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Loe raamatut: «Norwegische Volksmährchen vol. 2», lehekülg 3

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Am Montag kam der Meisterdieb wieder in der Gestalt eines Engels, und der Pfarrer fiel auf die Knie und betete und dankte ihm, bevor er in den Sack gesteckt wurde, und als er hinein war, nahm der Meisterdieb den Sack und schleppte ihn an der Erde mit sich fort über Stock und über Stein. »Au! au!« schrie der Pfarrer im Sack: »wo bin ich?« – »Du bist auf dem engen Wege, der in das Himmelreich führt,« sagte der Meisterdieb und schleppte den Sack immer weiter, so daß dem Pfarrer die Rippen im Leibe krachten; zuletzt warf er ihn in den Gänsestall des Amtmanns. Da flogen die Gänse auf ihn und fingen an zu zischen und ihn zu beißen, und der Pfarrer war in seinem Sack mehr todt, als lebendig. »Au! au! wo bin ich jetzt?« rief er. »Jetzt bist Du im Fegefeuer, um gereinigt und geläutert zu werden für das ewige Leben,« sagte der Meisterdieb, ging fort und holte sich all das Gold und das Silber und die kostbaren Sachen, die der Pfarrer in seiner großen Stube zusammengehäuft hatte.

Am Morgen, als das Gänsemädchen kam und die Gänse aus dem Stall lassen wollte, hörte sie den Pfarrer drinnen im Sack jammern. »Sagt mir um Gotteswillen, Wer seid Ihr und Was fehlt Euch?« sagte das Mädchen: »Ach,« rief der Pfarrer: »bist Du ein Engel vom Himmel, so laß mich hinaus und schicke mich wieder zurück auf die Erde, denn hier ist's noch viel schlimmer, als in der Hölle; tausend Teufel zwicken mich überall mit ihren Zangen.« – »Ich bin, Gott bessre es! kein Engel,« sagte das Mädchen und half dem Pfarrer aus dem Sack: »ich hüte bloß die Gänse des Amtmanns, und das sind auch wohl die Teufel, die Euch gezwickt haben, Gevatter,« sagte sie. »Ach, das hat der Meisterdieb gethan! Ach, mein Gold und mein Silber und meine schönen Kleider!« schrie der Pfarrer und jammerte und lamentirte und lief fort nach Hause, so daß das Mädchen glaubte, er habe rein den Verstand verloren.

Als der Amtmann die Geschichte erfuhr und hörte, wie der Pfarrer sowohl auf dem engen Wege, als im Fegefeuer gewesen war, wollte er sich beinahe todtlachen. Als aber der Meisterdieb kam und seine Tochter haben wollte, schwatzte er ihm wieder süß vor und sagte: »Du musst erst eine Probe ablegen, die noch besser ist, damit ich recht erfahre, wozu Du taugst. Ich habe zwölf Pferde in meinem Stall stehen, auf die will ich zwölf Knechte setzen, einen auf jedes. Bist Du nun im Stande, ihnen die Pferde unter dem Hosenleder wegzustehlen, so will ich sehen, Was ich für Dich thun kann.« – »Das ließe sich schon machen,« sagte der Meisterdieb: »Bekomme ich dann aber auch ganz gewiß Deine Tochter?« – »Ja, kannst Du das, so will ich mein Bestes thun,« sagte der Amtmann.

Der Meisterdieb begab sich jetzt zu einem Krämer und kaufte sich zwei Flaschen Branntwein, aber in die eine goß er einen Schlaftrunk; dann bestellte er sich elf Knechte, die mußten sich in der Nacht hinter die Scheune des Amtmanns verstecken. Für Geld und gute Worte bekam er auch von einer alten Frau einen lumpigen Weiberrock und eine Jacke, womit er sich wie ein altes Weib verkleidete; darauf nahm er einen Stock in die Hand und einen Beutel auf den Nacken, und als es Abend wurde, hinkte er fort nach dem Stall des Amtmanns. Als er dort ankam, tränkten die Leute eben die Pferde zur Nacht und hatten dabei alle Hände voll zu thun. »Was Teufel willst Du denn hier?« sagte einer von den Stallknechten zu dem vermeintlichen Weibe. »Hutetu! es ist so kalt draußen!« sagte das Weib und klapperte mit den Zähnen: »lasst mich ein wenig bei Euch in den Stall kriechen.« – »Wo Dich der Teufel nicht plagt! Pack Dich fort!« sagte der eine von den Knechten: »denn kriegt der Amtmann Dich hier zu sehen, so lässt er uns tanzen.« – »Ach, das alte kümmerliche Weib!« sagte ein andrer, der Mitleid mit ihr zu haben schien: »lasst nur die Alte sich in den Stall hinsetzen; sie thut gewiß Keinem Was zu nah.« Die Andern aber sagten, daraus könne Nichts werden, und während sie sich hierüber zankten und die Pferde tränkten, kroch der Meisterdieb immer weiter nach dem Stall zu, und endlich schlüpfte er hinter die Thür, wo ihn nachher weiter Keiner bemerkte.

Auf die Nacht hin kam es den Leuten ein wenig kalt an, so still und unbeweglich auf den Pferden zu sitzen. »Hutetu! es ist kalt wie der Teufel!« sagte der Eine und schlug die Arme um den Leib. »Wer nur ein Bischen Tabak hätte!« sagte ein Andrer. Ein Dritter hatte denn ein Päckchen, und das theilten sie; es war zwar nicht Viel für jeden, aber sie kau'ten und spuckten, und das half ein wenig. Bald darnach waren sie wieder gleich schlimm daran. »Hutetu!« sagte der Eine und schüttelte sich. »Hutetu!« sagte das Weib und klapperte mit den Zähnen, nahm die Flasche mit Branntwein hervor und zitterte so heftig mit der Hand, daß es schwappte in der Flasche, und trank dann, daß es ihr Kluck! im Halse sagte. »Was hast Du da in der Flasche?« sagte einer von den Stallknechten. »Ach, es ist nur ein Tröpfchen Branntwein,« sagte sie. »Was? Branntwein? Gieb mal her! gieb mal her!« schrien sie alle zugleich. »Ach, ich habe nur so wenig,« sagte sie: »Ihr werdet nicht einmal naß davon im Mund.« Aber es half nichts, sie wollten durchaus einen Schluck haben. Da nahm die Alte die Flasche mit dem Schlaftrunk, hielt sie jedem vor den Mund und ließ ihn davon trinken, so Viel er brauchte, und der Zwölfte hatte noch nicht getrunken, als der Erste schon da saß und schnarchte. Darauf warf der Meisterdieb seine Lumpen ab und nahm den einen Kerl nach dem andern und setzte sie vorquer auf die Balken, rief dann seine elf Leute – und fort jagte er mit allen zwölf Pferden.

Als der Amtmann am Morgen herauskam und nach seinen Knechten sehen wollte, wachten diese eben auf und fingen an, mit den Spornen in die Balken zu hauen, daß die Splitter davon flogen, und einige von den Knechten fielen herunter, andre blieben hangen, und die andern saßen da wie Narren. »Ja, ich kann's mir schon denken, Wer hier gewesen ist,« sagte der Amtmann: »Ihr seid aber doch ganz elende Kerls, daß Ihr hier sitzt und Euch den Meisterdieb die Pferde unterm Hosenleder wegstehlen lasst!« und damit bekamen sie ihre gehörige Schmiere.

Später am Tage kam der Meisterdieb selbst und erzählte alle Umstände und wollte jetzt die Tochter des Amtmanns haben, so wie dieser ihm versprochen hatte. Der Amtmann aber gab ihm hundert Thaler und sagte, er müsse erst einen Streich ausführen, der noch besser wäre. »Meinst Du, daß Du wohl das Pferd unter mir selbst stehlen könntest, wenn ich darauf reite?« sagte der Amtmann. »Das ließe sich schon machen,« sagte der Meisterdieb: »bekäme ich dann nur eben so gewiß Deine Tochter.« Ja, er wollte sehn, Was er thun könnte, sagte der Amtmann und bestimmte einen Tag, an welchem er zu einem großen Exercirplatz hinausreiten wollte.

Der Meisterdieb erhandelte sich eine alte abgelebte Schindmähre, flocht sich einen Sielen aus Weiden und Besenreisern, kaufte einen alten Karren und ein großes Faß und sagte dann zu einem alten zahnlosen Weib, er wolle ihr zehn Thaler geben, wenn sie in das Faß kriechen und über dem Zapfenloch gaffen wolle, er würde dann den Finger hineinstecken, – Leides sollte ihr nicht geschehen – sie sollte bloß ein wenig fahren – und wenn er den Finger öfter, als einmal herauszöge, so sollte sie noch zehn Thaler dazu haben. Darauf zog er einige alte Lumpen an, machte sich im Gesicht unkenntlich mit Ruß, setzte sich eine Perrücke auf und heftete sich einen Bart von Ziegenhaaren an, so daß Keiner ihn wiedererkennen konnte, und damit karjuckelte er nach dem Exercirplatz, wo der Amtmann schon eine Weile geritten hatte.

Es ging aber so langsam und so traurig, daß er fast nicht vom Fleck kam; er dusselte und dusselte; dann stand das Fuhrwerk ganz still; dann ging es wieder ein wenig, aber so traurig, daß der Amtmann nimmer darauf verfallen konnte, daß das der Meisterdieb sein könne; er ritt daher grade auf ihn zu und fragte ihn, ob er nicht Jemanden dort im Walde hätte herumschleichen sehen. Nein, sagte der Mann, er hätte Keinen gesehen. »Höre,« sagte der Amtmann: »reite doch einmal in den Wald und sieh zu, ob nicht Einer da herumschleicht; ich will Dir so lange mein Pferd leihen und Dir auch ein gutes Trinkgeld geben.« – »Nein,« sagte der Mann: »das kann ich nicht; denn ich soll dieses Methfaß zu einer Hochzeit fahren; nun ist mir aber unterweges der Zapfen herausgefallen, und darum muß ich beständig den Finger ins Loch halten.« – »Reite Du nur hin!« sagte der Amtmann: »Ich werde schon derweile auf Dein Pferd und auf das Faß Acht haben.« Ja, dann sollte aber der Amtmann geschwind den Finger ins Loch stecken, wenn er seinen herauszöge. Das that denn der Amtmann auch, und der Meisterdieb setzte sich aufs Pferd. Die Zeit aber verstrich, und es kam Niemand zurück. Zuletzt ward's der Amtmann überdrüssig, immer den Finger ins Loch zu halten, und er zog ihn heraus. »Nun krieg ich noch zehn Thaler dazu!« schrie das Weib drinnen im Faß. Da erschrak der Amtmann, denn er merkte nun wohl, wie die Sache sich verhielt, und begab sich schnell auf den Heimweg. Unterweges brachten sie ihm schon sein Pferd entgegen, das der Meisterdieb bereits zu Hause bei ihm abgeliefert hatte.

Tages darauf kam der Bursch zum Amtmann und wollte seine Tochter haben, so wie dieser ihm versprochen hatte. Der Amtmann schwatzte ihm wieder Allerlei vor, gab ihm zweihundert Thaler und sagte, er müßte noch ein Probestück machen, könnte er das, dann sollte er auch ganz gewiß seine Tochter haben. »Laß mich hören, Was es ist,« sagte der Meisterdieb. »Kannst Du mir denn wohl das Laken aus meinem Bett stehlen und meiner Frau das Hemd vom Leibe?« sagte der Amtmann. »Das sollte sich schon machen lassen,« sagte der Meisterdieb: »hätte ich nur eben so gewiß Deine Tochter.«

Als es nun Nacht geworden war, ging der Meisterdieb zum Galgen und schnitt einen armen Sünder los, nahm ihn auf den Nacken und trug ihn fort; darnach holte er sich eine große Leiter, die stellte er an das Kammerfenster des Amtmanns, stieg dann hinauf und bewegte den Todten auf und ab, grade als wenn Einer von außen ins Fenster guckte. »Das ist der Meisterdieb, Frau!« sagte der Amtmann und stieß sie in die Seite. »Jetzt schieß ich ihn!« sagte er und nahm die Büchse, die er vor sein Bett hingelegt hatte. »Nein, thu das nicht, Mann!« sagte die Frau: »Du hast ihn ja selber herbestellt.« – »Ja, ich schieß ihn, dann bin ich ihn quitt,« sagte der Amtmann und fing an zu zielen. Bald aber war der Kopf oben, bald war er wieder unten; endlich aber bekam der Amtmann ihn doch aufs Korn, knallte los, und der Todte bumps'te zur Erde nieder. Der Meisterdieb herunter von der Leiter, so schnell er nur konnte.

»Ich bin nun zwar selbst die hohe Obrigkeit,« sagte der Amtmann: »ich möchte aber doch nicht gern, daß die Leute Etwas zu reden hätten; darum ist's am besten, ich stehe auf und begrabe den Todten.« – »Ja, thu, wie es Dir gut dünkt, Mann,« sagte die Frau. Da stand der Amtmann auf und ging hinunter, den Todten zu begraben; während er aber zur Thür hinausging, schlüpfte der Meisterdieb zum Fenster hinein. »Nun, Mann,« sagte die Frau – denn sie glaubte es wäre der Amtmann – »bist Du schon fertig?« – »Ja,« sagte der Meisterdieb: »ich steckte ihn bloß in ein Loch und scharrte etwas Erde darüber, und so weit ist er nun verwahrt. Es ist so ein abscheuliches Wetter draußen, ich will's schon ein andermal besser machen. Gieb mir aber das Laken,« sagte er: »damit ich mich abtrockne, denn ich habe mich über und über mit Blut besudelt.« Die Frau gab ihm das Laken. »Du musst mir auch noch Dein Hemd geben,« sagte er: »denn das Laken verschlägt nicht, merke ich.« Sie gab ihm nun auch noch ihr Hemd. Da fiel es ihm ein, daß er vergessen hatte, die Thür zuzumachen, und das mußte er erst, eh' er sich wieder zu Bett legte – und fort ging er mit dem Laken und mit dem Hemd. Eine Weile darnach kam der rechte Amtmann. »Nein, wie lange Zeit Du gebraucht hast, um die Thür zuzumachen!« sagte die Frau: »Wo hast Du aber nun das Laken und mein Hemd gelassen?« – »Was sagst Du?« rief der Amtmann. »Ich frage, wo Du das Laken und mein Hemd gelassen hast, das ich Dir gab, um Dich damit abzutrocknen?« sagte sie. »Ei zum Teufel!« rief der Amtmann: »ist er nun damit auch fort?«

Am Tage kam der Meisterdieb wieder und verlangte die Tochter des Amtmanns, wie dieser ihm versprochen hatte, und da durfte nun der Amtmann nicht anders, sondern gab sie ihm und noch viel Geld dazu; denn er fürchtete, der Meisterdieb möchte ihm zuletzt noch die Augen aus dem Kopf stehlen, und daß er gar zu sehr ins Gerede käme. Der Meisterdieb lebte nun mit der Tochter des Amtmanns lustig und vergnügt. Ob er nach dieser Zeit noch wieder stahl, kann ich nicht mit Gewißheit sagen; that er es aber, so geschah es wohl nur zu seinem eignen Vergnügen.

5.
Die drei Schwestern im Berge

Es war einmal eine alte Wittfrau, die wohnte mit ihren drei Töchtern weit vom Dorfe unten an einem Berg. Sie war aber so arm, daß sie weiter Nichts besaß, als nur ein Huhn, und das hatte sie so lieb, wie ihren Augapfel; sie tickerte damit herum und warf ihm Körner zu früh und spät. Eines Tages aber war das Huhn fort. Die Frau ging überall um das Haus herum und suchte und lockte; aber das Huhn war fort und blieb fort. Da sagte sie zu ihrer ältesten Tochter: »Du musst hingehen und zusehen, daß Du das Huhn wiederfindest; denn her muß es wieder, und sollten wir es auch aus dem Berg holen.« Die Tochter ging fort und suchte und lockte überall; aber kein Huhn war zu finden. Da schallte es auf einmal aus der Bergwand:

 
»Das Hühnchen trippelt im Berge!
Das Hühnchen trippelt im Berge!«
 

Das Mädchen ging hin und wollte zusehen. Da öffnete sich aber plötzlich unter ihr eine Fallthür, und sie fiel tief hinab in ein Gewölbe unter der Erde. Als sie darin weiter ging, kam sie durch viele schöne Zimmer, das eine noch immer prächtiger, als das andre. In dem innersten Zimmer aber kam ein großer Bergmann auf sie zu, der fragte sie: »Willst Du meine Braut sein?« Nein, sagte das Mädchen, das wollte sie ganz und gar nicht, sie wollte wieder hinauf und nach ihrem Huhn suchen, das fortgekommen wäre. Da ward der Bergmann so zornig, daß er sie nahm und ihr den Kopf abriß und ihn mit sammt dem Rumpf in einen Keller hinabwarf.

Die Mutter saß indessen zu Hause und wartete von einer Zeit zur andern; aber die Tochter war nicht da und kam nicht. Sie wartete nun noch eine gute Zeit; da das Mädchen aber immer noch nicht kam, sagte sie zu ihrer zweiten Tochter, sie solle hingehen und sich nach ihrer Schwester umsehen, und dann solle sie zugleich das Huhn locken.

Der zweiten Tochter ging es nun eben so, wie der ersten, sie suchte und lockte überall, und plötzlich hörte sie es aus der Bergwand rufen:

 
»Das Hühnchen trippelt im Berge!
Das Hühnchen trippelt im Berge!«
 

Das kam ihr ganz wunderbar vor, und als sie hingehen wollte und zusehen, Was es zu bedeuten hatte, da fiel sie ebenfalls durch die Fallthür in das unterirdische Gewölbe hinab. Sie ging nun durch viele Zimmer, und in dem innersten kam der Bergmann auf sie zu und fragte sie, ob sie seine Braut sein wollte. Nein, das wollte sie ganz und gar nicht, sie wollte sogleich wieder hinauf und nach ihrem Huhn suchen, das fortgekommen wäre. Da ward der Bergmann so zornig, daß er sie nahm und ihr den Kopf abriß und ihn sammt dem Rumpf in den Keller hinabwarf.

Als nun die Frau auch auf die zweite Tochter schon eine lange Zeit gewartet hatte, und diese immer noch nicht kam, sagte sie zu der jüngsten: »Nun musst Du einmal hingehen und Dich nach Deinen Schwestern umsehen.« »Schlimm genug,« sagte sie: »daß uns das Huhn wegkam; sollten wir aber Deine Schwestern noch dazu verlieren, so wäre das noch weit schlimmer; vergiß aber nicht, unterweges das Huhn zu locken.«

Die jüngste Tochter ging nun fort und suchte und lockte überall herum; aber keine Schwestern waren zu finden, und kein Huhn war zu sehen. Endlich kam sie auch zu der Bergwand, und nun rief es wieder:

 
»Das Hühnchen trippelt im Berge!
Das Hühnchen trippelt im Berge!«
 

Das, däuchte dem Mädchen, wäre ja herrlich; sie wollte sogleich hin und es holen; aber ehe sie sich's versah, fiel sie ebenfalls in das Gewölbe hinunter. Wie sie nun durch die vielen Zimmer ging, wovon das eine immer noch schöner war, als das andre, ließ sie sich gute Zeit und betrachtete Alles genau, denn sie war ganz und gar nicht bange. Endlich bemerkte sie eine Kellerklappe, die hob sie auf und sah hinunter; da erkannte sie alsbald ihre Schwestern, welche beide da lagen und todt waren. Wie sie eben die Klappe wieder zugemacht hatte, kam der Bergmann an. »Willst Du meine Braut sein?« fragte er sie. »Ja, recht gern,« sagte das Mädchen, denn sie konnte sich nun wohl denken, wie es ihren Schwestern ergangen war. Als der Troll das hörte, ward er seelenfroh und schenkte ihr die schönsten und prächtigsten Kleider und Alles, was sie sich nur wünschen mochte, so sehr freu'te er sich, daß Eine mal seine Braut sein wollte.

Als das Mädchen sich nun einige Zeit bei dem Trollen aufgehalten hatte, war sie eines Tages ganz traurig und betrübt. Der Troll fragte sie, Was ihr fehle. »Ach,« sagte sie: »es betrübt mich so sehr, daß ich nicht zu Hause bei meiner Mutter sein kann; die leidet gewiß Hunger und Durst und hat keinen Menschen um sich.« – »Ja, Dich zu ihr gehen lassen, kann ich nicht,« sagte der Troll: »aber thu nur etwas Essen in einen Sack, dann will ich's ihr schon bringen.« Dafür dankte das Mädchen ihm und nahm einen Sack und füllte ihn mit lauter Gold und Silber an, aber oben darauf legte sie Etwas zu essen, und sagte dann zu dem Trollen, nun wäre der Sack fertig, aber er dürfe nicht zusehen, Was drin wäre; das mußte er ihr versprechen. Na, er wollt's auch nicht thun. Als er fortging, sah sie ihm nach durch ein Loch, das in der Fallthür war. Unterweges sah sich der Troll um und sagte: »Der ist doch auch verdammt schwer, der Sack! ich muß doch mal zusehen, Was drin ist,« und damit wollte er das Band auflösen. Aber das Mädchen rief ihm zu: »Ich sehe Dich! ich sehe Dich!« – »Das ist doch auch zum Kukuk, was Du für Augen im Kopf hast!« sagte der Troll und wagte nun keinen weitern Versuch. Als er bei der Wittwe ankam, warf er den Sack durch die Thür hinein. »Da hast Du Was zu essen von Deiner Tochter!« sagte er: »sie kann's entbehren.«

Wie nun das Mädchen schon eine gute Zeit bei dem Trollen im Berge zugebracht hatte, fiel eines Tages ein Ziegenbock durch die Fallthür hinunter. »Wer hat nach dir geschickt, du langrippiges Beest!« rief der Troll und war entsetzlich böse, nahm den Bock, dreh'te ihm den Kopf um und warf ihn hinunter in den Keller. »Ach, warum hast Du das gethan?« sagte das Mädchen: »ich hätte ja meinen Zeitvertreib damit haben können.« – »Nun, Du brauchst darum eben das Maul nicht schief zu machen,« sagte der Troll: »er soll bald wieder lebendig werden.« Darauf nahm er einen Krug, der an der Wand hing, setzte dem Ziegenbock den Kopf wieder auf und bestrich ihn mit der Salbe aus dem Krug, und da war der Bock wieder eben so frisch und munter, als zuvor. »Haha!« dachte das Mädchen: »der Krug ist Was werth!«

Als sie nun noch eine gute Zeit bei dem Trollen gewesen war, ersah sie eines Tages die Gelegenheit, da der Troll nicht zu Hause war, nahm die älteste Schwester und setzte ihr den Kopf auf und bestrich sie dann mit der Salbe aus dem Krug, so wie sie gesehen, daß der Troll es mit dem Ziegenbock gemacht hatte; und als das geschehen war, ward die Schwester sogleich wieder lebendig. Sie steckte sie nun in einen Sack, legte ein wenig Essen oben drauf, und wie der Troll nach Hause kam, sagte sie zu ihm: »Ach, willst Du nicht zu meiner Mutter gehen und ihr ein wenig Essen bringen? sie leidet gewiß Hunger und Durst, die Arme! Aber Du musst auch nicht in den Sack sehen.« Nein, er wollte nicht hineinsehen, sagte der Troll, nahm den Sack und marschirte damit fort. Wie er aber ein Ende gegangen war, däuchte ihm, der Sack wäre so verdammt schwer, und als er noch etwas weiter gegangen war, sagte er: »Ich möchte doch wohl wissen, Was drin ist, und was sie auch für Augen im Kopf haben mag, so kann sie mich doch jetzt nicht mehr sehen.« Als er aber nun das Band auflösen wollte, rief die Schwester, die in dem Sack war: »Ich seh' Dich wohl! ich seh' Dich wohl!« – »Das ist doch auch zum Kukuk mit Deinen Augen!« sagte der Troll, denn er glaubte, es wäre Die im Berge, welche das sagte. Er wagte nun nicht weiter, den Sack zu öffnen, sondern lief damit, was er nur konnte, zu der Mutter, und als er an die Thür kam, warf er den Sack hinein und rief: »Da hast Du Essen von Deiner Tochter! sie kann's entbehren.«

Wie nun das Mädchen noch eine gute Zeit in dem Berg gewesen war, machte sie es eben so mit der zweiten Schwester: sie setzte ihr den Kopf auf, bestrich sie mit der Salbe aus dem Krug und steckte sie in den Sack. Aber das Mal legte sie oben drauf so viel Gold und Silber, als nur hinein konnte, und ganz oben darauf legte sie ein Wenig zu essen. »Ach,« sagte sie zu dem Trollen: »Willst Du nicht zu meiner Mutter gehen und ihr wieder ein Wenig Essen bringen? aber Du darfst ja nicht in den Sack sehen.« Ja, er wollte wohl hingehen und wollt' auch nicht hineinsehen, sagte der Troll. Als er aber eine Strecke weit gekommen war, däuchte ihm, der Sack würde so verdammt schwer, und als er noch etwas weiter gekommen war, konnte er ihn beinah nicht mehr tragen. Er wollte nun das Band auflösen und in den Sack gucken; aber da rief die Schwester, welche drinnen war: »Ich seh' Dich wohl! ich seh' Dich wohl!« – »Das ist doch auch zum Kukuk, was Du für Augen im Kopf hast!« sagte der Troll und wagte nicht weiter, in den Sack zu sehen, sondern trug ihn, so schnell er nur konnte, gradesweges zu der Mutter, und als er an's Haus kam, warf er ihn durch die Thür hinein und rief: »Da hast Du Essen von Deiner Tochter! sie kann's entbehren.«

Als nun das Mädchen noch eine gute Zeit in dem Berg gewesen war, wollte der Troll einmal ausgehen. Das Mädchen aber stellte sich schwach und elend an und sagte: »Es kann nichts nützen, daß Du vor zwölf Uhr zu Hause kommst; denn ich kann das Essen heut doch nicht so früh fertig kriegen, weil ich so schwach bin.« Als darauf der Troll gegangen war, stopfte sie ihre Kleider mit Stroh aus und stellte die Strohdirne in die Ecke am Herd hin mit einem Quirl in der Hand, so daß es aussah, als wäre sie es selbst. Darauf schlich sie sich aus dem Berg und lief fort nach Hause; unterweges aber sprach sie sich einen Schützen auf, und den nahm sie mit.

Als die Uhr zwölf war, oder so ungefähr, kam der Troll nach Hause: »Gieb mir Was zu essen!« rief er der Strohdirne zu; aber die antwortete nicht. »Gieb mir Was zu essen, sag' ich Dir!« rief der Troll: »denn ich bin hungrig.« Keine Antwort. »Gieb mir Was zu essen!« schrie der Troll zum dritten Mal: »und wenn Du nicht thust, Was ich Dir sage, werde ich Dich aus dem Schlaf wecken.« Aber die Dirn stand da, ohne sich zu rühren. Da wurde der Troll rasend und stieß sie mit dem Fuß, daß die Halme umherstoben. Als er aber das sah, merkte er Unrath und begann zu suchen im ganzen Berg herum, und zuletzt kam er auch hinunter in den Keller; da waren aber die beiden Schwestern des Mädchens fort, und nun konnte er sich wohl den ganzen Zusammenhang denken. »Ja, das will ich ihr bezahlen!« sagte er und machte sich auf nach dem Hause der Mutter. Als er aber an die Thür kam, knallte der Schütz los. Wie der Troll das hörte, wagte er nicht, hineinzugehen, denn er glaubte, es wäre der Donner, und lief wieder fort nach Hause, so schnell er nur konnte. Eh' er aber zu der Fallthür kam, ging die Sonne auf, und da barst er. – Wenn ich bloß wüßte, wo die Fallthür wäre; denn da ist gewiß noch Gold und Silber Genug zu holen.