Loe raamatut: «Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen», lehekülg 29

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3. Ausführungsgeschäft

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Das Kommissionsverhältnis ist vom Ausführungsgeschäft zu unterscheiden. Das Ausführungsgeschäft verbindet den Kommissionär mit dem dritten Geschäftspartner. Er handelt dabei (zwingend, widrigenfalls Kommissionsrecht keine Anwendung findet)[186] im eigenen Namen (Abgrenzung zum Handelsvertreter), aber auf fremde Rechnung (Abgrenzung zum Eigenhändler, der echter Zwischenhändler ist und Geschäftsabschlüsse im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätigt).

Rechte und Pflichten aus dem Ausführungsverhältnis des Kommissionärs mit dem Dritten erwachsen also nur zwischen diesen beiden. Der Kommittent ist unbeteiligt und kann Forderungen gegen Dritte erst nach Abtretung durch den Kommissionär geltend machen (vgl. § 392 Abs. 1 HGB). Das Kommissionsverhältnis wirkt sich nur mittelbar auf das Ausführungsgeschäft aus, nämlich in dem sich der Kommissionär entsprechend verhält. Abgrenzungsschwierigkeiten entstehen, sobald das Ausführungsgeschäft in schuldrechtlicher und dinglicher Hinsicht nicht eindeutig ist.

a) Handeln in eigenem Namen

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Das Ausführungsgeschäft bei der Kommission muss zwingend im eigenen Namen des Kommissionärs erfolgen, was im Hinblick auf das Offenkundigkeitsprinzip des § 164 Abs. 1 BGB regelmäßig gegen die offene Stellvertretung abgegrenzt werden kann. Unklarheiten aufgrund des sog. „Geschäfts, für wen es angeht“, werden sich kaum je stellen.

b) Für Rechnung des Kommittenten

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Die wirtschaftliche Zuhaltung an den Kommittenten ist das Treuhandelement und grenzt das Ausführungsgeschäft eines Kommissionärs von seinen Eigengeschäften, etwa als Zwischenhändler ab. Während im Falle eines Zwischenhändlers eine Vertrags-/Lieferkette von einander nachfolgenden Kaufverträgen vorliegt, die auch sachenrechtlich mit Durchgangserwerb beim Zwischenhändler vollzogen werden (seltene Ausnahmen im Grundstückshandel aufgrund der Transaktionskosten),[187] gibt es bei der Kommission nur ein Liefer- bzw. Leistungsgeschäft, welches durch das Kommissionsverhältnis überlagert und dem Kommittenten wirtschaftlich zugerechnet wird.

Beispiel:

Werden Antiquitäten oder Kunstgegenstände in ein Versteigerungshaus eingeliefert und dort in einer Auktion oder im Freiverkauf veräußert, liegen Kommissionsverhältnis und Ausführungsgeschäft offen dar und sind überdies wohl gut dokumentiert (Einlieferungsbedingungen, Versteigerungsbedingungen etc.).

Übernimmt hingegen etwa eine Bank auf fernmündlichen Auftrag ihres Depot-Kunden den Erwerb oder die Veräußerung von Wertpapieren zum Tageskurs (Festpreisgeschäft), so ist ohne Weiteres nicht zu erkennen, ob die Bank als Zwischen-/Eigenhändler oder Kommissionär handeln soll, handeln will und handelt (vgl. aber §§ 83 Abs. 2, 2 Abs. 8 Nrn. 1, 2c WpHG und § 31 DepotG).

Die gleiche Problematik kann in einer Vielzahl von Fällen des Vertriebs etwa über den Fachhandel, aber auch bei Überlassungsdienstleistungen (z.B. Vermietung von Maschinen) gleichermaßen auftreten, wenn die Verhältnisse zwischen den Beteiligten nicht zweifelsfrei geklärt wurden. Normalerweise macht es denn (auch umsatzsteuerlich, vgl. § 3 Abs. 3 UStG) keinen Unterschied, ob der Mittelsmann seinen identischen Gewinn als Eigenhändler aus der Handelsspanne zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis zieht oder als Kommissionär vom Kundenpreis eine Provision einbehalten darf.

Auch die Kapitalbindung ist beim Zwischenhändler (Eigenhändler) nicht zwingend eine größere als die des Kommissionärs, da auch jener Lieferantenkredit durch eine Fälligkeitsabrede beim Einkaufsgeschäft auf den Zeitpunkt der Weiterveräußerung in Anspruch nehmen kann (dinglich gesichert dann meist durch sog. verlängerten Eigentumsvorbehalt). Ob der einvernehmlich spätere Geldfluss auf einer Fälligkeitsabrede oder auf dem Kommissionsverhältnis beruht, ist selbstverständlich kein taugliches Abgrenzungskriterium für das Handeln auf eigene oder fremde Rechnung, sondern dessen rechtliche Konsequenz.

4. Risikotragung

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Die Abgrenzung der Vertrags- und Lieferkette des Eigenhändlers vom Kommissionsverhältnis ist, wenngleich nicht bei insges. störungsfreiem Ablauf, so doch für die Tragung des Veräußerungsrisikos, des Insolvenzrisikos und der Gütegefahr (Sachgefahr) für den Geschäftsgegenstand maßgeblich, welche der Kommittent trägt (das ist gemeint mit dem Handeln auf seine Rechnung).

Der Kommissionär kann im Falle ausbleibenden oder in Folge zufälligen Untergangs scheiternden (vgl. im Verhältnis zum Erwerber § 326 Abs. 1 BGB) Ausführungsgeschäfts das Kommissionsgut (oder was davon übrig ist) an den Kommittenten zurückgeben (Kündigung gem. §§ 675 Abs. 1 a.E., 671 Abs. 2 BGB). Soweit den Kommissionär kein Verschuldensvorwurf hinsichtlich der Erfolglosigkeit oder der ungenügenden Sicherung vor Verlust und Beschädigung (vgl. § 390 HGB) trifft und deshalb keine Schadensersatzpflicht besteht, verliert der Kommissionär nur den Provisionsanspruch.[188]

Der Eigenhändler hingegen hätte das Umsatzrisiko zu tragen und schuldete Erfüllung seines mit dem „Auftraggeber“ geschlossenen Umsatzgeschäfts.

Die Problematik ist bei der Verkaufs- und Einkaufskommission eine nämliche. Der Zwischenhändler (Eigenhändler) könnte dieses wirtschaftliche Risiko nur durch die zusätzliche Abrede eines sog. Konditionsgeschäfts auf seinen „Auftraggeber“ abwälzen, in dem er den Umsatzvertrag unter die Bedingung der Weiterveräußerung bzw. den Vorbehalt der Selbstbelieferung stellt und so den Bestand der einzelnen Glieder der Vertragskette in wechselseitige Abhängigkeit bringt.[189]

Weiterhin wird der Kommittent als Geschäftsherr durch § 392 Abs. 2 HGB in der Einzel- oder Gesamtvollstreckung (Insolvenz) in das Vermögen des Kommissionärs geschützt.[190] Die kommissionsweise erlangte Kaufpreisforderung (bei der Verkaufskommission) bzw. den Übereignungsanspruch (bei der Einkaufskommission) muss der Kommissionär dem Kommittenten zwar jeweils erst gesondert rechtsgeschäftlich übertragen (vgl. § 384 Abs. 2 a.E. HGB), sie gelten jedoch gegenüber Gläubigern des Kommissionärs schon zuvor als auf den Kommittenten übergegangen und sind damit vor solchen Pfändungen geschützt.

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Nach dem Wortlaut von § 392 Abs. 2 HGB ist dieser Vollstreckungsschutz auf „Forderungenaus dem Ausführungsgeschäft bezogen, was nicht den Erlös aus der Einziehung solcher Forderungen durch den Kommissionär, also etwa den vereinnahmten Kaufpreis bei der Verkaufskommission bzw. das erworbene Eigentum bei der Einkaufskommission umfasst. Dies ist insofern sinnwidrig, als dieser gleich wie zuvor die Forderung Treuhandvermögen und damit gleichermaßen schutzbedürftig ist.[191] Unproblematisch ist, wenn der Erlös auf ein Treuhandkonto des Kommissionärs geflossen ist und es sich deshalb wiederum um eine Forderung handelt, die kommissionsähnlichen Charakter hat (§ 406 Abs. 1 HGB). In allen anderen Fällen stellt sich neben der prinzipiellen Erstreckung des Vollstreckungsschutzes auf den Erlös (z.B. im Rahmen der Ersatzaussonderung nach § 48 InsO) die weitere Frage, ob dieser überhaupt noch – unterscheidbar – im Vermögen des Kommissionärs vorhanden ist, um geschützt werden zu können. Dies wird nur bei der Einkaufskommission für die Waren angenommen werden können (das Kommissionsgut bei der Verkaufskommission steht von vornherein noch im Eigentum des Kommittenten und ist umfassend geschützt), während vereinnahmtes Geld in der Kasse oder auf einem eigenen Konto des Verkaufs-Kommissionärs nicht mehr gegenständlich, allenfalls wertmäßig unterscheidbar ist (jedenfalls nach Quote); jede Feststellung und Verteilung von Quoten zur Gläubigerbefriedigung wird dann aber einem Insolvenzverfahren überlassen bleiben müssen.

5. Treupflichten

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Der Kommissionär hat aufgrund dieser Risikolage und seiner Treuhandstellung die Pflicht, vereinnahmte Gelder aus kommissionsweisen Veräußerungsgeschäften bis zur Auskehr an den Kommittenten auf Treuhandkonten zu verwahren[192] (vgl. zur ähnlichen Problematik ausdrücklich die Verpflichtung zur Führung von Anderkonten durch Rechtsanwälte nach § 43a V BRAO).

Das Eigentum an für den Kommittenten erworbenen Waren ist diesem gleichfalls bereits im Erwerbszeitpunkt durch sog. Insichkonstitut nach §§ 181, 930 BGB zu übertragen (Kenntlichmachung mit dem Namen des Kommittenten erforderlich; vgl. auch § 18 Abs. 1, 3 DepotG); allerdings erfolgt die Eigentumsübertragung mit Durchgangseigentum des Kommissionärs für eine „juristische Sekunde“ (was zwar wegen § 97 Abs. 2 S. 1 BGB nicht dazu führt, dass die Waren in der Beschlagnahme aufgrund Grundschuld oder Hypothek auf dem Grundstück des Kommissionshauses verhaftet wären, vgl. §§ 1120 f. BGB, wohl aber von einem zuvor erfolgten Insolvenzbeschlag, vgl. §§ 21 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 80 f. InsO oder mit einem Vermieterpfandrecht belastet sein können, vgl. §§ 562 ff. BGB). Alternativ kann bereits im Kommissionsauftrag ein antezipiertes Besitzkonstitut nach §§ 929, 930 BGB vereinbart werden, was jedoch am Durchgangseigentum des Kommissionärs nichts ändert.

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Von dem Besitzkonstitut der Verwahrung des gekauften oder zu verkaufenden Kommissionsguts gehen auch die §§ 389 und 390 HGB aus. Nach § 390 HGB haftet der Kommissionär für das Verwahrgut, soweit er sich nicht entlasten kann, was nur bei bestehender Verwahrpflicht Sinn hat und nach § 389 HGB kann er die Verwahrung bei Säumnis des Kommittenten mit der Verfügung über die Sache durch Hinterlegung ggf. beenden. Bei der Einkaufskommission ist deshalb vom sofortigen (aber dennoch vom Kommissionär derivativen) Eigentumserwerb des Kommittenten durch Insichkonstitut jedenfalls dann auszugehen, wenn die Verwahrung am konkreten Stück auch kenntlich ist.[193]

6. Drittschadensliquidation (Fallgruppe)

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Schließlich führt das Kommissionsverhältnis zur sog. Drittschadensliquidation (in der Fallgruppe der mittelbaren Stellvertretung; vgl. im Übrigen die Fallgruppen der obligatorischen Gefahrentlastung nach § 447 BGB und der Obhutsfälle).

Wird bei der Einkaufskommission das Ausführungsgeschäft durch den Dritten als Verkäufer derart gestört, dass er Schadensersatz – z.B. für Mangelfolgeschäden (vgl. etwa § 437 Nr. 3) – leisten muss oder zerstört etwa ein beliebiger anderer den für den Kommittenten erworbenen Gegenstand beim Kommissionär vor dessen Übereignung an den Kommittenten, so ist Anspruchsinhaber des Schadensersatzes der Kommissionär als Vertragspartner des Verkäufers bzw. als Verletzter (zuerst erwirbt der Kommissionär Eigentum). Er hätte jedoch zumeist wirtschaftlich gar keinen Schaden, weil es sich bei ihm um Treugut handelt und soweit dessen Sachgefahr der Kommittent trägt (beachte aber § 390 HGB). Dieser wiederum hätte zwar den Schaden, jedoch ist er nicht Anspruchsinhaber des Schadensersatzanspruchs (weil nicht Vertragspartner des Ausführungsgeschäfts bzw. noch nicht Eigentümer im Schadenszeitpunkt).

Aufgrund dieser typischen Schadensverlagerung kann und muss der Kommissionär in solchen Fällen nicht nur seinen eigenen, sondern auch den Schaden des Kommittenten liquidieren können und den Ersatz ihm herausgeben (nach § 384 Abs. 2 HGB, ebenso nach § 285 BGB).

Anders bei einem Händler, der auf den Ersatz seines Schadens, ggf. einschließlich des ihm entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) beschränkt ist. Ein eventuell viel höherer Schaden seines Kunden kann dagegen nur ausnahmsweise als sog. Regressschaden liquidiert werden, soweit eine eigene Haftung des Händlers infolge dieser Umstände gegeben sein sollte. Hatte der Kunde die von einem Dritten zerstörte Ware etwa beim Händler gekauft aber noch nicht zu Besitz und Eigentum erhalten (sonst eigener Eigentumsschaden bzw. wiederum Drittschadensliquidation, nämlich in der Fallgruppe der Obhut – Verwahrung – über fremdes Eigentum) und entgeht dem Kunden dadurch eine Gewinnchance im Zusammenhang mit der gekauften Ware, so haftet der Händler z.B. bei ungenügender Obhut dem Kunden aus Nebenpflichtverletzung und Unmöglichkeit, was zumindest einen mutwillig handelnden Dritten nicht nach § 254 BGB entlastet und auch noch adäquat kausale Haftungsfolge (vgl. § 823 Abs. 1 BGB) ist. Nota bene: Ein leicht fahrlässiger Zwischenhändler ist u.U. also für den Endkunden vorteilhafter als ein korrekt sorgfältiger.

7. Weisungsrecht des Kommittenten und Zurückweisungsrecht

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Der Kommittent als Geschäftsherr ist befugt, die treuhänderischen Pflichten des Kommissionärs durch Weisungen zu konkretisieren, soweit sie sich im Rahmen des nach dem Kommissionsverhältnis Zumutbaren halten (vgl. § 665 BGB). Unzumutbare Weisungen sind unverbindlich. Verstößt der Kommissionär gegen berechtigte Weisungen, kann der Kommittent das Ausführungsgeschäft zurückweisen, weiterhin die vertrags- und weisungsgerechte Ausführung des Kommissionsauftrags verlangen und, soweit ein Schaden entstanden ist, dessen Ersatz neben der Leistung geltend machen (vgl. § 385 Abs. 1 HGB). Die Zurückweisung ist nicht fristgebunden, steht aber jeglicher Annahme der Erfüllung aus dem weisungswidrigen Ausführungsgeschäft entgegen, anderenfalls dieses als genehmigt gilt.

Lediglich bei Verletzung von Preissetzungen (vgl. § 386 Abs. 1 HGB) muss der Kommittent das Ausführungsgeschäft unverzüglich (vgl. § 121 Abs. 1 BGB) zurückweisen, wenn er auf ein besseres Geschäft vertrauen möchte. Allerdings sind Preissetzungen nur verbindlich, wenn sie vertraglich vorbehalten wurden, nicht als generelles Weisungsrecht. Preisabweichungen zu Gunsten des Kommittenten sind stets zulässig und diesem zuzurechnen (vgl. § 387 HGB).

8. Haftung im Kommissionsverhältnis

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Das Kommissionsverhältnis ist ein Geschäftsbesorgungsverhältnis (§ 675 Abs. 1) mit der Folge der wechselseitigen Haftung für Pflichtverletzungen nach §§ 280 ff. BGB, einschließlich solcher durch Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB). Der Kommissionär übernimmt dabei als Inhalt seiner geschuldeten Geschäftsbesorgung, die Kommission auszuführen, wodurch er jedoch nicht dem Kommittenten gegenüber für die Erfüllung des Ausführungsgeschäfts haftbar werden würde. Der Kommissionär haftet deshalb nicht für den Dritten als Vertragspartner des Ausführungsgeschäfts, auch nicht über § 278 BGB; der Kommissionär schuldet nicht das Ausführungsgeschäft, sondern ein professionelles Bemühen um den Abschluss eines solchen und das Obwalten kaufmännischer Sorgfalt (vgl. §§ 390, 347 HGB) zur Wahrung des Kommittenteninteresses.

Der Kommissionär haftet deshalb außer im Falle vertraglicher Übernahme etwa durch Bürgschaft (vgl. §§ 765 ff. BGB) oder Vereinbarung einer Delkrederehaftung (vgl. § 394 HGB) nur im Falle interessenwidriger Sorgfaltspflichtverletzungen. Insoweit wird dem Kommittenten die Erfüllungsklage aus dem Ausführungsgeschäft gegen den Kommissionär insb. im Fall des unbefugten Verkaufs auf Kredit (vgl. § 393 Abs. 3 HGB) und der Säumnis mit der Benennung des Dritten bei der Ausführungsanzeige (vgl. § 384 Abs. 3 HGB) gewährt.

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Im Fall der sog. Selbsthaftung des Kommissionärs nach § 384 Abs. 3 HGB hat der Kommittent die Wahl, sich den Dritten nachträglich namhaft machen zu lassen und Erfüllung von diesem zu verlangen oder den Kommissionär in Anspruch zu nehmen. Die Selbsthaftung tritt sehr formalistisch ein, wenn die Benennung des Dritten nicht spätestens gleichzeitig mit der Ausführungsanzeige erfolgt. Diese Selbsthaftung des Kommissionärs ergänzt die (abdingbare) Fiktion in § 405 Abs. 1 HGB, dass eine Ausführungsanzeige ohne ausdrückliche Erklärung des Selbsteintritts als Ausführungsgeschäft mit einem Dritten zu verstehen sei – für das aber dann die Selbsthaftung und das Wahlrecht des Kommittenten gelten.

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Der Selbsteintritt des Kommissionärs (vgl. §§ 400 ff. HGB) ermöglicht ihm unter engen Voraussetzungen die Übernahme des Ausführungsgeschäfts auf eigene Rechnung, wodurch er sich jedoch in einen Interessenkonflikt zum Kommittenten setzt.[194] Von mehreren gleichartigen Geschäftsvorfällen könnte der Kommissionär für die vorteilhafteren den Selbsteintritt erklären und dem Kommittenten als Dritten im Nachhinein denjenigen Vertragspartner des anderen Geschäfts namhaft machen. § 384 HGB versucht, diesen sog. Kursschnitt zu verhindern. Die Selbsthaftung gilt deshalb auch in Fällen unwirksamen Selbsteintritts, welcher mangels anderweitiger Regelung im Kommissionsvertrag überdies einen amtlich festgestellten Börsen- oder Marktpreis voraussetzt (vgl. § 400 Abs. 1 HGB).

§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › E. Treuhandverhältnisse auf Arbeitsleistung und Herstellung › IX. Besondere Vertriebsverhältnisse

IX. Besondere Vertriebsverhältnisse

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Gesetzlich nicht geregelt sind verschiedene Erscheinungsformen des Vertriebs, die Elemente von Handelsvertretung und Kommission vermischen (der Kommissionsagent) oder jedenfalls enthalten (der Vertragshändler und das Franchising, für die beide die ständige Betrauung charakteristisch ist).

1. Vertragshändler

a) Abgrenzung

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Der Vertragshändler ist Eigenhändler, also selbstständiger Zwischenhändler beim Vertrieb von Waren. Er veräußert im eigenen Namen und für eigene Rechnung, was er zuvor seinerseits gekauft hat. Beim Vertragshändler steht dabei im Gegensatz zu anderen Eigenhändlern ein (oder auch mehrere) bestimmter Markenvertrieb im Vordergrund, dergestalt, dass er damit ständig betraut ist. Insoweit ist der Vertragshändler dem Handelsvertreter vergleichbar, als beide damit beauftragt sind, neben der reinen Umsatztätigkeit in dem ihnen zugewiesenen Bereich den Absatz und den Bekanntheitsgrad des Herstellers oder seiner Marke zu fördern. Der Wareneinkauf ist Teil einer Geschäftsbesorgung, nämlich als Dienstleister im Vertriebssystem eines Herstellers.

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Sind das Vertreterhandeln des Handelsvertreters und die selbstständigen Einkaufs- und Verkaufsverträge des Vertragshändlers rechtskonstruktiv grundlegend verschieden, so handelt es sich doch zuerst nur um einen formalen Unterschied, der lediglich eine Annäherung an ein wirtschaftlich gewolltes Ergebnis von unterschiedlichen Richtungen aus bedeutet. Zwingend verschieden sind formal die Parteien der Vertragsverhältnisse und die Vertragstypen. Der Kunde des Handelsvertreters kauft direkt beim Hersteller, dessen Vertreter dieser ist. Der Kunde des Vertragshändlers kauft von diesem. Das Geschäftsbesorgungsverhältnis des Handelsvertreters mit seinem Unternehmer ist reines Handelsvertreterverhältnis, dasjenige des Vertragshändlers ist gesetzlich nicht speziell normiert und jedenfalls durch kaufrechtliche Elemente ergänzt.[195]

Beispiel:

Die Mehrzahl der deutschen Premiumhersteller von Automobilen organisiert den Vertrieb über Autohäuser als „Markenhändler“, ein Hersteller hingegen großteils als „Markenvertretung“ (Mercedes Werksvertretung). Der Unterschied wird kaum wahrgenommen, zeigt sich aber in den dezenten Begriffsunterschieden deutlich. Was aus Kundensicht dabei eigentlich fundamentale Fragen bei der Vornahme von Kundendienst oder Gewährleistungsrechten zeitigt (nur wer bei einer (unselbstständigen) Hersteller-„Niederlassung“ oder einem Handelsvertreter gekauft hatte, kann bei jedem Vertreter oder beim Hersteller selbst seine Rechte geltend machen, anderenfalls an sich nur beim konkreten Händler-Verkäufer, wird über Herstellergarantien und interne Abreden in den Vertragshändler-Verträgen vollständig kompensiert. Genausowenig unterscheiden sich die unterschiedlichen Arten von Autohäusern hinsichtlich der jeweiligen Markenpflege (Verwendung des Markenlogos, Corporate Identity, bis hin zu vereinheitlichter Innen-/Architektur und der oktroyierten Vorhaltung bestimmter Ausstellungsstücke oder dem Angebot an Kundendienstleistungen).

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Relevanz hat die Unterscheidung deshalb vor allem im Kartellrecht,[196] etwa hinsichtlich der Zulässigkeit von Preisbindungen, von Verboten des Verkaufs an Wiederverkäufer zur Vermeidung internen Wettbewerbs und von Versuchen der Bindung von Kunden an Markenwerkstätten. Artikel 101 AEUV und § 1 GWB verbieten den Herstellern, unbeschadet bestimmter geregelter Freistellungen in § 2 Abs. 1 GWB, die Konditionenbestimmung über sog. Markt- oder Wirtschaftsstufen hinweg. Ohne dass dies nur formal an der zivilrechtlichen Konstruktion festgemacht werden könnte, rücken doch Handelsvertreter, die üblicherweise kein Absatzrisiko tragen, näher in die Richtung einer einheitlichen Wirtschaftsstufe mit dem Hersteller (vgl. etwa EuG in der Rechtssache „Daimler-Chrysler/Kommission“)[197], während typische Eigenhändler eine separate Wirtschaftsstufe darstellen.[198]