Loe raamatut: «Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht», lehekülg 31

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2. Vor der Novelle 2008: Wettbewerbsförderungsabsicht

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Für Handlungen, die vor der Novelle 2008 stattgefunden haben, ist als subjektive Komponente zusätzlich noch die Wettbewerbsförderungsabsicht erforderlich: In der Regel begründet das objektive Vorliegen einer Wettbewerbshandlung die Vermutung einer Wettbewerbsabsicht. Eine Ausnahme von dieser Regel gilt jedoch für Presse, Rundfunk und Telemedien, wenn diese im Rahmen ihrer Berichterstattung in den Wettbewerb eingreifen.[38] Die Wettbewerbsförderungsabsicht als subjektive Voraussetzung fehlt demgemäß in der Regel, wenn Medienunternehmen oder Journalisten über Produkte berichten oder diese kritisieren.[39] Derartige Stellungnahmen sind Ausfluss der freien Berichterstattung,[40] auch wenn diese sich faktisch auf Mitbewerber auswirken können. In derartigen Fällen kann die Wettbewerbsförderungsabsicht nicht vermutet werden, sondern muss positiv festgestellt werden.[41] Die Privilegierung findet allerdings nur im publizistischen Kernbereich Anwendung und nicht im Rahmen des Werbe- und Anzeigengeschäfts.[42]

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Anders zu beurteilen sind jedoch Fälle, in denen Wettbewerber Produkte in redaktionellen Berichten bewerben wollen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Berichten durch Personen, die außerhalb des Medienunternehmens stehen und eigenen Berichten des Medienunternehmens. Im ersten Fall reicht allein der Umstand, dass Autoren für ein Unternehmen tätig sind, das sie hervorheben, noch nicht für eine Wettbewerbsförderungsabsicht i.S.d. UWG-Novelle 2004. Es müssen weitere Umstände hinzukommen wie z.B. eine Nennung des Arbeitgebers, auch wenn diese nicht erforderlich ist.[43] Erfolgt eine Produktempfehlung wie im zweiten Fall durch das Medienunternehmen selbst, kommt es darauf an, ob eine werbliche Hervorhebung vorliegt. Eine solche ist unzulässig. Liegt keine werbliche Hervorhebung vor, ist in einer Produktempfehlung nicht unbedingt ein Wettbewerbsverstoß zu sehen.[44] Es ist vielmehr an den Unternehmen, Berichte in eigener journalistischer Verantwortung zu erstellen. Gesondert zu betrachten sind jedoch Fälle, in denen ein Unternehmen am Erfolg eines Produkts beteiligt ist. Dann kann Wettbewerbsförderungsabsicht vorliegen.[45] Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang auch Fälle, in denen Interviewpartner oder Gäste einer Sendung Produkte erwähnen. Wenn dies vorher abgesprochen war, kann darin eine Wettbewerbsförderungsabsicht liegen. Wenn keine Absprache vorliegt, ist der Moderator angehalten, eventuelle Werbung durch Lenkung des Gesprächs zu verhindern.

III. Verbot unterschwelliger Werbung

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Die unterschwellige Werbung fiel vor der Novelle 2015 als Unterfall der menschenverachtenden Werbung unter § 4 Nr. 1 UWG 2008. § 4 Nr. 1 UWG 2008 ist nun in § 4a UWG über aggressive geschäftliche Handlungen aufgenommen worden.[46] Danach handelt unlauter, wer eine aggressive geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die dieser andernfalls nicht getroffen hätte. § 4a UWG bezweckt den Schutz der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer[47] und ist erst zu prüfen, wenn kein Tatbestandsmerkmal des Anhang § 3 Abs. 3 UWG erfüllt ist.[48]

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Die unterschwellige Werbung kann nach der UWG-Reform 2015 als aggressiv gem. § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (Nötigung einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt) oder Nr. 3 UWG (unzulässige Beeinflussung) einzuordnen sein. [49] Das Verbot des § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG enthält in Übereinstimmung mit Art. 8 UGP-Richtlinie den Aggressionstatbestand der Nötigung.[50] Hier können sich Schnittmengen mit Tatbeständen des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ergeben. Darüber hinaus überschneidet sich der Nötigungstatbestand des Nr. 2 mit der unzulässigen Beeinflussung nach Nr. 3, ohne dass eine exakte Abgrenzung möglich ist. Eine trennscharfe Unterscheidung ist allerdings auch nicht erforderlich, weil die Rechtsfolge der Unterlauterkeit die Gleiche ist.[51]

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Als aggressive geschäftliche Handlung kann auch die unterschwellige, subliminale Werbung einzuordnen sein, bei der der Umworbene überhaupt nicht mehr die Möglichkeit hat, sich die Werbebotschaft bewusst zu machen.[52] Subliminale Werbung liegt vor, wenn der Verbraucher sie rational nicht mehr erfasst, sie jedoch „unter der Schwelle seines Bewusstseins“ wahrnimmt. Bei der subliminalen Werbung werden Produkte, Slogans oder Marken kurzzeitig eingeblendet. Die Werbebotschaft erfolgt versteckt und nur für den Bruchteil einer Sekunde, wird vom Unterbewusstsein aber wahrgenommen und führt zur Beeinflussung der Kaufentscheidung. Der manipulative Charakter steht im Vordergrund. Ähnlich wie bei der getarnten Werbung[53] nimmt der Betroffene sie nicht wahr und hat keine Möglichkeit, sich ihr zu entziehen.[54] Über die spezialgesetzlichen Verbote in § 7 Abs. 3 S. 2 RStV und § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG[55] hinaus, wonach keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden dürfen bzw. kommerzielle Kommunikationen klar erkennbar sein müssen, ist subliminale Werbung generell unlauter wegen Nötigung bzw. unzulässiger Beeinflussung der Verbraucher gem. § 4a Abs. 1 Nr. 2 bzw. 3 UWG.

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Nach anderer Ansicht ist die unterschwellige Werbung unter das Verbot der verdeckten Werbung in § 5a Abs. 6 UWG einzuordnen, da dem Adressaten der subliminalen Werbung die Möglichkeit der bewussten Wahrnehmung und die Grundlage einer bewussten Kaufentscheidung genommen wird.[56]

IV. Verbot getarnter Werbung

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Je nach Art eines Mediums, in dem eine Werbung getarnt wird, kann dem Verhalten Dritter unterschiedliche Bedeutung beigemessen werden. Dementsprechend gelten auch unterschiedliche spezialgesetzliche Regelungen für Presse, Rundfunk und Telemedien.[57] Ein Verstoß gegen sie stellt zugleich einen Rechtsbruch nach § 3a UWG (entspricht § 4 Nr. 11 UWG 2008) dar, da sie Marktverhaltensregelungen zum Schutze der Verbraucher sind.

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Das Verhältnis der spezialgesetzlichen Reglungen i.V.m. § 3a UWG zu § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG und zu § 5a Abs. 6 UWG ist umstritten. Zum Teil wird angenommen, die spezialgesetzlichen Regelungen seien selbstständig neben § 5a Abs. 6 UWG anwendbar.[58] Spezialgesetzliche Regelungen sind z.B. die Trennungsgebote in §§ 7, 7a, 8, 8a, 58 RStV oder in den Landespressegesetzen. Verstöße gegen diese Vorschriften seien grds. unlauter unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs i.S.v. § 3a UWG, sofern eine geschäftliche Handlung vorliegt. Daneben komme ein Verstoß gegen §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 6 UWG im Hinblick auf die Täuschung der Hörer und Zuschauer über den Werbecharakter einer zum Programmteil gehörenden Sendung in Betracht. Ein Verstoß gegen § 10 Landespressegesetz BW (BW LPrG) sei beispielsweise unlauter unter dem Gesichtspunkt der Verschleierung des Werbecharakters i.S.v. § 5a Abs. 6 UWG.[59] Nach der „noch“ herrschenden Meinung läge „auch“ ein Rechtsbruch i.S.d. § 3a UWG vor.[60] Nach dieser Ansicht können Verstöße gegen spezialgesetzliche Regelungen den Tatbestand des Rechtsbruchs erfüllen und nach § 3 Abs. 1 UWG geahndet werden.[61]

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Nach anderer Ansicht ist vorrangig ein Rechtsbruch gem. § 3a UWG zu prüfen,[62] so auch der BGH im Fall GOOD NEWS II: Gegenstand der Prüfung waren zwei redaktionell aufgemachte Beiträge, die nicht in ausreichendem Maße als Anzeigen gekennzeichnet waren. Das strikte Gebot der Kenntlichmachung von Anzeigen wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich verletzt, wenn der präzise Begriff der Anzeige vermieden und stattdessen ein unscharfer Begriff (vorliegend „Sponsored by“) gewählt wird. Die Kennzeichnung der Beiträge mit den Wörtern „Sponsored by“ reicht nicht aus, um den Anzeigencharakter der Veröffentlichungen zu verdeutlichen. Entscheidend ist, ob der werbliche Charakter einer Veröffentlichung für einen durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Leser bereits auf den ersten Blick ohne jeden Zweifel und nicht erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags erkennbar ist.[63] Es lag ein Verstoß gegen das Gebot der Trennung von Beiträgen mit redaktionellem Inhalt und Werbung des § 10 LPrG BW vor. Bei § 10 LPrG BW handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG. Die Marktverhaltensreglung verfolgt zum einen das Ziel, die Irreführung der Leser zu verhindern, zum anderen, die Objektivität und Neutralität der Presse zu erhalten. Damit soll – auch außerhalb des geschäftlichen Verkehrs – der Gefahr eines sachfremden Einflusses auf die Presse begegnet werden. Insofern erfüllt das presse- und medienrechtliche Trennungsgebot eine wichtige Funktion zum Schutz der Objektivität und Neutralität der Presse und des Rundfunks, die allein durch ein lauterkeitsrechtliches Verbot der redaktionellen Werbung nicht erfüllt werden könnte.[64] Die Anwendung des § 10 LPrG BW erfordert nach Ansicht des BGH nicht, dass es sich um eine Werbeanzeige handeln muss. Die Sponsoren werden in unmittelbarem Zusammenhang mit den redaktionellen Beiträgen genannt. Dadurch wird zumindest mittelbar der Absatz der Waren oder Dienstleistungen der genannten Sponsoren gefördert. Es ist nicht erforderlich, dass in dem Beitrag das geförderte Produkt kenntlich gemacht wird. Ein Einsatz zu Zwecken der Verkaufsförderung ist anzunehmen, wenn ein Unternehmer die Absicht hat, durch den bezahlten redaktionellen Artikel den Absatz seiner Waren oder Dienstleistungen zu fördern. Von einer solchen Absicht ist immer dann auszugehen, wenn der Beitrag – wie im vorliegenden Fall – objektiv eine Werbung enthält.[65] Es kommt auch nicht darauf an, ob das Entgelt gerade für die konkret in Rede stehende Veröffentlichung bezahlt wurde. Der für § 10 LPrG BW erforderliche Zusammenhang zwischen Finanzierung und Veröffentlichung ist daher auch dann gegeben, wenn der Unternehmer an den Verleger vorab ein Entgelt zahlt, damit seine getarnte Werbung in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen veröffentlicht wird. Der Verleger muss das Entgelt nicht in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Veröffentlichung erhalten. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass der Inhalt der in Rede stehenden redaktionellen Beiträge nicht von den Sponsoren beeinflusst worden ist.[66]

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Ein Rechtsbruch nach § 3a UWG liegt z.B. auch vor, wenn auf der Facebook-Seite eines Unternehmens gepostete Bilder nicht vom Unternehmen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (hier PKW-EnvKV) kommentiert werden, selbst die Fotos nicht vom Unternehmen selbst, sondern von einem Fan gepostet wurden.[67]

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Darüber hinaus ist getarnte Werbung wettbewerbsrechtlich in § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG sowie in § 5a Abs. 6 UWG (ersetzt den früheren § 4 Nr. 3 UWG 2008) geregelt. § 3 Abs. 3 i.V.m. Nr. 11 Anhang UWG ist vorrangig zu prüfen. Nach § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG. Stets unzulässig ist der vom Unternehmer finanzierte[68] Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung,[69] ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung). Die Feststellung der Unzulässigkeit nach § 3 Abs. 3 UWG erfolgt ohne Spürbarkeits- bzw. Relevanzprüfung (per-se Verbot).[70] § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG setzt zwingend voraus, dass der Unternehmer die getarnte Werbung bezahlt hat, wobei hier jede Gegenleistung, auch in Form von Waren, Dienstleistungen oder Anzeigenaufträgen, in Betracht kommt.[71]

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Ist die Handlung nicht nach § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG unzulässig, erfolgt eine Prüfung nach § 5a Abs. 6 UWG.[72] § 5a Abs. 6 UWG enthält das Verbot der verdeckten Werbung.[73] Die Regelung entspricht dem presserechtlichen Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Teil und gilt für alle Medien (Presse, Film, Hörfunk und Fernsehen). Schon nach der Gesetzesbegründung zur UWG-Novelle 2004 wurde das medienrechtliche Schleichwerbeverbot ausdrücklich auf alle Formen der Werbung ausgedehnt. Es erfasste auch die Tarnung sonstiger Wettbewerbshandlungen.[74] Nach der UWG-Novelle von 2008, in der der Begriff der Wettbewerbshandlung durch den der geschäftlichen Handlung ersetzt wurde, liegt gem. § 4 Nr. 3 UWG 2008 eine Verschleierung vor, wenn das äußere Erscheinungsbild einer geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass die Verbraucher (oder sonstigen Marktteilnehmer) den Werbecharakter bzw. den geschäftlichen Charakter nicht klar als solchen erkennen.[75] Das UWG 2015 stellt nun auf das Fehlen der Kenntlichmachung des kommerziellen Zwecks ab. Nach § 5a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Der kommerzielle Zweck stellt keine Besonderheit einer geschäftlichen Handlung dar. Vielmehr wohnt jeder geschäftlichen Handlung schon definitionsgemäß (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) ein geschäftlicher und somit ein kommerzieller Zweck inne, weil sie „zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens“ erfolgt, also unternehmerischen Interessen dient, gleichviel ob es um die Förderung des Absatzes oder Bezugs oder den Abschluss oder die Durchführung eines Vertrags geht.[76] § 5a Abs. 6 UWG beschränkt sich nicht auf das Verbot der getarnten Werbung, sondern bezieht sich auf alle geschäftlichen Handlungen.[77] Maßgeblich ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers.[78]

V. Formen getarnter Werbung

1. Allgemeines

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Es ist zu unterscheiden zwischen verschiedenen Formen getarnter Werbung und redaktioneller Werbung (Schleichwerbung) einerseits (wobei die Grenzen fließend sind) sowie Produktplatzierung andererseits. Getarnte Werbung liegt beispielsweise vor, wenn Anzeigen in Zeitschriften und Zeitungen für den „flüchtigen Durchschnittsleser“[79] nicht erkennbar sind, weil sie nicht als solche gekennzeichnet sind.

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Die Tarnung kann verschiedentlich erfolgen:[80] Unlauter handelt, wer vorgibt, sich wissenschaftlich oder fachlich zu äußern, obwohl er in Wahrheit werben will. Wenn bei scheinbar privaten Äußerungen der kommerzielle Zweck verschleiert wird, die Äußerungen in Wahrheit aber der Förderung eines Unternehmens dienen, liegt Unlauterkeit vor. Besondere Bedeutung kommt dabei den sozialen Netzwerken zu. Die Entwicklung ermöglicht immer neue Formen der Verschleierung von Werbung. Ein Beispiel ist der Einsatz von „influencers“, die im Internet posten und bestimmte Produkte empfehlen. Wenn sie Werbung mit Inhalten vermischen und der Nutzer nicht erkennt, dass es sich um Werbung handelt, liegt Unlauterkeit vor. Ein Indiz ist die Zahlung eines Entgelts.[81] Die Grenze zur Unlauterkeit beispielsweise ist überschritten, wenn für die Betätigung des „gefällt mir“ Buttons auf Facebook ein Entgelt bezahlt werden soll. Gleiches gilt für nutzergenerierte Inhalte (sog. „User Generated Content“) Postings, Tweets und Einträge in Blogs und Bewertungsportale.[82] Getarnte Werbung liegt aber auch vor, wenn beispielsweise einem Werbebrief der Anschein einer privaten Mitteilung oder eines amtlichen Dokuments gegeben wird, um erhöhte Aufmerksamkeit zu generieren.[83]

2. Redaktionelle Werbung/Schleichwerbung

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Ein Unterfall der getarnten Werbung ist die redaktionelle Werbung. Es wird ein neutraler oder objektiver Bericht, also ein redaktioneller Beitrag vorgetäuscht, wo es sich in Wirklichkeit um eine Anzeige handelt.[84] Redaktionelle Werbung kann weitaus wirksamer sein als eine gekennzeichnete Werbung. Der Verbraucher wird aber getäuscht, wenn ihm statt redaktioneller Inhalte bezahlte Werbung nahe gebracht wird.[85] Redaktionelle bzw. Schleichwerbung ist gem. § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG bzw. § 5a Abs. 6 UWG verboten. Wenn ein Entgelt bezahlt wird, greift in der Regel schon der vorrangig zu prüfende Tatbestand des § 3 Abs. 3 Anhang Nr. 11 UWG. Der Rundfunkstaatsvertrag, der das ausdrückliche Verbot der Schleichwerbung für Rundfunk und fernsehähnliche Telemedien enthält,[86] definiert Schleichwerbung als die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Unternehmens in Sendungen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit über ihren Zweck irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt. Das Wettbewerbsrecht wird relevant, wenn der Beitrag das Ziel hat, den Wettbewerb des Unternehmens zu fördern, was stets anzunehmen ist, wenn ein Entgelt gezahlt oder erwartet wird.[87] Unlauter ist es insbesondere, Anzeigen im Stil und in der Aufmachung von redaktionellen Beiträgen zu veröffentlichen, ohne den Anzeigencharakter zu verdeutlichen.[88] Verbraucher messen fachlichen Äußerungen grds. mehr Bedeutung bei als den Werbeaussagen eines Unternehmens.[89]

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Redaktionelle Werbung kann daher auch dann wettbewerbswidrig sein, wenn kein Entgelt bezahlt wird. Voraussetzung ist, dass der Beitrag ein Unternehmen oder seine Produkte über das sachlich notwendige Maß hinaus werbend darstellt. Unlauter nach § 5a Abs. 6 UWG handelt daher, wer vorgibt, sich zu einer Frage fachlich zu äußern, in Wahrheit aber für ein bestimmtes Unternehmen werben will.

Eine übermäßig werbende Berichterstattung liegt z.B. vor, wenn Namen oder Hersteller genannt werden, obwohl dies zur Informationsvermittlung nicht nötig ist.[90] Werbung erscheint so unter dem Deckmantel eines redaktionellen Beitrags. Der Rezipient erwartet im redaktionellen Teil eine objektiv-kritische, nicht von gewerblichen Interessen geleitete Information einer unabhängigen Redaktion als Beitrag zur Meinungsbildung, nicht aber eine von Eigeninteressen des Werbenden geprägte Reklame.[91] Werbung im Gewande eines redaktionellen Beitrags führt daher regelmäßig zur Irreführung des Lesers oder Zuschauers durch Verschleierung des Werbecharakters der Veröffentlichung[92] und erfüllt daher den Tatbestand des § 5a Abs. 6 UWG.

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Die übermäßige Werbung ohne sachliche Rechtfertigung wird von der Rechtsprechung anhand mehrerer Kriterien geprüft. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls wie Inhalt, Anlass und Aufmachung des Beitrags und das Vorliegen eines publizistischen Anlasses zu prüfen.[93] Ein publizistischer Anlass ist gegeben, wenn im Hinblick auf das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit sachliche Gründe für die Nennung eines Unternehmens oder Produkts bestehen. Ein solcher Anlass bestehe nicht mehr, wenn eine Unterrichtung der Leser oder Zuschauer auch ohne Nennung einer bestimmten Marke geschehen könne.[94] Hinsichtlich Inhalts und Aufmachung muss für den Leser bereits auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar sein, dass es sich der Sache nach um Werbung für den Hersteller des ausgelobten Produkts handelt. In diesem Zusammenhang genügt es nicht, dass der Verkehr die äußerst positive Beschreibung des Produkts erkennt. Er muss vielmehr sofort und zweifelsfrei erkennen, dass diese Beschreibung der Bewerbung des Produkts dient und nicht von der Redaktion verantwortet wird.[95] Als redaktionelle Werbung wurde daher ein redaktioneller Beitrag gewertet, der das Produkt über das durch eine sachliche Information bedingte Maß hinaus werbend dargestellt hatte.[96] Wettbewerbswidrig ist nach der Rechtsprechung des BGH z.B. die Bezeichnung namentlich genannter Ärzte und Anwälte als die „500 besten Ärzte Deutschlands“[97] und die „500 besten Anwälte Deutschlands“[98]. Die Veröffentlichung sog. Bestenlisten diene der unzulässigen Förderung fremden Wettbewerbs, die von einer entsprechenden Absicht getragen sei. Es liege keine journalistische Recherche vor, sondern die Informationen beruhen auf Empfehlungen von außen. Die Wettbewerbsförderungsabsicht ergebe sich durch die übermäßig anpreisende Darstellung bestimmter Marktteilnehmer.[99] Mit der Erhöhung bestimmter Marktteilnehmer gehe eine Herabsetzung anderer einher. Unlauterkeit ist dann gegeben, wenn keine sachlichen, nachprüfbaren und aussagekräftigen Beurteilungskriterien zu Grunde liegen. Eine unzulässige redaktionelle Werbung liegt z.B. vor, wenn ein Unternehmen oder ein Produkt pauschal angepriesen wird,[100] eine Marke optisch besonders hervorgehoben wird oder der Kauf eines Produkts geradezu empfohlen wird.[101]

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Nach der Rechtsprechung des BGH (noch zu § 4 Nr. 3 UWG 2008) liegt ein Verstoß gegen das Verbot getarnter Werbung auch vor, wenn der werbliche Charakter der Veröffentlichung für einen durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Leser nicht bereits auf den ersten Blick, sondern erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags erkennbar wird.[102] Für den Leser muss sofort, eindeutig und unmissverständlich erkennbar sein, dass es sich der Sache nach um Werbung für ein Produkt handelt.[103]

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