Der Abschied der Roggenmuhme

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Der Abschied der Roggenmuhme
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Liselotte Riedel

Der Abschied der Roggenmuhme

Eine moderne Fantasie

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Der Abschied der Roggenmuhme

Impressum neobooks

Der Abschied der Roggenmuhme

Die Roggenmuhme saß hoch oben im Gebälk der Scheune und baumelte mit den Beinen. In diesem Raum, der längst nicht mehr für die Aufbewahrung von Getreide genutzt wurde, herrschte immer noch der unverwechselbare Geruch nach Korn. Und die Roggenmuhme liebte diesen. Nur manchmal, wenn der Hofbesitzer, der jetzige, sein Auto durch das große Tor hineinfuhr, drangen einen Moment lang andere Gerüche zu ihr herauf. Sie waren der Roggenmuhme nicht fremd, da sie entfernt an die Traktoren erinnerten, die sie von den Erntearbeiten kannte. An den ersten Traktor, den sie zu Gesicht bekam, konnte sie sich noch gut erinnern. Aber lieb gewonnen hatte sie die metallenen Ungetüme nicht.

Die Roggenmuhme blickte auf ein sehr langes Dasein zurück, gegen das ein Menschenleben nur eine winzige Spanne betrug. Mit den ersten Getreidefeldern, die die Menschen anlegten, war auch die Roggenmuhme auf den Plan getreten. Natürlich konnte sie nicht allein alle Felder vor Schaden bewahren, aber es hatte ja auch nicht nur eine Roggenmuhme gegeben.

Draußen, und sie ging immer mittags nach draußen, wogten jetzt keine Kornfelder mehr, nur der unangenehm riechende Raps wurde überall angebaut. Der Hofbesitzer, die Roggenmuhme mochte ihn nicht Bauer nennen, sagte, das wäre wichtig, daraus könne man Energie herstellen. Man müsste mit der Zeit gehen.

Mit der Zeit gehen, das war auch so eine Redewendung, die die Roggenmuhme falsch gedeutet hatte. Sie glaubte, die jetzigen Besitzer des Hofes würden bald das Anwesen verlassen müssen, wie es ihre Vorgänger getan hatten. Aber nichts dergleichen geschah.

Die Roggenmuhme mochte die Leute, bei denen sie jetzt lebte, nicht besonders. Nur die kleine Inge hatte sie gern. Inge, die einzige Tochter des Bauern, war ein stilles Kind, das immer allein spielte. Mit wem hätte sie auch spielen sollen? Es gab ja kaum Kinder im Dorf. Die Roggenmuhme dachte mit traurigem Lächeln an die Zeit, da sie die Felder gegen eine ganze Rasselbande verteidigen musste, die rücksichtslos ins Getreide trampelte, um sich rasch verwelkende Blumen zu holen.

Unten auf der Tenne raschelte es. Die Roggenmuhme mit ihrem feinen Gehör, das immer nur den im Wind rauschenden Halmen gelauscht hatte, vernahm es bis hinauf zu ihrem Platz im Gebälk. Eine Maus!

Ein mageres, graues Tier huschte über den festgestampften Boden.

„Hallo, Maus!“

Die Maus hob das winzige Köpfchen und blickte nach oben. „Hallo, Muhme! Sitzt du da oben wieder im Dunkeln?“

„Wie immer“, erwiderte die Roggenmuhme, „und du, warst du auf Nahrungssuche?“

„Freilich, in diesen schlimmen Zeiten ist das meine einzige Beschäftigung. Hatte da ein schönes Fleckchen ausgemacht, wo noch etwas Getreide herumlag, aber der Hamster ist mir wahrscheinlich zuvorgekommen. Bei unserer letzten Versammlung machte ein alter Mäuserich den Vorschlag, uns auf Raps umzustellen. „Weißt du, wie Raps schmeckt, Muhme?“

„Nein, das weiß ich wirklich nicht.“ Es klang fast, als ob die Roggenmuhme lache. „Vielleicht weiß es der Hamster. Sag ihm doch mal, Raps würde prächtig schmecken, vielleicht lässt er dann das andere Getreide in Ruhe.“

„Werd ich machen“, rief die Maus und wollte verschwinden.

Aber die Roggenmuhme, die sich auf ihrem Balken langweilte, wollte das Gespräch noch gerne ein wenig ausdehnen.

„Ja, schlechte Zeiten für euch Tiere“, sagte sie weise.

„Man muss es eben nehmen, wie’s kommt“, antwortete die Maus, „es ist schließlich nicht alles schlecht. Wenn ich an die Dickmadam im Pelzmantel denke“, - die Maus nannte ihre Feindin nie Katze – „dann kann ich nur froh sein, dass sie uns jetzt in Ruhe lässt.“

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