Loe raamatut: «Geheimnisvolle Unterwelten», lehekülg 3

Font:

Die Evolution hat auf der Erde Lebensformen hervorgebracht, die glatt als Aliens durchgehen könnten. Selbst Wirbeltiere, wie der Cave Angle Fish („Cryptotora thamicola”), haben die Unterwelt erobert. Er lebt in den Wasserfällen von Höhlen, wo er sich mit winzig kleinen Haken an der abgeflachten Flosse am Fels festhält. Seine Nahrung besteht aus Bakterien, die ihm das Wasser heranschafft.

Ein anderer Überlebenskünstler der Unterwelt ist ein weißer Salamander. Wie alle echten Höhlenbewohner in diesem Dunkel ist er blind. Im Gegensatz zu seinen Verwandten an der Erdoberfläche bildet er keine Pigmente, denn im Finsteren haben sie keine Bedeutung. Optische Tarnung ist hier nicht gefragt.

Aber die unwirtlich anmutende Umgebung bietet den Bewohnern den wichtigen Vorteil der Kontinuität. Die Temperatur in der Lechuguilla-Höhle liegt ständig bei etwa acht Grad, die Luftfeuchtigkeit konstant bei 95 Prozent. Der weiße Salamander musste also nie flexibel auf sich verändernde Bedingungen reagieren. Dadurch spart er Energie in seinem Stoffwechsel. Das ist überlebenswichtig, denn er ist oft gezwungen, mehrere Monate lang zu hungern. Im Extremfall kann der Salamander bis zu sechs Jahre von einer ordentlichen Mahlzeit zehren.

Welten, die für die Wissenschaft bisher als lebensfeindlich galten, gewinnen so wieder mehr Aufmerksamkeit, denn Leben findet seinen Weg und hat überall im Kosmos die gleichen Absichten: Es ist expansiver Natur, es breitet sich aus und vermehrt sich, und das an den schier unmöglichsten Orten. Man denke in diesem Zusammenhang an die „Oasen der Tiefsee“, wo Bakterien an 350 Grad heißen Quellen in der Tiefsee existieren.

Das Erstaunliche dabei ist, dass diese Mikroorganismen Photosynthese betreiben - und das an einem Ort, zu dem niemals auch nur ein einziger Sonnenstrahl vordringt. Sie nutzen als Energiequelle das schwache „Glimmen“, das von heißen Quellen des Meeresgrundes ausgeht. Diese für das Auge unsichtbare Strahlung, das sogenannte geothermische Licht, gibt der Wissenschaft allerdings immer noch Rätsel auf.

Auf das geheimnisvolle Licht der Tiefsee ist Ende der achtziger Jahre die amerikanische Biologin Cindy Lee Van Dover aufmerksam geworden. Sie hatte bei Krebsen, die an Thermalquellen auf dem dunklen Meeresboden leben, eigenartige Lichtsinnesorgane entdeckt. Sie befinden sich auf dem Rücken. Bei der Suche nach dem biologischen Sinn dieser „Augen“ stieß die Forscherin auf das geothermische Licht.

Es handelt sich dabei um Strahlung vorwiegend im tiefroten bis nahezu infraroten Bereich. Das heiße Wasser, auch wenn es mit mehr als 300 Grad aus dem Boden schießt, kommt nicht als alleinige Strahlungsquelle in Betracht.

Die Intensität bei manchen Wellenlängen ist viel zu hoch, als dass sie mit Wärmestrahlung erklärt werden könnte. Möglicherweise entsteht „Licht“, wenn das heiße Wasser auf das kalte Meerwasser, dessen Temperatur nur zwei Grad beträgt, trifft und dabei Mineralien auskristallisieren. Zu den weiteren Erklärungsversuchen gehören Sonolumineszenz, hervorgerufen durch kollabierende Bläschen, und bei chemischen Reaktionen auftretende Lumineszenz.

Die Entdeckung von Leben tief unter der Erde bricht derweil nicht ab. Anfang 2021 entdeckten Forscher erstmals Lebensformen unter 800 m dickem Schelfeis. Unter dem antarktischen Filchner-Ronne-Schelfeis (benannt nach Wilhelm Filchner und Finn Ronne) leben diese schwammartigen Lebewesen putzmunter auf Felsblöcken, sogenannte sessile (festsitzende) Filtrierer-Organismen. Diese Entdeckung beweist, wie sich Leben auf unglaublich spezielle Weise an das Leben unter gefrorenen Welten anpassen kann.

Polarforscher Huw Griffiths vom British Antarctic Survey ist begeistert von dieser Terra incognita. Bereits der 1996 unter einem 3.600 m dicken Eispanzer entdeckte Wostoksee in der Nähe der russischen Station Wostok sorgte für Aufsehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich in diesen tieferen Wasserschichten ebenfalls Leben befindet. Auch die subglazialen Seen Lake Whillans und Mercer Lake im Marie-Byrd-Land wurden untersucht. Bei diesen Beprobungen fand man unter der rund 1.000 m dicken Eisschicht ein überraschend komplexes Ökosystem an Krebstieren und Bakterien, die sich von Methan ernähren.

Mikroorganismen aus den unbekannten Tiefen der Weltmeere, der Antarktis oder den phantastischen Höhlensystemen im Carlsbad Caverns Nationalpark geben so neben den Möglichkeiten von Leben in der Unterwelt möglicherweise auch Aufschluss über die vielfältige Existenz und Überlebensfähigkeit von Lebensformen auf anderen Planeten und Monden unseres Sonnensystems. Doch dieses Rätsel werden wohl nicht unsere Robotersonden lösen, sondern erst künftige bemannte Missionen zu diesen faszinierenden Welten, die mit entsprechendem Equipment ausgestattet sind und die menschliche Fähigkeit nutzen, eine gewisse Sensibilität für Ungewöhnliches einsetzen zu können.

Moderne Städteplanung – im Untergrund!

Nicht aus Temperaturgründen, sondern aus Platzmangel wird häufig in Asien und den Vereinigten Staaten auch im Untergrund gebaut. Hier entstehen moderne Städte mit Einkaufszentren und Wohnmöglichkeiten.

Beispiele für solche Städte sind:

Crysta Nagahori, Osaka, Japan. Dies ist eine weltberühmte Shopping-Stadt mit mehr als 100 ober- und unterirdischen Geschäften, einem gläsernen Atrium und Wasserläufen.

Hongkong, Stadterweiterung. Die Stadt baut nicht aus Temperatur- oder Schutzgründen in den Untergrund, sondern wegen des extremen Platzmangels. Hier entstehen in den Bergen verschiedene Laboratorien, Rechenzentren und auch Freizeitanlagen.

Lowline, New York, USA. Hier laufen Planungen für einen Ausbau der verlassenen Zugtunnel auf der Lower East Side. Es soll sogar ein Wald bzw. ein Park angelegt werden.

Moose Jaw Tunnels, Kanada. In diesen Tunnelanlagen mussten früher chinesische Bürger leben, die ihre Steuern nicht bezahlen konnten. Insofern hat diese unterirdische Stadt einen sehr traurige Geschichte.

Path, Toronto, Kanada. Hier verbindet ein 30 km langes Tunnelsystem Bahnhöfe, Geschäfte und Restaurants miteinander.

Réso, Montreal, Kanada. Diese Stadt ist ebenfalls modern, wurde aber aufgrund der harten winterlichen Wetterbelage in den Untergrund gebaut. Viele Städte sind aus diesem Grund in Kanada ebenfalls in die Erde verlegt worden. Hier befinden sich alle notwendigen Geschäfte sowie Hotels und Restaurants und auch Verkehrsanbindungen wie die U-Bahn. Es gibt sogar kulturelle Einrichtungen wie ein Kino und eine Bibliothek.

Shanghai-Tunnel (Portland Underground), Portland, USA. Dieses komplexe Tunnelnetzwerk verbindet Chinatown mit der restlichen Stadt. Früher konnten hier problemlos Waren transportiert oder in Zeiten der Prohibition vor allem Alkohol an Bars geliefert werden. Heute sind viele Tunnel leider aufgrund von Bauarbeiten und Schutt unzugänglich.

Verkehrsadern künftig unterirdisch?

Offenbar gab (und gibt!) es zu allen Zeiten und in allen Gegenden der Welt Gründe dafür, unterirdische Städte und Wohnungen zu bauen. Und auch künftig soll sich dieser Trend eher noch verstärken als reduzieren. Beispielsweise überlegt die Schweiz, künftig ein unterirdisches Verkehrsnetz zur Entlastung der Straßen einzurichten. So sollen unbemannte Elektrofahrzeuge unterirdisch Waren transportieren.

Das Ganze soll in 20 bis 50 m Tiefe abgewickelt werden und ein erster Streckenabschnitt soll bereits 2030 fertig sein. Ein positiver Nebeneffekt dieser Idee wäre auch der reduzierte CO2-Ausstoß und damit eine geringere Umweltbelastung. Über dieses „Cargo sous terrain“ berichtete Logistik aktuell am 06.12.2016 online.

Die Schweiz ist aber nicht die einzige Nation, die sich Gedanken darüber gemacht hat. Denn bereits 2009 wurden diesbezügliche Ideen in Graz gewälzt. Dort bezog sich die Forschung wiederum auf die Stadt Madrid, wo die Verlagerung von Streckenabschnitten unter die Erde dazu geführt haben, dass oberirdisch Raum für Parks und Grünanlagen geschaffen wurde.

Elon Musk, der berühmte Tesla-Gründer, arbeitet ebenfalls an Plänen zur Verkehrsentlastung. Dieser soll in ein unterirdisches Tunnelsystem verlegt werden. Hierzu hat Musks „Boring Company“ 2018 bereits einen knapp 2 km langen Tunnel in Los Angeles eröffnet.

Auf den Leitschienen in den Tunneln sollen die Fahrzeuge dann mit mehr als 240 km/h unterwegs sein können. Die erste Testfahrt mit einem Tesla war mit nur 80 km/h zwar noch nicht so schnell und auch die Anwohner äußerten Bedenken gegen die vorliegenden Pläne, doch hier bleibt abzuwarten, was Elon Musk aus seiner Idee noch macht. Bei seiner Kreativität dürfte dies noch nicht das Ende seiner Ideen sein.

Weitere Länder wie Mexiko und China haben ähnliche Pläne und besonders China ist aufgrund der großen Bevölkerungszahl darauf angewiesen, mehr Wohn- und Lebensraum zu schaffen – und das eben auch unterirdisch!

Faszinierende Höhlenwelten

Wer sich für Höhlen und Höhlenforschung interessiert, freut sich über verschiedene verwinkelte Gänge und die häufig anzutreffenden Tropfsteine (Stalagmiten und Stalaktiten). Viele unterirdische Höhlensystem liegen auch im Meer oder stehen zumindest unter Wasser. Sie sind nur von Tauchern zu erforschen, die allerdings häufig in den gefährlichen Sogen den Tod finden.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang der Blautopf in Ulm oder der bereits erwähnte Carlsbad Cavern Nationalpark in den USA (Mexiko). Das Höhlensystem mit über 80 Einzelhöhlen in fast 500 m Tiefe ist ungefähr 200 km² groß und gehört seit 1995 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Geschützt ist das gesamte Gebiet allerdings bereits seit 1923 als „National Monument“. In Mexiko gibt es auch ein faszinierendes Unterwasser-Höhlensystem auf der Halbinsel Yucatán.

Bewohnbar sind solche Unterwasserhöhlen selbstverständlich nicht. Und für Touristen sind die meisten Höhlen wegen der Gefahren, die dort lauern, ohnehin nicht zugänglich. Zudem können sie nur von Tauchern besucht werden – und nicht jeder Tourist hat eine entsprechende Ausbildung. Es gibt aber sehr schöne Höhlen, die nicht unter Wasser liegen und ihren Besuchern einiges zu bieten haben.

In Frankreich gehört beispielsweise die berühmte Höhle von Lascaux mit ihren beeindruckenden Höhlenmalereien aus dem Jungpaläolithikum dazu. Diese Malereien sind auf die Zeit um 15.000 bis 17.000 v. Chr. datiert.

Sơn-Đoòng-Höhle

Noch spektakulärer und fantastischer ist jedoch die Sơn-Đoòng-Höhle („Bergflusshöhle“), die sich im vietnamesischen Nationalpark Phong Nha-Ke Bang befindet. Sie wurde erst 1991 entdeckt und ist seit 2013 auch für Besucher geöffnet. Seit 2003 gehört sie zum Weltnaturerbe der UNESCO.

Hier fühlt sich der Tourist nicht nur in eine andere Zeit, sondern auch in eine andere Welt versetzt, denn in dem riesigen Höhlensystem mit über 150 Einzelhöhlen gibt es sowohl Seen, Flüsse als auch einen eigenen Dschungel. Über zwei große Dolinen (Fenster) kommt Sonnenlicht herein und bietet somit optimale Wachstumsbedingungen für Flora und Fauna innerhalb der Höhlen.

Hier wuchern über 1.000 unterschiedliche Pflanzenarten – darunter seltene Orchideenarten und andere seltene Pflanzen – und leben bislang unbekannte Tierarten. Viele Arten von Amphibien, Säugetieren, Fischen, Vögeln und Fledermäusen tummeln sich hier, aber auch die neu entdeckte Saola-Antilope hat hier ihren festen Lebensraum. Außerdem wurden uralte Fossilien hier gefunden, die über 300 Millionen Jahre alt sind.

Man wäre kaum überrascht, wenn man hier auf Menschen treffen würde, die sich dem ungewöhnlichen Klima angepasst haben. Denn das Ökosystem in dieser Höhle ist anders als an der Oberfläche.

Die Temperaturen in der Höhle sind viel niedriger als außerhalb und auch die Luftfeuchtigkeit ist viel höher. Flora und Fauna in der Höhle mussten sich daher im Laufe der Zeit anpassen. Daher sind die seltenen Pflanzen und Tiere auch ausschließlich hier angesiedelt. Touristen haben hingegen häufig mit diesen Klimaverhältnissen zu kämpfen.

Risiken des unterirdischen Lebens

Der Mensch höhlt nach und nach die Erde aus. Auf der Suche nach Bodenschätzen oder zum Bau von U-Bahnen und unterirdischen Städten oder Anlagen. Und nicht immer bleibt dieses Verhalten folgenlos. Denn wie viele Berg- und Minenarbeiter wurden dabei schon verschüttet?

Eine große Gefahr stellen auch die spontanen Erdfälle oder Sinkholes dar, die immer häufiger auftauchen. Meist handelt es sich dabei um relativ begrenzte Flächen, auf denen die Erde ein Stück weit absackt. Da es nur Großereignisse mit tiefen Löchern und leider häufig auch Todesopfern in die Nachrichten schaffen, werden diese Vorkommnisse für seltene Einzelfälle gehalten. Doch in Wirklichkeit gibt es mehrere hundert solcher plötzlichen Einbrüche der Erdkruste pro Jahr.

Sie kommen dort vor, wo die Menschen auf wasserlöslichen Gesteinsformationen wie Gips, Karst oder Muschelkalk gebaut haben. Diese porösen Gesteine werden mit der Zeit durch das einsickernde Regen-/Tauwasser ausgehöhlt und werden dadurch schwächer und instabil. An solchen Stellen können sich wassergefüllte Hohlräume bilden, in die sich die darüberliegende Erdschicht langsam absenkt. Im schlimmsten Fall befinden sich solche Trichter ausgerechnet unter vielbefahrenen Straßen oder dicht besiedelten Wohngebieten.

Neben diesen Lösungsdolinen genannten trichterförmigen Bodeneinsenkungen gibt es auch sogenannte Einsturzdolinen, bei denen die Höhlendecke des Hohlraums ganz plötzlich einbricht. In beiden Fällen sind die ausgeschwemmten Höhlen ziemlich nahe an der Erdoberfläche. Bei Erdfällen hingegen brechen tiefer liegende Höhlensysteme zusammen. Dies kann auch in Zusammenhang mit Erdbeben geschehen.

Gründe für den Einsturz sind aber, vor allem in den USA, schwere Bauten, die sich an diesen Stellen befinden. Beispielsweise werden dort häufig große Pools von solchen Sinkholes verschluckt. Auch das Abpumpen von Grundwasser in generell gefährdeten Gegenden kann eine Veränderung der Tragfähigkeit zur Folge haben und zu Sinkholes führen. Dies ist beispielsweise in Florida ein häufiger Einsturzgrund.

Eine weitere Gefahr ist allerdings nicht nur das eindringende Wasser, sondern – wie im berühmten Fall der amerikanischen Stadt Centralia (ehemals Centreville) in Pennsylvania – auch Feuer. Genauer gesagt: Kohle. Denn diese kleine Stadt liegt auf einem großen Kohlevorkommen, das leider 1962 in Brand geriet und seither immer noch brennt und die gesamte Region unbewohnbar macht. Von den ursprünglich 2,500 Einwohnern waren im Jahr 2017 nur noch 5 dort.

Der Bergbau wurde bis zum Kohlebrand dort betrieben und auch in der Nähe der brennenden Stadt noch einige Zeit als wilder Bergbau (bis in die 1980er Jahre) weitergeführt. Vereinzelt ist dort auch noch wilder Bergbau im Gange.

Centralia ist leider nicht die einzige Stadt, unter der es brennt, denn es gibt noch über 100 weitere Kohlebrände in den USA, die auch heute noch aktiv sind. Diese Feuer werden, speziell in Centralia, nicht mehr bekämpft, da das vorhandene Kohlevorkommen das Feuer noch bis zu 200 Jahre anheizen kann. Die Stadt war übrigens die Filmvorlage für Silent Hill, einem Horrorfilm, der sich von einem Videospiel ableitet.

Wer also unter der Erde lebt, muss theoretisch damit rechnen, dass über ihm alles zusammenbricht und er in der Erde begraben wird. Im Idealfall sollten sich die Anlagen also in einem nicht porösen Gestein befinden oder in einer sehr stabilen, tiefen Erdschicht. Und er sollte keine brennbaren Stoffe wie Kohle oder Erdöl in seinem Wohnraum haben.

Ob die Bebauer aller Zeiten und Kulturen diese Problematik auch berücksichtigt haben? Oder finden wir irgendwann bei Ausgrabungen zufällig tiefe verschüttete Orte aus uralten Zeiten?

Fazit:

In der gesamten Weltgeschichte hatten verschiedene Völker gute Gründe, das Leben unter die Erde zu verlagern. Vielleicht aus Angst vor Kometen oder vor feindlichen Angriffen, möglicherweise auch vor den Witterungsbedingungen. Und heute sind die Verkehrsdichte und die Überbevölkerung nur zwei der Gründe, warum viele Anlagen am besten unter der Erde aufgehoben sind. Hier ist auch ein besonderer Schutz geben, wenn es beispielsweise um die Bunker oder Kunstschätze sowie Getreidesamen geht. In Schoß der Erde können wichtige Dinge lange überdauern.

Die vorangegangenen Beispiele zeigen deutlich, dass es unter diesen Voraussetzungen nicht gerade abwegig ist, wenn Menschen davon berichten, dass sie auf unterirdisch lebenden Menschen getroffen sind, denen sie in Höhlen, Tunneln oder Bergen begegnen.

Dabei ist immer zu beachten, dass nicht jeder, der „in der Erde“ lebt, gleich „im Mittelpunkt der Erde“ lebt, wie häufig übertrieben dargestellt wird, wenn die Idee einer Bevölkerung im Inneren der Erde aufkommt. Genügend Menschen leben oder arbeiten (Minen, Bergwerke, Regierungsbunker) unter der Erde. Diesen Gedanken sollte der Leser bei der Lektüre der im Buch vorgestellten Fälle immer im Hinterkopf behalten.

Unterwelten in Österreich:

Die rätselhaften Erdställe

Vor mehr als 10.000 Jahren sind in Europa künstliche unterirdische Gangnetze geschaffen worden, die seit dem 16. Jahrhundert aus bisher ungeklärten Gründen wieder verschlossen und versiegelt wurden. Nur wenige Überreste, heute meist als „Erdställe“ benannt, blieben zugänglich.

Erst vor wenigen Jahren konnten in der Steiermark die Zugänge zu den unterirdischen Anlagen aus der Vorzeit offengelegt werden. Meh-rere Hundert unterirdische Anlagen wurden in der Oststeiermark bereits erforscht und teilweise wissenschaftlich bearbeitet. Untersuchungen der Karl-Franzens-Universität in Graz und der PURDUE-Universität in den USA errechneten durch TCN-Datierungen ein Richtalter von über 10.000 Jahren für diese Anlagen. Dabei handelt es sich nicht um ein regional begrenztes Phänomen.

Bei ihren zahlreichen Forschungsreisen haben das Paläontologen-Ehepaar Heinrich und Ingrid Kusch unzählige prähistorische Kultplätze wiederentdeckt. Seit 1992 befassen sie sich mit den Phänomen der Erdställe, jenen mysteriösen in Europa weit verbreiteten unterirdischen Anlagen. Was die beiden Forscher in der Unterwelt der Steiermark entdeckten, veränderte ihr Leben grundlegend. In über 900 Forschungseinsätzen wurden unzählige Relikte ferner Vergangenheit zum Vorschein gebracht.

Vor allem die unterirdischen Anlagen um Vorau und Pöllau in der Steiermark sind auffällig häufig vorhanden. Dabei handelt es sich um Felsgänge, Bergwerke und Stollen sowie aus Trockenmauern errichtete unterirdische Räume und Schächte. Prof. Kusch schätzt die Anzahl auf weit über 1.000 künstlich geschaffene unterirdische Anlagen allein in der Steiermark.

Leider sind die Funde in diesen Anlagen eher spärlich, da Plünderungen in frühzeitlichen Hohlräumen ebenso an der Tagesordnung waren wie die Plünderungen der frühen Grabanlagen bei alten Hochkulturen. Bei diversen Freilegungen wurde dahingehend archäologisches Material aus allen Zeiträumen gefunden. Darunter waren auch viele Steinwerkzeuge aus prähistorischer Zeit. Archäologische Datierungen von Funden und organischem Material gehen vorschnell von einer mittelalterlichen oder neuzeitlichen Entstehung aus, allerdings haben die Funde offensichtlich mit der Entstehung der Anlagen generell nichts zu tun.

Es war längst Zeit, diese alten Anlagen mit echter wissenschaftlicher Methodik und bestmöglicher Präzision zu untersuchen und zu be-urteilen, selbst dann, wenn wir unser Denken ändern und die Geschichte der Menschheit neu schreiben müssen. Die hierbei angewendete TCN-Datierung durch Spezialisten in den USA gibt unwiderruflich Aufschluss über das tatsächliche Alter dieser Anlagen von über 10.000 Jahren. Bei einer TCN-Datierung (= terrestrial cosmogenic nuclids) werden in Gesteinsschichten durch kosmische Strahlung Kernreaktionen ausgelöst, wobei langlebige radioaktive Isotope und stabile Isotope entstehen.

Diese Datierung bedeutet, dass die Entstehung der Anlagen in das Mesolithikum, also in die mittlere Steinzeit vor etwa 11.600 bis 8.000 Jahre vor heute, verlegt werden muss. Das bedeutet, dass die ursprünglichen Erdställe möglicherweise über 10.000 Jahre alt sein könnten. Dadurch ist nachgewiesen, dass die wenigen Funde aus Erdställen, die bisher mit Hilfe der C14-Methode (Altersdatierungen von organischen Substanzen wie z. B. Holzkohle) auf etwa 1.400 Jahre datiert wurden, tatsächlich nur Sekundärfunde sind und nichts mit der weitaus älteren Entstehung zu tun haben können.

Eingänge, Löcher und Schächte zu diesen Anlagen wurden im Laufe der Jahrhunderte nicht nur durch natürliche Einflüsse verschlossen, sondern zumeist wurde die Zugänglichkeit auch durch Menschenhand unmöglich gemacht. Auf Anweisung der Kirche wurden die Hohlräume mit Schwemmsand und tonnenweise mit Steinen und Müll verfüllt.

Im Jahre 1859 schrieb der deutsche Germanist Theodor Vernaleken (1812-1907) in seinem Buch „Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich“ u.a.:

„Jetzt wird das Fenesloch nur noch benützt um die Steine der nahe gelegenen Äcker hineinzuwerfen, aber im Munde des Volkes leben die Sagen von den Fenesleuten fort.“

Wer waren diese ominösen „Fenesleute“, nach denen die Höhle benannt ist?

Vernaleken beschreibt in seinem Buch diese Wesen, die dem Menschen zwar nichts zuleide taten, aber laut den Erzählungen durch das Austauschen ihrer eigenen Kinder mit den Kleinstkindern der Menschen bei der Bevölkerung auf verständlichen Unmut stießen und letztlich vertrieben wurden:

„Im nördlichen Schlesien, bei dem Dorfe Heinzendorf, ist ein Berg, auf dessen Gipfel sich das s.g. Fenesloch befindet. Dort im Inneren des Berges wohnten vor langer Zeit die Fenesleute; sie waren nicht größer als ein fünf oder sechsjähriges Kind, aber ihr Kopf, den sie mit einem großen, breitkremprigen Hut bedeckten, war von unförmlicher Größe und ihre Züge waren unschön.“

Potzblitz, möchte man da rufen. Diese ominösen Fenesleute waren also klein von Wuchs und hatten große, unförmige Schädel, die im Auge des Betrachters auch noch „unschön“ waren? Die vielfältigen Zwergensagen und die Erzählungen vom Wechselbalg kommen da ins Gedächtnis, sowie die Berichte von den seltsamen „kleinen Grauen“, Wesen, die klein vom Wuchs sind, mit einem schmächtigen Körper und überdimensionalen Köpfen ausgestattet noch heute Menschen nachts aus ihren Betten entführen, um sie mit offensichtlichen Experimenten zu dranglasieren.

Interessanterweise haben Untersuchungen zwischen heutigen Siedlungsgebieten und dem nicht verbauten Freiland ergeben, dass sich lediglich 20,5 % der unterirdischen Anlagen bei Häusern bzw. in einem Umkreis von 100 m um diese herum befinden, während sich der Großteil in Wäldern auf Berggipfeln oder Wiesenhängen befinden und somit auf heute noch unbewohntem Gebiet, oft Hunderte von Metern vom nächsten Gehöft entfernt.

Zudem waren die meisten Erdstallanlagen im Mittelalter bereits vorhanden und wurden auch nur durch Zufall entdeckt, wenn Gehöfte oder Burgen gebaut wurden. Viele dieser entdeckten Hohlräume wurden dann in den Bau integriert und als Lagerräume oder Abfalldepots verwendet. Heute werden solche Erdställe beim Straßen- und Hausbau wiederentdeckt, zum Beispiel durch Erdfälle oder Einbrüche von schweren landwirtschaftlichen Maschinen.

Prof. Kusch und sein Team forschen seit Jahren nach dem wahren Alter der alten Gänge, die für die aus Trockenmauerwerk errichteten Stein- und Felsgänge durch die aktuellen Richtwerte ein Mindestalter von über 10.000 Jahren vermuten lassen, also eher dem prähistorischen Zeitraum zuzuordnen sind.

Vor allem auch die Werkzeugnutzung verblüfft dabei, besonders die so genannten Schrämspuren, also das Abziehen von zumeist weichem Gesteinsmaterial, die an den Wänden zu finden sind. Allerdings findet man solche Bearbeitungsspuren auch an konglomeratähnlichen Gesteinsverbindungen und vor allem auch auf quarzhaltigem Felsgestein, was das Abziehen, also Schrämen, per Hand schier unmöglich macht.

Hammer und Meißel scheiden ebenfalls aus, da diese sogleich größere oder kleinere Gesteinsbrocken herausbrechen würden. Überraschungen brachte die Entnahme von mikroskopisch kleinen Metallresten an den Arbeitsspuren, die mittels einem starken Industriemagneten entnommen wurden. Diese zeigten anhand von Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen durch das Institut für Erdwissenschaften an der Karl-Franzens-Universität in Graz, dass die Innenseite der Werkzeugspuren an den Stollenwänden einst verglast (versintert) gewesen sind, das bedeutet, das Gestein (Augengneis) wies eine verglaste Oberfläche auf.

Eine solche Verglasung kann nur bei relativ hohen Temperaturen von über 1.200 bis 1.400 Grad Celsius während des Arbeitsprozesses entstehen. Das bedeutet, dass an der Werkzeugspitze während des Arbeitsprozesses Temperaturen von weit über 1.200 Grad vorhanden gewesen sein müssen, die das Gestein verflüssigt haben. Selbst an Quarzkristallen fanden sich diese Verglasungen.

Was für ein Werkzeug kann eine so hohe Temperatur an seiner Spitze erzeugen? Handelt es sich um maschinelle Arbeitsspuren von einem stark rotierenden Gesteinsfräskopf? Die Spuren verlaufen an einigen Stellen der Felswände bis zu 3 cm tief und etwa 40 cm lang. Erkennbar an den Arbeitsspuren ist, dass die Werkzeugspitzen stumpf und dreieckig waren. Ein normaler Eisenmeißel scheidet für die Herstellung des Ganges daher aus. Ungeachtet der Tatsache, dass es Eisen, respektive Stahl, schon tausende Jahre früher als bislang angenommen gegeben haben müsste.

Laser-Präzisionsmessungen in einem Gangabschnitt zeigten auch gleichmäßig durchgezogene Schrämspuren mit vielen abrupten Enden, die auf Wand- und Deckenbereichen lediglich eine Abweichung von 14 mm aufweisen. Die Lasermessungen wurden durchgeführt von der Firma Surphaser–3D Laser Scanners (England) in Zusammenarbeit mit den Firmen GEOs3D – Geoddetic and Industrial Surveying in Oberhofen (Tirol) und Energie Burgenland Geoservice.

Eine solche Präzision ist von Hand aus unmöglich zu erreichen, vor allem durch die bemerkenswert einheitliche Arbeitsrichtung des Vortriebes. Darüber hinaus zeigte sich anhand von Mikrosondenanalysen, dass es sich bei den Eisenspuren nicht um natürliche im Gestein vorkommende Eisenreste (Eisenoxid) handelt, sondern um Eisen, das technisch hergestellt worden ist.

Die mit dem Rasterelektronenmikroskop durchgeführte Analyse ergab im Detail eine Legierung aus Fe (Eisen), O (Sauerstoff), Mn (Mangan), Al (Aluminium), Si (Silizium), K (Kalium), Ca (Calzium) sowie Ti (Titan) und Cr (Chrom). In einer Probe war noch Mo (Molybdän) enthalten.

Wer oder was diese hergestellt hat, bleibt völlig unklar. Wohlgemerkt handelt es sich um jene Proben eines Felsenganges, der vor über 10.000 Jahren aus dem Gestein geschrämt worden ist. Hier stimmt also etwas nicht mit unserem Wissensstand vom frühen Vorkommen von Eisen in den vergangenen Kulturräumen. Hatte es schon vor der Eisenzeit Eisenwerkzeuge in der Steinzeit gegeben?

Es stellt sich zudem die Frage nach dem pragmatischen Sinn für den Bau solcher Anlagen und in welcher Epoche das geschah. Bis heute gibt es darauf keine zufriedenstellenden Antworten, denn dazu müssen diese unterirdischen Gänge erst einmal genauer untersucht werden. Die alleinige Nutzungsform als Versteck oder Zufluchtsort scheidet aus, da solche Anlagen nur Schutz für ganz wenige Personen bot und es belegte Zeugnisse von Todesfällen von Personen in diesen Erdställen gibt, da die Menschen in den unterirdischen Anlagen schlicht und ergreifend erstickt sind.

Viele Zeitzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg bezeugen, dass man sich nur kurzfristig in diesen Hohlräumen aufhalten konnte, weil es einfach nicht genug Atemluft für tagelange Aufenthalte gab.

Ein weiteres Phänomen sind die Menhire und Lochsteine, also bearbeitete Hinkelsteine, die sich ebenfalls in den Regionen der Erdställe befinden und auf den ersten Blick rein gar nichts mit diesen subterranen Gängen zu tun haben. Weit gefehlt: Forschungen des Ehepaars Kusch zufolge könnten Menhire und Lochsteine auch als Wegweiser zu Eingängen in die Unterwelten gedient haben.


Abb. 10: Weisen Menhire auf die Position subterraner

Gangsysteme hin? (Foto: Roland Roth)

Nach aktuellem Forschungsstand konnten weit über 400 solcher Steinsetzungen allein in der Steiermark registriert werden. Hinzu kommen die vielen Menhire in anderen Ländern, vor allem auch in Deutschland. Man vermutet, dass diese in der Jungsteinzeit errichteten Steine die Ahnen repräsentierten und die Seelen der Toten beherbergten. Man sagt, sie wurden einst durch magische Riten zum Sprechen gebracht, weshalb sie heute noch als sprechende Steine bekannt sind.

Die Verehrung dieser Megalithen muss bis in historische Zeit durchgeführt worden sein. Das Konzil von Tours in Frankreich im Jahre 567 verbot in seinen Beschlüssen unter anderem jenen das Betreten von Kirchen, die immer noch heidnische Gebete und Riten bei den Menhiren verrichteten. Die Kirchenversammlung von Toledo 681 verurteilte die immer noch gebräuchlichen heidnischen und kultischen Handlungen an den Steinen auf Schärfste. Es nützte aber nicht viel.

Wenig Auswirkungen hatte auch ein weiser Satz, den Jahrhunderte zuvor der Heilige Aurelius Augustinus von Hipp0, der von 354 bis 430 lebte, seiner Kirche empfahl:

„Man zerstört nicht die Tempel, man zerbricht nicht die Götzenbilder, man haut nicht nieder die heiligen Haine, man macht es besser. Man widmet und weihet sie Jesus Christus.“

Das Volk verehrte die heiligen Ahnensteine heimlich weiter. Der Kult war lange Zeit nicht auszurotten. Das Konzil zu Nantes im Jahre 687 griff nun zu radikalen Mitteln. Die Zeugnisse alter Riten und Bräuche wurden umgeworfen, oft auch zerschlagen. An den Kultplätzen wurden zudem christliche Kapellen errichtet.

Da der Steinkult immer noch ausgeübt wurde, befasste sich am 01.03.743 die Synode von Estinnes in der belgischen Provinz Hennegau ebenfalls mit der Abschaffung dieser heidnischen Sitte und stellte ein Verzeichnis der von der Kirche verbotenen und als heidnisch bezeichneten Gebräuche auf.

Tasuta katkend on lõppenud.