Loe raamatut: «Tim und die Gespenster»

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Ela Feller

Tim und die Gespenster

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

In einer neuen Schule

Ein Wunsch und ein Geschenk

Düstere Gestalten

Kleine und große Geister

Die traurige Geschichte von Linas Kater

Warum manche Menschen Geister sehen können – und andere nicht

Kakao mit der Grünen Gräfin

Kaldius hat Liebeskummer

Ariane ist verschwunden

Wie können wir Ariane retten?

Ein abenteuerlicher Plan...

.... und eine verrückte Rettung

Eine mitternächtliche Feier

Geisterfilme mit Geisterfreunden

Bis bald, liebe Gespenster!

Impressum neobooks

Kapitel 1

Tim und die Gespenster

von

Ela Feller

2013

Impressum Copyright: © 2013 Ela Feller

Cover: stickviews.com

In einer neuen Schule

Eigentlich war Tim ein ganz normaler Junge. Er war nicht größer oder kleiner als seine Altersgenossen, hatte dunkelbraune Haare, die manchmal ein wenig strubbelig wirkten und grüne Augen. Acht Jahre war er jetzt alt und ging bereits in die dritte Klasse. Wenn morgens sein Wecker klingelte, fiel es Tim manchmal ganz schön schwer, aufzustehen, besonders im Winter. Aber meistens schaffte er es dann doch noch irgendwann. Je nach dem, wie viel Zeit ihm noch blieb, putzte er sich dann die Zähne und rubbelte sich mit einem nassen, bunten Tuch über das Gesicht. Manchmal wurde es auch nur eine Katzenwäsche, denn auf sein Frühstück wollte Tim lieber nicht verzichten. Dann gab es nämlich sein Lieblingsgericht: Honigpops mit Milch und Kakao. Tim hat auch schon einmal Kaffee getrunken, aber den fand er fürchterlich. So bitter war dieses dunkle Gebräu, dass es ihn regelrecht schüttelte.

Eigentlich wäre Tim also ein ganz normaler Junge. Wenn da nicht eine kleine Kleinigkeit wäre. Tim wechselte nämlich ziemlich häufig die Schule, oft alle zwei Monate oder noch häufiger. Das hatte aber nichts damit zu tun, dass er ein ganz besonderer Rabauke wäre, der so frech war, dass keine Schule ihn haben wollte. Ganz im Gegenteil, denn eigentlich war Tim sehr umgänglich und hatte viel Spaß in der Schule. Der Grund, dass er so oft in eine neue Klasse kam, war ein ganz anderer: Tims Eltern hatten nämlich eine eigene Geisterbahn und reisten von Kirmes zu Kirmes, um hier die Menschen das Fürchten zu lehren.

Tim fand das großartig, denn trotz der häufigen Schulwechsel fiel es ihm mit so einem tollen Spielzeug leicht, neue Freunde zu finden. Und doch war Tim oft traurig, denn über kurz oder lang kam wieder der Augenblick, an dem er seine Sachen packen und seine Freunde verlassen musste. Dann war er wieder in einer neuen Stadt mit fremden Kindern, mit denen er sich neu anfreunden musste. Auch heute war wieder so ein Tag: Gestern Nachmittag waren Tim, seine kleine Schwester Antonia, Mama und Papa mit ihren zwei Wohnwagen in der neuen Stadt angekommen, in der sie für die nächsten Wochen wohnen würden. In der Schule war er schon angemeldet und heute würde er seine neue Klassenlehrerin und seine neuen Klassenkameraden kennen lernen. Ob nette Kinder dabei waren oder ob Tim sich wieder mit so einem Blödmann wie Jan von der letzten Schule herumschlagen müsste? Der war nämlich nur auf Raufereien aus gewesen und Tim musste ordentlich einstecken. Aber immerhin hatte er Jan auch den einen oder anderen blauen Fleck verpassen können.

Tim fühlte sich in seinem Wohnwagen sehr wohl. Zwar war sein Zimmer nicht so groß wie das vieler Schulfreunde, aber es war sein eigenes, kleines Reich. Er durfte es mit Postern und Fensterbildern gestalten, wie er wollte. Sogar das Bett war bunt mit Sternen und Raumschiffen bemalt worden, denn Mama und Papa war es wichtig, dass ihre Kinder glücklich mit dem wenigen Platz waren. Nur eine Regel gab es: Jeden Abend musste aufgeräumt werden, denn für Unordnung war im Wohnwagen einfach nicht genug Platz.

Das Badezimmer, in dem Tim sich gerade die Zähne geputzt hatte, war natürlich auch eher klein. Es bestand aus einer Dusche, einer Toilette und einem Waschbecken. Wenn Tim mal baden wollte, nutzte er dazu die Ferien bei seiner Oma. Das war in Ordnung, denn zur Entschädigung erlaubten seine Eltern es ihm oft, ins Schwimmbad zu gehen. Und das war natürlich noch viel besser als eine Badewanne! Außerdem konnte Tim dadurch schwimmen wie ein Fisch.

Das Elternschlafzimmer und Antonias Kinderzimmer lagen auch im selben Wohnwagen. Im anderen Anhänger gab es dann noch eine gemütliche Wohnküche. Auch sie war nicht unbedingt riesig, bot aber genug Platz zum Essen und zum Hausaufgaben Machen. Außerdem bekam man hier immer alles mit, was sich in der Familie oder auf dem Jahrmarkt tat. Zugegeben – der Wohnwagen von Tims Eltern war wirklich kein Palast. Aber Tim würde ihn um keinen Preis der Welt hergeben wollen. Nur schön wäre es gewesen, wenn er nicht jede Woche auf einen anderen Parkplatz rollen würde.

Als das Frühstück gegessen war und Mama Tims Brote und etwas zu Trinken in den Schulranzen gepackt hatte, wurde es Zeit für den Aufbruch. Antonia war auch dabei. Sie ging zwar noch nicht zur Schule, aber Mama würde sie auf dem Rückweg im Kindergarten absetzen.

„Und ich soll wirklich nicht mitkommen?“, fragte sie besorgt, als sie mit ihren Kindern den Schulhof von Tims neuer Schule erreicht hatte. Weil es Sommer war und schon morgens die Sonne wärmte, trug sie ein sommerliches Kleid mit Blümchen darauf und eine kurze, blaue Strickjacke. Das passte toll zu ihren blonden Haaren, fand Tim. Am liebsten mochte er es, wenn Mama die Haare offen trug. Aber sie war ziemlich praktisch veranlagt und band die Haare meistens zu einem Zopf zusammen. So auch heute.

„Nein Mama, ist schon gut. Bring Toni nur zum Kindergarten.“. Toni, also Antonia, war gerade drei Jahre alt geworden und war das erste Jahr im Kindergarten. Wie Tim hatte sie dunkle Haare, aber sie waren länger als seine und oft zu Rattenschwänzen gebunden. Rosane und lilane Spangen mit Sternen, Pferden und Blümchen hingen oft in ihren Haaren. Und auch sonst schien Rosa die Lieblingsfarbe seiner Schwester zu sein. Heute trug sie eine rosa Latzhose und darunter einen dünnen, weißen Pullover. Und an den Füßen trug sie knallgrüne Gummistiefel. Tim mochte seine Schwester, denn sie war eine Frohnatur, lachte und alberte gern. Wenn sie nicht ihren Willen bekam oder im Fernsehen eine Kindersendung lief, die sie lauthals mitsang, ging sie Tim manches Mal aber auch ordentlich auf die Nerven. Tja, so sind kleine Geschwister eben.

Eigentlich war Tim gar nicht wohl dabei, allein in die neue Schule zu gehen. Aber Mama konnte ja nicht immer auf ihn aufpassen und irgendwie wurde es ihm auch langsam lästig, immer begleitet zu werden. Schließlich war er kein Kindergartenkind mehr. Also ließ er sich nur bis zum Klassenzimmer führen und verabschiedete sich dann von Mama und Toni. Der Unterricht hatte noch nicht begonnen, so dass die Kinder noch mit ihren Tornistern im Schulflur standen und lachten und lärmten. Um sich nicht gleich in die Menge stürzen zu müssen, nutzte Tim erst einmal die Gelegenheit, sich seine neue Schule näher anzusehen.

Vor jedem Klassenzimmer gab es eine lange Reihe von Kleiderhaken, an denen auch schon die ersten Jacken hingen. Es war Sommer, darum waren es nicht viele. Eine von ihnen sah eindeutig nach Winter aus, denn sie hatte einen kuscheligen Kragen aus Fell. Tim fragte sich, wer die Jacke hier wohl vergessen hatte und wie lange sie schon dort hing. Über den Jackenhaken waren allerlei Bilder und Bastelarbeiten der Klasse befestigt worden. Tim sah bunte Sommerbilder, gehäkelte Masken und aus Blüten gebastelte, kleine Sträuße. Auch die anderen Klassen hatten solche Kunstwerke an der Wand hängen. Je nach Alter der Kinder waren sie mehr oder weniger gut gelungen.

Der Boden des Schulflurs war weniger aufregend: Hier lag grüner Gummi, wie Tim ihn schon aus hunderten anderen Schulen und Kindergärten kannte. Hier und da standen noch Mülleimer und Regenschirmständer herum, und sogar ein paar Pflanzen konnte Tim entdecken. Dann wurde er jäh aus den Gedanken gerissen. Ein Junge hatte ihn angesprochen, doch dummerweise hatte Tim die Frage nicht gehört.

„Hahaha, er ist wohl taub“, brüllte der Junge lachend, während er mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf den völlig überrumpelten Tim zeigte. „Gehörst wohl eigentlich auf die Sonderschule?“.

Ein paar Kinder lachten zögerlich mit. Offenbar war Tim hier gleich an den Klassenrüpel geraten, der zwar nichts konnte, mit seinen Witzen aber den einen Teil der Klasse gleich auf seine Seite zog und den anderen Teil so einschüchterte, dass er lieber nichts sagte. Das fängt ja prima an, dachte sich Tim. Doch ehe er zu einer möglichst lässig klingenden Antwort ansetzen konnte, fuhr ihm ein Mädchen dazwischen.

„Maik, du bist ja so ein Blödmann. Als ob diesen Scherz noch jemand lustig findet. Ich wette, der Junge hat eine tolle Geschichte, wieso er erst zum Ende des Schuljahres hier auftaucht.“ Wütend funkelte das Mädchen Maik an, ehe sie freundlich zu Tim sah. Sie gefiel ihm auf Anhieb. Ihre blonden Haare waren zu Zöpfen geflochten und sie trug eine dunkel-lila Latzhose mit bunten Flicken. Sie wirkte nett und gleichzeitig so, als würde sie sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen. „Ich bin Maja“, stellte sie sich vor. „Und wer bist du?“.

„Ich bin Tim. Und ja, ich habe einen guten Grund, wieso ich jetzt erst komme.“ Tim war froh, dass Maja ihm so einen Einstieg in die Klasse gegeben hatte und machte nun eine kunstvolle Pause, ehe er fortfuhr. „Ich reise nämlich mit meiner Geisterbahn umher.“

Tim brauchte sich gar nicht großartig umzusehen, um zu wissen, dass ihn jetzt alle Augenpaare anstarrten. Ein Junge, der eine eigene Geisterbahn besaß. Was für eine Sensation! Doch bevor seine neuen Klassenkameraden ihn weiter löchern konnten, kam die Lehrerin um die Ecke. Sie öffnete die Klassentür und damit war jede Diskussion beendet.

Als Tim einige Stunden später wieder nach Hause kam, wartete Mama schon mit dem Mittagessen, und auch Antonia saß bereits mit frisch gewaschenen Händen am Tisch. Heute gab es Hähnchen-Eintopf mit Muschelnudeln, was Tim für sein Leben gerne aß. Und weil Mama an diesem Tag offenbar besonders gute Laune hatte, hatte sie für den Nachtisch auch noch Schokoladenpudding gekocht, der noch warm war. Wenn doch jeder Tag so laufen würde! Tim liebte es, die Haut vom Pudding zu ziehen und zuerst zu essen. Sie schmeckte allerdings nur warm. Bei einem kalten Pudding mochte Tim die Haut überhaupt nicht mehr. Manchmal verdarb sie ihm sogar den Appetit am ganzen Pudding.

Auch Papa machte mit dem Aufbau der Geisterbahn eine Pause und gesellte sich zum Essen dazu. Er war ein großer und kräftiger Mann. So groß war er, dass er sich manchmal den dunkelhaarigen Kopf am Türrahmen stieß, wenn er nicht aufpasste. Und wenn sonst keiner im Raum war, konnte Papa herrlich fluchen. Tim hatte schon einige tolle Ausdrücke von ihm gelernt, denn er saß oft genug still bei den Hausaufgaben, so dass Papa ihn beim Eintreten erst gar nicht bemerkte. Bevor jetzt endlich gegessen wurde, fassten sich alle noch an den Händen und wünschten sich einen guten Appetit. Mama bestand auf so etwas. „Wir sind schließlich keine Schweine, die aus dem Trog essen, sondern eine Familie“, erklärte sie. Tim fand das in Ordnung, trotzdem wünschte er sich heute, das Ganze würde mal etwas schneller gehen. Nach dem Turnunterricht heute Vormittag hatte er nämlich einen riesigen Hunger.

„Und? Wie war die Schule?“, fragte Papa zwischen zwei Löffeln. Schmieröl klebte in seinem Gesicht, aber die Hände waren blitzsauber. „Hast du schon jemand Nettes kennen gelernt?“.

Tim nickte stumm, denn er hatte gerade selbst einen Löffel Suppe im Mund. Erst, als er sie hinuntergeschluckt hatte, antwortete er. „Ja. Zwei von ihnen wollten nach den Hausaufgaben noch vorbeikommen. Dürfen wir dir beim Aufbau der Geisterbahn zusehen?“

Papa dachte einen Augenblick nach und nickte dann. „Wenn ich es mir recht überlege, können du und deine zwei Freunde mir sogar dabei helfen.“

Jetzt bekam Tim aber große Augen, denn helfen hatte er noch nie gedurft. Doch bevor er fragen konnte, wie er denn helfen könnte, fing schon Antonia an, von ihrem Tag im Kindergarten zu erzählen. Naja, das war ja halb so schlimm. In ein paar Stunden würde er ja wissen, wie er Papa und den anderen Helfern mit der Geisterbahn unter die Arme greifen konnte.

Endlich war das Mittagessen beendet und Tim machte sich gleich an seine Hausaufgaben. Er hatte zwar keine große Lust, aber er wusste auch: Je schneller er damit fertig war, umso eher konnte er zum Spielen gehen. Außerdem saß Mama neben ihm, um ihm bei den Aufgaben zu helfen, wenn er nicht weiterkam. So waren die Hausarbeiten ratzfatz erledigt. Er sah auf die Uhr. Himmel, 14 Uhr! Noch so viel Zeit, bis die anderen kommen würden.

Ein Wunsch und ein Geschenk

Tim hatte die Wartezeit damit verbracht, mit seiner Schwester Antonia zu spielen. Er tat das eigentlich selten, denn auch wenn er sie sehr gern hatte, war sie eben viel, viel jünger als er. Wo Tim sich für Gruselgeschichten und Astronauten interessierte, spielte Antonia am liebsten mit ihren Stoffhunden. Aber wenn man sonst nichts zu tun hat, überbrückt man die Zeit ja gerne im Spiel mit der kleinen Schwester und so kam es Tim nur wie wenige Minuten vor, bis Mama schließlich kam und sagte: „Tim, deine Freunde sind da.“

Sofort war Antonia vergessen. Sie hätte natürlich gerne mitgewollt, denn sie liebte ihren großen Bruder abgöttisch. Er war immer so mutig und wusste genau, was er wollte. Nicht einmal vor den Gespenstern in der Geisterbahn schien er Angst zu haben. Aber Mama wusste, wie ihr Sohn dachte und hielt Antonia lieber auf. Beim ersten Treffen mit seinen neuen Freunden sollte er nicht gleich die Schwester mitnehmen müssen. Also packte Mama ein Brettspiel aus und spielte mit Tims Schwester „Spitz, pass auf!“, während er sich mit seinen Freunden traf.

Noch immer ärgerte Tim sich darüber, dass der Grobian von heute morgen mit von der Partie war. Aber er war der Bruder der netten Maja und sie hatte darauf bestanden, ihn mitzunehmen. Allerdings hob sich Tims Stimmung schnell, als er sah, was Maik und Maja dabei hatten: Einen kleinen, bunten Hund, der Tim sofort bellend entgegen sprang und ihm die Hände abschleckte. Naja, wer einen Hund hat, kann doch vielleicht gar nicht so übel sein, oder? Außerdem war Maik Majas Zwilling, wie Tim kurz darauf erfuhr. Da musste er es wohl einfach in Kauf nehmen, dass es die beiden nur zusammen gab. Denn auch wenn Maik sich ständig blöd benahm und Maja immer genau das Gegenteil von ihm tat, waren die beiden doch ein Herz und eine Seele und unternahmen so viel wie möglich zusammen. Natürlich glichen Maik und Maja sich nicht wie ein Ei dem anderen, schließlich waren sie Junge und Mädchen. Doch wenn man sie genau ansah, lag es eigentlich auf der Hand: Beide waren gleich groß, hatten grüne Feenaugen mit goldenen Sprenkeln darin und dicke, blonde Haare. Maja hatte sie wieder im Zopf gebändigt, während Maik es offenbar ziemlich lässig fand, sie einfach kreuz und quer in alle Richtungen stehen zu lassen.

„Wie heißt denn der Hund?“, wollte Tim wissen. Das Tier gefiel ihm, außerdem war es immer leicht, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, wenn man ein Thema hatte.

„Das ist Jimbobo“, antwortete Maja und erklärte auch gleich, wie dieser komische Name zustande kam. „Der Hund gehört uns beiden. Maik wollte ihn unbedingt Jim nennen und ich fand Bobo toll. Also haben wir einfach beide Namen genommen und er heißt jetzt Jimbobo. Wir haben ihn als ganz kleinen Welpen aus dem Tierheim abgeholt.“

In der nächsten Stunde spielte Jimbobo die Hauptrolle beim Trio. Zuerst einmal unternahmen sie einen Spaziergang über den Kirmesplatz, auf dem überall schon fast fertige Buden und Fahrgeschäfte standen. Tim kannte die meisten Schausteller schon von anderen Jahrmärkten und konnte Maik und Maja deshalb ziemlich gut erklären, wem welches Fahrgeschäft gehörte, welcher Besitzer auch einmal ein Auge zudrückte und einen noch eine zweite Runde fahren ließ und um wen man besser einen Bogen machte. Maja hörte Tim aufgeregt zu und selbst Maik nickte hin und wieder anerkennend, offenbar begeistert über das viele Wissen, das Tim über den Jahrmarkt besaß. Es gelang ihnen sogar, sich ein Stück Pizza zu ergattern, das der Pizzabäcker Toni zur Probe gebacken hatte. Morgen würde die Kirmes losgehen und da musste man ja unbedingt prüfen, ob der Pizzaofen auch funktioniert. Schließlich sollten die Menschen am nächsten Tag auch etwas zu essen kaufen können.

Nachdem Tim und seine beiden Klassenkameraden die Runde beendet hatten, gingen sie auf eine nahe gelegene Wiese und warfen Stöckchen für Jimbobo. Der kleine Mischlingshund konnte gar nicht genug davon bekommen und rannte immer wieder zwischen den Kindern hin und her, die sich den Stock nun gegenseitig zuwarfen. Laut kläffend forderte er den Stock ein und sprang den Kindern immer wieder an die Beine, um sie so auf sein Begehren aufmerksam zu machen.

Zwei Stunden verbrachten die Kinder so schon, ehe Papa auf der Wiese erschien.

„Tim! Tim, ich suche dich schon lange. Ihr wolltet mir doch helfen“, rief er schon von Weitem. „Oder muss ich das doch alleine machen?“

Oh nein. Vor lauter Spaß mit den Zwillingen hatte er Papas Bitte um Hilfe ganz vergessen. Schnell erklärte er den beiden, warum Papa so laut rief und so aufgeregt winkte und begeistert sagten sie ja. Also rannten sie zum Kirmesplatz hinüber, Jimbobo immer im Schlepptau. Vor der mittlerweile fertig aufgebauten Geisterbahn blieben sie atemlos stehen und sahen Papa voller Erwartung an. Was er wohl wollte?

„Die Geisterbahn ist fertig, und bevor wir morgen aufmachen, müssen wir sie natürlich noch ausprobieren. Habt ihr Lust?“. Und wie die Kinder Lust hatten! Schnell kletterten sie in eine der Gondeln und der alte Heinz, der bestimmt schon seit hundert Jahren mit der Geisterbahn mitreiste, setzte die Maschine in Gang. Ratternd ging es in die Dunkelheit. Was hatten die drei für einen Spaß, wenn nach jeder Ecke ein neuer Geist mit kreischenden Geräuschen auf ihren Wagen zuflog, wenn die Gondel rüttelte und schüttelte und einmal sogar zu kippen drohte. Maja erschreckte sich dabei sehr, aber Tim als alter Geisterbahnhase wusste natürlich, dass das Absicht war und die Gondel nicht entgleisen würde.

Fünf Minuten später kamen sie wieder aus der Geisterbahn, mit lachenden Gesichtern sahen sie einander an. Und das war noch nicht die einzige Überraschung, die Mama und Papa sich ausgedacht hatten.

„Mama wartet mit heißem Kakao und Keksen im Wohnwagen auf Euch. Und dann müssen Maik und Maja langsam nach Hause gehen.“

Als die beiden neuen Freunde wieder heim gegangen waren – auch Maik war eigentlich ein guter Kumpel, wenn man es sich recht überlegte – wurde es still im Wohnwagen. Was für einen Spaß der Tag mit Jimbobo heute gemacht hatte! Ach wenn Tim doch auch einen Hund hätte, der ihn immer begleiten konnte. Der Gedanke daran, seine neu gewonnenen Freunde in ein paar Wochen wieder zu verlieren, machte ihn ganz traurig. Selbst Mama bemerkte seine enttäuschte Miene und war überrascht. Der Tag war doch so schön gewesen?

„Ach, Mama. Ich hätte so gern einen Hund, der immer mitkommt. Damit ich wenigstens einen Freund habe, egal wo ich bin.“, klagte Tim seiner Mutter sein Leid.

Mama verstand das Problem, denn auch wenn es unter den anderen Schaustellern ebenfalls Kinder gab, so war doch niemand darunter, den man das ganze Jahr über sehen konnte. Außerdem konnte Tim die anderen Kinder nicht so gut leiden. Achterbahnkinder hielten sich irgendwie für was Besseres. Aber ein Hund, das ging einfach nicht. Dazu war der Wohnwagen zu klein und der Jahrmarkt verlangte von Mama und Papa alle Aufmerksamkeit. Wer sollte sich da noch um den Hund kümmern? Kopfschüttelnd musste sie Tims Wunsch eine Absage erteilen. Es ging einfach nicht. Doch es ging ihr sehr zu Herzen, dass ihr Sohn so traurig aussah. Deshalb hatte sie abends, als sie ihre Kinder ins Bett brachte, eine kleine Überraschung für Tim: Als er in seinem blauen Schlafanzug im Bett lag und noch einen Becher Kakao trank, reichte sie ihm ein rotes Samtbeutelchen.

„Was ist das?“, fragte Tim sogleich und stellte seinen Becher auf das Nachtschränkchen, um den Beutel zu nehmen und hinein zu sehen. Drin glitzerte etwas, ein sehr feines Pulver.

„Das ist Wunschpulver“, sagte Mama. „Eine alte Hellseherin hat es mir einmal geschenkt und ich denke, du sollst es haben. Schütte es dir gleich auf die Hand und puste es davon. Und wenn du pustest, wünschst du dir ganz fest etwas. Du wirst sehen, dein Wunsch wird in Erfüllung gehen.“

Und Tim tat, wie ihm geheißen. Nachdem Mama ihm und Antonia einen Gutenachtkuss gegeben hatte, schüttete er das glitzernde Pulver auf seine Hand, pustete und wünschte sich ganz fest: „Ich hätte so gerne Freunde für immer“. Allein die Vorstellung davon tröstete den Jungen. Wieder ein bisschen besser gelaunt kuschelte Tim sich schließlich in sein Bett. Er wusste nicht, wann sein Wunsch in Erfüllung gehen würde. Aber er wusste, dass Mama ihn nicht anlügen würde. Er musste einfach nur warten. Und mit diesem Gedanken schlief er ein.

Tasuta katkend on lõppenud.

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