Loe raamatut: «Zwischen Hip und Hop»

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Jürgen Manemann | Spax Zwischen Hip und Hop Zum Paradox des HipHop

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Jürgen Manemann | Spax

Zwischen Hip und Hop

Zum Paradox des HipHop

Was ist das eigentlich – HipHop? Eine ernsthafte Antwort auf diese Frage muss der Versuchung widerstehen, HipHop zu einem bloßen Gegenstand der Betrachtung zu machen.1

HipHop ist eine Mannigfaltigkeit, die sich der Erfassung in vergegenständlichenden Begriffen entzieht. HipHop ist paradox. Es gibt Regeln. Es gibt keine Regeln. Es gibt Ziele. Es gibt keine Ziele. HipHop eröffnet einen Raum, der einzelnen Protagonist*innen die Freiheit bietet, eigene Regeln und Ziele zu formulieren. Über HipHop lässt sich deshalb schlecht sprechen und noch schlechter streiten. HipHop ist Performance, geschieht in actu. Das oberste Gebot lautet Mitmachen. Schon Kurtis Blow rappte 1980 auf »The Breaks«: »Clap ya Hands everybody …« Diese konkrete Einladung an die Zuhörer*innen zeigt, dass es beim HipHop nicht um das Konsumieren geht, sondern um das Mitmachen. So wird die Performance auf der Bühne von einem aktiven Publikum mitbestimmt. Die Künstler*innen sampeln die Energie, das Feedback oder Einwürfe und integrieren sie in ihre Performance. So verschmelzen im HipHop die auf der Bühne mit denen vor der Bühne.

»To make something out of nothing«

Dem Mythos zufolge entstand HipHop am 11. August 1973. Der Geburtsort war die 1520 Sedgwick Avenue in der Bronx. Ein vom Rest der Stadt abgeschnittener Stadtteil, gekennzeichnet von Armut, sozialer Erniedrigung, ein Ort der Hoffnungslosigkeit. HipHop wurde in und aus dieser Situation heraus geboren. Die jungen Menschen hatten kein Geld, um in die angesagten Clubs Manhattans zu gehen. Mit aus Straßenlaternen geklautem Strom für ihre Soundsysteme wurden sie jedoch die Pioniere einer Art stillen Revolution. Sie besaßen keine Musikinstrumente. Die Chance, Noten zu lernen, war ihnen verwehrt. All das hätte schließlich Geld gekostet. An eine professionelle musikalische Ausbildung oder gar an die Anmietung eines Studios war erst recht nicht zu denken. Durch einen Akt des Self-Empowerments gelang es den Akteur*innen jedoch, in dieser ausweglosen Situation Neues zu schaffen. »To make something out of nothing« wurde zum Grundsatz des HipHop. In den Anfängen waren die Akteur*innen noch Kinder beziehungsweise Jugendliche. Sie feierten Partys und experimentierten nach dem Prinzip Trial and Error. Die meisten Innovationen der HipHop-Kultur haben ihren Ursprung in dieser Unbedarftheit und Ungezwungenheit. Auf diesen Partys ergriffen junge Menschen das Wort. Auch wenn es ihnen vielleicht nicht bewusst war: Es war ein politischer Akt, da sich Menschen unüberhörbar zu Wort meldeten, deren Stimme bislang nicht gehört worden war.

Die Elemente des HipHop

In seiner Urform besteht HipHop aus vier Elementen: Rap (Sprechgesang), Breakdance (Tanz), DJing (Schallplattendrehen), Graffiti (Writing und Malerei), auch die Form der Produktion. Dies sind die Säulen der Bewegung. Die Rapper*innen waren auf den Block-Partys die MCs (Master / Mistress of Ceremony). Sie sorgten für die Stimmung, brachten die Leute in Bewegung und moderierten.

HipHop hat eigene Techniken des Musikmachens erfunden. Anfangs das Vor- und Zurückspringen mit der Nadel des Plattenspielers, das »Backspinnig« der sogenannten »Breaks«. Als »Breaks« bezeichnet man die Teile in einem musikalischen Arrangement, die ohne Gesang auskommen und oftmals nur aus einem reinen Schlagzeugteil bestehen. Diese eröffneten wiederum den Rapper*innen den nötigen Platz, um sich auf einem von der Platte gespielten Song einzufädeln. Um die Breaks zu »verlängern«, wurden vom DJ zwei identische Platten auf die Plattenspieler gelegt, gleichzeitig gestartet und wieder zurückgedreht. Daher der Name »Backspin«. Durch das Zurückdrehen der Breaks entstanden »Loops«. Durch sie wurde die Möglichkeit geschaffen, eigene Texte vor Publikum zu präsentieren. Zu alledem brauchte es keine Band, keine Instrumente. Als der kommerzielle Erfolg von Rap-Musik größer wurde, wurden diese Backspin-Loops im Studio auch von Bands nachgespielt. Erst mit der Entwicklung und der Erschwinglichkeit der ersten Sampler änderte sich die Produktionsform grundlegend. Die Kreativität der Sampler*innen entfesselte immer neue Energien. Die Möglichkeit, ohne DJ, ohne einen Club, ohne ein Instrument selber Musik zu machen, eröffnete neue künstlerische Dimensionen. Der Einstieg in diese neue Kunst, der Umgang mit den neuen Geräten und den kreativen Dynamiken war niedrigschwellig.

Häufig waren die Innovationen im wahrsten Sinne des Wortes Zufallsprodukte. Das zeigt sich vor allem im DJing. So erzählt etwa Grand Wizard Theodore, wie er das Scratchen erfand: »I used to come home from school and go in my room and practice a lot and this particular day I came home and played my music too loud and my mom was banging on the door and when she opened the door I turned the music down but the music was still playing in my headphones and she was screaming ›If you don’t turn the music down you better turn it off‹ and I had turned down the speakers but I was still holding the record and moving it back and forth listening in my headphones and I thought ›This really sounded something … interjecting another record with another record.‹ And as time went by I experimented with it trying other records and soon it became scratching.« 2 DJing besteht vor allem aus dem Schneiden zwischen gesampelten Aufnahmen, dem »Scratch Mixing«, »Punch Phrasing« und einfachem Scratching. »Das erste Verfahren besteht einfach darin, Sounds von einer Platte mit einer anderen, die bereits läuft, zu mischen und sie zu überlagern. ›Punch Phrasing‹ stellt eine Verfeinerung dieses Mischens dar, bei der der DJ die Nadel über eine bestimmte Phrase von Akkorden oder Drum-Beats auf einer Platte vor- und zurückbewegt, um damit einen kraftvollen rhythmischen Effekt über das bereits ablaufende Musikstück zu legen, das auf dem anderen Plattenteller läuft.« 3 Häufig geschieht das Vor- und Zurückschrammen »zu schnell, um die aufgenommene Musik zu erkennen, doch mit dem Ergebnis eines dramatischen Scratch-Sounds, der seine eigene intensive musikalische Qualität und einen verrückten Rhythmus hat«. 4

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