Loe raamatut: «Compliance Monitorships», lehekülg 3

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II. Methodik und Gang der Untersuchung

Um dem Phänomen Compliance Monitorship nachzugehen, bedarf es verschiedener Ansatzpunkte. Zunächst befasst sich die vorliegende Arbeit jurisdiktionsübergreifend mit den Rechtsgrundlagen für die Einsetzung eines Monitors in Deutschland, den USA und im Vereinigten Königreich. Die weitere Untersuchung nimmt die erforderlichen Qualifikationen, die Auswahl sowie die Aufgaben des Monitors in den Blick. Der anschließende Teil der Arbeit widmet sich den Rechten und Befugnissen des Monitors sowie den praktischen und rechtlichen Grenzen seiner Tätigkeit, die sich besonders auf den Gebieten des Datenschutzrechts, Strafrechts sowie Arbeitsrechts ergeben. Zudem werden Compliance-Maßstäbe dargelegt, anhand derer die Arbeit eines Monitors überprüft werden könnte. Jeweils anhand ausgewählter Monitorships in deutschen Unternehmen sollen die grundlegenden Fragestellungen beleuchtet und untersucht sowie praktische Probleme aufgearbeitet werden.

Im Anschluss wird die Rechtsnatur des Monitors untersucht, indem Institute wie beispielsweise der Bewährungshelfer oder der Wirtschaftsprüfer im Hinblick auf ihre Vergleichbarkeit mit dem Monitor überprüft werden. Daraufhin wird die genaue Ausgestaltung eines Monitorships angesprochen, erneut unter Einbeziehung ausgewählter Monitormandate innerhalb deutscher Unternehmen. Im letzten Teil dieser Arbeit werden Vor- und Nachteile, Bewertungen abgeschlossener Monitorships sowie Kritikpunkte wiedergegeben, bevor die Untersuchung mit einer abschließenden Bewertung endet.

B. Einsetzung eines Compliance-Monitors

Als Ausgangspunkt der Untersuchung sind zunächst rechtsvergleichend die Grundlagen für die Einsetzung eines Compliance-Monitors zu analysieren. In diesem Zusammenhang wird erstmals die Funktionsweise von Compliance Monitorships erläutert sowie geprüft, inwieweit sich dieses Institut normativ verorten lässt. Angesichts verschiedener Regelungen in den einzelnen Jurisdiktionen empfiehlt sich ein punktueller Rechtsvergleich. Im Rahmen dessen liegt ein Schwerpunkt auf der Analyse der Unterschiede in den jeweiligen Systemen und Rechtsordnungen.

I. Rechtsgrundlagen
1. Methodische Vorüberlegungen

Zunächst gilt es, einzelne methodische (Vor-) Überlegungen zum Rechtsvergleich anzustellen. Strafrechtsvergleichung stellt insoweit hohe Ansprüche: Der Vergleich verschiedener Rechtssysteme ist nur möglich, wenn man über Bewertungskriterien für diesen Vergleich verfügt.81 Es verbietet sich eine isolierte Betrachtung, wenn man diese nicht in einen Gesamtzusammenhang einbettet und zudem das gesamte System berücksichtigt. Es bedarf vielmehr eines sogenannten Strukturvergleichs.82 Ausgangspunkt ist stets, ein spezielles Problem („tertium comparationis“) herauszuarbeiten und zu formulieren, bevor man im Anschluss untersucht, wie die – zu vergleichenden – Rechtsordnungen mit dem Problem, Interessen- oder Prinzipienkonflikt umgehen.83 Das Problem kann systematische Zusammenhänge und Strukturen einer ganzen Rechtsordnung umfassen (sogenannte Makrovergleichung) oder nur einzelne Fragen und Interessenkonflikte (sogenannte Mikrovergleichung).84 Erst nach Identifikation der Problemstellung ist es sodann möglich, die einzelnen Systeme zu analysieren und zu vergleichen.85 Die Grundstrukturen des Compliance Monitorings lassen sich in verschiedene Problemlagen zerlegen, wie z.B. Verfahrensbeendigung durch Vergleichsvereinbarungen, Strafbarkeit juristischer Personen, Nutzung von außenstehenden Überwachungsorganen, Prüfung und Bewertung von Compliance-Management-Systemen, Reporting und Zertifizierung.

Als mögliche Fehlerquelle eines Rechtsvergleichs ist Vorsicht geboten, sofern infolge des Vergleichs Erscheinungen eines fremden Rechts zum rechtspolitischen Import vorgeschlagen werden, sogenannte „legal transplants“.86 Hierunter versteht Watson das Wandern einer Rechtsregel oder eines Systems von Rechtssätzen von einem Land zum anderen.87 Das englische Verb „to transplant“ meint umpflanzen, transplantieren bzw. verpflanzen und das Attribut „legal“, dass Formen auf dem Gebiet des Rechts übertragen werden.88 Export- und Importbewegungen von Recht haben insbesondere aufgrund dynamischen Wandels, weltweiter Integration und Vernetzung von Staaten, Gesellschaften, Märkten sowie Institutionen stark zugenommen.89

Rechtsnormrezeptionen aus fremden Rechtskulturen werfen vor allem methodische Fragen auf. Unter anderem Teubner kritisiert bereits die Terminologie „Transplantation“, weil sie auf missverständliche Weise suggeriere, dass das Transplantat, d.h. ein Gesetz oder eine Rechtsnorm, in der neuen Rechtsordnung die gleiche Rolle einnehmen würde wie in der ursprünglichen Rechtsordnung. Mangelhaft an der Metapher sei daher insbesondere die auf Annahme oder Abstoßung begrenzte Sichtweise.90 Nach Deipenbrock ist das Bild einer Transplantation ungeeignet, da in der Rechtswirklichkeit regelmäßig die übernehmende Seite den technischen Rechtsnormtransfer steuere und nicht – wie die Metapher suggeriere – ein weder der gebenden noch der nehmenden Seite eindeutig zuzurechnender Dritter/Experte.91

Neben der begrifflichen Kritik bestehen vertiefte Meinungsverschiedenheiten über die Erfolgsbedingungen und Wirkungsvoraussetzungen von „legal transplants“: Aus welchem Grund werden Rechtstransplantate überhaupt eingeführt? Woher kommen sie? Wer sind die Rezeptionsträger? Unter welchen Umständen ist mit einer komplikationsfreien Aufnahme und wann mit allfälligen Abstoßungserscheinungen zu rechnen?92 Als Beispiel für die Kritik an Rechtstransplantaten können die Schwierigkeiten des Europäischen Kartellrechts mit der aus den USA entlehnten „essential facilities“-Doktrin genannt werden.93

2. Deutschland

Nach einer kompakten Einführung zum deutschen Strafrecht widmet sich dieses Kapitel der Frage, ob aufgrund des Regierungsentwurfs zum Verbandssanktionengesetz oder anhand gegenwärtig geltender Vorschriften die Einsetzung eines Compliance-Monitors möglich ist.

a) Allgemeines

Das aktuelle deutsche Strafrecht basiert auf der Feststellung einer individuellen Schuld94, die speziell einer Person zugerechnet werden muss.95 Nach dem im Grundgesetz verankerten Schuldprinzip kann nur schuldhaft vorwerfbares Verhalten bestraft werden. Eine Tat kann nur einer natürlichen Person vorgeworfen werden, da Unternehmen handlungs-96 sowie deliktsunfähig sind.97

Aus diesem Grund ist im individual-strafrechtlichen Sinn lediglich die Bestrafung von einzelnen Managementmitgliedern, Aufsichtsräten oder Vorständen möglich. Gegen Unternehmen kann gemäß § 30 OWiG eine Unternehmensgeldbuße festgesetzt werden, wenn deren Repräsentanten eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen haben, durch die entweder Pflichten des Verbandes verletzt worden sind oder die zu dessen Bereicherung geführt haben oder führen sollten.98

Der ehemalige Justizminister Nordrhein-Westfalens Thomas Kutschaty fragte in diesem Zusammenhang bereits 2013, wieso Menschen im Gegensatz zu Unternehmen Bewährungsauflagen über sich ergehen lassen müssen.99 Gleichzeitig plädierte er für einen Gesetzesvorschlag, der die Einführung eines Unternehmensstrafrechts enthielt und bis Ende 2014 in den Bundestag eingebracht werden sollte.100 Dies stieß unter anderem beim Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ) auf Kritik. Der Verband intendierte vielmehr eine Änderung der §§ 30, 130 OWiG101 und nahm Bezug auf den Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD, die mit Blick auf strafbares Verhalten im Unternehmensbereich das Ordnungswidrigkeitenrecht ausbauen wollten.102 Auch die Bundesrechtsanwaltskammer übte Kritik an der Einführung eines Unternehmensstrafrechts und sprach sich klar gegen die strafrechtliche Sanktion von juristischen Personen aus.103 Die Bundesrechtsanwaltskammer sah für die Einführung des Unternehmensstrafrechts weder ein kriminalpolitisches noch ein rechtliches Bedürfnis, da weder ein signifikanter Anstieg der Unternehmenskriminalität zu verzeichnen sei noch Ungleichbehandlungen von Unternehmen in der Strafverfolgungspraxis ersichtlich seien, die aus dem Fehlen geeigneter Sanktionen resultieren würden.

Speziell die Vielzahl von Korruptionsfällen sowie die Volkswagen-Dieselthematik haben die Diskussion um ein deutsches Unternehmensstrafrecht erneut beflügelt. Die Koalitionspartner haben sich in ihrer Vereinbarung zur 19. Legislaturperiode darauf verständigt, ein neues Sanktionsrecht für Unternehmen einzuführen.104 Im Rahmen dessen besteht ein häufiger Diskussionspunkt darin, wie Unternehmen nach einem strafrechtlichen Verstoß Straffreiheit erlangen können. Eine Option wäre, wie bereits beim Kölner Entwurf105 angedacht, Geldsanktionen gegen Unternehmen zur Bewährung unter gewissen Auflagen zu verhängen und durch einen Monitor überwachen zu lassen.

Seit August 2019 kursierte ein Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft vom BMJV, der die Bezeichnung Verbandssanktionengesetz (VerSanG) trägt.106 Dieser Referentenentwurf ermöglicht – unabhängig von seiner tatsächlichen Umsetzung – hinsichtlich der Einsetzung einer „sachkundigen Stelle“ eine hilfreiche Einschätzungs- sowie Vergleichsgrundlage. Durch den Entwurf soll die Sanktionierung von Unternehmen aufgrund strafrechtlicher Verstöße ihrer Leitungspersonen und Mitarbeiter erstmalig normativ verortet werden. In der Folge müssten sich Unternehmen bei tatsächlicher Umsetzung des Entwurfs auf eine Vielzahl neuer Rahmenbedingungen einstellen. Im April 2020 hat das BMJV den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft veröffentlicht und den Wirtschaftsverbänden eine Stellungnahmefrist bis zum 12. Juni 2020 eingeräumt. Mitte Juni 2020 hat die Bundesregierung den vorgelegten Entwurf mit wenigen Änderungen beschlossen.107

b) Regierungsentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (Verbandssanktionengesetz – VerSanG)
(1) Hintergrund des Gesetzgebungsvorhabens

Straftaten, die aus Verbänden (juristischen Personen und Personenvereinigungen) heraus begangen werden, können nach geltendem Recht gegenüber dem Verband lediglich mit einer Geldbuße nach dem OWiG geahndet werden (§ 30 OWiG).108

Der Entwurf verfolgt das Ziel, die Sanktionierung von Verbänden, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, auf eine eigenständige gesetzliche Grundlage zu stellen, sie dem Legalitätsprinzip zu unterwerfen und durch ein verbessertes Instrumentarium eine angemessene Ahndung von Verbandstaten zu ermöglichen. Zugleich soll er Compliance-Maßnahmen fördern und Anreize dafür bieten, dass Unternehmen mit internen Untersuchungen dazu beitragen, Straftaten aufzuklären.109

Die Neuregelung soll sicherstellen, dass Wirtschaftskriminalität wirksam bekämpft wird und die von Fehlverhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern profitierenden Unternehmen wirksam zur Verantwortung gezogen werden. Sie soll das Vertrauen in die Integrität der Wirtschaft stärken und der ganz großen Mehrheit der Unternehmen in Deutschland zugutekommen, die sich rechtstreu und lauter verhält.110

(2) Monitoring nach dem VerSanG-E

Der Entwurf sieht eine Weisungsmöglichkeit in einem gerichtlichen Strafurteil vor (§§ 10, 11, 13 VerSanG-E): Nach § 10 Abs. 4 VerSanG-E kann das Gericht – ähnlich einer Bewährungszeit – eine Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt mit Auflagen nach § 12 VerSanG-E und Weisungen nach § 13 VerSanG-E verbinden. Das Gericht bestimmt nach § 10 Abs. 2 VerSanG-E den Zeitraum, in dem die Verhängung der Verbandsgeldsanktion vorbehalten bleibt, wobei die Vorbehaltszeit fünf Jahre nicht überschreiten und ein Jahr nicht unterschreiten darf.111 Gemäß § 13 Abs. 2 VerSanG-E kann das Gericht den Verband namentlich anweisen, bestimmte Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandsstraftaten zu treffen und diese Vorkehrungen durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle nachzuweisen.112 Die Auswahl der sachkundigen Stelle, die der Verband getroffen hat, bedarf der Zustimmung durch das Gericht. Allerdings dürfen nach § 13 Abs. 3 VerSanG-E die Weisungen nicht unzumutbar in den Betrieb oder das Unternehmen des Verbandes eingreifen.113

Zur Begründung von § 13 VerSanG-E führt der Regierungsentwurf aus, dass die Vorgänge und Organisationen in den Verbänden sehr unterschiedlich und komplex sein können, sodass das Gericht bestimmen kann, dass der Verband die getroffenen Vorkehrungen durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle gegenüber dem Gericht nachweist.114 Weiter kann das Gericht bestimmen, wie häufig und gegebenenfalls in welchen Abständen solche Bescheinigungen vorzulegen sind.115 Bei umfangreichen Maßnahmen können mehrere Berichte sinnvoll sein, während bei einfachen Maßnahmen ein Bericht ausreicht.116 Als sachkundige Stelle werden je nach Art der angeordneten Maßnahmen und Natur des Verbandes z.B. Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte sowie Unternehmensberatungen gelten.117 Der betroffene Verband wählt die sachkundige Stelle aus und beauftragt sie mit der Erstellung der Bescheinigung, die in der Regel ein Kurzgutachten118 enthalten soll.119 Das Gericht hat der Auswahl der sachkundigen Stelle zuzustimmen, um deren fachliche Eignung zu gewährleisten. Die Kosten der Bescheinigungen trägt der Verband als Auftraggeber.120

Der Regierungsentwurf sieht überdies folgende Weisungsmöglichkeit für die Staatsanwaltschaft vor: Gemäß § 36 Abs. 1 VerSanG-E findet § 153a der Strafprozessordnung mit der Maßgabe Anwendung, dass die Verfolgungsbehörde mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Verbandes vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und dem Verband zugleich Auflagen nach § 12 Abs. 2 VerSanG-E und Weisungen nach § 13 Abs. 2 und 3 VerSanG- E erteilen kann, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Verfolgung zu beseitigen und die Bedeutung der Verbandsstraftat nicht entgegensteht. Zur Erfüllung der Weisung setzt die Verfolgungsbehörde gemäß § 36 Abs. 2 VerSanG-E dem Verband eine Frist, die bei Weisungen höchstens zwei Jahre beträgt und einmal für die Dauer von sechs Monaten verlängert werden kann. Die Einstellung des Verfahrens ist somit von der unternehmensseitigen Befolgung der Weisung abhängig. Bei Nichtbefolgung der Weisung kann das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft wiederaufgenommen werden.

c) Rechtslage de lege lata

Dem deutschen Recht ist de lege lata die Figur des Compliance-Monitors fremd.121 Daher ist fraglich, ob auch unabhängig von einer tatsächlichen Realisierung des Entwurfs zum Verbandssanktionengesetz bereits bestehende gesetzliche Normierungen den Einsatz eines Compliance-Monitors ermöglichen könnten.

(1) Ordnungswidrigkeitenrecht, §§ 30, 130 OWiG

Fraglich ist, ob de lege lata anhand des OWiG die Bestellung eines Monitors in Betracht kommt.

(a) Allgemeines zum Ordnungswidrigkeitenverfahren

Nach § 30 Abs. 1 OWiG (Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen) wird eine Verbandsgeldbuße wegen des Normbruchs verhängt, der unmittelbar von den Repräsentationsorganen der juristischen Person begangen worden ist. Auf den Normbruch wird also durch eine Geldbuße reagiert.122 Neben den handelnden natürlichen Personen kann der Verband selbst als juristische Person oder Personengesellschaft mit einer Geldbuße belegt werden, wenn eine der Leitungspersonen eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, die in einem Zurechnungszusammenhang zum Unternehmen steht, weil durch sie Pflichten der juristischen Person oder Personenvereinigung verletzt worden sind.123

Ausweislich der Gesetzesbegründung bedient § 30 OWiG den kriminalpolitischen Zweck, eine Besserstellung von juristischen Personen gegenüber natürlichen Personen zu vermeiden.124 Durch die 8. GWB-Novelle vom 26.06.2013 hat der Gesetzgeber das Höchstmaß der Geldbuße im Fall einer vorsätzlichen Straftat von einer auf 10 Millionen Euro angehoben. Im Fall einer fahrlässigen Straftat erhöhte sich das Höchstmaß von 500.000 Euro auf 5 Millionen Euro.125 Zusätzlich gibt es neben dem Ahndungsanteil einen Abschöpfungsanteil, der gemäß § 17 Abs. 4, § 30 Abs. 3 OWiG den aus der Anknüpfungstat erwachsenen wirtschaftlichen Vorteil erfasst. Hierzu können dann auch die in § 30 Abs. 2 OWiG genannten Höchstbeträge überschritten werden.126

Nach § 130 Abs. 1 S. 1 OWiG handelt ordnungswidrig, wer als Inhaber eines Betriebs oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber als solchen treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.127

Wie bereits oben unter A.I.2 „Monitorships innerhalb deutscher Unternehmen“ angesprochen, hat die Staatsanwaltschaft München I am 15.12.2008 gegen die Siemens AG einen Bußgeldbescheid in Höhe von 395 Millionen Euro erlassen. Dieser Bußgeldbescheid knüpfte an eine dem Unternehmen zurechenbare Verletzung der Aufsichtspflicht an, die gemäß §§ 30, 130 OWiG als Ordnungswidrigkeit geahndet worden ist.128

(b) Bedeutung von Compliance-Maßnahmen

Aus Unternehmenssicht ist stets von großer Bedeutung, ob durch entsprechende Compliance-Maßnahmen Geldbußen und/oder die Abschöpfung eines unrechtmäßigen Gewinns gänzlich verhindert oder zumindest minimiert werden könnten. Mangels Existenz einer solchen Regelung haben unter anderem der Bundesverband der Unternehmensjuristen129 und das Deutsche Institut für Compliance (DICO)130 eine Gesetzesänderung der §§ 30, 130 OWiG dahingehend vorgeschlagen, dass die Festsetzung einer Geldbuße unterbleibt, wenn sich das Unternehmen ernsthaft und nachhaltig um ausreichende Compliance-Maßnahmen bemüht. Hierdurch würden für Unternehmen Anreize geschaffen, in Zusammenarbeit mit den Behörden und durch die Einsetzung unabhängiger Dritter (etwa eines Monitors) Verstöße aufzuklären, zu veröffentlichen und künftig zu verhindern.

Bei der Strafzumessung findet gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 StGB das Verhalten des Täters nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, Berücksichtigung.131 Die Zumessungsgesichtspunkte des § 46 Abs. 2 StGB können indes auch bei der Bußgeldbemessung nach § 17 Abs. 3 OWiG herangezogen werden.132

In die gleiche Richtung geht auch die bereits oben erörterte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 2017 – 1 StR 265/16133, wonach für die Bemessung der Geldbuße nach § 30 Abs. 1 OWiG entscheidend ist, inwieweit das Unternehmen seiner Pflicht, Rechtsverletzungen aus seiner Sphäre zu unterbinden, nachkommt und ein effizientes Compliance-Management installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss.

(c) Bestellung eines Monitors im Ordnungswidrigkeitenverfahren

Fraglich ist, ob im Kontext der Vorschriften des OWiG die Bestellung eines Monitors für das betroffene Unternehmen in Betracht kommt.