Loe raamatut: «Mad about you»
Katelyn Faith
Mad about you
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Erweitertes Impressum
Lilly
Braden
Lilly
Lilly
Braden
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Braden
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Lilly
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Braden
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Lilly
Braden
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Lilly
Braden
Lilly
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Erweitertes Impressum
Katelyn Faith
Mad About You
Novelle
Deutsche Erstausgabe
Januar 2014
Katelyn Faith
Postfach 100455
45404 Mülheim a.d. Ruhr
katelyn@alphafrau.de
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Cover unter Verwendung eines Motivs von www.fotolia.de
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Mad about you
Das Maß ist voll –Jonathan hat Lilly zum wiederholten Mal betrogen, jetzt will sie die Scheidung. Doch als sie den von ihrer Freundin empfohlenen Scheidungsanwalt Braden Bennet trifft, bleibt ihr fast das Herz stehen. Braden ist kein Unbekannter – vor fünf Jahren verbrachte sie eine heiße Nacht mit ihm. Und hat ihn seitdem nie ganz vergessen können.
Diesmal muss sie seinem Charme widerstehen, denn für beide steht viel auf dem Spiel ...
Trouble is my middle name
But in the end I‘m not too bad
Can someone tell me if it‘s wrong to be so
Mad about you ...
(Hooverphonic, »Mad about you«)
Lilly
Unruhig wische ich meine feuchten Hände am Rock ab und schaue zum fünften Mal auf die Uhr. Die Blondine mit dem Schmollmund, die an ihrem Schreibtisch sitzt und ihre Fingernägel so argwöhnisch begutachtet, als ob sie Maul- und Klauenseuche befürchtet, wirft mir zwischendurch misstrauische Blicke zu.
Ich hasse es, zu warten. Warten macht mich nervös. Und ich hasse es, wenn ein Termin nicht eingehalten wird. Ich weiß, dass Braden Bennet einer der begehrtesten Scheidungsanwälte Londons ist und ich bin froh, überhaupt einen Termin bei ihm bekommen zu haben. Aber der ist eigentlich schon seit einer halben Stunde vorüber und ich fühle mich nach einem anstrengenden Tag im Büro reif für die Badewanne und ein kitschiges Buch. Ein Buch, das mich irgendwie wieder an die Liebe glauben lässt, nach den letzten fünf Jahren.
»Mrs Palmer? Mr Bennet wäre dann jetzt so weit.« Blondie steht ächzend von ihrem Stuhl auf und deutet mit perfekt manikürten Nägeln auf die geschlossene Bürotür neben ihrem Schreibtisch. Die Kanzlei in Kensington glänzt nicht gerade durch Understatement, im Gegenteil. Riesige Kronleuchter mit funkelnden Kristallen hängen an stuckverzierten Decken. Der alte Parkettboden knarrt unter meinen Füßen und ich bin froh, heute nicht die neuen High Heels angezogen zu haben. Damit würde ich bestimmt winzige Löcher in Hufeisenform ins Holz bohren. Etwas unsicher bleibe ich vor der verschlossenen Eichentür stehen, dann klopfe ich sacht dagegen.
»Gehen Sie ruhig rein!« Die Sekretärin verdreht die Augen. Offenbar will sie endlich Feierabend haben, aber sie sieht im Gegensatz zu mir nicht aus wie jemand, der diesen in der Badewanne verbringt. Schon gar nicht mit einem Buch. »Mr Bennet erwartet Sie.«
»Das hoffe ich. Unser Termin war nämlich vor einer halben Stunde«, erwidere ich frostig. Die Tatsache, dass ich gleich vor einem wildfremden Mann die intimsten Geheimnisse meiner Ehe ausbreiten muss, macht mich unsicher. Und ich hasse es, unsicher zu sein. Nur kann ich diese Scheidung ohne intime Details nicht bewältigen, so viel ist sicher.?
Meine Knie zittern ein wenig, als ich die schwere Klinke hinunterdrücke und die Tür sich geräuschlos nach innen öffnet. Dann fällt mein Blick auf den riesigen Schreibtisch vor dem Fenster. Auf den Mann, der dahinter sitzt und dessen Lächeln im Gesicht einfriert, als er mich sieht. Im Gegensatz zu mir fängt er sich sofort wieder und zeigt eine undurchdringliche Miene. Mein Herz setzt ein paar Schläge aus, ich schnappe schockiert nach Luft, bevor eine furchtbare Hitze mich durchströmt und in meine Wangen zieht.
Lieber Gott, mach, dass es nicht wahr ist! Ich träume hoffentlich?
»Mrs Palmer? Kommen Sie, setzen Sie sich.« Er hat dunkelbraune Augen, in denen bernsteinfarbene Irrlichter funkeln. Das weiß ich von damals. Tut er jetzt etwa so, als ob wir uns nicht kennen? Als wüsste er nicht, wie ich nackt aussehe? Welche Töne ich von mir gebe, wenn er mich mit Fingern und Zunge zum Kommen bringt? Was für ein dämliches Spiel. Ich habe ihm doch angesehen, dass er mich ebenso erkannt hat wie ich ihn!
»Das ist eine ... Überraschung«, sage ich. Am besten, ich drehe mich um und gehe. Ernsthaft, ich kann ihn unmöglich meine Scheidung übernehmen lassen. Genauso gut könnte man einem berühmten Kriegsverbrecher den Friedensnobelpreis verleihen.
»Inwiefern?« Er zieht eine Augenbraue hoch, und mein Magen verkrampft. Wie von unsichtbaren Fäden gezogen gehe ich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch zu und lasse mich darauf fallen. Dann starre ich ihn verblüfft an. Das kann er nicht ernst meinen. Kann er es wirklich vergessen haben?
»Ich habe Ihrem Terminwunsch entnommen, dass es eilig ist. Richtig?«
»Ja. Ja, ist es«, stammle ich. Mein Gesicht glüht. Fahrig ziehe ich eine dunkelblaue Mappe aus der Handtasche und lege sie auf seinen Tisch, ohne nur eine Sekunde lang meinen Blick von ihm zu nehmen. Er starrt regungslos zurück.
»Dann wollen wir mal sehen, was ich für Sie tun kann.« Jetzt lächelt er. Freundlich. Meine Zehen kribbeln, ich schlage die Beine übereinander und wippe mit dem rechten Fuß auf und ab. Braden Bennet öffnet meine Mappe und wirft einen flüchtigen Blick auf die Unterlagen. Er nickt kurz, bevor er den Hefter wieder schließt und mich ansieht.
»Haben Sie Beweise für seine Untreue? Dann geht es tatsächlich schnell, und Ihre Aussichten auf eine hohe Abfindung stehen bestens. Ihr Mann ist schließlich ein vermögender Kollege von mir.«
Er verschränkt die Arme vor der Brust und kneift die Augen etwas zusammen. Mein Mund steht offen, was ich erst bemerke, als er trocken wird.
»Mr Bennet ...«
»Vor fünf Jahren hast du mich Braden genannt«, sagt er leise und beugt sich ruckartig vor. »Und Gott. Oh mein Gott.« Seine Hände liegen jetzt auf dem Schreibtisch. Es sind schöne Hände. Lange, schlanke Finger. Saubere Nägel. Kein Ring. Und mein Körper erinnert sich genau daran, wie sie sich auf mir anfühlen. Mein linkes Augenlid zuckt, aber ich bin froh, dass er die Scharade nicht weiter aufrechterhalten will.
»Entschuldigen Sie, ich ... ich hatte keine Ahnung, wer Sie sind. Meine Freundin hat Sie empfohlen, weil ... Sie kennen meinen Mann sicher. Meinen Ex-Mann. Noch-nicht-Ex-Mann.« Himmel, mein Gehirn gehorcht mir nicht. Ich fange an zu plappern, wie immer, wenn ich aufgeregt bin. Das hat mich schon oft fast Kopf und Kragen gekostet und ist auch der Grund, warum ich nicht zur Anwältin tauge. Deshalb sitze ich in einem grauen Büro in einer Filmproduktion und bearbeite Verträge. Dabei kann man nicht viel falsch machen.
»Ich kenne deinen Mann, Lilly. Und natürlich erinnere ich mich an dich.« Meine Brust schnürt sich zusammen. Er nennt mich Lilly. Nicht Lilian. Weil ich mich damals ihm gegenüber so vorgestellt habe. Jonathan hat mich nie Lilly genannt, er fand den Namen albern und unpassend für eine erwachsene Frau.
»Ist das nicht ein seltsamer Zufall, dass du ausgerechnet mich bittest, dich vor Gericht zu vertreten?« Seine Augen funkeln. Ich weiß nicht recht, ob er sauer oder amüsiert ist. Dafür kenne ich ihn nicht gut genug. Ich weiß, wie er riecht. Wie er schmeckt. Wie er stöhnt. Wie er kommt. Oh Gott, das muss aufhören. Das geht so nicht. Ich springe vom Stuhl auf und beuge mich vor, um meine Mappe aufzunehmen.
»Sorry. Das ist wohl keine gute Idee ...« Mit einer heftigen Bewegung greift er nach meinem Handgelenk, bevor ich die Unterlagen aufnehmen kann. Ich stocke und halte den Atem an. Sein Gesicht ist mir sehr nah, er hat sich zu mir vorgebeugt und mustert mich eindringlich. Sein Blick geht mir direkt in die Eingeweide, und wie von selbst fällt meiner auf seinen Mund und bleibt daran haften. Ein wunderschöner, männlich geschwungener Mund. Er ist glatt rasiert, das war er vor fünf Jahren nicht. Damals zierte sein markantes Kinn ein sorgfältig gestutzter Bart. Ich weiß noch genau, wie er sich zwischen meinen Schenkeln angefühlt hat, und schlucke.
»Ist es Zufall, Lilly? Oder bist du absichtlich zu mir gekommen?« Ein Muskel in seiner Wange zuckt. Meine Hände werden feucht.
»Glaub mir, wenn ich gewusst hätte ... Ich hatte keine Ahnung. Wirklich nicht«, sage ich leise. Wir sehen uns schweigend in die Augen, dann lässt er mein Handgelenk endlich los und ich weiche aufkeuchend zurück.
»Du bist einfach verschwunden damals«, sagt er. Er klingt verletzt. Ich ziehe die Brauen hoch und richte mich auf.
»Es war ein One-Night-Stand. Und du hast nicht den Eindruck gemacht, als ob du an mehr als Sex interessiert gewesen wärest.« Außerdem habe ich drei Tage später geheiratet. Heilige Mutter! Das wird er in den Unterlagen gesehen haben, falls er sich überhaupt an das Datum erinnert. Ich habe mich jahrelang daran erinnert, weil es der beste Sex meines Lebens war. Meine Beine werden weich, und ich setze mich wieder.
»Was machen wir jetzt?«, frage ich hilflos. Braden reibt sich das Kinn. Sein Blick wandert durch mein Gesicht, bleibt an meinen Lippen hängen und gleitet tiefer. Er sieht mir ins Dekolleté, und ich bilde mir ein genau zu wissen, woran er gerade denkt. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Himmel, das ist die peinlichste Situation, seit mein Frauenarzt auf einem von Jonathans Empfängen auftauchte und mich vor anwesenden Gästen fragte, ob die Sache mit dem Pilz ausgestanden sei. Damals wollte ich im Boden versinken, jetzt wünsche ich mir einen Schleudersitz, der mich durch eins der bodentiefen Fenster nach draußen katapultiert.
»Du hast mich um Hilfe gebeten, und ich werde dir helfen. Wenn du willst. Dein Mann ist einer der Besten, also solltest du dir nicht weniger als das leisten, um möglichst viel Profit aus deiner Ehe zu schlagen.«
Die Art, wie er das Wort Ehe betont, gefällt mir nicht. Wütend beuge ich mich vor und suche seinen Blick.
»Ich bin kein Goldgräber, Braden. Wir haben uns mal geliebt, Jonathan und ich. Vor vielen Jahren. Aber jetzt kann ich nicht mehr. Es geht mir nicht um Profit. Es geht mir darum, einen Strich unter die Sache zu ziehen.«
Seine Lippen kräuseln sich. »Seltsam. Du glaubst nicht, wie oft ich das höre. Und wie oft dann eben diese Frauen vor mir sitzen und akribisch die Vermögenswerte ihrer Ehemänner darlegen.«
Wut steigt in mir auf. Okay, es mag verständlich sein, dass man als Scheidungsanwalt desillusioniert wird von der Ehe. Von der Liebe. Und vielleicht kann ich Jonathan nicht einmal einen Vorwurf machen für sein Verhalten. Schließlich ist er nur ein Mann, und wenn sich denen eine Gelegenheit bietet ... Doch ich muss mich von ihm nicht so behandeln lassen.
»Dann muss ich mir wohl einen anderen Anwalt suchen. Tut mir leid, deine Zeit in Anspruch genommen zu haben.« Ich erhebe mich, aber seine schneidende Stimme lässt mich zusammenfahren.
»Setz dich, Lilly.« Gehorsam folge ich und starre ihn verblüfft an. In meinem Unterleib zieht sich etwas zusammen, sein Ton war harsch und dominant.
»Es tut mir leid. Ich verstehe, dass dein Mann dich verletzt hat. Ich weiß, dass er sehr vermögend ist. Also sollten wir gemeinsam eine Millionenabfindung für dich herausholen. Eine Art Wiedergutmachung.«
Ich atme tief ein. Und aus. Und wieder ein. »Braden, wirklich, ich bin nicht hier, um ...«
Er schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch und schüttelt den Kopf. »Ich habe die Nacht nie vergessen, Lilly. Kannst du dir das vorstellen? Es war nur eine Nacht, aber ich habe dein Parfum sofort wiedererkannt, als du hereingekommen bist. Noch bevor mein Gehirn registrierte, wer du bist, hat mein Körper schon auf dich reagiert.«
Meine Wangen werden heiß.
»Ich habe sie auch nie vergessen«, sage ich ruhig und sehe ihm in die Augen. Er hat wunderschöne Brauen, die einen perfekten Bogen bilden. Lange und dichte Wimpern, so dunkel wie das Haar auf seinem Kopf, das sich seidig anfühlt. Das weiß ich. Jedenfalls fühlte es sich damals seidig an. Ich befeuchte die Lippen und setze zu einer Erklärung an, stocke aber im letzten Moment. Weil mir nicht ganz klar ist, was ich sagen will. Zwischen meinen Beinen fängt es leise zu pochen an. Es ist eine Sache, einen Mann zu treffen und sich vorzustellen, mit ihm zu schlafen. Doch es ist etwas anderes, jemanden wiederzusehen, von dem man genau weiß, wie er im Bett ist. Mit dem man diese gewisse Magie gespürt hat, die angeblich so selten ist. Eine perfekte Harmonie. Jede Bewegung ein sinnlicher Tanz, ohne darüber nachzudenken, was man da gerade tut. Diese Selbstverständlichkeit, mit der sich Lippen und Finger auf Körperteile legen, die den meisten anderen Menschen vorenthalten bleiben.
Und es war ein verdammter Fehler, nach einer solchen Nacht einen anderen zu heiraten. Das wird mir in diesem Moment klar.
Braden
Verdammte Scheiße! Als die Tür aufging und der Duft von Coco Mademoiselle in meine Nase drang, glaubte ich, zu träumen. Dann sah ich sie, und mein Körper verkrampfte sich. Es ist unglaublich. Fünf Jahre habe ich den größten Fehler meines Lebens bereut. Fünf Jahre habe ich gelegentlich an dem Parfum in meinem Bad geschnuppert, um die Erinnerungen zurückzuholen. Ich habe eine Parfümerie-Mitarbeiterin in Chelsea in den Wahnsinn getrieben, weil ich drei Stunden an jedem Flakon gerochen habe, den der Laden zu bieten hatte. Bis ich endlich ihren Duft fand. Diesen Duft. Und jetzt sitzt sie vor mir, in meinem Büro, und riecht so, wie sie damals roch.
Sie hat sich verändert. Sie wirkt nicht mehr so ausgelassen, aber wir sind beide gealtert in den letzten fünf Jahren. Wie alt mag sie sein? Dreißig? Zweiunddreißig? Ich werde es herausfinden, soviel ist sicher. Ihre Scheidungsunterlagen liegen vor mir auf dem Tisch.
Falls Jonathan dahintersteckt, dass sie ausgerechnet mich um Hilfe bittet, werde ich ihm jeden Penny aus der Tasche ziehen, den ich kriegen kann. Als Wiedergutmachung. Und wenn Lilly jemals herausfindet, was damals wirklich geschah, warum ich an jenem Abend in dieser Bar saß und mit ihr flirtete, werde ich sie für immer verlieren. Es darf nicht passieren. Wäre es besser, die Vertretung vor Gericht abzulehnen? Dann riskiere ich nur, sie nie wiederzusehen. Ihre Reaktion war deutlich. Das Zusammentreffen mit mir ist ihr offensichtlich peinlich. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sie sich nur wenige Tage vor ihrer Hochzeit auf einen heißen One-Night-Stand eingelassen hat.
»Ich werde dich vertreten, Lilly. Und ich werde sicherstellen, dass du alles bekommst, was dir zusteht. Und mehr. Aber dazu wirst du mir ein paar Dinge erzählen müssen.«
Mein Körper spannt sich an. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es hören will. Ob ich es ertragen kann. Ich kenne ihren Mann besser, als sie glaubt. Oder auch nur ahnt. Trotzdem muss ich es von ihr hören. Die ganze Angelegenheit ist so heikel, dass mein Verstand mir einflüstert, es sein zu lassen. Ich weiß, dass er recht hat, aber etwas in mir wehrt sich dagegen. Ich will sie nicht wieder loslassen. Ich will nicht, dass sie mir wieder durch die Finger gleitet wie warmer Sand. Diesmal will ich sie festhalten. Ich brauche eine Chance. Nur eine.
»Weißt du noch, wie wir getanzt haben damals?« Sie lächelt traurig. Das tiefe Grübchen in ihrer Wange wird sichtbar und verursacht Wärme in meinem Bauch. »Im Regen?«
»Als ob ich das vergessen könnte.« Meine Stimme klingt heiser, aber ich räuspere mich nicht. Wir haben uns beide vorgebeugt, der riesige Schreibtisch trennt uns voneinander wie eine Schlucht. Trotzdem bin ich ihr nah. Jetzt, nachdem ich mich fünf verdammte Jahre lang dafür in den Arsch getreten habe, mich auf diese Sache eingelassen zu haben. Ich war ein verfluchter Idiot und hätte ihre Hochzeit verhindern sollen. Sie retten, bevor er ihr Rückgrat und ihr Selbstvertrauen vernichten konnte. Ich habe es nicht getan, weil ich zu feige war, und ich bereue es noch heute.
Sie summt leise vor sich hin. I‘m singing in the rain. Ich sehe ihre vor Freude funkelnden Augen von damals vor mir. Smaragdgrün. Wie die einer Katze, betont von schwarzer Mascara und einem feinen Lidstrich, den man nur aus der Nähe sieht. Er macht ihren Blick so unglaublich lasziv, dass jeder Mann in ihrer Gegenwart nur an eins denken kann. Ich erinnere mich an die langen roten Locken, die nass in ihrem Gesicht klebten. Heute ist ihr Haar hochgesteckt, aber ich weiß, wie es sich anfühlt. Wie es duftet. Meine Hand juckt. Ich will die Spange lösen und zusehen, wie die feurige Pracht über ihre Schultern fällt. Will meine Finger darin vergraben und meine Nase. Ihre Bluse aufknöpfen und diese wunderschönen, kleinen Brüste lieben. Mit jedem einzelnen Körperteil.
»Wir sind erwachsene Menschen, nicht?«, fragt sie. Ihr Mund ist leicht geöffnet. Dieser herzförmige, dunkelrote Mund, von dem ich weiß, wie er aussieht, wenn mein Schwanz darin steckt. Die Erinnerung lässt mich hart werden und ich stöhne innerlich auf, als mein bester Freund heftig gegen die Anzughose zuckt. Sollte sie jetzt gehen wollen, könnte ich sie leider nicht zur Tür begleiten.
»Das sind wir wohl«, murmle ich und drehe meinen Montblanc-Füller hin und her. Unsere Blicke verhaken sich wieder. Ich sehe ihr an, dass auch sie sich erinnert. An jedes Detail. So wie ich. Für einen Moment scheint die Luft in meinem Büro zu vibrieren. Unsichtbare Funken elektrisieren mich, und mein Kehlkopf schmerzt, als ich hart schlucke.
»Wir sollten damit umgehen können. Was meinst du?«
»Ich bin der beste Anwalt, den du für sein Geld kriegen kannst«, sage ich selbstbewusst lächelnd. Ihr Gesicht erhellt sich.
»Das kann ich mir vorstellen. Du kannst ... sehr dominant sein.« Ihre Wangen werden rot. Ich stelle fest, dass mein Blick erneut an ihren Lippen hängt. Wir teilen dieselben Gedanken in diesem Moment, da bin ich mir sicher. Ich bin mir auch sicher, dass sie das Wort nicht grundlos gewählt hat. Dominant. Meine Handfläche juckt, ich reibe sie so diskret wie möglich an meinem Oberschenkel. Ihr Gesicht glüht inzwischen, und ich kann mich kaum auf dem Stuhl halten, weil ich weiß, welcher Film gerade in ihrem Kopfkino läuft.
»Wir haben uns im Griff, Lilly«, sage ich leise. »Zumindest, solange du dich im Griff hast.«
Sie seufzt. »Dann haben wir ein Problem. Wenn mir jemand eine Praline gibt und mir sagt: Wenn du wartest und sie nicht gleich isst, kriegst du nachher eine ganze Packung davon ... Ich sag‘s mal so: Ich hätte noch nie eine ganze Schachtel bekommen.«
»Es freut mich, dass du mich mit einer Praline vergleichst.« Schmunzelnd lehne ich mich im Stuhl zurück und überkreuze die Füße. »Als du hereinkamst, sahst du eher so aus, als ob du eine Syphilis-Erkrankung diesem Treffen vorgezogen hättest.«
Sie lacht, zum ersten Mal, seit sie durch die Tür gekommen ist. Und ihr leises, zurückhaltendes Lachen wirkt auf mich wie ein Dutzend frischer Austern.
»Ehrlich gesagt ... Ich habe nicht damit gerechnet, dich je wiederzusehen. Ich wusste ja nicht mal, dass du Anwalt bist. Ich kannte nur deinen Vornamen. Wie hätte ich also ...?« Sie beißt sich auf die Lippe und senkt den Blick. Starrt auf meine Hände, die immer noch den Füller umklammern.
Und du wusstest nicht, dass dein Mann dich sehr leicht zu mir hätte führen können. Dass ich sogar auf deiner Hochzeit gewesen wäre, wenn diese Nacht nicht passiert wäre.
»Was du wissen musst, findest du in den Unterlagen. Vorerst. Melde dich einfach, wenn du dich entschieden hast.«
»Lilly ... es ist deine Entscheidung. Ich habe meine längst gefällt.«
»Dann ... soll es so sein.« Sie steht auf und lächelt. Als sie mir die Hand entgegenstreckt, fällt mir auf, dass ihre Nägel ganz natürlich sind. Sauber, aber nicht lackiert. Nicht einmal in diesem angeblich so natürlichen French Look, den Frauen bevorzugen. Ich liebe das.
Ihr Händedruck ist fest, doch ich fühle, dass ihre Finger feucht sind. Meine nicht. Ich bin Anwalt und stehe so häufig vor Gericht, dass ich meine Gefühlsregungen sehr unter Kontrolle habe. Auch wenn mein engster Freund mir hier einen Strich durch die Rechnung machen will. Ihn kriege ich noch in den Griff. Kein Problem. Schließlich bin ich professionell und kann mit der Situation umgehen.
»Bis bald. Ich melde mich, sobald ich mich durch eure Papiere gearbeitet habe.«
Sie nickt, zieht ihre Hand zurück und verlässt mein Büro. Als die schwere Tür hinter ihr ins Schloss fällt, lasse ich mich auf meinen Stuhl zurückfallen. Vergrabe die Stirn hinter den Handflächen. Dann schlage ich einmal kräftig mit der Faust auf den Schreibtisch, sodass die Gläser darauf klirren.
Verfluchte Scheiße. Das hier wird kein gutes Ende nehmen. Niemals. Jedenfalls für mich nicht. Ich sollte mir vornehmen, dass es zumindest für sie gut ausgeht. Ich glaube, sie hat es verdient.