Loe raamatut: «Compliance Monitorships», lehekülg 7

Font:

(aa) Willentlichkeit

Da der FCPA „willfulness“ nicht definiert, griff das Gericht im Fall United States v. Kay im Jahr 2007 auf die Common-Law-Interpretation dieses Begriffs zurück.308 Die dortigen Angeklagten argumentierten im Rahmen des Berufungsverfahrens, dass eine Jury für eine strafrechtliche Verurteilung zweifelsfrei feststellen muss, dass sie „willfully“ gegen Teilbereiche des FCPA verstoßen haben.309 Das Gericht diskutierte sodann die drei Common-Law-Definitionen von „willfulness“: (1) die Grunddefinition (Begehung einer Handlung und Kenntnis dieser Handlung); (2) die Zwischendefinition (Begehung einer Handlung mit dem Wissen, dass die Handlung rechtswidrig ist); (3) die strenge Definition (Kenntnis der Bestimmungen des Gesetzes und Verletzung derselben).310 Das Gericht wies die strenge Definition als für den FCPA nicht anwendbar zurück mit der Begründung, dass der FCPA ein „general intent“- und kein „specific intent“-Gesetz sei, was bedeutet, dass es nicht notwendig ist, nachzuweisen, dass die Person sich bewusst gewesen ist, dass der FCPA das betreffende Verhalten ausdrücklich verbietet. Vielmehr genüge der Nachweis, dass die Person sich der Umstände, die einen Gesetzesverstoß begründen, und allgemein der Unrechtmäßigkeit des betreffenden Verhaltens bewusst gewesen ist.311

Gleichzeitig entschied das Berufungsgericht, dass in diesem Fall sowohl die Grund- als auch die Zwischendefinition von „willfulness“ erfüllt seien.312

Der Supreme Court hat in der Entscheidung Bryan v. United States erklärt, dass die Regierung, um eine willentliche („willful“) Verletzung des Gesetzes festzustellen, nachweisen muss, dass der Angeklagte mit dem Wissen gehandelt hat, dass sein Verhalten rechtswidrig war.313 Wie sowohl der „Second Circuit Court of Appeals“ als auch der „Fifth Circuit Court of Appeals“ festgestellt haben, setzt der FCPA nicht den Nachweis voraus, dass ein Angeklagter den FCPA ausdrücklich kannte oder wusste, dass sein Verhalten gegen den FCPA verstößt.314 Für eine Strafbarkeit muss ein Angeklagter also lediglich allgemein wissen, dass sein Verhalten rechtswidrig ist.

(bb) Unlautere Beeinflussung („corruptly“)

Um gegen den FCPA zu verstoßen, muss die Bestechungshandlung in unlauterer Weise („corruptly“) erfolgen, wobei diese Voraussetzung innerhalb des FCPA nicht näher definiert wird. Allerdings nahm der Kongress bei der Ausarbeitung des FCPA diejenige Bedeutung an, die dem gleichen Begriff im US-Korruptionsstrafrecht nach 18 U. S.C. § 201 (b) zugeschrieben wird.315 Das Wort „corruptly“ wird verwendet, um klarzustellen, dass das Angebot, die Zahlung, das Versprechen oder die Schenkung den Empfänger dazu veranlassen muss, seine offizielle Position zu missbrauchen. Insoweit stellt die Bestechungshandlung des Täters die Gegenleistung dafür dar, dass der Amtsträger seine Stellung missbraucht, indem er auf geschäftliche Entscheidungen Einfluss nimmt.316 Indem sich der FCPA auf die unlautere Zielrichtung der Vorteilsgewährung konzentriert, ist nicht vonnöten, dass eine korrupte Handlung auch ihren Erfolgszweck erfüllt. Exemplarisch hierfür zahlte in dem Rechtsstreit SEC v. Monsanto Company317 das Unternehmen ein Bestechungsgeld von 50.000 Dollar, um einen indonesischen Beamten zu beeinflussen, ein ungünstiges Gesetz aufzuheben, das trotz des Bestechungsgeldes nicht aufgehoben wurde.

Der ausländische Beamte muss die korrupte Zahlung auch nicht tatsächlich anfordern, annehmen oder erhalten, damit der Bestechungszahler haftbar gemacht werden kann. In einem Fall versprach beispielsweise ein Chemieunternehmen irakischen Regierungsvertretern Bestechungsgelder in Höhe von ca. 850.000 Dollar für einen bevorstehenden Vertrag. Obwohl das Unternehmen am Ende die Zahlung nicht geleistet hat (der Vorgang wurde durch die Untersuchung der US-Regierung vereitelt), verstieß das Unternehmen dennoch gegen den FCPA und wurde zur Rechenschaft gezogen.318 Solange das Angebot, das Versprechen, die Genehmigung oder die Zahlung korrupt erfolgt, muss der Akteur auch nicht die Identität des Empfängers kennen; zudem ist der Versuch ausreichend.319

(cc) Absicht

Überdies muss die Tathandlung durch den Täter mit der Absicht der Beeinflussung einer Entscheidung vorgenommen werden.320 Infolge der FCPA-Änderungen im Jahr 1998 verbietet der FCPA nun auch Zahlungen an ausländische Beamte mit der Absicht jeden unzulässigen Vorteil („improper advantage“) bei der Erlangung oder Erhaltung von Geschäften zu erlangen.321 1998 änderte der Kongress als Reaktion auf das Übereinkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (OECD-Übereinkommen) den FCPA. Das OECD-Übereinkommen hatte den Kongress zuvor aufgefordert, Zahlungen an ausländische Beamte um Geschäfte oder andere unzulässige Vorteile („improper advantages“) bei der Ausübung internationaler Geschäfte zu erlangen oder zu erhalten, zu kriminalisieren.322 Die Kommentare zum OECD-Übereinkommen beschreiben, dass „improper advantage“ sich auf etwas bezieht, auf das das betreffende Unternehmen nicht eindeutig einen rechtlichen Anspruch hat, z.B. eine Betriebsgenehmigung für eine Fabrik, die nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.323 Auch die unrechtmäßige Senkung von Steuern und Zöllen auf ein Niveau, das deutlich unter dem liegt, zu dessen Zahlung eine gesetzliche Verpflichtung besteht, stellt etwas dar, worauf nicht eindeutig ein Anspruch besteht, und kann daher als „improper advantage“ im Sinne des Übereinkommens bezeichnet werden.324

Seit der Entscheidung United States v. Kay, 359 F.3d 738 (5th Cir. 2004) gab es mehrere Sachverhalte mit FCPA-Bezug, in denen die unsachgemäße Zahlung an einen ausländischen Beamten keinen Regierungsvertrag oder ein solches Geschäft beeinflusst, aber dem Unternehmen einen allgemeinen „improper advantage“ im Ausland verschafft hat, einschließlich der Einholung von Lizenzen, Genehmigungen oder Zertifizierungen, die für die Ausübung von Geschäften in der ausländischen Gerichtsbarkeit erforderlich sind.325 Dies verdeutlicht, dass DOJ und SEC den Begriff „improper advantage“ im Rahmen von FCPA-Verstößen sehr extensiv interpretieren.

(dd) Wissentlichkeit („knowledge“)

Der FCPA verbietet ausdrücklich auch korrupte Zahlungen, die durch Dritte oder Vermittler erfolgen.326 Sofern der Vorteil formal einem Dritten gewährt wird, muss der Täter gemäß 15 U. S.C. § 78dd-1 (a) (3) wissen („knowing“), dass der Vorteil an einen Amtsträger weitergeleitet wird.327

Hintergrund ist, dass viele Unternehmen, die im Ausland tätig sind, eine lokale Person oder Firma nutzen, um sich bei der Führung ihrer Geschäfte helfen zu lassen. Obwohl diese ausländischen Vermittler durchaus in der Lage sind, Ratschläge zu den lokalen Gepflogenheiten und Verfahren zu geben und zur Erleichterung von Geschäftsvorgängen beitragen können, kann für Unternehmen die Beauftragung von Drittagenten oder Vermittlern mit gewissen Risiken verbunden sein.328 Denn der Umstand, dass ein Bestechungsgeld von einem Dritten bezahlt wird, schließt die Möglichkeit einer strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Haftung unter dem FCPA nicht aus.329

Da der Kongress den Einsatz von Dritten bei Bestechungsvorgängen zur Vermeidung der tatsächlichen Kenntnis eines Bestechungsvorgangs vorausgesehen hatte, hat er den Begriff „knowledge“ so definiert, dass Einzelpersonen und Unternehmen sich nicht der Haftung entziehen können, indem sie eine dritte Person zwischen ihnen und den ausländischen Beamten platzieren.330 Dementsprechend bedarf es zur Haftung keiner tatsächlichen Kenntnis des Täters von seinem Fehlverhalten. Vielmehr genügt bereits, dass der Täter gezielt tatsächliches Wissen vermeidet bzw. absichtlich Tatsachen vernachlässigt.331 Dies wird vom US-Gesetzgeber als „conscious disregard“, „willful blindness“ oder als „deliberate ignorance“ bezeichnet.332 Gemäß 15 U.S.C. § 78dd-1 (f) (2) (B) ist bei denjenigen Straftaten, die Wissentlichkeit bezüglich eines bestimmten Umstands voraussetzen, diese auch dann gegeben, wenn eine Person sich der hohen Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines solchen Umstandes bewusst ist („high probability“).

(d) Ausnahmen, Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe

Der FCPA enthält Ausnahmen („exceptions“) vom Bestechungsverbot und Rechtfertigungs- bzw. Entschuldigungsgründe („defenses“; „affirmative defenses“).333 Zu den Ausnahmen zählen Beschleunigungszahlungen („Facilitating Payments“), die Rechtmäßigkeit nach den Gesetzen des Empfängerlandes, angemessene Aufwendungen für Werbung und zur Vertragserfüllung sowie Notlagen (Erpressung etc.).

(aa) Sicherstellungs- bzw. Beschleunigungszahlungen

In 15 U.S.C. § 78dd-1 (b) enthält der FCPA einen Tatbestandsausschluss für Vorteilsgewährungen an Amtsträger zur Sicherstellung bzw. Beschleunigung routinemäßiger Regierungsmaßnahmen.334 Hiervon umfasst sind Zuwendungen an Amtsträger für Amtshandlungen, die nicht im Ermessen des Amtsträgers stehen, auf die das Unternehmen einen rechtlichen Anspruch hat und die infolge der Zuwendung beschleunigt werden.335 Exemplarisch für diesen Tatbestandsausschluss sind die Vergabe von Erlaubnissen und Lizenzen, die zur geschäftlichen Tätigkeit nötig sind, die Bearbeitung von Urkunden wie z.B. Visa, die Gewährung von polizeilichem Schutz, Postlieferungen, die Durchführung von zollrechtlichen Kontrollen, Be- und Entladen von Fracht, die sachgerechte Verwahrung verderblicher Güter in staatlicher Obhut sowie Leistungen der Daseinsvorsorge wie Telefon, Strom, Wasser und Entsorgung.336

(bb) Rechtmäßigkeit nach den Gesetzen des Empfängerlandes

Gemäß 15 U.S.C. § 78dd-1 (c) (1) kann im Hinblick auf den behaupteten Verstoß gegen die FCPA-Bestechungsvorschriften vorgebracht werden, dass die geleistete Zahlung, die vorgenommene Schenkung, das gemachte Angebot oder das Schenkungsversprechen hinsichtlich eines werthaltigen Vorteils nach den schriftlichen Landesgesetzen und -vorschriften des ausländischen Amtsträgers, der politischen Partei, des Parteiamtsträgers oder des Anwärters rechtmäßig war.337 Voraussetzung ist, dass der Bestechungsvorgang nach dem geltenden geschriebenen Recht des Ziellandes rechtmäßig ist. Hingegen genügt es nicht, dass es dem Zuwendungsempfänger im Einzelfall erlaubt ist, die Zuwendung anzunehmen, oder dass Bestechungszahlungen im Empfängerland gängig oder anerkannt sind.338

(cc) Aufwendungen für Werbung und zur Vertragserfüllung

Nach 15 U. S.C. § 78dd-1 (c) (2) kann Straffreiheit vorliegen, wenn es sich bei der geleisteten Zahlung, der vorgenommenen Schenkung, dem gemachten Angebot oder dem Schenkungsversprechen hinsichtlich eines werthaltigen Vorteils um eine angemessene und echte Aufwendung handelte, z.B. Reise- und Logistikkosten, die durch oder im Namen eines ausländischen Amtsträgers, einer Partei, eines Parteiamtsträgers oder eines Anwärters entstanden sind und mit Folgendem in direktem Zusammenhang stehen: (A) der Bewerbung, Vorführung oder Erklärung von Produkten oder Dienstleistungen; oder (B) der Vertragserfüllung oder -ausführung mit einer ausländischen Regierung oder einer Behörde derselben.339 Hierzu zählen Ausgaben in angemessener Höhe für Reise- und Logistikkosten, die Unternehmen tätigen, um Kunden oder Vertragspartner im Zusammenhang mit Produkteinführungen, Fabrikbesichtigungen oder Workshops einzuladen.340 Zudem müssen diese Ausgaben auch in den Büchern des Unternehmens entsprechend ausgewiesen werden.341 Ob es sich bei einer bestimmten Zahlung um eine angemessene Aufwendung handelt, erfordert zwangsläufig eine sachbezogene Analyse. Zu diesem Zweck enthält der FCPA Resource Guide eine Liste mit den folgenden Schutzmaßnahmen, die Unternehmen bei der Beurteilung hilft, ob eine bestimmte Ausgabe angemessen ist oder sie damit Gefahr laufen, gegen den FCPA zu verstoßen: keine individuelle Auswahl des jeweiligen Besuchers durch das zuwendende Unternehmen (außer bei sachlichen Gründen); Zahlung der Kosten direkt an den Anbieter der Flug-, Übernachtungs- oder Bewirtungsleistungen; keine Vorauszahlungen oder Erstattungen in bar; Abgleich der tatsächlichen mit den geschätzten Kosten; Transparenz der Kosten im Unternehmen und gegenüber dem Zuwendungsempfänger; Zuwendung nicht unter der Bedingung bestimmter Leistungen des Empfängers; schriftliche Bestätigung des Empfängers, dass die Zuwendung legal ist; keine zusätzlichen, unnötigen Kosten; vollständige und wahrheitsgemäße Verbuchung der Kosten.342 Unangemessene Aufwendungen im Zusammenhang mit Reisekosten waren schon öfters Thema strafrechtlicher Fälle mit FCPA-Bezug.343

(dd) Notlagen

Hierbei handelt es sich um Vorteilsgewährungen, deren Grundlage Erpressungen, Bedrohungen für Leib und Leben oder sonstige Notlagen sind und die nach dem Willen des US-Gesetzgebers nicht die Tatbestände des FCPA erfüllen sollen.344 Situationen, in denen Erpressung oder Zwang vorliegen, führen nicht zu einer Haftung unter dem FCPA, da eine Zahlung, die als Reaktion auf tatsächliche Erpressungsforderungen mit unmittelbarer Gefahr von Körperverletzungen geleistet wird, nicht als mit korrupter Absicht oder zum Zwecke der Erlangung oder Aufrechterhaltung von Geschäften geleistet wird. Insofern hat der Kongress erkannt, dass es in der Praxis Situationen geben kann, in denen ein Unternehmen gezwungen ist, einen Beamten zu bezahlen, um Gefahren für Gesundheit und Sicherheit zu vermeiden.345

Aus den FCPA-Gesetzgebungsmaterialien kann als Beispiel für eine Notlage die Drohung angeführt werden, eine Bohrinsel zu sprengen, wenn die Ölfirma nicht bereit ist, eine Zahlung vorzunehmen.346 Weiteres Beispiel ist die Zahlung an Sicherheitsbehörden, um Mitarbeiter des Unternehmens aus einer lebensbedrohlichen Untersuchungshaft in einem Staat mit geringer Rechtsstaatlichkeit zu befreien.347

(3) Accounting Provisions

Der FCPA beinhaltet über die Bestechungstatbestände hinaus in 15 U. S.C. § 78m sogenannte „Accounting Provisions“, die Unternehmen zu einer transparenten und nachvollziehbaren Buchführung verpflichten.348 Diese Tatbestände beanspruchen für Emittenten direkte Geltung, können jedoch gegebenenfalls auch andere in- und ausländische Personen indirekt in den Anwendungsbereich miteinbeziehen.349Ausweislich des gesetzgeberischen Willens sollen die Buchführungsvorschriften bzw. Rechnungslegungsvorschriften die Bestechungstatbestände komplettieren und intransparente Rechnungslegungspraktiken sowie die Fehlerhaftigkeit des diesbezüglichen Compliance-Systems sanktionieren.350 In Fällen, in denen nicht alle Voraussetzungen eines Verstoßes gegen die Bestechungstatbestände erfüllt sind, können Unternehmen dennoch haftbar gemacht werden, wenn die unzulässigen Zahlungen unrichtig erfasst werden.351 Im Zusammenspiel zwischen Buchführungsvorschriften und Bestechungstatbeständen soll ein effektiver Abschreckungsmechanismus kreiert werden, da in der Vergangenheit die aktive Bestechung durch Unternehmen oft durch die inhaltliche Fälschung von Unternehmensbüchern und -akten verschleiert worden ist.352 Der Zusammenhang zwischen den Buchführungsvorschriften und den Bestechungstatbeständen besteht darin, dass der US-Gesetzgeber spezifische Handlungsweisen bzw. das Unterlassen organisatorischer Maßnahmen, die Bestechungstaten vorausgingen oder folgten, sanktionieren wollte.353 Obwohl die Rechnungslegungsvorschriften ursprünglich im Rahmen des FCPA erlassen wurden, gelten sie nicht nur für Bestechungsfälle.354 Aus Praxissicht haben die Rechnungslegungsvorschriften die Verfolgung von börsennotierten US-Unternehmen und deren Angestellten durch DOJ und SEC stark erleichtert, da es keines Nachweises der Begehung von Korruptionsstrafen mehr bedarf, was zur Folge hat, dass in der Strafverfolgungspraxis mehr Verstöße der Unternehmen gegen Rechnungslegungsvorschriften als gegen Bestechungstatbestände zu verzeichnen sind.355

Die Accounting Provisions bestehen aus zwei Hauptkomponenten.356 Zum einen müssen Unternehmen nach der „books and records“-Bestimmung aus 15 U. S.C. § 78m (b) (2) (A) Geschäftsbücher, Aufzeichnungen und Buchhaltungsunterlagen erstellen und führen, die Transaktionen und Verfügungen eines Emittenten über dessen Vermögen hinreichend detailliert („in reasonable detail“), akkurat und angemessen widerspiegeln. Die Voraussetzung „in reasonable detail“ wurde vom Kongress angesichts der Sorge aufgenommen, dass eine solche Voraussetzung, wenn sie uneingeschränkt gilt, einen Grad an Genauigkeit und Präzision erfordern würde, der unrealistisch ist.357 Die Hinzufügung dieser Voraussetzung sollte gewähren, dass die Aufzeichnungen des Emittenten Transaktionen in Übereinstimmung mit anerkannten Methoden zur Erfassung wirtschaftlicher Ereignisse widerspiegeln, um dadurch wirksam zu verhindern, dass Schmiergeldzahlungen und Bestechungsgelder außerhalb der Bücher erfolgen.358 Der Begriff „in reasonable detail“ wird definiert als der Grad, der umsichtige Beamte bei der Durchführung ihrer eigenen Angelegenheiten zufrieden stellen würde.359 Häufig werden Bestechungsgelder unter dem Deckmantel legitimer Zahlungen verdeckt. Insofern waren Bestechungszahlungen in der Vergangenheit oftmals fälschlicherweise als Provision- oder Lizenzgebühren, Beratungshonorare, Kosten für Vertrieb und Marketing, Studien- oder Forschungsaufwendungen, Kosten für Reise und Unterhaltung, Rabatte, nachvertragliche Servicegebühren, Barentnahmen, kostenlose Geschenke wie Werbegeschenke, Konzernkonten, Abschreibungen oder als Zahlungen für „Erfindungen“ des Kunden getarnt.360

Zum anderen müssen Emittenten nach der „internal control“-Bestimmung aus 15 U.S.C. § 78m (b) (2) (B) ein internes Kontrollsystem (IKS) entwickeln und aufrechterhalten, um die Kontrolle, Autorität und Verantwortung der Geschäftsleitung für das Vermögen des Unternehmens zu gewährleisten. Hintergrund dieser Verpflichtung ist, dass die Zahlung von Bestechungsgeldern häufig in Unternehmen mit schwachem internem Kontrollumfeld erfolgt.361 Der FCPA legt keine bestimmten Kontrollen fest, die von den Unternehmen durchgeführt werden müssen. Vielmehr gibt die „internal control“-Bestimmung den Unternehmen die Flexibilität, ein Kontrollsystem zu entwickeln und aufrechtzuerhalten, das ihren besonderen Bedürfnissen und Umständen angemessen ist.362 Grundsätzlich muss die Gestaltung der internen Kontrollen eines Unternehmens die betrieblichen Realitäten und Risiken berücksichtigen, die mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens verbunden sind, wie z.B.: die Art seiner Produkte oder Dienstleistungen, die Art der Vermarktung der Produkte oder Dienstleistungen, die Art seiner Arbeitskräfte, den Grad der Regulierung, den Umfang seiner Regierungsinteraktion und den Grad, zu welchem es in Ländern mit hohem Korruptionsrisiko tätig ist.363

Ein wichtiger Bestandteil dieser internen Kontrollen eines Emittenten ist ein effektives Compliance-Programm, das entsprechend auf die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst ist.364 Die Ausrichtung des Compliance-Programms muss entsprechend dem Korruptionsrisiko angepasst werden, d.h. bei Unternehmen, deren Tätigkeitsfeld eine höhere Gefahr für Korruption birgt, muss eine zeit-, personal- und kapitalintensivere Vorsorge gegen Korruption betrieben werden.365

Das IKS nach 15 U. S.C. § 78m (b) (2) (B) muss zudem sicherstellen, dass die Organisation des Unternehmens der Integrität und Ethik einen ausreichenden Stellenwert beimisst. In Umsetzung dessen bedarf es Risikobewertungen und effektiver Kontrollprozesse, die sicherstellen sollen, dass Weisungen der Geschäftsleitung auch tatsächlich umgesetzt werden, sowie funktionierende Strukturen hinsichtlich Genehmigungen, Freigaben und Abstimmungen bei Buchungen und Zahlungen.366 Ein Beispiel aus der Praxis für den Verstoß gegen die Rechnungslegungsvorschriften ist der bereits oben mehrfach angesprochene Siemens-Fall367 aus dem Jahr 2008 (vgl.A. I.2 „Monitorships innerhalb deutscher Unternehmen“). In diesem bekannten sich die Siemens AG und drei Tochtergesellschaften zu Verstößen gegen den FCPA und stimmten einer Zahlung von 450 Millionen Dollar in kombinierten Geldbußen zu.368

Gute interne Kontrollen können jedoch nicht nur Verstöße gegen den FCPA, sondern auch anderes illegales oder unethisches Verhalten des Unternehmens, seiner Tochtergesellschaften und seiner Mitarbeiter verhindern. Das DOJ und die SEC haben oftmals FCPA-Verstöße verfolgt, in denen sodann anderweitiges rechtswidriges Handeln, wie z.B. Finanzbetrug, Bestechungen im geschäftlichen Verkehr, Verstöße gegen Exportkontrollen, Untreue etc. zu Tage trat.369

Ein Verstoß gegen die Rechnungslegungsvorschriften ist gemäß 15 U. S.C. § 78m (b) (4) nur dann strafbar, wenn nach 15 U. S.C. § 78m (b) (5) eine Person wissentlich („knowingly“) Systeme der internen Buchhaltungskontrollen umgeht oder diese bewusst nicht implementiert oder wenn die Geschäftsbücher, Unterlagen oder Konten wissentlich gefälscht werden. Sollte letztgenannte Voraussetzung nicht vorliegen, ist lediglich eine zivilrechtliche Haftung möglich. Der Kongress hat absichtlich die Beweisanforderungen relativ hoch angesetzt, sodass für unbeabsichtigte Verstöße keine strafrechtlichen Sanktionen verhängt werden können.370

Tasuta katkend on lõppenud.