Loe raamatut: «Karamba la Lune - Die Drohung»

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Karamba la Lune
Die Drohung
Leonie Stober

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Impressum
Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2021 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
Mühlstr. 10, 88085 Langenargen
Alle Rechte vorbehalten.
Taschenbuchauflage erschienen 2017
Lektorat: Melanie Wittmann
Cover: Ariane Gilgenberg-Hartung
Herstellung: CAT creativ - cat-creativ.at
ISBN: 978-3-86196-705-7 - Taschenbuch
ISBN: 978-3-96074-396-5 - E-Book
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Inhalt
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Schwarz wie die Nacht,
hell wie der Mond,
schlau wie ein Fuchs,
stark wie ein Bär:
Karamba la Lune
*
Ein Tag im Juli
Die Sonne schien heiß vom wolkenlosen Himmel. Karla saß auf dem Gatter der Koppel, auf der die kleine Pferdeherde des Hofes stand. Etwas abseits von den anderen graste ein schwarz-weißer Araberhengst. Karla stieß einen kurzen Pfiff aus, der Araber hob sein edles Haupt und trabte in geschwungenen Schritten zum Gatter. Das Mädchen strich ihm liebevoll über die Nüstern und drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn, die von einem weißen Sichelmond gezeichnet war. Diesem Symbol verdankte der Hengst seinen Namen: Karamba la Lune.
Seit etwas mehr als eineinhalb Jahren gehörte dieses wunderschöne Pferd Karla. Eines Tages hatte sie ein Amulett mit der Abbildung des Araberhengstes gefunden und einige Jahre später hatte ein Mann namens Paul Schneider, der Karamba eingefangen hatte, als er noch herrenlos in der Gegend herumgestreunt war, ihn zu Julias Eltern auf den Hof gestellt. Karamba war einem Dieb entwischt, der ihn seinem alten Besitzer, einem Müller auf einer kleinen Südseeinsel, gestohlen hatte.
Ein kühlender Luftzug rauschte durch die Bäume, die um den Reitplatz herumstanden. Karla genoss die Sonne, die ihr warm ins Gesicht schien. Das 13-jährige Mädchen warf seine langen blonden Haare zurück und schlenderte hinunter zum Hof, um Karambas Halfter zu holen. Dort traf sie ihre Reitlehrerin Julia. Sie war 17 Jahre alt und ihren Eltern gehörte der Reiterhof. Seit einigen Jahren gab sie Karla Reitunterricht. Karla selbst wohnte auf dem Nachbarhof, auf dem es außer ein paar Wildkatzen und zwei Meerschweinchen leider keine Tiere gab. Ihr Vater war der Verwalter dort.
Julia, die das Sattelzeug ihrer Stute Lenka Rose hergerichtet hatte, nahm nun das Halfter von einem Haken an der Stalltür und machte sich auf den Weg zur Koppel, um ihre Quarterhorsestute für einen kleinen Ritt fertig zu machen.
„Na, was hast du bei dem traumhaften Reitwetter noch so vor?“, fragte sie Karla mit einem verschmitzten Lächeln.
„Och, ich denke, ich werde ein bisschen ausreiten und mal sehen, was mir dann noch so alles einfällt“, antwortete Karla und machte sich auf den Weg in die Sattelkammer, wo sie sich Karambas Westernsattel schnappte und seine sauber gearbeitete und schön verzierte Trense an den Sattelknauf hängte. Schwer bepackt stiefelte sie zum Putzplatz. Kurz darauf verschwand sie noch einmal im Stall, in dem es trotz der brütenden Hitze angenehm kühl war. Sie holte ihre Putzkiste, die unter dem Bock, auf dem Karambas Sattel gelagert wurde, stand, und nahm das Halfter des Araberhengstes von einem der Haken vor der Futterkammer.
Eine Minute später stand sie schon wieder an der Koppel, von der ihr gerade Julia und die Fuchsstute Lenka Rose entgegenkamen. Sie schlüpfte durchs Gatter und pfiff kurz durch die Zähne. Karamba hob seinen Kopf und blickte sie mit seinen ruhigen schwarzen Augen an. Ein Lächeln huschte über Karlas Gesicht.
Neben dem prächtigen Hengst stand ein Pferd, das man aus der Ferne nur schwer von ihm unterscheiden konnte. Es hatte ebenfalls schwarz-weißes Fell und war genau wie er mit einer Sichelmondblesse gezeichnet. Eine Araberstute. Morgan le Fay hieß sie und war Karambas Zwillingsschwester. Daher kam das fast identische Aussehen. Morgan war nach einer Hexe aus den bekannten Sagen von König Artus benannt und hatte etwas ungewohnt Wildes an sich. Im Grunde war sie aber lammfromm. Doch eine Macke hatte sie: Sie ließ sich nur von ihrer Besitzerin, Karlas bester Freundin Emma, reiten. Genau wie sich Karamba nur von Karla reiten ließ. Versuchte dennoch jemand, sich auf seinem Rücken zu halten, so missglückte das meistens und der Betreffende landete in hohem Bogen im Dreck. Manchmal schaffte es Karla, Karamba zu führen, während jemand anderes auf ihm saß. Das akzeptierte er, weil er wusste, dass Karla nie jemand auf ihm reiten lassen würde, der ihn misshandelte oder zu etwas zwang, das er nicht konnte. Ja, Karamba vertraute Karla und Karla vertraute Karamba. Die beiden waren ein super Team.
Karla klopfte dem Hengst leicht den Hals und legte ihm das Halfter an, um ihn von der Koppel zu führen. Sie band Karamba neben Lenka Rose an einem Ring an und begann, das samtweiche Fell zu bürsten. Es war nun bald Mittag und die Sonne stieg höher am Himmel, weshalb es noch heißer wurde. Schon als Karla an diesem Morgen zum Reiterhof geradelt war, hatte die Sonne geschienen und es war bereits sehr warm gewesen. Karla verbrachte jede freie Minute auf dem Reiterhof und bei ihrem Pferd. So hatte sie auch an diesem Tag entschieden, einen kleinen Ausritt zu unternehmen.
Als Karambas Fell so sauber war, dass es glänzte, sattelte und zäumte sie das Pferd. Kurz darauf ritt sie glücklich den Feldweg an der Koppel entlang und bog bald in ein kleines Wäldchen ein. Die Bäume spendeten ein wenig Schatten und Karla genoss den Ritt. Ihr Ziel war ein kleiner See. Blaugrün schimmerte das Wasser und ein paar Schwäne zogen ihre Bahnen. Über dem See kreiste ein Bussard und stieß ab und zu seine Schreie aus. Das Mädchen band Karamba an einer der dicken, alten Eichen an und ließ sich ins Gras fallen. Sie schloss für ein paar Minuten die Augen und lauschte dem Gesang der Vögel und dem Rauschen der Bäume.
Als sie die Augen wieder aufschlug, saß ein Mädchen neben ihr. Es hatte schulterlange braune Haare und schöne kastanienbraune Augen. „Hey, Karla, du bist doch nicht etwa eingeschlafen?“ Es war Emma, Karlas beste Freundin. Sie gingen in die gleiche Klasse und kannten sich schon seit einer Ewigkeit.
„Nee, ich habe nur den Vögeln und den Bäumen zugehört. Die erzählen so spannende Geschichten“, meinte Karla und lachte.
Emma legte sich neben Karla ins Gras und meinte belustigt: „Na dann, wennʼs weiter nichts ist. Ich dachte schon, du hörst das Gras wachsen.“
Die beiden lagen eine Weile lachend nebeneinander. Dann standen sie auf und liefen zu ihren Pferden. Emma hatte Morgan le Fay neben Karamba angebunden und die beiden Pferde rupften genüsslich Grasbüschel aus dem Boden. Der See war ein schöner, ruhiger Ort, an dem man gut nachdenken konnte. Die beiden ritten oft hierher. Doch nun machten sie sich wieder auf den Rückweg zum Hof.
*
Die Gewitternacht
An diesem Abend konnte Karla schlecht einschlafen. Es war heiß in ihrem Zimmer, da es nachts nicht viel abkühlte. Außer es gab eines der heftigen Sommergewitter, die für etwas kühlere Luft sorgten. Wolken waren am Himmel aufgezogen und hatten den klaren Vollmond verdeckt. Karla stand auf und ging zu ihrem offenen Fenster. Draußen brauten sich mehr und mehr dicke Regenwolken zusammen und vereinzelt zuckten Blitze in der Ferne.
An solch heißen Tagen, wie dieser es gewesen war, blieben die Pferde oft über Nacht auf der Koppel und wurden während der heißen Mittagsstunden in den Stall gelassen. So auch heute. Doch das Gewitter, das aufzog, kam überraschend. Die Pferde mussten möglichst schnell in den Stall gebracht werden, bevor sie durch Blitz und Donner erschraken und schlimmstenfalls sogar in Panik über den Holzzaun der Koppel sprangen. Denn Pferde waren bekanntlich Fluchttiere.
Karla zog sich eine Hose und ein T-Shirt über. Sie wollte auf alles vorbereitet sein. Es war schon einmal vorgekommen, dass Shakyday aus lauter Angst vor dem Donnern über den Koppelzaun gesprungen war, was alle ziemlich erstaunt hatte, denn Shakyday war viel, aber ganz gewiss kein Springpferd. Mit einem Tritt hatte Blounaya Rock Cloulynboy damals einen Teil des Zaunes zersplittert und sich so ebenfalls einen Weg in die Freiheit gebahnt, um ihrem Freund Shakyday zu folgen. Es war zu höchster Eile angetrieben worden, denn für die beiden Pferde hätte es aufgrund des Gewitters gefährlich enden können. Karla hatte Angst, dass auch Karamba in solch eine Gefahr geriet, und wollte für den Notfall gerüstet sein. In diesem Moment klingelte ihr Handy. Es war Julia.
„Karla! Sorry, dass ich dich mitten in der Nacht aus dem Bett hole, aber die Pferde spielen mal wieder verrückt. Es ist unmöglich, sie ruhig in den Stall zu treiben. Das Gewitter ist so plötzlich und unerwartet aufgezogen, dass wir nicht rechtzeitig etwas unternehmen konnten. Und noch was, aber da bin ich mir nicht ganz sicher ...“
„Ich bin gleich da!“, rief Karla in heller Aufregung, nahm, während sie sich knapp von Julia verabschiedete, ihre Jacke vom Haken, steckte das Handy in die Tasche und öffnete die Tür zum Schlafzimmer ihrer Eltern. Diese waren ebenfalls wegen des Gewitters wach geworden. „Es gibt einen Notfall“, flüsterte Karla, während sie sich hastig ihre Jacke anzog. „Die Pferde drüben bei Julia drehen durch, ich muss zu Karamba!“
„Aber nicht mit dem Fahrrad, das ist bei einem Gewitter viel zu gefährlich. Komm, ich fahr dich geschwind“, meinte ihr Vater noch etwas verschlafen, war jedoch rasch auf den Beinen. Ohne sich die Zeit zu nehmen, seinen Schlafanzug gegen Jeans und T-Shirt zu tauschen, zog er seine Schuhe und eine Jacke an und griff nach dem Autoschlüssel. Karlas Mutter konnte nur den Kopf schütteln.
Wenig später war Karla auf dem Hof angekommen. Blitze zuckten über den Himmel und langsam begann es zu regnen. Samara stand im Hof und blickte besorgt in den Himmel. Neben ihr kauerten die beiden Australian-Shepherd-Hunde Bob und Shelly. Samara ‒ genannt Sama ‒ war Julias ältere Schwester. Diese kam soeben von der Koppel.
„Ich habe noch mal versucht, sie einzufangen, aber es hat keinen Zweck. Die spinnen völlig rum. Wenn wirʼs nicht bald schaffen, wird es ernsthaft gefährlich.“
Julias Vater stand immer noch am Gatter und versuchte, die Pferde zu beruhigen. Karamba, dem man sein Arabertemperament eindeutig anmerkte, raste auf der Koppel herum wie blöde. Morgan war ebenfalls kaum zu halten und auch der sonst so gemütliche Shakyday galoppierte panisch über die Koppel.
Plötzlich wurde es für einen Augenblick so hell, dass sich alle geblendet die Augen zuhielten. Aber es war kein Blitz gewesen, sondern ein Auto, das oberhalb der Koppel auf den Feldweg abbog und in rasantem Tempo davonfuhr.
„Wer war das denn? Durch das Auto sind die Pferde jetzt noch verrückter. Oh Mann, das hat uns gerade noch gefehlt“, stöhnte Julia. Keiner von ihnen hatte das Auto genau erkennen können, es war viel zu schnell gewesen und hatte sie geblendet.
Da kam Emma zur Koppel gestürzt. Auch sie war informiert worden und daraufhin sofort angerückt. „Na, gibtʼs was Neues?“, fragte das Mädchen völlig außer Atem.
„Nein, nur dass so ein bescheuerter Autofahrer natürlich genau an der Koppel vorbeirasen musste und die Pferde jetzt noch nervöser sind“, meinte Karla.
„Was macht ein Auto um diese Uhrzeit auf dem Feldweg, noch dazu bei Gewitter?“, fragte Emma irritiert.
„Vielleicht war derjenige gerade wegen des Gewitters unterwegs. Es gibt Leute, die fahren Gewittern und so hinterher, um sie sich anzusehen oder Fotos zu schießen“, tippte Julia, doch sie wusste, dass diese Theorie nicht mit ihrer Beobachtung zusammenpasste. An diese dachte sie allerdings in der Aufregung nicht. Da nun auch Karla und Emma mithalfen, schaffte die Truppe es sogar, die Pferde in den Stall zu treiben. Als alle Tiere in Sicherheit waren, zeigte die Uhr bereits vier Uhr morgens an. Karla beschloss, noch einmal schlafen zu gehen und gleich nach dem Frühstück wieder zum Reiterhof zurückzukommen. Müde und geschafft sank Karla kurz darauf in ihr Bett. Das Gewitter war abgezogen und nur noch ab und zu war ein dumpfes Grollen in der Ferne zu hören.
Ein paar Stunden später wachte das Mädchen noch ziemlich erschöpft, aber gut gelaunt auf. Ihr erster Blick galt dem Wetter draußen. Die Sonne schien und außer ein paar kläglichen Pfützen, in denen die Spatzen badeten, erinnerte nichts mehr an das Gewitter in der Nacht.
Traktoren brummten auf dem Hof und vom anderen Ende der Wohnung her drang Ballettmusik an Karlas Ohren. Das konnte nur eines bedeuten: Karlas kleine Schwester probte mal wieder. Cindy, ein fröhliches und verrücktes Mädchen von zehn Jahren, liebte das Balletttanzen und hatte auch schon an zahlreichen Tanzwettbewerben teilgenommen.
„Guten Morgen, Schwesterherz, hab gehört, du hattest Nachtschicht. Hahaha, ich hab durchgeschlafen und nix mitgekriegt“, begrüßte Cindy sie.
„Ja, du Primaballerina, du kannst froh sein, dass du schlafen konntest“, lächelte Karla.
„Tja, du Spitzenreiterin, stell dir vor, ich wäre froh gewesen, hätte ich mit dir zusammen die Pferde beruhigen können“, grinste Cindy schelmisch zurück. Dann drückte sie auf die Play-Taste ihres CD-Spielers und widmete sich wieder dem Tanzen. Da kam Karlas Mutter aus der Küche und brachte einen Korb mit frischen Aufbackbrötchen zum Frühstückstisch. „Guten Morgen, Karla, na, konntest du noch ein bisschen schlafen?“, fragte ihre Mutter. Karla nickte nur. Mit ihren Gedanken war sie bereits wieder auf dem Reiterhof, das hieß, eigentlich mehr bei Julia. Hatte die junge Reitlehrerin nicht gesagt, es sei noch etwas, bei dem sie sich aber nicht ganz sicher sei? Irgendetwas in der Art hatte sie nachts am Telefon gesagt. Das Mädchen beschloss sich mit dem Sonntagsfrühstück zu beeilen, um sofort anschließend zum Nachbarhof zu radeln und Julia zu fragen, was sie gemeint hatte. Gesagt, getan. Nach einem leckeren Frühstück ging Karla in den Stall. Julia war sehr müde. Sie hatte in dieser Nacht kaum noch Schlaf gefunden.
Karla machte sich auf den Weg in den Stall, um Karamba zu begrüßen. Der Hengst stand dösend in seiner Box, blinzelte Karla jedoch freudig entgegen, als sie den kühlen Stall betrat. Das Mädchen ließ seine Hand durch Karambas seidige Mähne fahren und strich sanft über seine Nüstern. Dann ging sie zu Julia, die auf einer Bank vor dem Haupthaus saß und die beiden Hunde streichelte.
Karla setzte sich zu ihr. „Hey, diese Nacht, als du mich angerufen hast, hast du gesagt, dass noch etwas ist, worüber du dir allerdings nicht ganz sicher warst“, schnitt sie nach einer Weile das Thema an, das sie brennend interessierte.
„Ach ja, genau“, antwortete die Reitlehrerin, „gestern, als wir verzweifelt versucht haben, die Pferde in den Stall zu treiben, ist mir eine Gestalt am oberen Koppelzaun aufgefallen. Genau an der Stelle, wo das Auto später hergekommen ist. Die Person hatte etwas in der Hand. Es könnte ein Fotoapparat gewesen sein. Normalerweise würde das zu meiner Theorie passen, aber was komisch war: Die Gestalt ist richtig erschrocken, als wir zur Koppel gekommen sind. Sie ist blitzschnell abgehauen. Das macht die ganze Sache für mich sehr verdächtig.“ Julia war nun hellwach.
Karla dachte eine Weile nach, dann entschied sie: „Lass uns oben an der Koppel nachsehen, ob wir irgendetwas finden, das uns weiterhilft.“
„Super Idee, aber dann muss ich erst Lupe und Notizblock holen, oder meinst du, Sherlock Holmes verlässt ohne diese Gegenstände das Haus?“
„Lass gut sein, Miss Meisterdetektiv, das brauchen wir vorerst nicht.“
Tasuta katkend on lõppenud.