Verleumdet!

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Dietmar Braunmiller

Verleumdet!

Pharao Echnaton, meine wahre Geschichte!

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Ich, Echnaton

Mein Vater

Meine Mutter, Teje

Am anderen Morgen

Zu Besuch bei Teje

Der Tempel

Das Ritual

Das Fest

Kriegsrat

Der Antrag

Der andere Tag

Kija

Dies und das

Gespräch mit Mama

Maketaton

Epilog

Impressum neobooks

Prolog

Aus dem Sonnengesang Echnatons:

Schon erscheinst Du

im Horizonte des Himmels,

Du lebendige Sonne, die das Leben bestimmt!

Wie zahlreich sind Deine Werke,

die dem Angesicht verborgen sind,

Du einziger Gott, dessengleichen nicht ist!

Du hast die Erde geschaffen nach Deinem Wunsch, ganz allein,

mit Menschen, Vieh und allem Getier...

Aus dem 104. Psalm:

Du hüllst Dich in Licht wie in ein Kleid,

Du spannst den Himmel aus wie ein Zelt.

Herr, wie zahlreich sind Deine Werke!

Mit Weisheit hast Du sie alle gemacht,

die Erde ist voll von Deinen Geschöpfen...

Wir schreiben das Jahr 1339 vor Christus. Es ist die Zeit von Amenophis III., Pharao von Ägypten, dem damals mächtigsten Mann seiner Zeit. Seinen Zeitgenossen war er besser bekannt unter seinem Krönungsnamen Nebmaatre. War es doch bei ägyptischen Pharaonen üblich sich bei einem so einscheidenden Ereignis wie der Königskrönung einen Thronnamen zuzulegen. Der war bei Amenophis, Nebmaatre, was soviel bedeutet wie “Herr der Maat ist Re”. Gemeint ist damit, dass der Sonnengott Re, eine der bedeutendsten Gottesgestalten in Ägypten, die innerweltliche Ordnung herstellt. Nebmaatre hatte einen Krönungsnamen gewählt, der die zentrale Aufgabe eines Königs nach ägyptischer Auffassung ausdrückte. Der König hatte für die Balance der Dinge zu sorgen, Chaos zu vermeiden und dies durch die Einholung der Unterstützung der Götter zu bewirken. - Nebmaatre war Pharao über ein sehr großes Reich. Ägypten stand auf einem Gipfel seiner Macht und Ausdehnung. Das Staatsgebiet reichte vom heutigen Sudan bis ins südliche Syrien. Wenn man die damaligen Transportwege und Kommunikationsmöglichkeiten bedenkt, war eine unglaubliche organisatorische und verwalterische Leistung notwendig. Dieses riesige Reich zusammenzuhalten, die gesellschaftliche Ordnung zu waren und nach außen abzusichern, bedurfte der vollen Konzentration der Landesführung und großen Geschicks. - Das Reich war zur Zeit Nebmaatres weitgehend befriedet, bis auf die üblichen gelegentlichen Aufstände der Nubier im Süden. Es herrschte Wohlstand. Die Fragen in der damaligen guten Gesellschaft waren ähnlich wie in der heutigen. Welche neue Mode sollte denn getragen werden und wie sollte dazu die Haartracht sein? Es wurden Bier gebraut und erlesene Gewürze aber auch Kunstgegenstände für die Hausdekoration aus aller Herren Länder importiert. Nur im Norden lauerte Gefahr für diese Idylle. Dort befanden sich gleich zwei ebenfalls recht mächtige und ausgedehnte Reiche. Das der Mitanni, ungefähr im Gebiet des nördlichen Syrien und des nördlichen Irak. Gleich daneben das der Hethiter, einer stark aufstrebenden Macht im Gebiet der heutigen Türkei. Noch aber herrschte Ruhe an den Nordgrenzen. Vielleicht auch weil Amenophis III., oder besser gesagt “Nebmaatre”, so schlau gewesen war, in seinem 10. Regierungsjahr, er war damals gerade erst 17, die Mitanniprinzessin Giluchepa zu heiraten. Zu der Zeit war er längst mit seiner charismatischen und intelligenten Hauptfrau Teje verheiratet. Teje war ob der politischen Verbindung wenig erfreut, noch dazu da Giluchepa alles andere als hässlich war. Was ihre Ehe anbelangte hatte es Teje nun wirklich nicht leicht. Nebmaatre, mit dem sie ja schon seit Kindertagen verheiratet war, hatte zu der Zeit Frauen als sein liebstes Hobby längst entdeckt. - Und so ein Pharao durfte viele Frauen haben. Nebmaatre gefiel's, bis zuletzt. Sie musste also einiges aushalten, die gute Teje und verlegte so einen großen Teil ihrer Energie in die Politik. Dies war auch gut so, für “Maat” und für Ägypten, denn Nebmaatre hatte für Politik nicht allzu viel Interesse.

Wir befinden uns bereits im 39. Jahr der Regierung von Nebmaatre. Ob das nun genau im Jahr 1339 v. Chr. war, oder vielleicht doch im Jahr 1319 oder gar 1359, darüber streiten sich heute die Gelehrten. Schuld an dieser Misere sind insbesondere ein paar alte Ägypter, vor allem die, die damals schon aus Macht- und Herrschaftskalkül, einfach mal die Geschichtsschreibung etwas zu ihren Gunsten verändert haben. Von einem dieser Herren, einem gewissen Haremhab, wird noch zu sprechen sein. - Das kommt uns bekannt vor? Geschichtsverfälschung gab es also damals auch schon? - So gesehen hat sich also nicht viel verändert, zumindest was das allzu Menschlich-Gierig-Eigennützige angeht. Und doch wird von einem oder genauer gesagt, einigen Menschen zu sprechen sein, die doch einiges verändern wollten und zwar soviel, dass ihr legendärer Ruf bis in die Jetztzeit reicht. Von Nofretete und Echnaton, von Teje und Eje. Von einer Vision und von Leidenschaft. Von dem Mut, Neues zu wagen.

Zunächst aber wollen wir die Datumsmisere aufklären. Unsere damaligen Protagonisten kannten natürlich Jesus noch nicht und hätten damit auch nie aufschreiben können, wie viele Jahre vor seiner Geburt sich das alles zugetragen hat. Im Übrigen ist ja sogar das Jahr 0 als Geburtsjahr Jesu gelinde gesagt strittig, um nicht zu sagen unwahrscheinlich, eher schon die Jahre 3-7 v.Chr.. Wir brauchen uns also uns über nichts zu wundern, wenn nicht mal unsere eigene Zeitrechnung stimmt. Die alten Ägypter jedenfalls hatten kein so griffiges Ereignis, auf das sie ihre Zeitrechnung beziehen konnten und lebten mehr im Jetzt. Sie bezogen sich einfach immer auf das aktuelle Regierungsjahr des gerade regierenden Königs. Dabei rechneten sie nahe am Mondzyklus mit 12 Monaten a 30 Tagen. Ja die Woche hatte übrigens 10 Tage und nur der 10. war frei! Da haben wir also ganz schön Glück heutzutage. Jedenfalls ergaben sich mit dieser Rechnung für das Jahr nur 3x10x12 also 360 Tage, so dass für den Sonnenzyklus noch 5 Zusatztage untergebracht werden mussten. Nun ist aber auch das astronomische Jahr leider nicht taggenau, sondern es kommt jedes Jahr noch rund ein Viertel Tag dazu. Darum ja bei uns die Schaltjahre. Diesen Aufwand trieben die Ägypter nicht und so kam es, dass sich der Kalender bei ihnen jedes Jahr um ungefähr einen Vierteltag verschob. Dies kann sich in rund 1460 Jahren seit den ersten Pharaonen des Alten Reichs schon ganz schön aufsummieren. 1460 mal 0,25 Tage gibt immerhin 365 Tage, also einmal den Kalender komplett durchgeschoben. Bei dieser schleichenden Verschiebung ist durchaus anzunehmen, dass auch der eine oder andere Pharao den Kalender immer mal wieder den Jahreszeiten angeglichen hat, insbesondere wegen dem für ganz Ägypten ja so entscheidenden Termin der Nilschwemme Mitte Juli. Dazu kommt dann noch bei der Aufsummierung von Königsregierungszeiten, dass die natürlich nur in Jahren angegeben sind, ohne Kommastelle, so dass es hier gern auch ein halbes Jahr hin und her gehen kann. Erschwerend kommt dann noch hinzu, dass es Mitregentschaften gab, also 2 Könige, die sich den Job teilten. Wie auch in unserem Fall. Nebmaatre regierte seine letzten 12 Jahre zusammen mit seinem Sohn Echnaton. Hier wird es nun vollends kompliziert, so dass wir also mutmaßen und raten dürfen. Auch unsere heutigen wissenschaftlichen Bestimmungsmethoden, wie die Radiocarbonmethode bei Fundstücken, helfen hier nicht so richtig, da diese gern mal um 50 – 100 Jahre streuen.

Wir einigen uns an dieser Stelle einfach mal auf das Jahr 1339 v. Chr., nicht nur weil es gut klingt, sondern auch weil einprägsamerweise in diesem Jahr nach 39-jähriger Regierungszeit Echnatons Vater Amenophis III., im Volk besser bekannt unter seinem Krönungsnamen Neebmaatre, stirbt. Nun beginnen die wohl umwerfendsten und revolutionärsten Jahre Ägyptens bis zur Jetztzeit. So eindrücklich waren diese Jahre, dass die bald darauf folgende, uns von Ägyptenbesuchen wohl bekannte Herrschergruppe der Ramesiden, beginnend mit Haremhab und dann die großen Ramses, alles daran setzte, um Zeugnisse daran auszulöschen. Dank unserer archäologischen Forschung aber tauchen heutzutage aus Gräbern, mit Mumienscans und dem Zusammensetzen und -reimen verstreuter Steine und darauf erkennbarer Schrift- und Mosaikreste einige Details auf, die vermuten lassen, dass von den Ramesiden historische Details gezielt unter der Decke gehalten und verdreht wurden.

 

Lassen wir nun den seit Nebmaatres kürzlichem Tod alleinregierenden Sohn, Amenophis IV., uns besser bekannt als Echnaton, im Volk bekannt unter seinem Krönungsnamen Waenre, “Einziger des Re”, selbst zu Wort kommen.

Ich, Echnaton

Ich, Echnaton, König von Luxor, Pharao von Ägypten, Herrscher über Ober- und Unterägypten von Syrien bis Nubien, ich hatte mir das alles einfacher vorgestellt. Fortschritt wollte ich bringen. Gerade in dieser vielgestaltigen Götterwelt meines Landes hatte gerade doch ich, der Pharao und damit der höchste Priester und die direkte Verbindung zur göttlichen Ebene, die Chance, hier eine phänomenale Weiterentwicklung zu bewirken. So meinte ich. Längst schon gab es Grübeleien und Überlegungen in meiner Familie, wie hier allen eine modernere Sicht des Lebens vermittelt werden konnte. Allein wie es nach dem Ableben wirklich aussah und was das Wesen des Göttlichen wirklich war, darüber herrschte keine Klarheit. Doch dann kam es für mich zu einer schicksalhaften Begegnung. Da wo man es am wenigsten vermutet. Daheim, im Palast, mit einem Sklaven, unerhört. - Jakob, so hieß er. Als mir dieser Armäer, dieser jüdische Sklave, von seinem Glauben, diesem Gott seines Volkes, berichtete, schien es mir klar. Es erhellte mich wie ein Blitz in der Dunkelheit. Dies war wahr! Dies passte alles zu dem was in meiner Familie schon lange diskutiert wurde. Es war wahrhaftig ein Fortschritt im Vergleich zu diesem von Dämonen und Geistern bestimmten Glauben meines Volkes, des mächtigen Ägypten! - Wie kam dieser Aramäer dazu? Es war mir ein Rätsel wie dieses Hirtenvolk, oder sollte ich eher Sippe sagen, ob der geringen Zahl, zu so einem von allem Gehörten weit entfernten, unerhörten Glauben kam. Umgehend machte ich mich zu meiner Frau auf, meiner geliebten Nofretete, der schönsten Frau unter der Sonne, um sie zu befragen und finde sie über eine Stickerei gebeugt: "Nofretete, höre meine geliebte Gattin, Herrscherin über Ägypten, Du schönste Frau unserer Hemisphäre und Freude der Götter, höre, was mir dieser aramäische Fächersklave, dieser Jakob, was für seltsame Namen diese Juden doch tragen, höre, was mir dieser von seinem Volk und seinem Glauben berichtet hat!"

Nofretete, dieser Stern meines Lebens, hebt ihren wunderschönen Kopf von ihrer Stickarbeit und gibt der Fächersklavin mit einer freundlichen Handbewegung zu verstehen, ihre Arbeit ebenfalls zu unterbrechen. Für mich das Zeichen fortzufahren: " Sie beten nur zu einem Gott! Einem allmächtigen, allherrschenden Gott aus dem alles ist und von dem alles kommt! Und dieser Gott soll zu ihrer Sippe direkt gesprochen haben und diese armselige Hirtensippe als sein Volk auserwählt haben. und dabei dürfen sie ihm noch nicht einmal einen Namen geben oder für ihn Statuen errichten, da ja alles, wirklich alles was ist, aus ihm ist. Sie reden von ihm in einer kreisenden Beschreibung und umschreiben ihn mit "Ich bin da". Ja, in Ihrer Sprache heißt das "Jahwe"! Es hat mich innerlich gefangen, gegriffen und ungeheuer stark berührt. - So etwas ungewöhnliches habe ich noch bei keinem anderem der von uns unterworfenen Völker und Stämme vorgefunden. - Was sagst Du? Was empfindest du, wenn ich Dir das erzähle?"

Nofretete blickt amüsiert: "Amenophis mein geliebter Gatte, Herrscher über Ägypten, bist du dir sicher, dass dieser Sklave recht bei Sinnen ist? Etwas so Fremdes habe ich noch nie gehört. Hat denn dieser Sklave nicht begriffen, wie mächtig unsere Götter sind? Was gilt da sein Gott, der Gott einer Hirtensippe? Was wagt er überhaupt, dich darauf anzusprechen?"

Ich muss unwillkürlich lächeln. Neben all ihrer Schönheit ist es das, was ich an ihr so schätze. Ihr blitzender Geist und ihre Neigung sofort ihre innere Wahrheit auszusprechen, ungeschminkt. In meinem Überschwang habe ich sie wohl etwas überfahren, so ganz ohne Einleitung. Ich muss ihr das vielleicht noch etwas erklären: " Nun, weißt du, ich wollte von ihm möglichst viel über die Völker jenseits der Nordgrenze erfahren, da die Stämme seiner Sippe in der Gegend siedeln oder teilweise natürlich auch als Beduinen umherziehen. Du weißt, wie uns diese Grenzregion immer wieder Ärger bereitet. - Ja, dabei hat er mir von der Geschichte seines Volkes berichtet. Vor allem, wie dabei immer wieder dieser Gott eingegriffen hat. Einiges ist mir bekannt vorgekommen. Wie diese Geschichte von der großen Flut, die die sündigen Menschen hinweggerissen hat. Ähnlich ist das wie die uns bekannte Geschichte von Atlantis. - Aber dieser, ihr Hirtengott ist in ihrer Geschichte der einzig allmächtige Weltbeweger. Der Erschaffer des Kosmos. Himmel und Erde sind ihm untertan und es gibt keine Götter neben oder unter ihm. Nicht einen einzigen. Und weisst du was, Nofretete?" Nofretete schaut mich gespannt an. Ich fahr nach einer kurzen Pause fort: "Es hat mich jedes Wort in meinem Innersten berührt. Re hat mir die Sinne erhellt, wie mit einem Blitz! Der Glaube dieses Sklaven, das Gottesbild von diesem Jakob, hat mich erleuchtet und mir gesagt, das dies großartig ist. Ja, dass es sogar wahr ist, wahr sein könnte."

Nofretete blickt mich schockiert an. Ich ahne ihren Einwand, ihre Frage und komme ihr zuvor: "Unsere Götterwelt, ja unsere Welt entspringt ja nach unserer Anschauung auch einem Urgrund einem Urozean mit einem Ei aus dem unser mächtiger Sonnengott Re entstanden ist. Der Rest unserer Götterwelt mit den vielen Lokalgöttern ist ja auch dann erst entstanden. Wieviel einfacher und klarer ist da doch der Glaube dieses Hirtenvolkes! Ist das nicht faszinierend?" Nofretete mustert mich kritisch: "Amenophis mein geliebter Gatte, lass dies nicht unsere Verwalter und die Gaufürsten hören. Wir habe hier viel zu viele Feinde und sie könnten dies als verrückte Schwärmerei auslegen und gegen uns verwenden. Wir haben eh schon das Problem, dass deine Stellung als Pharao längst nicht mehr so göttlich ist, wie es das im Alten Reich mal war. Du weißt dass die feindlichen Gaufürsten ihre Spione gerade in der obersten Priesterschaft platziert haben. Ich verstehe ja deine Begeisterung für diese geistig anspruchsvolle und unerhörte Weltsicht. Sie hat etwas sehr Mächtiges so wie du es berichtest. Aber lass uns vorsichtig sein." Ich verstehe die Gedanken meiner Gattin völlig. Sie hat ja so recht. Die Gaufürsten laueren immer auf eine Gelegenheit die Macht des Pharao zu untergraben um ihre eigene Position zu stärken. Aber das ist nun mal Politik. Ich will ihr aber noch weiter meine Begeisterung darlegen: " Liebste Nofretete, ich verstehe dich. Aber höre, was mich da so betrifft. Wie ist es möglich, dass dieses Hirtenvolk einen so abweichenden und reinen, klaren und disziplinierten Glauben hat? Vielleicht ist hier doch direkt ein göttlicher Wille am wirken und hat nun mich erreicht. Mich, den mächtigsten Herrscher dieser Welt. Ist es nicht eine Botschaft für einen Weg in eine neue Zeit? Wer, wenn nicht ich, kann hier neues auf diese Welt bringen? Ist es nicht auch meine ureigenste Aufgabe als Pharao den göttlichen Willen für diese Welt umzusetzen, wenn er mich erreicht?" Aufgewühlt muss ich mich erst mal fassen und sehe meine Frau fragend an. Meine Gattin Nofretete, die schönste und sicher auch eine der klügsten Frauen, denen ich in meinem Leben begegnet bin, sie sieht mich eine Weile nachdenklich an und spricht alsdann: "Lass uns doch diesen Sklaven rufen, diesen Jakob, und befragen. Wir wollen sehen, was wir noch gemeinsam von ihm erfahren können."

Nofretete hatte völlig recht. Das schätzte ich so an ihr, diesen Pragmatismus, diesen Sinn für das Schürfen nach Hintergründen, das auf den Grund gehen. Ich ließ Jakob rufen und kaum eine merkliche Bewegung der Sonnenuhr, eine kleine Bewegung des Heiligen Schattenwurfs von Re später, war Jakob vor uns. Er war sichtlich aufgeregt, wie ihn die umwerfend schöne, ungeheuer mächtige und umgehend aufmerkende Nofretete sofort eingehend musterte. "Sklave", entgegnete sie ihm, "erkläre dich, was du unserem allerherrlichsten Pharao erzählt hast!" - Jakob nahm nun, nachdem er sich wieder von seiner Begrüßungsverbeugung wieder erhoben hatte, eine sichtlich stramme Haltung an. Meine Gebieterin, ehrwürdige Königin von Ober- und Unterägypten, Frau unseres mächtigen Pharao, nennen sie mich Jakob. So wurde ich von meinen Eltern genannt. Ehrwürdige Gebieterin, mein Volk, mein Stamm, gehört zu dem Volk, das noch vor wenigen Generationen ganz in ägyptischen Diensten stand und von unserem Ahnherr Moses aus Ägypten nach Palästina geführt wurde. Wir feiern diese Tat jedes Jahr als eine Führung Gottes. Eine Fügung, da wir überzeugt sind, dass er uns ausgewählt hat, um seine Herrlichkeit und Macht zu preisen, Er hat schon verschiedentlich durch Propheten und vor allem durch Moses zu uns gesprochen, um uns auf den Weg zu bringen. Der Weg eines jeden Einzelnen führt direkt zu ihm. Es gibt keine Zwischenstufen, seinen es Götter oder Menschen, wie bei den anderen Religionen, auch der ägyptischen. Alle sind gleich vor ihm, Egal ob Reicher oder Sklave. Jeder kann ihn direkt über das Gebet ansprechen, ohne Vertreter, ohne Bildnis, ohne große Rituale, einfach durch direktes Gebet. Unser Gott hat uns über Moses ein Gesetz vermittelt, über ein rechtschaffenes Leben vor ihm, über ein gottgefälliges, ehrliches Leben, Das Wichtigste dabei ist aber nach unserer Anschauung nicht das einzelne Gesetz. Entscheiden ist die Gesinnung, die du als Mensch in dir trägst. Es ist der Glaube an ihn selbst. Er führt uns durch die Zeit. Egal welche Verfehlungen wir auch begangen haben. Er verlässt uns nicht, Das ist sein Vermächtnis. Denn er hat uns als Volk aus der Sklaverei geführt, Seine Güte ist unendlich. Er ist der Urgrund allen dessen was ist. Darum hat er uns auch über Mose aufgetragen, ihm keinen Namen zu geben oder ein Bildnis zu machen, denn er ist alles, was ist, Über Moses hat er uns aufgetragen zu sagen, dass er der "Ich bin" ist. Damit sagt er uns, das er immer und überall da ist, durch alle Zeiten, oh ehrwürdige Königin! - Danke, dass ihr euch für diese Anschauung eures Sklaven interessiert. Ich freue mich euch von meinem Gott, von dem Gott Abrahams, meines Ahnvaters, berichten zu dürfen."

Nicht nur ich war wiederum ehrlich erstaunt, ob dieses leidenschaftlichen Vortrags dieses Sklaven, Auch Nofretete zeigte einen leicht verblüfften und dabei aber höchst interessierten Gesichtsausdruck, Kein Wunder. Sprach dieser Jakob doch wie ein Gelehrter. Wie kam es nur. dass ein Fächersklave, von welchem Volk auch immer so eine Wortgewandheit entwickelte? Ich beschloss ihn umgehend dahingehend zu befragen. "Jakob! Wie kommt es, dass du als einfacher Sklave uns so wortgewandt über den Gott deines Volkes berichten kannst? Du sprichst ja als wärest du ein Gelehrter oder ein Priester?" Jakob hob seinen Kopf aus der nach unten gerichteten für Sklaven geziemenden Position und sprach: "Wisse, oh ehrwürdiger Pharao! Wir werden als Kinder schon dazu erzogen, in unserer Gemeinde schon als junger Mann beim Gottesdienst heilige Texte vorzutragen. Moses hat uns nämlich viele Geschichten zum Gesetz und das von ihm übertragene Wort unseres Gottes hinterlassen. Ebenso haben andere Propheten uns Überlieferungen zur Ermunterung und Erinnerung an die Gottgesandheit unseres Volkes hinterlassen. Jeder von uns wird also zu einem Kundigen der göttlichen Heilsgeschichte erzogen und ausgebildet." Jakob verstummte und nahm wieder die demütige Kopfhaltung eines Sklaven ein. Um ehrlich zu sein, ich war erschüttert. Soviel Kultur und Bildung bei jedem einzelnen dieses kleinen Beduinenvolkes. Es war unfassbar. Soviel Gleichheit unter ihnen. Und so viel Klarheit und Würde in ihrem Gottesbild, in ihrem Glauben. Wie abergläubisch und rückständig mutete mich da doch die Glaubenswelt meines Volkes, des mächtigsten Reiches unter des Sonne, des mächtigen Ägypten an. Schon mein Vater, Amenophis III., hatte über einer Reform des religiösen Lebens gegrübelt. Er hatte ein friedliches Weltreich von Nubien bis an den Euphrat übernommen. In dem bisher ungekannter Wohlstand herrschte. Die Menschen beschäftigten sich mit Mode und fremdländischen Speisen und Gewürzen. Nicht länger mit Kriegen und Schlachten. Zwar musste er auch dazwischen einmal einen Aufstand in Nubien niederwerfen. Seine Lieblingsbeschäftigung waren aber die schönen Dinge gewesen. Er ließ nicht nur einen prachtvollen Palast bei Luxor errichten. Nein er ließ auch gleich zum Palast noch einen großen See anlegen und beeindruckte die Welt mit den ungeheuren Memnonskolossen, riesigen Statuen, die von der ungeheuren Machstellung unseres Ägypten künden. - "Amenophis, mein geliebter Gatte!" Nofretete riss mich aus meinen Gedanken. Ich mochte diesen meinen Namen nicht, noch nie. "Amun ist zufrieden", ist seine Bedeutung. Ich war es nicht. Nicht mit diesem Fruchtbarkeitsgott einer Stadt. Auch wenn es das mächtige Luxor ist. „Ruf mich bitte bei meinem Krönungsnamen, Waenre. Du weißt genau, dass ich meinen alten Geburtsnamen nicht mag. Dann wenigstens bei meinem neuen Geburtsnamen, Echnaton!“, entgegenete ich ihr. "Amenophis!", Nofretete ließ nicht locker, vielleicht wollte sie mich necken – und vielleicht war es auch ein wenig die Macht der Gewohnheit, hatte sie mich doch vor 12 Jahren unter dem Namen „Amenophis“ geheiratet, "willst du Jakob nicht entlassen. Fürs erste hat er uns doch genug berichtet. Wir können ihn ja ein anderes Mal weiter befragen?" Oh, über meiner Grübelei, hatte ich ganz vergessen, dass Jakob immer noch in demutsvoller Sklavenhaltung vor uns stand. "Ja, natürlich. Du hast völlig recht!", entgegnete ich. Und an Jakob gewandt: "Danke für deinen interessanten Bericht! Du darfst dich zurückziehen." Kaum war Jakob weg, schaute mich Nofretete erwartungsvoll an. "Und?", entgegnete sie. Bevor ich ihr mein Innerstes ausschütten wollte, schickte ich erst mal alle Sklavinnen, die sich um unser Wohlergehen kümmerten, weg. Ich wollte erst mal keine Zuhörer bei den Gedanken, zu denen mich Jakob inspiriert hatte. Als alle aus dem Raum waren, konnte ich nicht länger an mir halten. "Das ist umwerfend! Was für ein Gottesbild, was für eine Kultur bei diesem armseligen Hirtenvolk! Das kann kein Zufall sein. Das ist nur mit göttlichem Einwirken zu erklären! Wo in aller Welt sollen denn diese einfältigen Bauern denn sonst zu solchem Gedankengut kommen! Das ist unserer Religionsvorstellung weit überlegen!" Ich konnte mich kaum beruhigen. Nofretete blickte nur amüsiert und ließ mich weiter sprudeln. Meinen Vater hat diese abergläubische altmodische Vielgötterei schon genervt. Da blickt ja in unserem Riesenreich eh keiner mehr durch. Bei jedem Volk in jedem Gau wieder andere Götter, andere Riten und andere Kulte!" So, jetzt hatte ich mich erst mal ausgesprochen und wollte nun aber auch wissen, was meine Geliebte, meine Gattin, dazu zu sagen hatte. Ich atmete erst ein paar mal durch und blickte sie erwartungsfroh an. "Also", hub Nofretete an zu sprechen, "ich weiß, was du meinst. Und ich muss sagen ich bin auch ehrlich beeindruckt davon, mit welcher Weisheit und Klarheit dieser Sklave da vor uns steht! - Aber lass uns die Sache nüchtern betrachten. Kann es nicht sein, dass dieses Hirtenvolk irgendwie aus den großen Reichen im Osten, aus China oder von den indischen Reichen beeinflusst wurde oder von dorther sogar zugewandert ist?" Ich musste zu dieser Frage nicht lange nachdenken, denn was in diesen Weltgegenden entstand, ließ ich mir sowieso regelmäßig von Gelehrten berichten, die entweder selbst hinreisen oder sich mit Handelsleuten aus diesen Weltgegenden unterhalten mussten. "Nein, geliebte Gattin, nein. Zwar gibt es große Weisheit und viel religiöse Kultur in den Reichen des Ostens, aber dieses Bauernvolk hat überhaupt nichts mit ihnen zu tun. Keine Stammesverwandtschaft, keine Zuwanderung aus dieser Gegend, nichts. Sie hausen oder ziehen als Nomaden umher in Palästina unter teils ärmlichen Bedingungen. Es handelt sich nur um ein kleines Gebiet in der Nähe des Toten Meeres. Nur wenige Menschen, kaum soviel wie unser Achetaton zusammengenommen mit Luxor Einwohner hat, aufgeteilt in mehrere Stämme und laut meinen Informationen mit einem obersten Führer namens David, den sie ihren König nennen. Für uns völlig uninteressant. Sie liegen mitten in unserem vorderasiatischen Herrschaftsgebiet, zahlen ein wenig Tribut, viel ist da in dieser Gegend ja auch nicht zu holen, und machen keinerlei Ärger. - Nein, Nofretete! Für mich gibt es da keinen Zweifel. Das muss wirklich die Stimme Gottes sein! Eine andere Erklärung sehe ich nicht." Ich war erst mal ein wenig erschöpft und musste von der Tragweite dieses Gedankens, den ich da gerade formuliert, ja einfach ohne lange nachzudenken ausgesprochen hatte, ja da musste ich erst ein paar mal tief durch atmen. Nofretete blickte mich nachdenklich an. "Dein Vater wäre begeistert, wenn er das noch gehört hätte, bestimmt."-

 
Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?