Chemie für den Badebetrieb

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Chemie für den Badebetrieb
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Helmut Ruß

Chemie für den Badebetrieb

LITHO-Verlag • Wolfhagen

Mittelstr. 4, 34466 Wolfhagen, Tel: 05692/9960682 Fax: 9960683

internet: www.badeliteratur.de

e-mail: vertrieb@badeliteratur.de

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ProMinent GmbH, Im Schuhmachergewann 5-11,

69123 Heidelberg. Web: www.prominent.com

© 2019 Alle Rechte vorbehalten! 7. Auflage 2019

Alle Grafiken und Bilder, soweit nicht anders angegeben von Thomas Lindemann

ISBN: 978-3-941484-02-3 (print)

ISBN: 978-3-941484-42-9 (ebook PDF)

ISBN: 978-3-946128-36-6 (ebook epub)




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Helmut Ruß

Chemie für den Badebetrieb

7. Auflage

Vorwort des Verfassers

Das vorliegende Fachbuch „Chemie für den Badebetrieb“ enthält die chemischen Grundkenntnisse für die Bädertechnik. Es soll vor allem die Auszubildenden zum Fachangestellten für Bäderbetriebe, die Schwimmmeister sowie die in der Ausbildung tätigen Personen in Betrieb und Schule in die Lage versetzen, die z.T. komplexen chemischen Prozesse der Wasseraufbereitung zu verstehen und die umfangreichen Aufgaben der Bädertechnik besser zu bewältigen. Die chemischen Abhandlungen begleiten und ergänzen die entsprechen-den Kapitel des Buches „Bädertechnik für Betrieb und Ausbildung“. Aus diesem Fachbuch wurden Teile der Abhandlungen sowie einige Richt- und Grenzwerte übernommen und der Anwendungsbezug zu den chemischen Reaktionen hergestellt. Durch Einbeziehung der neuesten DIN-Normen und Ausführungen nach dem anerkannten Stand der Technik dürfte das Buch für viele Jahre aktuell bleiben. Der stoffliche Umfang wurde weitestgehend auf die Prüfungsanfor-derungen und das Berufsbild des „Fachangstellte/r für Bäderbetriebe“ ausgerichtet, wobei dem Autor die langjährige Unterrichtserfahrung an der Landesfachklasse für Schwimmmeistergehilfen in Hessen, Johann-Philipp-Reis-Schule in Friedberg, wertvolle Erkenntnisse lieferte. Dieses Buch entstand unter Mitarbeit von Dirk Lindemann, Fachlehrer an der Schwimmmeisterschule in Mannheim. Der Autor bedankt sich bei den Personen, die am Manuskript durch Korrektur, Anregungen etc. mitgewirkt haben. Ein besonderer Dank gebührt den Firmen Tintometer GmbH, Dortmund, ProMinent Dosiertechnik GmbH, Heidelberg und Bayrol Chemische Fabrik GmbH, München, die durch die Überlassung von Informationen, Vorlagen und Abbil-dungen zur Gestaltung des Buches beitrugen. Der Verfasser hofft, dass das Buch durch die Auswahl der Stoffinhalte und deren methodisch-didaktischen Aufbereitung in allen Bundes- und deutschsprachigen Ländern eingesetzt wird und bittet die Leser um Verbesserungsvor-schläge und Anregungen für kommende Auflagen.

Wolfhagen, im Januar 2019


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Inhaltsverzeichnis

1. Der Atomaufbau .................................7

1.1 Vorstellungen vom Atomaufbau ................7

1.1.1 Das Kern-Hülle-Modell von Rutherford 7

1.1.2 Das Bohr’sche Atommodell ...................8

1.2 Größenverhältnisse: Atomkern/Atomhülle ...............................................10

1.3 Wie schwer sind Atome? .........................10

1.3.1 Absolute Atommasse ............................10

1.3.2 Relative Atommasse ............................11

1.4 Atomaufbau am Beispiel ausgewählter Elemente ...........................11

2. Das Periodensystem der Elemente (PSE) ...............................13

2.1 Aufbau des PSE.......................................15

2.1.1 Nebengruppen ......................................15

2.2 Gesetzmäßigkeiten im PSE .....................16

2.2.1 Atomradien ...........................................16

2.2.2 Metall-/Nichtmetallcharakter ...............17

2.2.3 Elektronegativität (EN) ........................18

3. Chemische Bindungen .....................19

3.1 Die Atombindung (Elektronenpaarbindung, kovalente Bindung) .................................................19

3.1.1 Atombindung zwischen gleichen Atomen ...................................................19

3.1.1.1 Schreibweisen für die Atombindung .20

3.1.1.2 Doppelbindung ..................................20

3.1.1.3 Dreifachbindung ...............................20

3.1.2 Atombindungen zwischen verschiedenen Atomen ............................21

3.1.2.1 Wiederholungsfragen ........................22

3.2 Ionenbindung .........................................23

3.2.1 Entstehung ............................................23

3.2.2 Anwendung ..........................................25

3.2.3 Hydratation, Dissoziation und Elektrolyse ..............................................25

3.2.3.1 Hydratation .......................................25

3.2.3.2 Dissoziation .......................................25

3.2.3.3 Wiederholungsfragen ........................26

3.2.3.4 Elektrolyse ........................................27

3.3 Metallbindung .........................................28

4. Chemische Reaktionsgleichungen ..28

5. Mol - Molmasse ................................31

6. Die Konzentration eines Stoffes ......32

6.1 Volumenprozent ......................................32

6.2 Massenprozent .......................................32

6.3 Molarität ..................................................33

7. Säuren und Basen (Laugen) ............33

7.1 Eigenschaften: .........................................33

7.2 Sicherheitsmaßnahmen beim Umgang mit Säuren und Basen ..............34

7.3 Wichtige Säuren und Basen im Bäderbereich ...........................................34

 

7.3.1 Salzsäure ..............................................34

7.3.2 Schwefelsäure ......................................35

7.3.3 Unterchlorige Säure .............................35

7.3.4 Kohlensäure .........................................36

7.3.5 Phosphorsäure ......................................36

7.3.6 Natronlauge ..........................................36

7.3.7 Kalkwasser (Calciumhydroxidlösung) .37

7.3.8 Ammoniakwasser (Salmiakgeist) .........37

7.3.9 Aluminiumhydroxid .............................37

7.3.10 Eisenhydroxid ....................................37

7.4 Entstehung von Säuren und Basen (Laugen) ..................................................38

7.4.1 Säuren ..................................................38

7.4.1.1 Sauerstoffhaltige Säuren ..................38

7.4.1.2 Sauerstofffreie Säuren .......................38

7.4.2 Basen ....................................................39

7.5 Chemischer Aufbau .................................39

7.5.1 Säuren ..................................................39

7.5.2 Hydroxide und Basen ..........................39

8. Der pH-Wert .....................................41

9. Salze ...................................................44

9.1 Entstehung ...............................................44

9.1.1 Neutralisation .......................................44

9.1.2 Reaktion von Metallen mit ...........Nichtmetallen ..........................................46

9.1.3 Reaktion von Säuren mit unedlen Metallen ..................................................47

Inhaltsverzeichnis



5

Inhaltsverzeichnis

9.1.4 Reaktion von Säuren mit Metalloxiden 47

9.1.5 Reaktion von Säuren mit Salzen ..........48

9.1.5.1 Zusammenfassung .............................49

9.2 Aufbau .....................................................49

9.3 Benennung .............................................49

9.4 Chemische Formel von Salzen ................50

9.5 Wichtige Salze im Bäderbereich .............51

9.6 Wirkung auf den pH-Wert .......................51

10. Wasser .............................................53

10.1 Der Wasserkreislauf ..............................53

10.2 Wasserverschmutzung ...........................54

10.3 Trinkwasser und Trinkwassergewinnung ...........................54

10.4 Beckenwasser .......................................55

10.5 Physikalische und chemische Eigenschaften des Wassers .....................56

11. pH-Wert des Beckenwassers .........57

11.1 Welche Probleme können bei einem zu niedrigen pH-Wert (pH<6,5) des Beckenwassers auftreten? .57

11.1.1 Korrosion von Metallen .....................57

11.1.2 Zerstörung kalkhaltiger Baustoffe ......57

11.1.3 Störung der Flockung .........................58

11.1.4 Bildung von Chloraminen ..................58

11.2 Welche Probleme können bei einem zu hohen pH-Wert (pH >7,6 bzw. >7,8) des Beckenwassers auftreten? ................................................58

11.2.1 Verminderte Desinfektionswirkung ...58

11.2.2 Zerstörung des Säureschutzmantels der Haut ..................59

11.2.3 Erhöhte Kalkabscheidung ..................59

11.2.4 Verminderte Flockungswirkung .........59

11.3 Welche Ursachen können für pH-Wert-Veränderungen verantwortlich sein? ................................59

11.3.1 Das Füllwasser ...................................59

11.3.2 Überdosierungen bei pH-Korrekturen 60

11.3.3 Überdosierungen durch Desinfektionsmittel .................................60

11.3.4 Einfluss von Marmorkies ...................60

11.3.5 Dolomitfilter .......................................60

11.3.6 Flockung .............................................60

11.3.7 Aufhärtung und Enthärtung ................60

11.3.8 Temperatur .........................................61

11.3.9 Regen .................................................61

11.4 pH-Wert-Regelung ................................61

11.5 pH-Wert-Messung .................................62

11.5.1 Kolorimetrische pH-Wert-Messung ...62

11.5.1.1 Indikatoren ......................................62

11.5.1.2 Komparatoren .................................65

11.5.1.3 Universalindikatoren .......................65

11.5.2 Elektrometrische pH-Wert-Messung (pH-Meter) ..............................66

11.5.2.1 Theoretische Grundlagen ................66

11.5.2.2 Aufbau des pH-Meters ....................66

11.5.2.3 Anwendung der Einstabmessketten im Bäderbereich .......67

11.5.2.4 Nachteile der elektro-metrischen pH-Wert-Messung ................68

12. Redoxpotential................................69

12.1 Der Redox-Begriff ................................69

12.2 Redoxreaktionen in wässriger Lösung ..69

12.3 Die Redox-Spannungsreihe ..................70

12.4 Redoxpotential des Beckenwassers ......72

13. Oxidierbarkeit ................................74

14. Der Nitratgehalt .............................75

15. Beckenwasser-Desinfektion ...........76

15.1 Krankheitserreger ..................................76

15.2 Mikrobiologische Anforderungen an Beckenwasser .....................................77

15.3 Anforderungen an ein Beckenwasser-Desinfektionsmittel .........77

15.4 Zugelassene Desinfektionsmittel ..........78

15.4.1 Chlor ..................................................78

15.4.1.1 Freies wirksames Chlor ...................78

15.4.1.2 Gebundenes, wirksames Chlor ........80

15.4.1.3 Trihalogenmethane ..........................81

15.4.1.4 Die Messung des Chlorgehalts ........81

15.4.2 Natriumhypochlorit ............................85

15.4.3 Calciumhypochlorit ............................85

15.4.4 Trichlorisocyanursäure .......................86

15.4.4.1 Einsatz der stabilisierten Chlorverbindungen in der Beckenwasseraufbereitung .....................86

 

6


Inhaltsverzeichnis

15.5 Verfahrenskombinationen zur Desinfektion ............................................88

15.5.1 Ozonung-Chlorung ............................88

15.5.2 Chlor-Chlordioxidverfahren...............88

16. Wasserhärte ....................................89

16.1 Begriff der Wasserhärte .........................89

16.2 Karbonathärte ........................................91

16.2.1 Entstehung ..........................................91

16.2.2 Auswirkungen auf das Beckenwasser 92

16.2.2.1 Pufferwirkung .................................92

16.2.2.2 Kalkausfällung ................................93

16.3 Nichtkarbonathärte ................................94

16.4 Härtemessung ........................................95

16.4.1 Die Maßeinheiten der Wasserhärte ....96

16.4.2 Die neuen Begriffe der Wasserhärte ...96

16.4.2.1 Säurekapazität bis pH 4,3 ...............96

16.4.2.2 Summe der Erdalkalimetalle ...........97

16.5 Enthärtungsverfahren ............................97

16.5.1 Ionenaustauscher ................................97

16.5.2 Phosphat- und Silikatdosierungen ......98

16.5.3 Behandlung des Wassers mit Magnetfeldern .........................................99

16.5.4 Schnellentkalkung durch Kalkmilch ..99

16.5.5 Säurezugabe .......................................99

16.6 Aufhärtungsverfahren ...........................99

16.6.1 Zuleiten von Soda oder Natron ..........99

16.6.2 Filtermaterial aus Dolomit ...............100

17. Flockung........................................100

17.1 Zweck der Flockung ...........................100

17.2 Der Flockungsvorgang ........................101

17.3 Einflüsse auf die Flockung ..................101

17.3.1 pH-Wert ............................................101

17.3.2 Karbonathärte ...................................102

17.3.3 Strömungsgeschwindigkeit ..............102

17.3.4 Sonstige konstruktive Einflüsse .......102

17.4 Zugelassene Flockungsmittel ..............103

17.4.1 Aluminiumsulfat ..............................103

17.4.2 Aluminiumchloridhexa-hydrat .........103

17.4.3 Aluminiumhydroxichloride ..............104

17.4.4 Aluminiumhydroxichlorid-sulfat .....104

17.4.5 Natriumaluminat ..............................104

17.4.6 Eisenhaltige Flockungsmittel ...........104

18. Welche Werte gelten nach der DIN 19643 für die wichtigsten chemischen Parameter ? ..............106

19. Korrosion und Korrosionsschutz 107

19.1 Chemische Korrosion ..........................107

19.2 Elektrochemische Korrosion ...............107

19.3 Spezielle Formen der Korrosion .........108

19.3.1 Interkristalline Korrosion .................108

19.3.2 Korrosion in Kaltwasserleitungen ....109

19.3.3 Korrosion in Warmwasserbehältern und Warmwasserleitungen ...........................110

19.3.4 Steinbildung .....................................111

19.4 Sonstige Korrosionsformen im Bäderbereich .........................................111

19.4.1 Korrosion in Dampfheizungsanlagen 111

19.4.2 Korrosion von Heizölbehältern ........111

19.4.3 Korrosion durch Abgase ..................111

19.4.4 Korrosion durch Schwimmbadwasseraufbereitung .........112

Lösungsvorschläge zu den Übungen 115

Sachwortverzeichnis / Index .............131

Literaturnachweis ..............................135

Nachweis der Abbildungen ................135



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Der Atomaufbau

Alle Materie der Welt besteht aus Atomen. Atome sind sehr klein. Man kann sie mit bloßem Auge nicht sehen und auch nicht mit dem Mikroskop oder dem Elektronenmikro-skop. Da man Atome nicht sehen kann, hat alles Wissen über den Aufbau von Atomen Modellcharakter.

Beim Aufbau von Atomen muss man sich also stets vergegenwärtigen, dass wir es mit Modellvorstellungen zu tun haben und nicht mit milliardenfach vergrößerte Realität.

In diesem Buch wird ein einfaches Modell, das „Bohr`sche Atommodell“ näher erläu-tert. Es wurde von dem dänischen Physiker Nils Bohr entwickelt.

Ein entscheidendes Experiment für die Entwicklung eines leis-tungsfähigen Atommodells wur-de von dem Engländer Ernest Rutherford 1911 durchgeführt.

Er beschoss dünnste Goldfolien mit energiereichen α-Strahlen (=kleinste Masseteilchen, positiv geladen). Als radioaktive Strah-lungsquelle wurde Radium in ei-nem Bleiblock verwendet.

Um kontrollieren zu können, wel-chen Weg die α-Teilchen neh-men, umgab Rutherford die Ver-suchseinrichtung mit einem Filmstreifen (Leuchtschirm), auf dem jedes auftreffende a-Teilchen einen Punkt hinterließ.

Feststellungen und Beobachtungen:

Der größte Teil der α-Teilchen durchdrang ungehindert die Goldfolie. Nur sehr wenige α-Teilchen, etwa 1 von 20.000 wurde mehr oder weniger stark abgelenkt oder in die Ausgangsrichtung zurückgeworfen.

Schlussfolgerung:

Die wenigen reflektierten oder abgelenkten Teilchen mussten auf ein kleines massives Zentrum gestoßen sein. Rutherford nannte dieses Zentrum Atomkern.

Aus der Tatsache, dass die meisten a-Teil-chen die Goldfolie ungehindert passierten, schloss Rutherford, dass die Atome über-wiegend aus einer fast masselosen, nahezu leeren Atomhülle bestehen müssen.

Vorstellungen vom Atomaufbau

Das Kern-Hülle-Modell von Rutherford

Modelle sind ganz allgemein Vorstellungen („Bilder“) von der Wirklichkeit. Sie werden der Wirklichkeit niemals ganz entsprechen und sie werden sich mit der Zu-nahme neuer experimenteller Erkenntnisse ständig ändern.


Streuversuch nach Rutherford

Der Atomaufbau








Bleiblock

Radioaktiver Stoff

a-Teilchen

Filmstreifen oder Leuchtschirm

abgelenkte a-Teilchen

Goldfolie