Männer trinken keine Fanta

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Männer trinken keine Fanta
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„Wir sind Männer und trinken keine Fanta.“ Wolf-Dieter Ahlenfelder, Schiedsrichter, nachdem er in einem Spiel Werder Bremen gegen Hannover 96 nach 30 Minuten zur Halbzeit gepfiffen hatte.

In Erinnerung an Hans Schäfer, 1. FC Köln

Hermann Schmidt & Miriam Bernhardt

»Männer trinken keine Fanta«

Eisenfüße, Laufwunder und andere

Originale der Fußball-Bundesliga


Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, Pressebilderdienst Horst Müller

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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© 2020 Arete Verlag Christian Becker, Hildesheim

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Umschlagfoto: Pressebilderdienst Horst Müller

Layout, Satz und Umschlaggestaltung: Composizione Katrin Rampp, Kempten

ISBN 978-3-96423-047-8

eISBN 978-3-96423-048-5

Vorwort

Von Schiedsrichter Wolf-Dieter Ahlenfelder stammt der berühmt gewordene Spruch „Wir sind Männer und trinken keine Fanta“. Damit entschuldigte er seinen leicht alkoholisierten Zustand, weil er sich vor dem Bundesligaspiel Werder Bremen gegen Hannover 96 ein paar Bierchen und einen Malteser reingezogen hatte und deshalb versehentlich dreizehn Minuten zu früh zum Pausentee pfiff.

Im Fußball ist alles möglich. Verrückte Episoden, lustige und tragikomische Ereignisse stehen oft nebeneinander, so wie im richtigen Leben. Deshalb sind so viele Menschen rund um den Erdball der „Faszination Fußball“ erlegen.

Der berühmte Dichter und Philosoph Albert Camus, der in seiner Jugend beim Universitätsclub Racing Algier im Tor stand, hat einmal gesagt: „Alles, was ich im Leben über Moral und Verpflichtungen des Menschen gelernt habe, verdanke ich dem Fußball.“

Camus liebte den Fußball, auch deshalb, weil er Menschen aus unterschiedlichsten Schichten der Gesellschaft zusammenführt, die auf dem Rasen oder den Tribünen ein unvergleichliches Gefühl der Solidarität, der Nähe, der Euphorie bei Siegen und der Trauer über Niederlagen empfinden. Camus: „Unser Verein spielte klassisch, nach dem Lehrbuch, wie man so sagt, und verlor selbst die Spiele, die er nun wirklich hätte gewinnen müssen. Dies soll sich nun ändern, aber ich hoffe nicht zu sehr. Denn genau dafür habe ich schließlich meine Mannschaft so geliebt. Nicht nur wegen des Siegestaumels, der umso herrlicher ist, wenn man die Erschöpfung nach der ganzen Anstrengung spürt, sondern auch wegen dieser Abende nach der Niederlage, wenn einem zum Heulen zumute war.“ (1)

Beim Fußball kann man die Welt vergessen, alle Sorgen und Gedanken an den Alltag hinter sich lassen.

Männer, die keine Fanta trinken, finden wir auf allen Positionen einer Mannschaft. Doch beileibe nicht alle „harten Männer“ im Fußball waren Alkoholiker oder Kettenraucher. Felix Magath bevorzugt Pfefferminztee, Otto Rehhagel sagt von sich, er sei Antialkoholiker, und viele der hier vorgestellten Spieler tranken weder Alkohol noch rauchten sie wie die Schlote.

Die Idee zum vorliegenden Buch war zunächst, an all die glorreichen Abwehrstrategen und „Dauerläufer“ zu erinnern, die im deutschen Fußball und in der Fußball-Literatur nur selten im Rampenlicht standen. Doch beim Schreiben wurde mir bewusst, dass auch unter den Ballzauberern und Torjägern bärenstarke Kämpfer zu finden sind, die sich die Lunge aus dem Leib rennen, die nie aufgeben und grätschen bis zur letzten Minute, weil sie als Sieger vom Platz gehen wollen. Nicht jeder Fußballer kann ein glamouröser Ballzauberer wie Diego Maradona, Franz Beckenbauer oder Wolfgang Overath sein. Beileibe nicht alle „harten Typen“, die der Fußball kennt, haben den heldenhaften und vorbildlichen Charakter eines Wolfgang Weber oder setzen sich für soziale Belange ein, wie z. B. Paul Breitner.

Auch schwarze Schafe, ob als böswillige Treter auf dem Platz oder mit dem Gesetz in Konflikt geratene Zeitgenossen, treten gelegentlich unter den „Männern“ der Bundesliga auf, ohne Helden zu sein.

Im diesem Buch, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, versammeln sich neben den klassischen Kämpfertypen der 1. und 2. Bundesliga zahlreiche Profis, die unter balltechnischen Aspekten höchsten Ansprüchen genügten und auf ihren Positionen das Prädikat Weltklasse verdienen. Ebenso werden einzelne Spieler porträtiert, die infolge unglücklicher Umstände oder durch eigenes Versagen in ihrer Fußballerkarriere scheiterten.

Der Fußball und die Begegnungen mit Menschen, die ihn spielen, gehören zum Besten, was einem im Leben passieren kann.

Hermann Schmidt, Juli 2020

Inhaltsverzeichnis

Wolf-Dieter Ahlenfelder. Ein Bier, ein Malteser.

MÄNNER IM KASTEN

Anton Schumacher. Der Held von Liverpool.

Volkmar Groß. Der Berliner.

Klaus Thomforde. Das Tier im Tor.

Volker Ippig. Der Hausbesetzer.

Harald Schumacher. Der Tünn.

Eike Immel. Der Zocker.

Oliver Kahn. Der Titan.

Tim Wiese. Der Wrestler.

EISENFÜSSE

Josef Piontek. Der Sepp.

Horst-Dieter Höttges. Der Eisenfuß.

Uli Borowka. Die Axt.

Stig Töfting. Der Tätowierte.

Bernd Hollerbach. Ho-ho-Hollerbach.

Sergej Barbarez. Der Barba.

Christian Wörns. Der Waldhof-Schüler.

Maik Franz. Der Klopper.

Nigel de Jong. Der Knochenbrecher.

Carlos Zambrano. Der Peruaner.

MANNDECKER UND MAURER

Willi Schulz. Der Worldcup-Willi.

Werner Biskup. Der Kämpfer.

Karl-Heinz Schnellinger. Il Biondo.

Dieter Kurrat. Der Hoppy.

Wolfgang Weber. Der Bulle.

Klaus Fichtel. Die Tanne.

Michael Lameck. Der Ata.

Bernard Dietz. Der Enatz.

Detlef Pirsig. Der Unüberwindbare.

Karl-Heinz Körbel. Der Treue.

Bernd und Karlheinz Förster. Die Förster-Brüder.

LAUFWUNDER

Herbert Wimmer. Der Hacki.

Harald Konopka. Das Wiesel.

Hans-Peter Briegel. Die Walz aus der Pfalz.

Willi Landgraf. Der Rekordhalter.

 

STURMTANKS UND BRECHER

Uwe Seeler. „Uns Uwe“.

Bernd Nickel. Dr. Hammer.

Klaus Fischer. Mister Fallrückzieher.

Horst Hrubesch. Das Kopfballungeheuer.

Dieter Hoeneß. Der Schwabenpfeil.

Franz Gerber. Der Schlangen-Franz.

Marcel Rath. Das Kampfschwein.

Morike Sako. Der Kickboxer.

Manuel Schäffler. Der Schäffe.

UNGLÜCKSRABEN

Horst Szymaniak. Der Schimmi.

Rudi Brunnenmeier. Der Torschützenkönig.

Reinhard Libuda. Der Stan.

Erwin Kostedde. Der Pechvogel.

SPASSVÖGEL

Willi Lippens. Die Ente.

Johann Ettmayer. Der Buffy.

Jimmy Hartwig. Der Offebächer.

Anton Polster. Der Wiener.

Mario Basler. Der Talkmaster.

Ansgar Brinkmann. Der weiße Brasilianer.

Torsten Mattuschka. Der eiserne „Tusche“.

DIE UNANGEPASSTEN

„Co“ Prins. Der Tulpenjacob.

Walter Frosch. Der Kettenraucher.

Wolfram Wuttke. Das Schlitzohr.

Stefan Effenberg. Der Tiger.

Kevin-Prince Boateng. Helmut Rahns Großneffe.

Deniz Naki. Der Kurde.

DIE WELTMEISTER

Werner Liebrich. Der Rote.

Hans Schäfer. De Knoll.

Helmut Rahn. Der Boss.

Horst Eckel. Der Windhund.

Hans-Hubert Vogts. Der Berti.

Gerd Müller. Der Hadde.

Hans-Georg Schwarzenbeck. Der Katsche.

Paul Breitner. Der Provokateur.

Uli Hoeneß. Der Macher.

Klaus Augenthaler. Auge.

Andreas Brehme. Der Andy.

Lothar Matthäus. Der Loddar.

Jürgen Kohler. Der Kokser.

Jerome Boateng. Ein Mann für alle Fälle.

TRAINER

Max Merkel. Der Lautsprecher.

Ernst Happel. Der Wödmasda.

Rinus Michels. Der General.

Branko Zebec. Der Mathematiker.

Otto Rehhagel. König Otto.

Werner Lorant. Werner beinhart.

Louis van Gaal. Ritter von Oranien-Nassau.

Felix Magath. Der Quälix.

Anhang

Wolf-Dieter Ahlenfelder. Ein Bier, ein Malteser.
*11.2.1944 Oberhausen; † 2.8.2014 Oberhausen

In der Bundesligasaison 1983/1984 wurde Wolf-Dieter Ahlenfelder vom DFB als bester Schiedsrichter mit der „Goldenen Pfeife“ ausgezeichnet.

Knapp zehn Jahre zuvor hatte der gebürtige Oberhausener im Bundesligaspiel zwischen Werder Bremen und Hannover 96 bereits nach 32 Minuten versehentlich zum Pausentee gepfiffen. Einer seiner Linienrichter wedelte wild mit der Fahne, sodass das Spiel dann regulär fortgeführt werden konnte.

Ahlenfelder, als Mineralölkaufmann beim Konzern BP beschäftigt, gestand nach dem Spiel, beim Mittagessen „getankt“ zu haben: ein Bier und einen Malteser. „Wir sind Männer und trinken keine Fanta“, das war das Motto des neben Walter Eschweiler wohl lustigsten Schiedsrichters in der Bundesliga-Geschichte. Bis heute bekommt ein Kneipengänger in der Umgebung des Bremer Weserstadions bei Bestellung eines „Ahlenfelder“ ein Bier und einen Malteser serviert.

Als Wolf-Dieter Ahlenfelder zum ersten Mal als Unparteiischer antrat, bekam er 24 DM Spesen. Als er aufhörte, betrug der Spesensatz 78 DM.

Von 1975 bis 1988 pfiff Ahlenfelder, genannt „Ahli“, 106 Bundesliga- und 77 Zweitligaspiele. Noch im Alter von 58 Jahren leitete er Spiele in der Kreisliga in Nordrhein-Westfalen. Bis zu seinem Tod lebte der an Diabetes leidende Referee im Oberhausener Ortsteil Holten.

Die Geschichten und Geschichtchen, die sich um den Kult-Schiedsrichter aus dem Pott ranken, sind zahlreich, und nicht immer kann man davon ausgehen, dass sie wahr sind. So wird erzählt, dass Paul Breitner ihn angeraunzt hätte: „Du pfeifst wie ein Arsch!“ und Ahlenfelder angeblich antwortete: „… und Du spielst wie ein Arsch.“

Der Weltmeister der landauf-landab kolportierten Fußball-Anekdoten, Ben Redelings, berichtet gar, dass Breitner Schiri Ahlenfelder „mehrfach mit ,Du Affe‘ angesprochen hätte“, und Ahlenfelder entgegnet haben soll: „Schau mal in den Spiegel, Breitner, dann weißt Du Bescheid.“ (2)

Dass Ahlenfelder im Jahr 1987 den Mannheimer Spieler Dieter Finke vor Rot bewahrte, indem er ihm riet, sich auswechseln zu lassen, sonst werde er von ihm, dem Schiedsrichter, „ausgewechselt“, mag schon eher mit der Realität zu tun haben. (3)

Ob es zutrifft, dass Ahlenfelder einen am Boden liegenden Spieler aufforderte, doch aufzustehen, weil die Rasenheizung nicht an sei, lässt sich bis heute nicht mit Sicherheit klären. Auf den Mund gefallen war der Unparteiische aus dem Ruhrpott ganz gewiss nicht.

In einem von „Reviersport“ veröffentlichten Interview vom 24.11.2007 mit „Ahli“ äußerte er u. a. über seine Zeit als Schiedsrichter und das aktuelle Fußballgeschehen (Auszug): „Ob Beckenbauer oder Bierhoff, die duze ich alle. Der Ahli ist noch ein Begriff, schließlich bin ich mit Leib und Seele Schiedsrichter … Die Jungs [Anmerkung Autor: hier sind Schiedsrichter gemeint] haben keine Bewegungsfreiheit, sie müssen sich strikt an ihr Regelwerk halten. Ein Beispiel: Geht vom Trikotausziehen beim Torjubel die Welt unter? Da frage ich mich, ob Sepp Blatter noch alle auf dem Ofen hat. Die Leute haben noch nie Fußball gespielt, die müssen auch mal überlegen, was in einem Fußballer vorgeht. Natürlich würde ich das Trikotüberstreifen lieber bei einer Damen-Mannschaft sehen … Durch die Sache in Bremen bin ich zur Legende geworden. Ich habe ja nichts Böses gemacht. Wie es sich für einen Ruhrgebietler gehört, habe ich mir mal einen genommen … Wenn ich sage, dass ich vor Fußballspielen Wasser und Fanta getrunken habe, wäre das eine Lüge. Ich habe mir ein Pilsken reingetan und der Fall war erledigt … Ich war auch noch sieben Jahre Messdiener, wenn ich einmal den Löffel abgebe, mein Platz im Himmel ist gesichert“. (4)

Am 2. August 2014 starb Wolf-Dieter Ahlenfelder in seiner Geburtsstadt Oberhausen.

MÄNNER IM KASTEN

Anton Schumacher. Der Held von Liverpool.
*1.12.1938 Bonn

Der „echte“ Toni Schumacher kommt nicht aus Düren und ist im Gegensatz zu seinem Nachfolger gleichen Namens auch nicht Mitglied des FC-Präsidiums gewesen.

Denn Harald „Toni“ Schumacher, einer seiner Nachfolger im Kasten der Geißböcke, hat seinen Spitznamen nur deshalb bekommen, weil es in den guten, alten Zeiten des 1. FC Köln schon einen anderen Spieler mit Vornamen Harald gab: Harald Konopka, der knüppelharte Verteidiger, landauf, landab gefürchtet ob seiner Bissigkeit – ein Kettenhund am Fuß eines jeden Außenstürmers der Bundesliga. So nannten sie den zweiten Harald einfach „Toni“, und zwar aus zweierlei Gründen: Als zweiten Vornamen hatte Klein-Harald von seinen Eltern auch den seines Großvaters Anton erhalten, und dann gab es ja auch noch den legendären Helden aus dem Spiel gegen Liverpool namens Toni.

Dieses Spiel fand am 17. März 1965 an der Anfield Road in Liverpool statt, der Hafen- und Arbeiterstadt, der nicht nur die legendären Beatles in den „Roaring Sixties“ ihren Stempel aufdrückten, sondern der auch die „Reds“ im europäischen Fußball durch ihr von Dynamik und Tempo gekennzeichnetes Spiel Rang und Namen verliehen.

Im Tor der Geißböcke, die an jenem Tag im Vorfrühling ohne „Weltmeister“ und Regisseur Hans Schäfer, ohne Torjäger Christian Müller und den besten deutschen Mittelläufer der sechziger Jahre, Leo Wilden, antreten mussten, stand Anton Schumacher, der sein Handwerk in der Jugend von Blau-Weiß Hemmerich gelernt hatte.

Im Jahr 1958 war das Torwarttalent aus der Voreifel zu Tura Bonn gewechselt, einem Arbeiterverein, wo ihn im Sommer 1960 Talentspäher, heute „Scouts“ genannt, entdeckten und zum 1. FC Köln lotsten. Dort saß er zunächst als Ersatztormann hinter Fritz Ewert auf der Bank, ehe er unter Trainer Schorsch Knöpfle die Nummer 1 im Kasten der Geißböcke wurde.


In der Saison 1964/65 kam er zu 23 Einsätzen in der Bundesliga; Fritz Ewert machte jetzt nur noch sieben Spiele im Tor der Rot-Weißen, die in dieser Spielzeit lediglich Vizemeister hinter Werder Bremen wurden.

Im „Großen Lexikon der Bundesligatorhüter“ wird konstatiert, dass Anton Schumacher im torlos endenden Match des Jahres 1965 an der Anfield Road „eine der größten Torhüterleistungen der Fußballgeschichte“ ablieferte. (5)

Mitspieler Wolfgang Weber sprach von einer Galavorstellung des „Wunderkeepers namens Schumacher“, und Wolfgang Overath attestierte dem Mann im Kasten „das Spiel seines Lebens“ gemacht zu haben. Der Tormann mit den dunklen Haaren im hellen Baumwollpullover hielt einfach alles, was die Liverpooler Mannschaft in einem Dauer-Sturmlauf aufs Tor brachte. Der Oberbürgermeister der Beatles-Metropole gratulierte ihm nach dem Spiel per Handschlag, und die Zeitung „Daily Post“ schrieb: „Toni Schumacher besiegte FC Liverpool“, obwohl das Spiel doch Unentschieden endete.

 

Der 1. FC Köln war in Liverpool am 17. März 1965 mit folgender Elf aufgelaufen: Anton Schumacher, Toni Regh, Fritz Pott, Matthias Hemmersbach, Wolfgang Weber, Hansi Sturm, Wolfgang Overath, Zeze, Karl-Heinz Thielen, Hannes Löhr, Heinz Hornig. In den Reihen des FC Liverpool standen mit Ron Yeats, Gordon Milne und Roger Hunt Spitzenspieler des europäischen Fußballs. Ihr Trainer war kein Geringerer als Bill Shankley.

Augenzeugen berichten, dass Anton Schumacher an diesem Tag Übermenschliches leistete. Von gefühlt hundert Schüssen und Kopfbällen der Reds auf seinen Kasten fischte er alles weg, er lag quer in der Luft, faustete, hechtete und drosch die Bälle aus dem 5-m-Raum oder lenkte sie mit den Fingerspitzen über den Querbalken. Die Experten waren sich einig: Anton Schumacher hatte in Liverpool eine Weltklasseleistung gezeigt.

So erzwang er quasi im Alleingang ein Entscheidungsspiel auf neutralem Boden in Rotterdam, wo Anton Schumacher seine Elf einmal mehr durch eine großartige Leistung vor einer Niederlage bewahrte. Auch dieses Spiel ging in die Fußballgeschichte ein. Nach einem 2:2 entschied ein Münzwurf, der wiederholt werden musste, weil die Münze hochkant im nassen Rasen steckengeblieben war. Der 1. FC Köln schied aus.

Karl-Heinz Schnellinger sagt, dass Schumacher ein besonders ruhiger, nervenstarker Torhüter gewesen sei und auf der Linie durch seine schnelle Reaktion und seine artistischen Paraden zu den besten seines Fachs in der Bundesliga gehörte.

Zur Saison 1966/1967 allerdings verpflichtete der Verein aus unerfindlichen Gründen mit dem jugoslawischen Torhüter Milutin Soskic einen weiteren Keeper. Toni Schumacher rückte wieder ins zweite Glied, Gründe dafür kennt er bis heute nicht. Beim 1. FC Köln war man schon vor Jahrzehnten zu allem fähig. Dass ein „Klassemann“ wie Anton Schumacher auf solche Weise mehr oder weniger abserviert wurde, war nicht in Ordnung.

1968 hatte der Held von Liverpool die Faxen der Müngersdorfer Verantwortlichen endgültig dicke und wechselte zum Regionalligisten Viktoria Köln.

Seine Laufbahn beendete er nach einem kurzzeitigen Engagement beim belgischen Erstligisten KV Mechelen und zwei weiteren Jahren bei der Rheydter Spielvereinigung, weil er eine schwere Armverletzung erlitt. Schumacher absolvierte 58 Bundesligaspiele für den 1. FC Köln, wurde einmal Deutscher Meister (1964) und einmal Deutscher Pokalsieger (1968).

Im Alter von 29 Jahren musste Anton Schumacher aufgrund seiner Verletzung die Fußball-Karriere frühzeitig beenden. Er arbeitete anschließend als Chef-Fahrer beim Deutschen Raiffeisenverband. Zum Hobby wurde dem legendären Torhüter sein Interesse an Jagd und Forstwirtschaft. Im Örtchen Weilerswist hegt er ein Waldstück mit 600 Fichten und Tannen. Er pflanzt Bäume und verkauft Christbäume. Ab und zu erhält er Besuch von seinen beiden Töchtern und deren Familien. Und noch immer hält er es mit seinem alten Klub, dem Effzeh, von dem er hofft, dass es wieder einmal bessere Zeiten für ihn gibt.

Dass über ihn noch immer geschrieben wird, dass man nach ihm fragt und ihn an seine großartige Leistung in Liverpool erinnert, berührt ihn nicht sonderlich. Es verwundert ihn eher. Anton Schumacher erweckt den Eindruck, es sei ihm eher unangenehm, im Mittelpunkt zu stehen.

Der Mann, der kein Held sein will, und der doch einer war, wenn auch nur für einen einzigen Tag seines Lebens, ist alt geworden. Und für viele seiner Generation dennoch unvergessen.