Die lächerlichen Preziösen

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Die lächerlichen Preziösen
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LUNATA

Die lächerlichen Preziösen

Die lächerlichen Preziösen

© 1659 Molière

Originaltitel Les Précieuses ridicules

Aus dem Französischen von Ludwig Fulda

Umschlagbild Moreau le Jeune

© Lunata Berlin 2020

Inhalt

Personen

Die lächerlichen Preziösen

Personen

La Grange verschmähte Freier

Du Croisy

Gorgibus Madelon, seine Tochter

Cathos, seine Nichte

Marotte, deren Magd

Almansor, deren Lakai

Mascarill, Diener des Herrn La Grange

Jodelet, Diener des Herrn Du Croisy

Zwei Sänftenträger

Nachbarinnen, Musikanten

Schauplatz: Das Haus des Gorgibus in Paris

Die lächerlichen Preziösen

Erster Auftritt

La Grange. Du Croisy

Du Croisy. Herr La Grange ...

La Grange. Was?

Du Croisy. Sehen Sie mich einmal an, ohne zu lachen.

La Grange. Nun?

Du Croisy. Was sagen Sie zu unserm Besuch? Sind Sie besonders erbaut davon?

La Grange. Meinen Sie, wir hätten Grund, es zu sein?

Du Croisy. Ehrlich gesagt, kaum.

La Grange. Ich, das gesteh' ich Ihnen, bin einfach außer mir. Hat man je vorher zwei dumme Gänse aus der Provinz gesehen, die solche Faxen machen und zwei Männer so von oben herab behandeln wie diese da uns? Noch ein Wunder, daß sie die Gnade hatten, uns Stühle anzubieten. Niemals hab' ich ein derartiges Getuschel erlebt, ein derartiges Gähnen, ein derartiges Augenreiben, ein derartiges beständiges Gefrage, wieviel Uhr es ist. Haben sie auf alles, was wir vorbrachten, etwas anderes geantwortet als Ja und Nein? Kurzum, läßt es sich bestreiten, daß sie uns nicht schlechter hätten empfangen können, wenn wir Menschen der niedrigsten Sorte wären?

Du Croisy. Sie nehmen sich offenbar die Sache sehr zu Herzen.

La Grange. Jawohl, das tu' ich, und zwar in solchem Grade, daß ich mich für diese Unverschämtheit rächen will. O, ich weiß nur zu gut, weshalb sie uns geringschätzen. Die modische Geziertheit hat nicht nur Paris verseucht; auch die Provinz ist bereits von ihr angesteckt, und diese zwei albernen Mamsellen haben eine tüchtige Dosis davon verschluckt.

Mit einem Wort, sie verkörpern ein Gemisch von Ziererei und Gefallsucht. Ich kenne genau die Manier, die man zur Schau tragen muß, um von ihnen gut aufgenommen zu werden, und wenn Sie einverstanden sind, wollen wir ihnen einen Possen spielen, der ihnen über ihre Dummheit ein Licht aufsteckt und sie besser beurteilen lehrt, wen sie vor sich haben.

Du Croisy. Wie denken Sie sich das?

La Grange. Mein Diener Mascarill gilt bei vielen Leuten für eine Art von Schöngeist; heutzutag gelangt man ja äußerst billig zu diesem Ruf. Er ist ein Geck, der durchaus den Kavalier spielen will. Er tut sich was zugut auf seine feinen Umgangsformen und seine Verse, und andere Diener schaut er über die Achsel an, ja, erklärt sie rundweg für Banausen.

Du Croisy. Nun also, was haben Sie mit ihm vor?

La Grange. Was ich mit ihm vorhabe? Er soll ... Aber lassen Sie uns erst von hier fort sein.

Zweiter Auftritt

Vorige. Gorgibus.

Gorgibus. Nun, meine Herren? Haben Sie meine Nichte und meine Tochter gesprochen? Wie stehn die Dinge? Wie hat Ihr Besuch gewirkt?

La Grange. Das werden Sie von ihnen besser erfahren als von uns. Alles, was wir Ihnen sagen können, ist, daß wir Ihnen danken für die uns erwiesene Gunst und Ihre gehorsamsten Diener sind.

Du Croisy. Ihre gehorsamsten Diener. (Beide ab)

Gorgibus (allein). O je! Die scheinen mir nicht sehr zufrieden. Was mag sie verdrossen haben? Das wollen wir doch einmal feststellen. Holla!

Dritter Auftritt

Gorgibus. Marotte

Marotte. Der gnädige Herr befehlen?

Gorgibus. Wo sind deine beiden Fräulein?

Marotte. In ihrem Zimmer.

Gorgibus. Was machen sie dort?

Marotte. Lippenpomade.

Gorgibus. Zum Henker mit der ewigen Pomade! Sag ihnen, sie sollen hereinkommen.

Vierter Auftritt

Gorgibus (allein)

Gorgibus. Ich glaube, diese Racker legen es darauf an, mich mit ihrer Pomade zu ruinieren. Wo ich hinsehe, nichts als Eiweiß, Jungfernmilch und tausend andere Firlefanzereien, worin ich mich nicht auskenne. Sie haben, seit wir hier sind, den Speck von wenigstens einem Dutzend Schweinen verbraucht, und vier Bediente könnten täglich satt werden von den Hammelfüßen, die sie verwenden.

Fünfter Auftritt

Gorgibus. Madelon. Cathos

Gorgibus. Meiner Seel', es ist wohl höchst notwendig, daß ihr so viel Geld hinauswerft, um eure Mäuler zu schmieren! Sagt mir doch mal: Was habt ihr mit den beiden Herren angefangen, die eben sich so frostig von mir verabschiedeten? Hab' ich euch nicht anempfohlen, sie als Freier aufzunehmen, mit denen ich euch verheiraten will?

Madelon. Welchen Respekt, lieber Vater, soll uns das geschmackswidrige Benehmen dieser Leute einflößen?

Cathos. Halten Sie es für möglich, lieber Onkel, daß eine einigermaßen kultivierte junge Dame sich mit Wesen dieser Art befreunden kann?

Gorgibus. Was habt ihr denn an ihnen auszusetzen?

Madelon. Eine nette Sorte von Galanterie, wahrhaftig, uns ohne weiteres eine Heirat anzutragen!

Gorgibus. Was denn sonst sollten sie euch antragen? Ein Verhältnis? War das nicht ein Benehmen, das eure Anerkennung verdient, ebensogut wie die meine? Kann man artiger sein? Und ist der geweihte Bund, nach dem sie trachten, nicht der beste Beweis für die Redlichkeit ihrer Absichten?

Madelon. O, was Sie da sagen, lieber Vater, ist der Gipfel der Spießbürgerlichkeit. Ich schäme mich geradezu, Sie so reden zu hören, und Sie sollten sich endlich angewöhnen, die ästhetische Note der Dinge zu berücksichtigen.

Gorgibus. Hier handelt sich's weder um Noten noch um Gesang. Ich wiederhole dir, daß die Ehe eine heilige und gottgefällige Sache ist, und daß sich als Ehrenmann benimmt, wer ohne weiteres auf sie zu sprechen kommt.

Madelon. Himmel! Wenn jeder dächte wie Sie, dann wäre ein Roman schnell zu Ende! Das könnte ja hübsch werden, wenn Cyrus gleich im Anfang Mandane heiraten wollte und Aronce sich mit Clelia schon im ersten Kapitel trauen ließe!

Gorgibus. Was für Geschwätz!

Madelon. Hier meine Cousine wird Ihnen ebenso wie ich erklären, daß die Heirat immer erst als Schluss auf eine Reihe von Abenteuern folgen darf. Ein Liebhaber, der uns gefallen soll, muß verstehen, seine schönen Gefühle zum Ausdruck zu bringen, muß die ganze Skala der sanften, der zärtlichen und der leidenschaftlichen Tonart beherrschen und seine Werbung nach allen Regeln der Kunst verzieren. Zuerst muß er die Dame, für die sein Herz entbrennt, in der Kirche erblicken oder auf der Promenade oder bei einer öffentlichen Festlichkeit; oder auch, er wird durch Schicksalsfügung von einem Verwandten oder Freund bei ihr eingeführt und verläßt sie ganz in Träumerei und Schwermut versunken. Er verbirgt eine Zeitlang dem geliebten Gegenstand seine Leidenschaft und stattet ihr inzwischen eine Anzahl von Besuchen ab, wobei er nie vergißt, irgend ein galantes Thema zur Erörterung zu stellen, das die Versammelten geistig anregt. Endlich naht der Tag der Erklärung, die in der Allee eines Gartens vorzugehen pflegt, während die Gesellschaft sich ein wenig entfernt hat. Auf diese Erklärung folgt ein sofortiger Unwille, der sich in unserem Erröten kundgibt und den Geliebten für einige Zeit aus unserer Gegenwart verbannt. Hernach findet er Mittel und Wege, uns zu besänftigen, uns unmerklich an die Sprache seiner Leidenschaft zu gewöhnen und uns das Geständnis zu entlocken, das uns so schwer fällt. Nun beginnen die Abenteuer: Das Eingreifen der Nebenbuhler, die sich einer erwiderten Neigung entgegenstemmen, die Verfolgungen der Väter, die aus falschem Schein entspringenden Ausbrüche der Eifersucht, die Tränen, die Verzweiflung, die Entführung und was dazu gehört. Dies ist das Programm einer Liebesgeschichte höheren Stils; dies sind die Vorschriften, ohne deren strenge Beachtung keine wahre Galanterie zu denken ist. Aber geradeswegs auf den Ehebund lossteuern, um Liebe werben mit dem Heiratsvertrag in der Hand und den Roman von hinten anfangen – nein, lieber Vater, es gibt nichts Prosaischeres als das, und schon der Gedanke daran macht mir übel.

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