Schafe und Wölfe

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Schafe und Wölfe
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Inhaltsverzeichnis

Titel

Impressum

Schafe und Wölfe

Nachwort des Autors

Schafe und Wölfe von Corey Landis

© die thrillerfabrik Alle Rechte vorbehalten.

Herausgeber: die Thrillerfabrik, 15 Victor Jackson Avenue, Poundbury, Dorchester, DT1, UK

Cover-Artwork: Markus Hermannsdorfer

Lektorat, Korrektorat: Sandra Schwarz

Dieses E-Book, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung des Verlages oder des Autors nicht vervielfältigt, wiederverkauft oder auf Plattformen im Internet angeboten werden.


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Von Schafen und Wölfen

s regnete in Strömen als der dunkelblaue BMW scharf abbremste, um ein Haar die Füße des jungen Trampers streifte und schließlich auf dem Standstreifen hielt. Er atmete auf. Seit mehr als einer halben Stunde war dies der erste Wagen, den er sah. So schnell er konnte, lief der blondhaarige Mann in abgewetzten Jeans auf die roten Bremslichter zu.

Der Fahrer hatte die Scheibe an der Beifahrerseite zur Hälfte heruntergelassen. Hinter dem Steuer sah der Tramper einen typischen Spießer sitzen. Unauffällig , adrett, streng nach hinten gekämmte graumelierte Haare, der Anzug höchstwahrscheinlich Stangenware aus dem Kaufhaus. Genau der Typ Mann, den sich Mütter für ihre Töchter wünschen. Vor dem brauche ich garantiert keine Angst zu haben, dachte der Tramper. Der Fahrer lächelte sanft, was ihn noch vertrauenswürdiger wirken ließ.

“Scheußliches Wetter, was?”, sagte der Fahrer. “Ich hätte Sie fast übersehen. Sie könnten leicht angefahren werden wenn Sie nachts mit so dunkler Kleidung auf dem Standstreifen stehen.” Der Fahrer warf einen kurzen Blick auf die am Amaturenbrett des BMW angebrachte Uhr. 1:30 zeigten die digitalen Ziffern.

Der Tramper wischte sich den Regen aus dem Gesicht. “Ich werde hier draußen bald nass bis auf die Unterhosen”. Das entsprach so ziemlich der Wahrheit. Kalter, aufbrausender Wind blähte die viel zu dünne Jacke des Trampers auf, der Regen legte an Intensität zu. Er setzte ein breites Grinsen auf und versuchte dabei so wenig bedrohlich wie möglich zu wirken. Außerdem hoffte er damit genügend Mitleid zu erregen. “Ist das erste Mal, dass ich trampe. Mein eigener Wagen hat den Geist aufgegeben.”

Das Klicken der Zentralverriegelung verriet ihm, dass sein Bemühen von Erfolg gekrönt war. So eine schicke Karre hat schon was, dachte der Tramper, öffnete die Beifahrertür und schwang sich auf den mit grauem Stoff überzogenen Sitz. “Haben Sie vielen Dank”, sagte er ohne den Fahrer anzuschauen. “Wie weit fahren Sie?”, fragte der Tramper. “Bis kurz vor Nürnberg”, antwortete der Fahrer. “Super. Passt perfekt”, sagte der Tramper. Sonderlich warm war es nicht in diesem BMW. Die Heizung war offensichtlich auf eine sehr kleine Stufe gestellt. Der Tramper legte die rechte Hand über die Lüftungsschlitze. Er spürte nur einen schwachen, lauwarmen Luftstrom. “Könnten Sie die Heizung ein wenig höher drehen?”, wandte er sich an den Fahrer. “Aber gern”, antwortete der Mann und drehte den Regler ein wenig hoch. “Freut mich wenn ich anderen Menschen helfen kann. Ich heiße übrigens Müller.”

“Kästner”, antwortete der Tramper. Keiner der beiden machte Anstalten dem Anderen die Hand zu reichen. Müller blickte kurz in den Außenspiegel, setzte den Blinker und trat aufs Gas. Der BMW beschleunigte rasend schnell, trotzdem schnurrte der Motor nur leise. Die Scheibenwischer schafften es kaum das Regenwasser von der Frontscheibe zu schieben. Obwohl er kaum etwas sah, dachte der Fahrer nicht daran den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Ein Glück, dass die Autobahn um diese Uhrzeit menschenleer war.

Kästner machte es sich bequem und rückte dabei unauffällig den Smith & Wesson .357er Revolver zurecht, den er sich vorne in die Jeans gesteckt hatte. Weil die Jacke über der Pistole hing und er sie bis jetzt nicht abgelegt hatte, ging der Tramper davon aus, dass der Fahrer die Waffe nicht bemerkt haben konnte.

“Ihr Wagen - ist das zufällig ein roter VW Golf? Hab einen auf dem Parkplatz bei Rohrdorf stehen sehen”, fragte Müller.

Der Tramper wägte kurz ab, ob es besser war zu lügen oder die Wahrheit zu sagen. “Ja”, antwortete er. “Schätze, die Lichtmaschine ist hinüber. Hat mich einfach im Stich gelassen, das blöde Ding.” Selbst wenn der Fahrer umgedreht und den Wagen untersucht hätte, würde er die Wahrheit nicht herausfinden. Kästner hatte alle Fingerabdrücke und zum größten Teil auch das Blut weggewischt bevor er den Golf verließ und das Weite suchte.

“Warum haben Sie nicht den ADAC gerufen? Oder die Polizei?”, fragte Müller.

Kästner zögerte mit der Antwort. “Ich bin nicht beim ADAC. Und… Ääh… Ehrlich gesagt mag ich die Bullen irgendwie nicht.” Müller nickte verständnisvoll. Kästner bezweifelte allerdings, dass er seine Meinung wirklich teilte. Typen wie dieser Müller bekamen keine Probleme mit der Polizei. Die schikanierte nur vermutlich illegal eingereiste Schwarze und Araber mit langen Bärten - potentielle Terroristen. Gelegentlich zog die Staatsgewalt auch Tramper in abgewetzten Jeans aus dem Verkehr, die nachts um halb zwei an der Autobahn standen. Anders gesagt, Typen wie mich, dachte Kästner.

Mehr als fünfzehn Kilometer war Kästner auf dem Standstreifen der A8 in Richtung München marschiert. Während dieser Zeit waren höchstens zehn Autos an ihm vorbeigefahren. Und kein einziger dieser Idioten machte sich die Mühe auch nur den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Blöde Arschlöcher, dachte Kästner und genoß den bequemen Sitz, in dem er jetzt saß. Die Heizung taute ihn langsam auf. Seine Augenlider wurden schwer. Er legte seinen Kopf gegen die Kopfstütze, lauschte dem gleichmäßigen Fahrgeräusch und döste vor sich hin.

“Hat der Fahrer des Golf stark geblutet, nachdem Sie ihn erschossen haben?”, fragte Müller ohne Vorwarnung.

Kästner schreckte hoch und war sofort hellwach. Sämtliche Alarmglocken schrillten in seinem Schädel. Instinktiv tastete er nach seinem Revolver. Er war weg.

Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung zog Müller ein Rasiermesser aus seiner Jackentasche und hielt es dem Tramper an die Kehle. “Dieses edle Stück hier mag alt aussehen, aber ich versichere Ihnen, dass seine Klinge aus besonders gehärtetem Stahl besteht und sogar das Bein einer Kuh problemlos durchtrennen könnte. Kein Skalpell kommt an die Qualität eines echten Bartmanns heran.”

Kästner wagte nicht zu atmen. “Wo ist mein Revolver?”, stieß er erstickt hervor. “Vorläufig in Sicherheitsverwahrung”, antwortete Müller mit ruhiger Stimme. “Sie bekommen ihn wieder wenn die Fahrt zu Ende ist.”

“Wer sind Sie? Ein Bulle in Zivil?”, fragt der Tramper nervös. Auf seiner Stirn stand kalter Schweiß. “Darum brauchen Sie sich im Moment keine Sorgen machen”, antwortete Müller. “Denken Sie lieber an die zahlreichen Schlaglöcher auf dieser Autobahn. Oder dass ich plötzlich scharf abbremsen könnte und ihr Kopf nach vorne fällt. Natürlich könnte ich Ihnen auch einfach so die Halsschlagader durchtrennen. Also raus mit der Sprache. Ich mag es nicht wenn ich alles zweimal sagen muss. Hat er stark geblutet, ja oder nein?”

“Sie werden mich nicht aufschlitzen”, behauptete der Tramper mit fester Stimme. Er war selbst überrascht wie ruhig und überzeugend er den Satz zustande brachte. “Wirklich? Wie kommen Sie darauf?”, fragte Müller. “Ich würde Ihren hübschen BMW gewaltig vollbluten. Und ich denke nicht, dass Sie das wollen.”

Der Fahrer sah ihn an und lächelte sanft. “Das ist nicht mein Auto. Und Sie haben meine Frage immer noch nicht beantwortet. Also, wird´s bald? Letzte Chance.” Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, drückte er das Rasiermesser etwas fester gegen Kästners Hals. Ein einzelner Blutstropfen fiel auf die Jacke des Trampers.

Kästner seufzte resigniert. “Also schön. Ich hab ihn erschossen und er hat geblutet wie ein Schwein.” Müller dachte eine Weile nach. Dann nickte er zufrieden. “Haben Sie ihn gekannt?”, fragte Müller. Der Tramper schüttelte den Kopf. “Brauchte nur seine Karre. Also hab ich ihm das Gehirn weggeballert.” “Und? Haben Sie es genossen?”, fragte Müller. “Keine Spur Mann”, antwortete Kästner. “Hätte ich gewusst was für eine Schrottkarre ich mir da einhandle, hätte ich mir die Kugel gespart.” Die beiden Männer sprachen so emotionslos über den Mord, als ob sie sich über das Wetter unterhalten würden.

“Wie hat es sich angefühlt?”, fragte Müller. “Das töten, meine ich”. “Sie stellen verdammt viele Fragen”, entgegnete Kästner. “Außerdem - jetzt wo ich alles gestanden habe, könnten Sie langsam ihr Rasiermesser von meinem Hals nehmen.”

 

“Oh, natürlich. Bitte um Verzeihung”, sagte Müller, klappte sein Rasiermesser zusammen und steckte es zurück in die Jackentasche. “Besser so?”, erkundigte er sich. Der Tramper nickte stumm.

“Also nochmal, wie hat es sich angefühlt?”, fragte Müller erneut. Schwachsinnige Unterhaltung, dachte Kästner. Er ließ es sich aber nicht anmerken. “Keine Ahnung”, antwortete er tonlos.

Müller ließ nicht locker. “Jetzt kommen Sie schon. Muss ich Ihnen alles einzeln aus der Nase ziehen? Waren Sie erregt, als sie abgedrückt haben? Hatten Sie Schuldgefühle? Oder hat es Sie einfach kalt gelassen?”

Ohne dass er es wollte, sah Kästner den Mord noch einmal vor seinem geistigen Auge. Die weit aufgerissenen Augen des Fahrers. Wie er um Gnade flehte. Dann der ohrenbetäubende Knall und das Blut, das gegen die Fahrertür und an die Decke spritzt. Der Mann röchelt leise. Aus seinem Mund sickert Blut, formt sich zusammen mit Speichel zu Blasen, die blubbern und platzen. Aus dem rauchenden Loch in der Stirn blutet er ebenfalls. Für einen kurzen Moment kann Kästner die graue Gehirnmasse im Schädel sehen. Dann kippt der Mann zur Seite, röchelt ein letztes Mal und stirbt. Dem neuen Fahrer neben ihm würde er das bestimmt nicht erzählen, aber als er ausstieg, hatte er einen mächtigen Ständer.

“War er auf der Stelle tot?”, riss ihn Müller aus seinen Gedanken. Kästner schüttelte den Kopf. “Haben Sie gewartet, bis er tot war?”, fragte Müller. Sein Fahrgast brummte “Mmhm.” “Wie lange hat es gedauert?”, bohrte Müller nach.

Kästner schwieg eine Weile. Er wusste nicht ob er diese eigenartige Fragestunde fortführen wollte. Gab er noch mehr preis, würde er Müller ebenfalls umlegen müssen. Er wusste nur noch nicht wie er an dessen Rasiermesser herankommen sollte. Andererseits tat es gut sich diese Sache von der Seele zu reden. Welcher Mörder hatte schon die Gelegenheit offen und ohne Zwang über seine Taten zu reden?

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