Lugege ainult LitRes'is

Raamatut ei saa failina alla laadida, kuid seda saab lugeda meie rakenduses või veebis.

Loe raamatut: «Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas», lehekülg 7

Font:

Die Eingeborenen der südlichen Spitze des Tularetales sind fast allgemein unter dem Namen Tejon-Indianer bekannt. Die Bezeichnung ist dem Tejonpaß entnommen, einem Gebirgspaß, der weiter östlich ähnlich der Canada de las Uvas vom Tularetal in das Great Basin führt. Ob nun der Name indianischen Ursprungs ist oder vom spanischen »Tejon«, d. h. Dachs, hergeleitet werden muß, vermag ich nicht zu entscheiden. Jedenfalls aber ist die allgemeine Bezeichnung Tejon-Indianer dadurch entstanden, daß die amerikanische Regierung im Tejonpaß eine Agentur zum Schutz und zur Zivilisierung der Eingeborenen gründete und infolgedessen den Namen auf alle dort verkehrenden Stämme übertrug.

Wenn ich hier von Stämmen spreche, so verstehe ich darunter nur noch die letzten Überreste zahlreicher kleiner Nationen, von denen einige durch wenige Familien, andere sogar nur durch ein einziges Mitglied vertreten sind, während von noch anderen nichts als der Name übriggeblieben ist.

Die Agentur ist im Jahre 1853 gegründet worden, und zwar durch Lieutenant Beale, der im Auftrag seiner Regierung handelte und den Tejonpaß am geeignetsten für solche Zwecke fand. Er zog alle Indianer der Umgegend hier zusammen, versah sie mit Ackergerätschaften und gab ihnen — mit viel Erfolg, wie mir versichert wurde — Anleitung zum Ackerbau und zur Viehzucht. Die Indianer werden indessen dadurch nicht gehindert, zu günstigen Jahreszeiten ihre Jagd- und Fischexpeditionen auch fernerhin nach den Seen zu unternehmen. Das Fort, das in der ganz abgesonderten Cañada de las Uvas, aber ein Jahr später, gegründet wurde, erhielt ebenfalls den Namen der Agentur, hauptsächlich wohl aus dem Grund, weil es zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der ReservationDie den Indianern als unantastbar eingeräumten Ländereien werden in den Vereinigten Staaten »Indian reservation« genannt. und zum Schutz der weißen Ansiedler des Tejonpasses errichtet war.

Wenig erbaut von den dortigen Eingeborenen kehrten wir nach unserem Lager zurück. Wir trafen an demselben Abend noch unsere Vorkehrungen, um am folgenden Morgen in aller Frühe aufbrechen zu können, und als am 22. November die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne den leichten Reif berührten, der auf der weiten Ebene lag, trabte unsere kleine Karawane schon lustig dem Tejonpaß zu. Da wir nämlich den Militärposten nicht in einem Tag erreichen konnten, so beabsichtigten wir an einer Gebirgsquelle zu übernachten und wichen deshalb etwas östlich von unserer Richtung ab.

Gegen Mittag gelangten wir an den Fuß der Gebirge, die das Tularetal gegen Südwesten abschließen, und dort an einem Bach, der einer Felsenschlucht entströmt, rasteten wir einige Stunden. Von hier führte unser Weg über eine Reihe von Hügeln an der Mündung des Tejonpasses vorbei, und als es dunkelte, hielten wir vor dem Haus des Mr. Bishop, des Schafzüchters, der die Überwinterung der Kamele kontraktlich von der Regierung übernommen hatte.

Unter dem waldigen Abhang der abschüssigen Tejonberge liegt das lange, einfache Blockhaus. Echt kalifornischer Geschmack und Einrichtungen verraten sich überall; da sind die mit leichten Bretterdächern versehenen, wändelosen Schuppen und Remisen, die auch als Werkstätten benutzt werden; da sind umfangreiche Einfriedungen, auf zahlreiche Schafherden berechnet, die zugleich als Ställe dienen; da sind große Haufen von wohlriechendem Heu, die durch Wagenladungen von Zweigen und Baumstämmen gegen den Andrang des Viehs geschützt sind — kurz, alles deutet darauf hin, daß der Eigentümer es verstand, auf sinnreiche Weise, ohne Aufwand an Zeit und Kosten, sogar am Rand der Wildnis eine bequeme und zugleich einträgliche Heimat zu gründen. Dabei entbehrt Bishops Farm keineswegs der Vorzüge, die anmutige Umgebung und Lage gewähren; denn wie man im Tal aus weiter Ferne das mit weißem Anstrich versehene Wohnhaus zu erkennen vermag, so bietet sich dem Bewohner desselben die Aussicht über das Tularetal bis dahin, wo der Horizont mit der bläulichen Ebene zusammenfällt, und mittels eines Fernrohrs vermag er seine Herden zu beobachten, die, auf viele Quadratmeilen verstreut, gleichsam eine unbegrenzte Freiheit genießen und dadurch um so besser gedeihen. Wenige Schritte von der Wohnung rieselt im Schatten hoher Eichen eine klare Quelle aus dem steinigen Boden, und um diese herum erblickt man stets Pferde, Kühe, einige verzogene Ziegen und Schafe, Hühner, Truthühner und zwischen allen Haustieren, und ebenso zahm wie diese, zwei mutwillige Elkhirsche. An dem Abend, an welchem wir anlangten, wurde der Charakter der Farm auf eigentümliche Weise durch die von Lieutenant Beale und Lieutenant Torborn zurückgelassenen Dromedare verändert, die mit stoischer Ruhe in der Mitte des Hofs der Ruhe pflegten und für weiter nichts als die unterhaltende Arbeit des Wiederkauens Sinn zu haben schienen. Die beiden Fremdlinge fühlten sich augenscheinlich ganz heimisch in der fremden Umgebung, welche dagegen durch deren Anwesenheit etwas von dem heimatlichen Aussehen eingebüßt hatte. Mr. Bishop empfing uns auf seinem Hof und lud uns sogleich ein, bei ihm zu übernachten. Die Anwesenheit seiner Frau aber, einer jungen, hübschen Amerikanerin (beiläufig, wenn auch nicht gerade zart, gesagt, in dortiger Gegend und zu damaliger Zeit eine fast ebenso seltene Erscheinung wie die Dromedare), veranlaßte uns, die gastfreundliche Aufforderung nur insoweit anzunehmen, daß wir unsere Gesellschaft für den ganzen Abend zusagten, zum nächtlichen Aufenthalt dagegen das Zelt in einem geeigneten Winkel aufschlagen ließen. Nach den ersten Begrüßungen, die gemäß eines sehr lobenswerten Brauches von zeremoniellen, gefüllten Bechern begleitet waren, mußten vor allen Dingen die Dromedare in Augenschein genommen werden, die bei unserer Annäherung ihre Unzufriedenheit über die in Aussicht stehende Störung zu erkennen gaben, indem sie auf mürrische Weise gurgelnde Töne ausstießen. Wie sich nicht anders erwarten ließ, mußten die Tiere, wie gewöhnlich bei der Ankunft von Fremden, ihre Gelehrigkeit dadurch beweisen, daß sie sich auf Befehl niederlegten und wieder aufstanden, wobei es natürlich nicht an der entsprechenden Bewunderung fehlte.

Ich kann es nicht leugnen: die Anwesenheit der ägyptischen Lastträger auf dem amerikanischen Boden gewährte mir viel Freude, doch unterhielt unseres Negers Erstaunen mich an diesem Abend mehr als alle Kunststückchen, zu denen die armen Tiere fortwährend gequält wurden. Sprachlos vor Erstaunen schritt Louis um die Dromedare herum und besah sie genau von allen Seiten; endlich fand er Worte: »I want to know«, rief er aus, »ich möchte wissen, ob des Niggers Vaterland wirklich das Vaterland dieser schrecklichen Tiere ist.« »Natürlich, Einfaltspinsel!« antwortete Lieutenant Mercer. »Wenn in Afrika ein Neger geboren wird, so setzt man ihn auf ein Kamel, und dann muß er sein ganzes Leben hindurch auf demselben sitzen bleiben!«

»Mighty strange, mighty strange«, bemerkte Louis, »sehr merkwürdig, aber ich kann’s nicht glauben.« Nach einer Pause fuhr er fort: »Ich möchte wohl der erste Nigger sein, der in Amerika auf einem Kamel gesessen ist!«

»Das kannst du haben, Freund«, rief Bishop, indem er das größere Dromedar zum Niederknien zwang. »Jetzt stell dich nur hinter dieses, und schwing dich hinauf!«

Louis machte sich bereit, das Tier aber, nicht gewohnt, sich auf diese Art besteigen zu lassen, wandte seinen Kopf rückwärts, zeigte Louis die langen Zähne und schnob ihn verdrießlich an. Louis zauderte, fragte, ob ihn das »Monster« beißen würde, und als man ihm die Frage verneinte, sprang er hinauf und versuchte sich mit seinen langen Armen an dem breiten Höcker festzuklammern. Kaum berührte er aber den Rücken des Tieres, als dieses, noch ehe er Zeit gewann, sich ins Gleichgewicht zu bringen, wie ein Blitz emporschnellte und durch die ungestüme Bewegung den armen Neger hoch in die Luft schleuderte. Louis’ Schädel kam, als Schwerpunkt der knochigen Gestalt, natürlich zuerst mit der Erde in Berührung, und zwar mit einer Heftigkeit, daß der feste Kiesboden dadurch erschüttert wurde und ich nichts anderes glauben konnte, als daß der lustige Junge nie wieder aufstehen würde. Louis stand aber dennoch auf, rieb sich vergnügt mit der Hand über das wollige Haupt und bemerkte wohlgefällig: »Jedes weißen Mannes Schädel würde bei dieser Gelegenheit zu Scherben geworden sein; wenn ich auch nicht der erste Nigger bin, der in Amerika ein Kamel geritten hat, so bin ich doch wenigstens der erste, der von einer solchen ungestalten Bestie abgeworfen worden ist.«

Die Quälerei der Dromedare erreichte hier ihr Ende, wir schritten dem Haus zu, wo wir von der freundlichen Mrs. Bishop an einem mit duftenden Braten beladenen Tisch erwartet wurden.

Erst spät in der Nacht begaben wir uns zu unserem Lager. Es war hell genug, um die endlose Fläche unterscheiden zu können, die in erhabener Ruhe wie in tiefem Schlummer vor mir lag; ich setzte mich auf einen bemoosten Felsblock und lauschte. Es war mein letzter Abend im Tularetal, und wie Abschied nehmend, blickte ich zum Kern-River hinüber, wo ich so fröhliche Tage verlebt hatte. Ich betrachtete die schwarzen zackigen Gebirge zu beiden Seiten, auf denen das Himmelsgewölbe sich zu stützen schien; ich wandte meine Blicke gegen Norden, wo die ewigen Sterne gleichsam auf der Ebene lagen und verstohlen blitzten, ich schaute aufwärts zu dem schimmernden Firmament, wo Millionen von Welten sich in Sternbilder zusammendrängten und einzelne verirrte Meteore ihre Feuerlinien zeichneten. Eine feierliche Ruhe schwebte über dem Tal, und deutlich vernahm ich aus weiter Ferne den Gesang von Kinderstimmen; es waren junge indianische Hirten, die, bei ihren Herden wachend, die melancholischen, einfachen Melodien ihrer wilden Lieder durch die Nacht erschallen ließen; leise und unheimlich klang es, wie Geisterruf; ich kroch auf mein Lager, und selbst im Schlaf noch glaubte ich die eigentümliche Musik zu hören.

Nachdem wir am 22. November das Frühstück bei Mr. Bishop eingenommen hatten, bestiegen wir den Wagen und befanden uns nach kurzem Marsch vor der Canada de las Uvas, an derselben Stelle, wo wir sie sechs Tage früher verlassen hatten. Der Weg war steil, wir erleichterten daher den Pferden ihre Last, soviel in unseren Kräften stand, und eilten, uns auf unsere eigenen Füße verlassend, voraus.

Wir befanden uns ungefähr in der Mitte der Schlucht, als wir der Kamelkarawane begegneten, die, wie schon oben bemerkt, nach Bishops Farm geführt wurde. Sie bestand aus einem stattlichen Train von zweiundzwanzig Dromedaren und Kamelen verschiedener Rassen; alle schwer bepackt, und in langer Reihe folgte eines dem anderen in sicherem, gemessenem Schritt auf der unebenen, felsigen Straße. Sie beendeten mit diesem Tag eine lange, sehr mühselige Reise durch die Felsenwüsten zwischen Kalifornien und Neu-Mexiko, und doch könnte ich nicht sagen, daß auch nur eines derselben hervortretende Spuren von Ermattung gezeigt hätte; die sie begleitenden Maultiere dagegen befanden sich in einem solchen Zustand, daß es gewiß längerer Zeit und guten Futters bedurfte, um sie wieder zu dergleichen Arbeiten verwendbar zu machen. Wir ließen die Karawane bei uns vorüberziehen, worauf wir uns wieder in Marsch setzten, und in den ersten Nachmittagsstunden wurden wir von allen unseren Bekannten auf dem Hof des Forts unter lautem Jubel empfangen.

Sechstes Kapitel

Aufenthalt in Fort Tejon — Die Spechte — Die Gräber — Aufbruch von Fort Tejon — Reise nach Pueblo de los Angeles — Aufenthalt daselbst — Reise nach Fort Yuma — Temacula — Warner’s Paß — San Felipe — Wallecito — Carizo Creek — Rand der Wüste — Die Wüste — Indian Wells — Alamo Mucho — Cook’s Well — Ankunft am Colorado

Unser Aufenthalt in Fort Tejon dauerte noch bis zum 27. November, also im ganzen acht Tage länger, als es ursprünglich unsere Absicht gewesen war. Taylor, dessen Schüchternheit sich allmählich in ein ungeduldiges Wesen verwandelte, geriet freilich dadurch in Verzweiflung, doch die Aussicht, in dem der Sandstürme wegen verrufenen Fort Yuma noch einige Wochen auf die Ankunft von Lieutenant Ives harren zu müssen, veranlaßte uns übrige, den Aufbruch immer noch einen Tag weiter hinauszuschieben. Am Montag waren die Maultiere noch nicht gezählt, am Dienstag mußten die Papiere geordnet werden, am Mittwoch gaben wir unser Abschiedsfest, am Donnerstag durften wir aus Höflichkeit nicht abreisen, weil die Offiziere des Postens uns ein Abschiedsessen gaben, am Freitag war eben Freitag, an dem bekanntlich ein echter Seemann nie in See sticht, am Sonnabend brachen wir auf und verlegten unser Lager, das sich fünfhundert Schritt unterhalb des Forts befand, ebensoweit oberhalb desselben und reisten dann endlich am Sonntag ab.

Wenn ich nun beschreiben soll, auf welche Weise wir die Zeit hinbrachten, so ist dies mit wenigen Worten geschehen: Wir lebten in der besten Gesellschaft und waren fortwährend guter Dinge. Ich wurde indessen durch nichts abgehalten, forschend die nächste Umgebung zu durchstreifen sowie manches Interessante zu beobachten und zu sammeln.

So habe ich oft lange unter den großen Eichen gesessen und dem munteren Treiben einer Art Buntspechte zugeschaut, deren merkwürdige Gewohnheiten mir die angenehmste Unterhaltung gewährten. Diese schönen Vögel teilen ihre Zeit gleichsam zwischen Spiel und Arbeit. In beidem scheinen sie unermüdlich zu sein, denn stundenlang sah ich zwei oder mehrere derselben um einen modernden Baumstumpf »Verstecken und Suchen« spielen, wobei es natürlich nicht an ausgelassenem Lärm fehlte. Zierlich hüpften sie hinauf und hinunter, nach der einen Seite und dann nach der anderen hin um den Baum herum, dessen vielfach geborstene Rinde ihnen so gute Stützpunkte für die steifen Schwanzfedern und die scharfen Krallen bot. Vorsichtig lugten sie um die Ecke, verrieten durch neckenden Ruf ihre Gegenwart und wechselten dann blitzschnell ihr Versteck; und wenn sie, sich gegenseitig meidend, dennoch unvermutet einander in die Augen schauten, dann schien das Gelächter kein Ende nehmen zu wollen, und fort hüpften sie wieder, um das Spiel von neuem zu beginnen. Die Spielstunde war endlich vorüber, die kleine Gesellschaft versammelte sich, beratschlagte auf lärmende Weise hin und her, kam endlich zum Entschluß, und fort flog sie nach der ersten Eiche, deren korkige Rinde schon vielfache Spuren ihrer Arbeit trug und wo sie nun wieder ihren Fleiß und ihre Kunstfertigkeit beweisen wollten. Jeder suchte sich eine passende Stelle, krallte sich da fest, stützte den Körper auf die stumpfen Schwanzfedern und begann dann zu hämmern, daß die Späne umherflogen. Sie arbeiteten lange und emsig, allmählich entstanden unter den bildenden Schnäbeln in der Rinde Höhlen, deren Durchmesser dem einer Eichel gleichkam. Immer tiefer wurde gemeißelt und gehackt, doch ohne die Symmetrie der runden Öffnung zu verletzen. Geruht wurde auch zuweilen, und dann flogen die reizenden Tiere zueinander hin, beschauten mit prüfenden Blicken eines des anderen Arbeit und gingen dann wieder mit erneuter Kraft ans Werk. Endlich waren die Öffnungen tief genug; mit lautem Schrei wurde es verkündet, und fort flogen die Spechte zu einer anderen Eiche, wo sich jeder eine schöne, gesunde und vor allen Dingen trockene Eichel suchte, mit derselben im Schnabel schleunigst zurückkehrte und in seiner Werkstätte sich wieder auf den alten Platz begab. Die Eichel wurde alsdann mit dem dünneren Ende in die Öffnung geschoben; sie ging zwar schwer hinein, doch die korkähnliche Rinde gab nach, als die keilförmige Frucht Schlag auf Schlag von dem festen Schnabel erhielt, und nach wenigen Minuten wurde die Arbeit für beendet erklärt, denn die Eichel saß fest und ragte nur so weit über der Rinde hervor, als nötig war, um sie im Winter mit Bequemlichkeit verspeisen zu können. So sorgen diese Vögel für ihren Wintervorrat. — Wer nun solche Geschöpfe mit Aufmerksamkeit beobachtet, ihren Bewegungen folgt, ihre Sinne zu erraten und sich zu verdeutlichen strebt, der muß hingerissen werden zu tiefer Bewunderung und Verehrung einer gewaltigen Macht, die mit unbegreifbarer Weisheit den Millionen der verschiedenartigen lebenden Wesen verschiedene, aber entsprechende Gesetze vorzuschreiben vermochte.

Die meisten starken Bäume um Fort Tejon waren auf diese Weise mehr oder weniger von den Spechten mit Eicheln übersät worden, und zwar in vielen Fällen so dicht, daß es nicht schwerfiel, auf der Fläche eines Quadratfußes bis zu zweiundzwanzig solcher kleiner Magazine zu zählen. Auffallend erschien es mir, daß die Eicheln so fest eingeklemmt waren, daß es mir nur selten gelang, ohne Werkzeug eine derselben aus ihrem Behälter zu entfernen. Die Gegenwart der Menschen ertrugen diese Vögel mit einer gewissen Zutraulichkeit, weshalb es mir auch gelang, ihre Gewohnheiten so genau kennenzulernen. Wenn sich aber ein mutwilliges Eichhörnchen oder eine räuberische Krähe ihren Vorratsbäumen näherte, dann verteidigten sie ihr Eigentum mit einer Tapferkeit und einem Grimm, den man in den kleinen, harmlosen Tierchen nicht zu finden erwartete. Übrigens habe ich aber auch Gelegenheit gehabt, das gute Einvernehmen zwischen einigen dieser Vögel und einem Eichhörnchen zu beobachten; ich war lange vertieft im Anblick ihrer drolligen Spiele und der lieblichen Szenen, wenn sie sich voreinander zu verstecken trachteten, sich gegenseitig suchten, fanden und zwischen Ästen und Zweigen herumjagten. Der kleine Vierfüßer, auf dem höchsten Punkt wilder Ausgelassenheit, schien dann gleich seinen gefiederten Spielkameraden zu fliegen und mischte sein kläffendes Stimmchen mit deren neckendem Geschnarre.

Auch zwei Gräber wurden mir in Fort Tejon gezeigt, zwei Gräber, die in ihrem Alter nur zwanzig Jahre auseinander sind, dabei aber verschiedenen Zeitaltern anzugehören scheinen. Das erste Grab befindet sich mitten auf dem Hof des Forts, im Schatten einer riesenhaften Eiche. Der schöne Baum vertritt die Stelle des Leichensteins, und auf seinem Stamm liest man an einer Stelle, wo die Rinde entfernt wurde, die mit einem Beil tief eingemeißelten Worte: »Peter le Beck, killed by a bear, Octbr. 17.1837 (Peter le Beck, getötet von einem Bären am 17. Oktober 1837).« Die Rinde ist schon wieder über einige Buchstaben hinweggewachsen, so daß man die Worte nur noch mit Mühe zu entziffern vermag. Dort also, in der Urwildnis, scharrten einst kühne kanadische Trapper ihren verunglückten Kameraden in die fremde Erde und schrieben mit Eisen seinen Namen auf grünendes Holz.

Zwanzig Jahre später stand, einige hundert Schritt davon, eine den gebildetsten Ständen angehörige junge Amerikanerin am Grab ihres Gatten, eines Offiziers der Besatzung, der einer Krankheit erlegen war und nach kurzem Aufenthalt in dem neuerrichteten Posten ebenfalls in die fremde Erde gesenkt wurde. Ein weißes Gitter umgibt den kunstvoll behauenen Grabstein mit der vergoldeten Inschrift; die Inschrift habe ich vergessen, aber nicht die Worte, welche die scheidende Gattin mit Bleistift auf eine der weißen Latten schrieb; sie schienen eine Welt voll Kummer und Schmerz zu enthalten.

Als die trauernde Witwe in ihre Heimat zurückkehren wollte, bat sie die Offiziere des Postens, wenn sich die Gelegenheit bieten sollte, ihr ein Bild vom Grab ihres Gatten zu verschaffen. Ein Jahr war seitdem verflossen. Eingedenk ihres Versprechens forderten die Offiziere mich auf, eine Skizze von der einsamen Ruhestätte zu entwerfen. Mit Freuden übernahm ich den Auftrag, zeichnete nach besten Kräften das gewünschte Bild und fügte demselben noch eine Ansicht des Militärpostens mit all seinen Häusern und Eichen bei.

Nach abermals zwanzig Jahren steht wohl schon eine große Stadt dort, und die marmorne Gedenktafel des Soldaten befindet sich vielleicht im Fundament desselben Hauses, zu dem die Grabeiche des Jägers die Balken hergegeben hat.

Der Bau des Forts ist immer noch nicht ganz beendet; zur Zeit meiner Anwesenheit daselbst hatte er schon über ein halbes Jahr vollständig geruht, und es schien sehr ungewiß, ob er überhaupt wieder in Angriff genommen werden würde. Die furchtbare Erderschütterung des vorhergehenden Jahres, durch die fast alle Gebäude mehr oder weniger beschädigt wurden, hatte die erste Veranlassung dazu gegeben, und die leichteren Stöße, die sich fast wöchentlich wiederholten, dienten gewiß nicht dazu, die Furcht vor größeren Unfällen dieser Art ganz einzuschläfern. Allerdings waren die dortigen Bewohner schon an Erdbeben gewöhnt, doch erinnere ich mich noch ganz genau, einst während des Mittagessens, als sich eine leise Schwingung des ganzen Speisesaals bemerkbar machte, eine Anzahl verstörter Gesichter gesehen zu haben, zu denen auch wohl das meinige gehört haben mag. Über das mehrmals erwähnte starke Erdbeben im Frühling 1857 ging mir von Augenzeugen folgende Beschreibung zu: Ein dumpfes, donnerähnliches Rauschen näherte sich in der Richtung von Süden nach Norden, und diesem folgte eine förmliche Erhebung des Bodens, die sich gleich einer starken Woge fortbewegte. Felsen stürzten von den Abhängen, die Häuser schwankten und bekamen Risse, die sich weit öffneten, aber wieder schlossen, Menschen und Vieh wurden zu Boden geworfen und konnten sich nach einigen Sekunden erst wieder erheben, nachdem die Woge vorbeigerollt war. — So übertrieben mir auch diese Beschreibung erschien, so wurde sie mir doch auf dieselbe Weise von mehreren Seiten mitgeteilt. Namentlich glaubte ich an der Erhebung des Bodens zweifeln zu müssen, obschon ich, wie ich früher erwähnte, die untrüglichsten Beweise fand, daß der Boden sich wirklich geöffnet und demnächst wieder geschlossen hatte.

Der Abschiedstag war endlich da, Peacock schickte die Mexikaner mit den 106 Maultieren voraus, so daß wir uns mit unserem Aufbruch nicht zu übereilen brauchten, und wir verließen denn in Gesellschaft der Offiziere der Garnison, die uns zu Wagen und zu Pferde begleiteten, die Cañada de las Uvas zur späten Vormittagsstunde. Die Natur hatte schon ein winterliches Aussehen angenommen, heftige Stürme wehten in den schneebedeckten Gebirgen, preßten die Wolken nieder in die engen Schluchten und jagten die dichten Nebelmassen in geringer Höhe über dem Boden wild dahin. Wir hatten die besten Maultiere der Herde zu unserem eigenen Gebrauch ausgewählt, und im Galopp folgten wir dem vorangeeilten Train, den wir nach einigen Stunden wieder einholten. Wir befanden uns diesmal auf der Straße, die wir früher auf den Rat des »Irish John« verlassen hatten, und erreichten gegen Abend nach Zurücklegung von zehn Meilen in dem spitzen Winkel des Great Basin ein verfallenes Blockhaus. Mit wenigen Worten erzählte Alexander die Geschichte dieses Hauses; es war seit einigen Jahren zusammen mit den angrenzenden Wiesen sein Eigentum, und er hatte es gewöhnlich des Heuertrags wegen verpachtet gehabt. Seit dem großen Erdbeben aber, bei welcher Gelegenheit das Haus teilweise einstürzte und eine Frau erschlagen wurde, hatten keine Menschen mehr hier gewohnt. Alexander lud uns also ein, die Nacht in seinem verödeten Haus zuzubringen, und sagte uns ebenso wie die übrigen Tejoner Freunde seine Gesellschaft für die Nacht zu. Wir fanden alle hinlänglich Raum in der zerfallenen Hütte, der Kamin war noch in brauchbarem Zustand, das alte Bauholz trocken, und so kostete es uns nur geringe Mühe, dem staubigen Gemach ein ganz wohnliches Aussehen zu geben.

Wütend heulte der Nordoststurm zwischen den morschen Sparren und in dem wankenden Schornstein; wir aber saßen vor dem flackernden Feuer und unterhielten uns von der Vergangenheit und von der Zukunft; dabei ließen wir aber auch die Gegenwart nicht unberücksichtigt, sondern reichten fleißig unsere leeren Blechtassen dem würdigen Mr. Alexander hin, der mit gerötetem Gesicht den Flammen am nächsten saß und aufmerksam einen eisernen Kessel mit duftendem, siedendem Inhalt beobachtete.

In aller Frühe des 28. November schüttelten wir den Staub aus unseren Decken; die Tiere, die während der Nacht Schutz in einer nahen Schlucht gefunden hatten, standen gesattelt und gepackt da, und ein weiter Weg lag vor uns. Wenn jemals Reisenden aufrichtige Segenswünsche mitgegeben wurden, so erhielten wir sie von unseren Tejoner Freunden; wenn jemals eine Hand herzlich gedrückt wurde, so geschah es, als wir unsere Tiere bestiegen und uns ein kurzes Lebewohl sagten. »Schwerlich werden wir alle einander wiedersehen«, hieß es; »ebenso unwahrscheinlich ist es, daß wir in regelmäßigen Briefwechsel miteinander treten werden, doch etwas bleibt uns bis zum letzten Atemzug, und das ist die Erinnerung an die goldenen Tage jugendlichen Frohsinns sowie der Gedanke, Freunde gewonnen zu haben und Freund geworden zu sein. Und sollte eine unter den angenehmsten Verhältnissen, unter Lust und Freude geschlossene Freundschaft nicht auch nachhaltig fürs ganze Leben bleiben können?«

Wir trennten uns; am letzten Felsvorsprung schwenkten wir die grauen Filzhüte, drückten die Sporen in die Weichen unserer Tiere und eilten dahin über die Ebene der einsamen Wohnung des »Irish John« zu.

Unter unseren Packknechten befand sich ein junger Mexikaner, der die dortige Gegend schon mehrfach durchreist hatte und ziemlich bekannt mit den verschiedenen Wegen war. Auf seinen Rat zogen wir an der dürftigen Stelle des »Irish John« vorbei, lenkten in die westlichen Gebirge und gelangten bald in eine Schlucht, wo eine Quelle, Gras und Holz uns zum Lagern bestimmten. Egloffstein hatte sich am Morgen von uns getrennt, um das San-Amedio-Gebirge zu ersteigen und von dessen Höhen einen Überblick über die ganze Gegend zu gewinnen. Er stieß des Abends und auch während der folgenden Nacht nicht wieder zu uns, wodurch wir nicht wenig beunruhigt wurden, um so mehr, als wir nicht in die alte Straße zurückkehren konnten und gezwungen waren, am Morgen des 29. November unsere Reise fortzusetzen. Wir hofften indessen, im San-Francisquito-Paß wieder mit ihm zusammenzutreffen und folgten daher dem Mexikaner, der uns auf unbequemen Pfaden durch die wilden Gebirgsschluchten führte.

Gegen Mittag erreichten wir die westliche Spitze des Elisabethsees, und da ich dort so viel Wild spürte, so blieb ich hinter dem Train zurück und vertiefte mich in die Verfolgung eines Hirsches. Ich näherte mich demselben bald so weit, daß ich glaubte, ihn mit der Kugel erreichen zu können, und gab Feuer. Schwer verwundet sank das Tier zu Boden, raffte sich aber wieder auf und begann die nächste Bergkette zu ersteigen, wo es dichtes Gebüsch fast fortwährend verbarg. Ich band mein Maultier schleunigst an den nächsten Baum, ergriff meine Büchse und folgte dem Flüchtling zu Fuß nach. Wie ich aus der Bewegung des Gesträuchs vor mir entnehmen konnte, näherte ich mich ihm augenscheinlich und geriet im Eifer der Verfolgung in eine solche Aufregung, daß ich, weder der Hindernisse auf dem steilen Abhang noch der eigenen Atemlosigkeit achtend, in ununterbrochener Eile bergan lief. Jetzt erreichte der Hirsch den Kamm des Berges, ich sah ihn nur einen Augenblick, worauf er wieder verschwand; eine Minute später stand ich auf derselben Stelle und erblickte in einer abschüssigen Felsschlucht vor mir das zusammengebrochene, verendende Tier.

Ich war im Begriff, mich meiner Beute zu bemächtigen, als ich eine solche Lähmung in meinem ganzen Körper fühlte, daß ich gezwungen war, mich niederzusetzen. Das Atmen verursachte mir Schmerzen, das Blut schien mir in den Adern zu stocken, und mit Schrecken wurde ich gewahr, daß ich mir in törichter Weise eine Krankheit zugezogen hatte. Die von der Sonne erwärmte Luft in der nach allen Seiten geschützten Schlucht, mehr aber noch der angestrengte Lauf, hatten nämlich eine furchtbare Erhitzung hervorgerufen, und als ich nun in diesem Zustand den Gipfel des Berges erreichte, war ich plötzlich dem scharfen Nordwind ausgesetzt, der mich bis aufs Mark erkältete. Verstimmt saß ich da und blickte auf den bewegungslos daliegenden Hirsch, den ich zurücklassen mußte; nach einer Weile erhob ich mich und schleppte mich mühsam den Abhang hinunter zu meinem Reittier, stieg auf und folgte den Spuren des Trains.

Der scharfe Ritt schien mir wohlzutun, denn als ich bei der Hütte vor dem San-Francisquito-Paß meine Kameraden einholte, fühlte ich mich schon wieder beruhigt über mein unbesonnenes Handeln am Morgen und sprach mit Bedauern von meiner zurückgelassenen Beute. Egloffstein war auch wieder eingetroffen und zwar glücklicher als ich, mit einem feisten Stück Wild. Er war hoch oben im Gebirge von einem Schneesturm überfallen worden, in welchem er unvermutet so nahe an ein Rudel Hirsche geriet, daß es ihm gelang, einen derselben mit der Pistole zu erlegen. Als er in die Ebene zurückkehrte, hatte er unsere Spur verloren und deshalb in dem erstbesten Gehölz die Nacht bei einem tüchtigen Feuer und einem gerösteten Stück Fleisch zugebracht.

Vereint zogen wir über den Gebirgspaß, lagerten an einer geeigneten Stelle am San-Francisquito-Paß und erreichten am Abend des 30. November die Farm des alten Heart, in deren Nähe wir unser Nachtlager aufschlugen.

Wenn ich mich auch am vorhergehenden Tag schon krank fühlte, so war ich doch imstande gewesen, ohne große Unbequemlichkeiten zu reiten; am 1. Dezember aber hatten die Schmerzen in meinen Gliedern so zugenommen, daß ich kaum mein Maultier zu besteigen vermochte. Ich ritt indessen noch zu dem alten Heart, nahm Abschied von ihm und seinen Söhnen und befand mich gegen Mittag auf der Mission San Fernando. Der gastfreundliche General Pico gab sich die größte Mühe, meine schwindende Gesundheit durch ein ausgesuchtes Frühstück wieder aufzurichten; ich schlug es aber aus, trank nur einige Gläser Wein, der wie Feuer in meinen Adern brannte, drückte dem General für seine aufrichtigen Wünsche herzlich die Hand und schlug dann den nächsten Weg nach Pueblo de los Angeles ein, wo ich mit meinen vorangeeilten Gefährten zusammentreffen mußte.

Pechschwarze Nacht umgab mich, als ich die ersten Lichtschimmer von Los Angeles erblickte, so daß ich es meinem Maultier überließ, von den vielen Wegen denjenigen zu wählen, der in geradester Richtung nach der Stadt führte. In der Stadt wurde es mir nicht schwer, den bekannten Gasthof wiederzufinden; ich übergab mein Tier einem der Hausdiener, ließ mir sogleich eine geräumige Stube anweisen und begab mich zur Ruhe. Der teilnehmende Egloffstein zog es vor, mit mir in demselben Gemach zu wohnen, anstatt mit unseren anderen Gefährten das Lager vor der Stadt zu beziehen. Peacock besuchte mich ebenfalls noch an demselben Abend; als echter Kalifornier hatte er sich einige Erfahrung in der Arzneikunde erworben, wodurch er in die Lage versetzt war, meine Krankheit zu beurteilen. Es ist wahr, ich fühlte mich sehr krank, doch glaubte ich am folgenden Tag die Reise wieder fortsetzen zu können.

Vanusepiirang:
12+
Ilmumiskuupäev Litres'is:
30 august 2016
Objętość:
1050 lk 1 illustratsioon
Õiguste omanik:
Public Domain