr gut geht, tue ich alles, was notwendig ist. Das wirst du schon noch merken. Ich lasse meinen Worten viel lieber Taten folgen, so dass du sehen kannst, dass alles, was ich sage/schreibe, auch so gemeint ist. Auch wenn mir da im Moment leider noch ein wenig die Hände gebunden sind.

Ich kann nicht anders, ich glaube John, und dennoch werde ich den Gedanken nicht los, dass es ein Leichtes für ihn ist, in seiner Situation diese Worte zu schreiben.

So, meine Süße, jetzt werde ich mich wieder unter meine Decke kuscheln – in Gedanken nehme ich dich mit – und von dir träumen. Hab dich lieb! Dicker Kuss, dein John

Ich lese diesen Brief bestimmt noch fünf Mal und schlafe irgendwann darüber ein.

Tasuta katkend on lõppenud.

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