Die Passage

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Die Passage
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Michael J. Awe

Die Passage

SF-Story

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Passage

Autor

Impressum neobooks

Die Passage

Die Sterne spiegelten sich in den Augen der alten Frau, die reglos vor der transparenten Hülle der Außenwand stand. Die Uniform an ihrem immer noch aufrechten Körper war ihr nach all den Jahren im Weltraum zu einer zweiten Haut geworden. Ihr tiefes Blau verschmolz mit dem schwarzen Hintergrund des Alls. Für einen Moment stellte sie sich vor, wie sich das Sichtfenster ihres Raumes auflösen und das Vakuum sie in die eisige Stille hinaussaugen würde, wo ihr Körper Ewigkeiten umhertreiben konnte. Ein verschwindend kleiner Gegenstand zwischen den Sternen. Das letzte, was sie wahrnehmen würde, wäre die absolute Geräuschlosigkeit, die alles Leben erstickte.

Ein leises Signal ertönte, dann glitt die Tür zu ihrem Raum auf.

»Kapitän«, erklang eine Stimme hinter ihr. Es war Ivan, der Chefmechaniker an Bord.

»Was gibt es?«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. Sie verspürte einen Widerwillen, ihren Blick von der endlosen Weite abzuwenden.

»Das sollten Sie sich einmal angucken«, antwortete Ivan. »Wir haben einen blinden Passagier.«

Neben der breiten Gestalt ihres Chefmechanikers stand ein Mädchen von vielleicht vierzehn Jahren, in dicke, robuste Sachen gehüllt, die ihr alle eine Nummer zu groß waren. Ihr strähniges, schwarzes Haar ließ erkennen, dass sie lange kein Bad mehr gesehen hatte. Der Kapitän überschlug im Kopf ihren jüngsten Landaufenthalt, der auf Deleria 4 vor knapp drei Wochen gewesen war. Einer der letzten bewohnten Planeten vor der Passage.

Sie fixierte das Mädchen, das unter ihrem Blick nervös wurde. Mit einem Wink gab sie dem Chefmechaniker zu verstehen, dass er sie allein lassen sollte. Mit ruhigen Schritten ging der Kapitän zu einem altmodischen Holztisch, der an der Kopfseite des Raumes stand.

»Mein Name ist Shavon«, sagte sie. Ihr Name kam ihr ein wenig schwerfällig über die Lippen, da sie meistens nur als der Kapitän bezeichnet wurde. Sie nahm eine Porzellantasse zur Hand, deren Form und Dekor von vergangenen Zeiten zeugten. Das Licht von der Decke blitzte für einen Moment auf den silbernen Abzeichen an ihren Unterarmen.

»Du bist an Bord der Ikarus.«

Sie goss Tee in die Tasse. Das Mädchen stand wie angewurzelt neben der Tür und beobachtete jede ihrer Bewegungen. Ihr Haar war von so einem tiefen Schwarz, dass es im Schein der Deckenbeleuchtung bläulich schimmerte.

»Damals hatten die Namensgeber der Raumschiffe noch Humor!«

Der Kapitän nahm einige Butterkeks aus einer verzierten Keksdose und legte sie auf einen Teller. Der Blick des Mädchens verharrte auf dem Gebäck.

Der Kapitän machte eine einladende Geste auf den freien Stuhl ihr gegenüber und nahm am Tisch Platz. »Weißt du, was man früher mit blinden Passagieren gemacht hat?«, begann sie beiläufig und schenke sich ebenfalls von dem schwarzen Tee ein. »Zu der Zeit, als die Schiffe noch die Meere der Erde befuhren, warf man ungebetene Gäste ins Wasser und überließ sie ihrem Schicksal. Oder man holte sie Kiel.«

Die Augen des Mädchens weiteten sich und ihr schmaler Brustkorb unter der groben Kleidung hob und senkte sich sichtbar.

»In heutigen Zeiten muss sich der Kapitän allerdings mit der Luftschleuse begnügen.«

Das hagere Gesicht der Offizierin glich einer ausgehärteten Maske aus Lehm, in der man Muster geritzt hatte. Ihr kurzes graues Haar, das sie wie ein Mann trug, war in der schwachen Beleuchtung des Raumes ein heller Fleck.

»Das All ist ein unwirtlicher Ort«, sagte sie und griff nach dem Sahnekännchen. »Glaube mir, wir Menschen haben hier nichts verloren.« Sie winkte den blinden Passagier heran. »Komm her, Kleines! Stell dich nicht so an!«

Die Lippen des Mädchens pressten sich aufeinander. Ohne sie anzusehen, nahm das Kind ihr gegenüber Platz.

»Du bist stumm!«, sagte der Kapitän. Es war eine Feststellung, keine Frage.

Das Mädchen zog aus ihre Jacke ein Büchlein aus Papier und schrieb mit einem Stift einige Buchstaben hinein. Mit schmutzigen Händen schob sie das dünne Heft über den Tisch. Die alte Frau beugte sich nach vorne und las: Aline.

»Ein schöner Name!« Der Kapitän berührte mit den Fingerspitzen das Papier. »Und ein schönes, altes Material.«

Aline schielte heimlich zu dem Keksteller hinüber und der Kapitän schob ihr den Teller hin. Zögerlich nahm das Mädchen einen Keks und biss hinein.

»Aber was machen wir nun mit dir?«

In der einsetzenden Stille war das Kauen Alines deutlich zu hören. Sie zog wieder das dünne Heft hervor und schrieb in kleinen Druckbuchstaben etwas unter ihren Namen.

»Wirfst du mich nach draußen?«, las der Kapitän.

Der Kapitän beobachtete das zierliche Ding in den zu großen Klamotten, die sie nervös ansah. »Warum bist du hier?«

Aline schüttelte den Kopf.

»Du weißt es nicht oder du möchtest es mir nicht sagen?«

Das Mädchen starrte auf ihre Hände und rührte sich nicht mehr. Ihr langes schwarzes Haar bedeckte ihr schmales Gesicht. Die alte Frau lehnte sich im Sessel zurück und betrachtete Aline über den Rand der Tasse hinweg. Vierzig Jahre hatte sie auf Schiffen im All verbracht und nie war ein blinder Passagier an Bord gewesen. Nicht einer. Und jetzt tauchte dieses dünne Geschöpf in zu großen Klamotten auf, schmutzig und stinkend ... Es kam ihr bedeutsam vor.

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