Loe raamatut: «Sky-Navy 07 - Jäger und Gejagte»

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Michael Schenk

Sky-Navy 07 - Jäger und Gejagte

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1 Verspätung

Kapitel 2 Erbitterte Feinde

Kapitel 3 Auf Kurs

Kapitel 4 Keine Gnade

Kapitel 5 Routine

Kapitel 6 Kampf-Patrouille

Kapitel 7 Notfallübung

Kapitel 8 Im Unbekannten

Kapitel 9 Die Bereitschaft des Kriegers

Kapitel 10 Unterwegs

Kapitel 11 Kosmischer Zufall

Kapitel 12 Das fremde Echo

Kapitel 13 In letzter Sekunde

Kapitel 14 Überlegungen

Kapitel 15 Schwere Schäden

Kapitel 16 Wer suchet…

Kapitel 17 Konsequenzen

Kapitel 18 Kleine Wunder

Kapitel 19 Für die Toten

Kapitel 20 Ein Funken Hoffnung

Kapitel 21 Taktische Analyse

Kapitel 22 Bauchgefühl

Kapitel 23 Lady Lancelot

Kapitel 24 Die Jäger

Kapitel 25 Cav Ho!

Kapitel 26 Niemand wird zurückgelassen

Kapitel 27 Schwarmbildung

Kapitel 28 Wehrlos

Kapitel 29 Der Zeitfaktor

Kapitel 30 Die Entscheidung

Kapitel 31 De-Briefing

Kapitel 32 Ankündigung

Kapitel 33 www.sky-navy.de

Impressum neobooks

Kapitel 1 Verspätung

Sky-Navy 07

Jäger und Gejagte

Military Science Fiction

von

Michael H. Schenk

© M. Schenk 2018

Military Star-Port, Naval Academy, Mars, solares System

Frank Kerner blickte durch die große Panoramascheibe. Der Mono-Rail hatte Mars-Central, die Hauptstadt des Mars und des Direktorats, längst hinter sich gelassen und verließ nun den breiten Gürtel des Waldes, der die Stadt umgab. Die einst irdischen Kiefern hatten sich an die Verhältnisse der durch Terraforming angepassten Welt gewöhnt. Zwar waren die Bäume noch nicht so kräftig und dicht gewachsen wie ihre Pendants auf der alten Heimat, doch sie boten auch nicht mehr den dürftigen Anblick von Krüppelholz, wie man es in den hohen Lagen irdischer Berge und Gebirge fand. Ganz langsam wurde die neue Heimat zu einer grünen Welt, auch wenn noch immer ausgedehnte Wüsten vorherrschten.

Nun würde die Einschienenbahn für eine knappe Stunde durch eine solche rötliche Einöde rasen. Sand, Staub und Steine, nur gelegentlich von einem winzigen Flecken Grün aufgelockert, welches hier versuchte, doch irgendwie Fuß zu fassen.

Franks Blick wechselten zu dem Holoschirm an der Decke des Passagierabteils. Die meisten der wenigen Mitreisenden ignorierten die stumpfsinnige Werbung, die marktschreierisch versuchte, den Menschen bewusst zu machen, dass sie ohne die angepriesenen Produkte nicht leben konnten oder doch zumindest sehr unglücklich sein würden. Im Augenblick lief ein Spot des Touristikunternehmens „My Starship“, welches seine Kreuzfahrten zwischen den Sternen anpries. Frank Kerner lächelte. Auf einen solchen Flug war er nicht mehr angewiesen um in den Weltraum zu gelangen. Er war nun Lieutenant und auf dem Weg, seinen Dienst an Bord des Assault-Patrol-Ships D.S. Vickers anzutreten.

Der junge Navy-Offizier sah auf die Zeitanzeige des Holoschirms und verzog missmutig das Gesicht. Der Zug hatte Verspätung. Auch wenn Frank keine Schuld traf, so würde es dennoch keinen guten ersten Eindruck machen, wenn er als Letzter an Bord ging und das Schiff vielleicht sogar auf ihn warten musste.

Frank blickte in den Himmel hinauf. Keine Vögel. Er fand das sehr schade. Insekten gab es inzwischen reichlich, doch die anmutigen Schwingen von Vögeln würde man auf dem Mars wohl noch lange vermissen. Der junge Lieutenant lachte leise. Seltsam. Er liebte Vögel, aber er hasste das Fliegen. Genau genommen hatte er Höhenangst. Der Weltraum machte ihm nichts aus, selbst wenn er dort in einer durchsichtigen Klarstahlkuppel stand und das bodenlose Nichts unter sich hatte. Doch sobald er ein Shuttle bestieg, dann empfand er Furcht, die er nur mühsam unterdrücken konnte.

Er erinnerte sich nur zu gut an die Sturzlandung, die zum Ausbildungsprogramm aller Navy-Offiziere gehörte. Ein verdammtes Fast Landing Vehicle der Sky-Cavalry, vollgepfercht mit Ensigns der Navy und mit einer dreiköpfigen Besatzung hartgesottener Raumkavalleristen, denen es sichtlich Freude bereitet hatte, den Offizieranwärtern zu zeigen, wie die Kavallerie eine schnelle Planetenlandung durchführte. Das FLV hatte sich dicht vor der Atmosphäre „auf die Schnauze“ gestellt und war dann mit Höchstwerten senkrecht in die Lufthülle eingedrungen. Frank Kerner erinnerte sich an das zunehmende Heulen und Toben der verdrängten Luft, an das Knacken und Knistern des Rumpfes und die Gewissheit, dass es sich früher oder später einfach in einen Feuerball verwandeln musste. Natürlich war das nicht geschehen. Die verdammte Flightcrew der Sky-Cav hatte das Landungsboot butterweich zu Boden gebracht. Doch während des Fluges hatten viele der Ensigns geschrien. Frank nicht. Er war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich in den Haltebügeln und Gurten seines Sitzes festzukrallen und das Bocken des Sitzes zu überstehen. Frank hatte auch nicht zu jenen gehört, die ihren Mageninhalt nicht bei sich behalten konnten. Trotzdem… Wenigstens war nicht viel in seiner Blase gewesen, so dass niemand bemerken konnte, dass er sich eingenässt hatte. Nein, die verdammte Cav mit ihren blitzschnellen Planetenlandungen war nicht sein Ding. Er war froh, sich für die Navy entschieden zu haben.

Kerner blickte erneut auf die Zeitanzeige und musterte die anderen Passagiere im Abteil. Der Mono-Rail bot Platz für Einhundert, doch es saßen kaum ein Dutzend in den bequemen Sitzen. Eigentlich kein Wunder. Der nächste Halt und zugleich die Endstelle dieser Linie, war die Naval Academy und dorthin fuhr nur, wer Anwärter, Lehrkraft oder sonstiger Angestellter war. Die Marine-Akademie des Direktorats war eine kleine Institution. Dort hielten sich selten mehr als zweihundert Anwärter auf und der Lehrkörper umfasste knapp fünfzig Instruktoren und Lehr-Offiziere. Dazu kamen hundertfünfzig Männer und Frauen, die den Betrieb am Laufen hielten und sich um Versorgung und Gebäude kümmerten. Die Navy hatte bislang keinen höheren Bedarf gehabt, denn die Flotte umfasste derzeit nur knapp über hundert Kreuzer. Nach den ersten Kämpfen gegen die Hantelschiffe der Greens lagen einige davon in den Docks und mussten langwierigen Reparaturen unterzogen werden.

Die Bedrohung durch das Alien-Volk hatte das Direktorat aus einer langen Phase des Friedens aufgeschreckt. Vielleicht würde man die Naval Academy nun vergrößern. Jedenfalls gab es jetzt ein Programm zum raschen Ausbau der Navy.

Wie beunruhigt die Bevölkerung der Direktoratswelten durch den Green-Überfall auf Regan III war, zeigte sich auch daran, mit welchen Blicken man Frank nun gelegentlich bedachte.

Er trug die formelle Dienstuniform der Sky-Navy, mit graublauer Hose und dunkelgrüner Jacke, dazu ein hellgraues Barett und schwarzes Schuhwerk. Das mittelblaue Band um die Einfassung des Baretts und die gleichfarbigen Schulterklappen zeigten seine Zugehörigkeit zur Navy, da die Sky-Cavalry diese in Gelb trug. An der Seite der Kopfbedeckung befand sich der kreisrunde Aufnäher mit dem Wappen der Flotte. An den Außennähten der Schultern, quer über die Schulterklappen, waren die schmalen „Boxes“ befestigt. Die beiden schlanken silberfarbenen Balken an ihren vorderen und hinteren Enden zeigten, das Frank den Rang eines Second-Lieutenant innehatte.

Früher hatte man seine Uniform meist ignoriert. Doch jetzt, mit der Bedrohung durch die Greens, hatte sich das geändert. Blicke trafen Frank Kerner und die damit unausgesprochene Frage, ob die Navy stark genug war, der Gefahr zu begegnen. Es war nicht möglich gewesen den Überfall auf die Siedlungswelt geheim zu halten und auch nicht, dass die Navy, trotz eines Sieges, herbe Verluste erlitten hatte.

Ja, die Menschen waren in Sorge, doch Frank wäre nicht in der Lage gewesen, ihnen Sicherheit zu vermitteln, denn nach dem, was er in der Akademie gehört hatte, waren die Greens zwar technisch nicht sonderlich überlegen, befanden sich jedoch in erdrückender Übermacht. Zudem schienen sie die Positionen menschlicher Welten zu kennen, während der Ursprung der Aliens vollkommen unbekannt war.

Ein Schatten fiel auf Franks Gesicht und er wandte sich erneut dem Fenster zu. Über der Wüste waren rötliche Schleier erkennbar, die immer dichter wurden. Dort braute sich einer der typischen Marsstürme zusammen. Glücklicherweise waren sie nach den Erfolgen des Terraforming nicht mehr ganz so zerstörerisch, dennoch blieben sie eine Gefahr für jedermann, der sich ungeschützt im Freien aufhielt. Frank beobachtete die entstehenden Sandwirbel. Das ging in Richtung auf Mars-Central. Wahrscheinlich würden dort bald die Sirenen heulen und die Warnlichter blitzen, damit die Leute die festen Gebäude aufsuchten. Früher hatte die ganze Stadt unter mehreren schützenden Klarstahl-Kuppeln gelegen, aber inzwischen war sie gewachsen und viele Bauten lagen außerhalb der alten Kuppeln. Die Luft war atembar geworden. Vor allem, weil man den Luftdruck endlich an die Erdnorm hatte anpassen können. Nur in den Sturmfronten fiel er dramatisch ab. Wer dort keine Verdichtermaske oder einen geschlossenen Raumanzug trug, der war verloren.

Ein melodischer Gong ertönte und eine freundliche Stimme bereitete die Passagiere darauf vor, dass man den Endpunkt der Strecke bald erreichen werde.

Frank Kerner erhob sich, zog die Uniformjacke glatt und nahm sein Handgepäck von der Ablage. Er wollte und durfte keine Zeit verlieren, in dem er erst zu den Türen ging, wenn der Mono-Rail gehalten hatte. Eine halbe Stunde Verspätung… Ein mieser Anfang für seinen ersten Posten als Offizier auf einem Raumkreuzer.

Frank ging durch den Mittelgang und trat in den Türbereich, der aus Sicherheitsgründen als Druckschleuse ausgebaut war. Durch die Scheiben der Doppeltür sah er die Landschaft vorbei gleiten. Er beugte sich etwas vor, um besser in Fahrtrichtung sehen zu können. Ein Stück voraus war nun die Kuppel der Naval Academy zu erkennen. Sie besaß einen Durchmesser von knapp dreihundert Metern und reichte aus, die komplette Anlage zu schützen. Sie war in den Anfängen der Marsbesiedelung errichtet worden. Plas-Beton, Klarstahl und Bauschaum vermittelten einen zweckgebundenen Eindruck. Es gab ein Sammelsurium an Kommunikationsantennen. Die typische Form einer Nullzeit-Funkantenne war eigentlich der einzige Hinweis auf die besondere Bedeutung der Anlage.

Hinter dem Areal der Akademie bemerkte Frank undeutliche Konturen. Als der Zug näher kam und sich der Winkel veränderte, sah er, dass es sich um die gelandete D.S. Vickers handelte. Sicherlich tat er den Konstrukteuren unrecht, doch irgendwie erinnerte ihn das Schiff auf seinen drei grazilen Landestützen an ein kauerndes Insekt.

Von welcher Position aus man ein Schiff der Sky-Navy auch betrachtete… In seiner Grundform entsprach es stets einem flachgedrückten Achteck, dessen zum Bug weisende Seite gestreckt wirkte. Der Kreuzer war flach und breit, und somit durchaus geeignet, die mächtigen Staustrahltriebwerke zu unterstützen, die unter nahezu jeder atmosphärischen Zusammensetzung arbeiten konnten.

Der Rumpf des modernen APS-Kreuzers war um die zweihundertdreißig Meter lang, an die sechzig breit und kaum dreißig hoch. Er wirkte, trotz seiner Größe, schlank und fast zierlich. An der Oberseite und der Unterseite gab es je eine Kuppel, die jede vierzig Meter durchmaßen und sich noch fünfzehn Meter über den Rumpf erhoben. In ihnen befanden sich die beiden schweren doppelläufigen Railguns des Schiffes. Es gab keine erkennbaren Antennen oder Radarschüsseln. Die jeweils vier, knapp zwei Meter durchmessenden, Türme auf der Oberschale und Unterschale des Mittelschiffes, welche die Normalbewaffnung enthielten, waren eingefahren und nicht sichtbar. Ansonsten wirkte die Hülle glatt. Nur an den etwas dunkleren Linien war zu bemerken, wo die Segmente der Panzerung miteinander verbunden worden waren.

In Äquatorhöhe konnte man die farbig hervorgehobenen Einfassungen von Hangartoren sehen. Der Kreuzer war in der Lage bis zu zwei Landungsboote vom Typ FLV und zwei Jagdbomber vom Typ Superbolt aufnehmen. An Bug und Heck befanden sich auf jeder Seite die typischen Schächte der Staustrahltriebwerke. Die Dimension der insgesamt vier Triebwerke ließ keinen Zweifel, dass dieses Schiff für atmosphärische Manöver und Landungen geeignet war.

Bei den älteren Kreuzern befand sich die Brücke am Bug, bei den neuen Konstruktionen hingegen auf der Oberschale, im Übergang vom vorderen zum mittleren Rumpfdrittel. Ihre Außenseiten bestanden vollständig aus Klarstahl. Im Gefechtsmodus wurde sie in den Rumpf eingefahren und von einer Panzerblende geschützt.

Die Außenhülle des Kreuzers bestand vollständig aus Tri-Stahl und war in der weiß-grauen Farbe der Direktoratsschiffe gehalten. Ein mittelblauer breiter Farbbalken zog sich schräg von hinten zur Mitte und wies die Zugehörigkeit zur Sky-Navy aus. In kräftiger mittelblauer Schablonenschrift war im vorderen Drittel die Kennung des Schiffes lesbar. Die große Kennziffer 103 und der Namenszug D.S. Vickers. Parallel zu dem blauen Balken verlief ein schmaler gelber, der darauf hinwies, dass Franks neues Schiff, neben der Navy-Besatzung, auch eine Abteilung der Sky-Cavalry an Bord haben würde.

Die Vickers befand sich seit über zwei Jahren im Dienst und es gab einen besonderen Grund, warum sie, was für einen Kreuzer ungewöhnlich schien, bei der Akademie gelandet war. Das Schiff war Bestandteil eines neuen Rotations-Systems, welches man erst vor Kurzem eingeführt hatte um die Navy schnellstmöglich zu vergrößern. Dazu gehörten neue Schiffe und neue Besatzungen sowie das Verfahren, dass die Navy alte Besatzungen gegen neue austauschte.

Als man Frank Kerner eröffnete, dass er auf die „alte“ Vickers und nicht einen der ganz neuen APS-Kreuzer kommandiert werden würde, hatte der Akademie-Offizier seinen Gesichtsausdruck richtig interpretiert und den frisch gebackenen Lieutenant scharf angesehen. „Zwei Dinge will ich Ihnen mit auf den Weg geben, Mister Kerner“, hatte der Offizier mit ruhiger Stimme gesagt. „Erstens… Sie werden dort Ihren Dienst versehen, wo die Navy Sie benötigt und nicht dort, wo Sie ihn gerne versehen würden. Zweitens… Früher oder später kommen Sie, sofern Sie sich bewähren, auch auf ein ganz neues Schiff. Eigentlich brauche ich Ihnen das nicht zu erklären, aber da Sie mich mit Ihren Hundeaugen so treu anblicken, will ich eine Ausnahme machen. Jedes brandneue Schiff hatte seine kleinen Mängel und Eigenheiten. Es dauert eine Weile, bis eine Crew da durchsteigt und alle Problemchen des Schiffes beherrscht. Die alte Mannschaft der Vickers hat ihr Schiff im Griff und sie ist nun auch erfahren darin, die Schwachstellen eines anderen Schiffes zu erkennen. Also stopfen wir die alte Crew der Vickers in einen Neubau, mit dem sie sich herumärgern kann. Sie, Mister Kerner, und eine Menge anderer Leute, ersetzen die alte Mannschaft. Damit sie nicht im Dunkeln herum stolpern, lassen wir eine Handvoll Angehörige der alten Crew noch an Bord. Die leitet Ihnen die Hand und weist auf die erkannten Eigenheiten der Vickers hin. Das hilft der neuen Crew, alte Fehler zu vermeiden. Nach einem Jahr werden Sie und die anderen Neulinge die „alte“ Crew sein. Dann beginnt das Spiel von neuem, Mister. Mit dem Unterschied, dass Sie dann zur alten Besatzung gehören und vielleicht auf ein ganz neues Schiff kommen. Natürlich nur, sofern Sie sich bewähren, aber das erwähnte ich wohl schon.“

Nun, immerhin verstand Frank, dass die Navy kein neues Schiff mit einer Mannschaft aus Neulingen in den Raum hinaus schicken wollte.

Der Mono-Rail bremste ab. Frank glich die Bewegungen aus und sah wie der Zug in den Schutz der Kuppel einfuhr. Hinter seinen zwei Wagen würde sich das Außenschott schließen, auch wenn kein Druckabfall mehr zu befürchten war.

Der Bahnsteig glitt näher.

Frank beobachtete drei Ensigns, die als Offiziersanwärter zu den Schülern der Akademie gehörten. Sie trugen, genau wie er, die volle Dienstuniform und nicht die schlichten Overalls, die beim Innendienst oder an Bord üblich waren. Die Drei wollten ihre Freizeit wohl ebenfalls in Mars-Central verbringen. Nur zu verständlich. Freizeit und Freizeitangebot waren in der Naval Academy gleichermaßen begrenzt.

Der junge Offizier erwiderte automatisch den Gruß der Ensigns und überlegte dabei, wie er wohl am schnellsten zur Vickers gelangen konnte.

Es war wirklich verdammtes Pech, dass der Zug Verspätung hatte.

Wäre er pünktlich eingetroffen, dann hätte Frank Kerner an der Ansprache des Hoch-Admirals der Flotte teilgenommen, der extra von der Haupt-Flottenbasis Arcturus ins solare System gekommen war, um dem ersten Mal des neuen „Rotationsprinzips“ der Flotte beizuwohnen und der neuen Crew Glück zu wünschen. Jetzt war der ganze Zirkus vorbei und die neue Crew war inzwischen, mit einer Handvoll der alten, mit Hover-Bussen zum Kreuzer gebracht worden.

Frank hatte keinen Platz in einem der Busse gefunden. Nun gut, die Entfernung zum Landefeld betrug nur knappe drei Kilometer und war zu Fuß nicht unüberwindlich.

Er schulterte sein Handgepäck, welches, wie schon seit vielen Generationen in jeder Marine, im Wesentlichen aus einem Seesack bestand, und verfiel in den typischen Laufschritt, den man ihm vor Jahren im Mars Military Training Center beigebracht hatte. Zwar fehlten die anfeuernden Bosheiten der Unteroffiziere, aber Frank fand sofort wieder den richtigen Rhythmus. Zwanzig Schritt laufen, zehn Schritte gehen und dann wieder von vorne. Eine schnelle und Kräfte sparende Version, die man, wie der Ausbilder zumindest behauptete, von einem irdischen Indianerstamm übernommen hatte.

Das Schiff kam näher. Frank war froh, dass dort noch Bewegung herrschte. Das fehlte noch, dass der Captain wegen ihm warten musste, um auf den Startknopf zu drücken…

Die Hauptschleuse in Höhe des Schiffsäquators, gute dreißig Meter über dem Boden, wurde gerade geschlossen und der „Leiterwagen“, der den bequemen Zugang ermöglichte, zog seinen Ausleger ein. Für eine Bodenlandung war die Schleuse dort oben relativ unbequem, aber beim Andocken im Raum ideal. Immerhin war die kleine Frachtschleuse in der unteren Railgun-Kuppel geöffnet. Ein paar Kisten wurden noch verladen, was Frank einen erleichterten Seufzer entlockte.

Kurz darauf betrat er die Frachtschleuse. Wie auf allen Navy-Schiffen und in jeder Schleuse waren hier, an der zum Heck weisenden Seite, zwei große Embleme aufgemalt: Das Hoheitszeichen des Direktorats und das Wappen des Schiffes.

Frank nahm vorschriftsmäßig Haltung an und salutierte dem Hoheitszeichen, dann betrachtete das Emblem des Kreuzers. Es war das übliche runde Logo und zeigte den Namenszug „D.S. Vickers“ sowie dessen Registernummer „103“ sowie das Motto des Schiffes: „To the Limit“. Vor allem interessierte Frank jedoch das seltsame rote Objekt, welches im Logo zu sehen war.

„Merkwürdiges Ding“, murmelte er unbewusst.

„Das rote Ding in der Mitte?“

Die Stimme klang freundlich und Frank ging davon aus, dass ihn einer der Ladearbeiter angesprochen hatte. „Ja. Ein merkwürdiger Schiffstyp. Ganz in Rot und mit merkwürdigen Auslegern. Vielleicht waren das Solarzellen… Muss ein sehr alter Raumkreuzertyp sein.“

„Kein Raumkreuzer“, korrigierte die freundliche Stimme. „Das Ding ist sogar noch älter. Damals dachte man noch nicht an Raumschiffe. Das ist ein Doppeldecker vom Typ Vickers. Gab übrigens auch mal eine Waffe, die so hieß. Aber das da ist jedenfalls ein historisches Fluggerät. Ausschließlich für den Atmosphäreflug geeignet.“

„Aha. Danke für die Auskunft. Interessieren Sie sich für so alte…“ Frank wandte sich halb um und erstarrte. Das war kein Ladearbeiter. Der Mann war Offizier, wenn auch nicht von der Navy, und er trug die Abzeichen eines Captains. Unwillkürlich nahm Frank Kerner Haltung an. „Major, Sir, ich bitte um Verzeihung. Ich wusste nicht…“

Der Raumkavallerist ahnte, was der junge Offizier sagen wollte und nahm ihm die Verlegenheit, in dem er die Worte gezielt auf etwas anderes bezog. „Die wenigsten haben heutzutage noch Ahnung von so alten Propellermaschinen. Freut mich, wenn ich Ihnen da aushelfen konnte, Lieutenant…?“

„Kerner, Sir, Frank Kerner.“

Der Mann war Captain bei der Sky-Cavalry, aber traditionsgemäß wurde er an Bord eines Schiffes mit Major tituliert, denn ein Schiff konnte nur einen Captain haben.

„Bill Haynes“, stellte sich der Kavallerist vor. „Ich befehlige das Kommando aus Sky-Troopern an Bord. D-Troop vom zehnten Regiment. Sie gehören also zu der neuen Crew der Vickers? Sie sind ein wenig spät.“

„Die Mono-Rail hatte Verspätung.“

„Wäre ich Navy-Offizier, dann würde ich jetzt sagen, Sie hätten auch einen Zug früher nehmen können. Aber ich bin kein Raumschwimmer, sondern ein Schlammfuß, und so sage ich schlicht: Das kommt vor. Sie haben Glück, dass sich die Beladung hinausgezögert hat. Der Starttermin ist um mehrere Stunden verschoben, da wir noch vier Bälle bekommen.“

„Bälle?“

Haynes lachte. „Diese kugelförmigen Drohnen, welche die Piraten gegen uns eingesetzt hatten. Das High-Command überlegt, wie nützlich uns die Dinger noch sein könnten. Wir bekommen jedenfalls vier Stück für Übungszwecke. In den Kisten, die gerade geliefert wurden, sind übrigens ebenfalls Drohnen und Übungsziele, damit wir und das Schiff unterwegs ein wenig Schießpraxis erhalten. Wie dem auch sei, Sie haben also Zeit, sich beim Captain zum Dienst zu melden. Nach meinen Informationen ist sie in ihrer Kabine.“

„Äh, ja, Sir. Danke, Sir.“ Frank salutierte hastig, nahm seinen Seesack auf und hastete zum Lift hinüber.

Die letzten Ladearbeiter verließen die Schleuse. Alles war sorgsam verstaut und der Kavallerieoffizier tippte an seine Schläfe, um das dortige Implant zu aktivieren. „Hier Haynes. Frachtgut geladen und gesichert. Jetzt fehlen nur noch die Bälle.“

Die Antwort war nicht zu hören. Das Implant war ein kleines Kommunikationsgerät, welches in der Nähe der Schläfe implantiert und von den elektrischen Strömen des menschlichen Nervensystems mit Energie versorgt wurde. Es enthielt eine winzige Tetronik sowie ein miniaturisiertes Funkgerät. Die Reichweite betrug nur wenige Meter, doch in allen Anlagen des Militärs gab es praktisch überall Transponder, welche die Signale aufnahmen, verstärkten und an den Empfänger übermittelten. In diesem Fall war die Meldung von Haynes an den technischen Offizier auf der Brücke übermittelt worden. Seine Antwort war nur für Haynes „inneres“ Ohr hörbar. Der tippte erneut an sein Implant, wählte aber ein anderes Ziel. „Sergeant Leathering, schicken Sie zwei Trooper in die Frachtschleuse. Wir erwarten noch ein paar Stücke Fracht.“

Frank Kerner glitt inzwischen mit dem Lift zum oberen der fünf Decks empor, verließ ihn und folgte dem Hauptkorridor in Richtung auf den Bug. Ein gutes Stück davor lag die Brücke und in deren unmittelbarer Nähe befanden sich die Quartiere der Schiffsoffiziere.

Diejenigen Besatzungsmitglieder, denen er auf seinem Weg begegnete, trugen die schlichten Bordoveralls. Ein paar neugierige Blicke trafen ihn, da er in seiner formellen Uniform auffiel, zumal er noch immer den Seesack mit sich schleppte.

Endlich erreichte er die Kabinen der Offiziere. Der Brücke am nächsten lag die Offiziersmesse, direkt neben ihr die Unterkunft des Captains. Er stellte den Seesack neben die Kabinentür, zog die Uniformjacke straff und drückte dann auf die Kommunikatortaste. Es gab keine Frage, wer da Einlass begehrte. Die druckfeste Platte glitt zur Seite und verschwand in der Schottwand.

Frank sah einen Mann und eine Frau an einem winzigen Tisch sitzen, die von einem Holoschirm aufblickten und ihn musterten. Ein Mann und eine Frau und beide trugen den Bordoverall eines Captains… Wem sollte ermelden? Er erinnerte sich an Haynes Worte. Der hatte von einem weiblichen Kommandanten gesprochen.

„Nun?“ Der Mann hob eine Augenbraue und stieß einen leisen Seufzer aus. „Was wollen Sie, Mister?“

Frank nahm Haltung an und salutierte. „Second-Lieutenant Kerner meldet sich zum Dienst auf D.S. Vickers, Captain, Ma´am.“

Die Zeit der sogenannten „political correctness“, in der man sich beim Militär geschämt hatte, ein weibliches Wesen auch als solches anzusprechen, war schon seit Jahrhunderten überwunden.

Die Frau erhob sich und erwiderte den Gruß formell. „Willkommen an Bord, Mister Kerner. Ich bin Captain Juliet Harper, Kommandantin der Vickers, und dies neben mir ist Captain Piet van der Dongen, der vorherige Kommandant. Er wird uns auf diesem Flug als Berater begleiten. Damit keine Missverständnisse aufkommen wird er an Bord als Senior-Captain bezeichnet.“

„Aye, Ma´am.“

Harper war klein, sehr fraulich und hatte strohblonde Haare, die so kurz geschnitten waren, dass es an einen Kahlschlag erinnerte. Ihr Lächeln wirkte herzlich. Van der Dongen war eher das Gegenteil. Außergewöhnlich groß, trainiert und finster blickend. Nur der Haarschnitt war nahezu identisch. Kerner fragte sich, ob es Bedingung für Captains war, sich eine Frisur zuzulegen, die an jene erinnerte, die bei der Sky-Cavalry üblich war. Dort sicher aus gutem Grund, da die Kavalleristen auf die Sensorik ihrer Kampfhelme zugreifen mussten. Lange Haare störten da eher.

Captain Harper wandte sich der Tetronik zu und rief Kerners Dateien auf. „Wie ich sehe haben Sie die Ausbildungen in den Bereichen der Brücke mit Auszeichnung bestanden.“

„Ja, Ma´am.“

Van der Dongen hob erneut eine Augenbraue. „Wohl keine echte Praxis, sondern Virtual Reality.“

„Das ist richtig, Sir“, bestätigte Kerner.

Statt die neuen Mannschaften in einem realen Schiff auszubilden und dieses so aus dem normalen Dienst auszumustern, trainierte man in virtuellen Objekten.

„Kein wirklicher Ersatz“, brummte van der Dongen.

Captain Harper war nur bedingt seiner Meinung. Die Ausbildung mit VR hatte sich schon oft bewährt, zumal die Simulatoren nicht nur räumliche Perspektiven und „greifbare“ Objekte boten, sondern zusätzlich auch Geräusche, Gerüche und, dank des Shriever-Systems, verschiedene Schwereverhältnisse und Andruck simulierten.

Van der Dongen bemerkte die Skepsis der Frau und lächelte. „Man weiß jederzeit, dass man sich in einer Simulation befindet und dass die Gefahren nicht echt sind. Man kann in der VR ganz ausgezeichnete Bewertungen erhalten und in realen Situationen dann kläglich versagen.“

„Nun, das stimmt natürlich“, räumte Harper ein. „Aber man kann ebenso versagen, wenn man auf einem realen Schiff gedient hat.“

Der Senior-Captain zuckte mit den Schultern. „Ihre Crew hat ausschließlich virtuelle Erfahrung und ist erst seit zwei Wochen an Bord. Ich will hoffen, dass sie sich bewährt.“

„Mit Ihrer Hilfe, Senior-Captain, und der Ihres Teams aus der alten Mannschaft, wird uns das sicherlich gelingen“, meinte Harper.

Frank Kerner blickte stur geradeaus. Auf einen Punkt, jenseits der Schultern der beiden Captains. Er spürte deutlich, dass zwischen diesen keine uneingeschränkte Harmonie herrschte.

Harper musterte Frank erneut. „Im Grunde ist die Vickers ein Schulschiff.“ Sie ignorierte die aufkeimende Empörung des früheren Captains. „Aber in der derzeitigen Bedrohungslage durch die Greens kann es sich die Navy nicht leisten, einen modernen Kreuzer für reine Schulungsaufgaben abzustellen. Dieses Schiff, Mister Kerner, wird zwar keinen normalen Patrouillenflug durchführen, aber wir sind im Raum und wenn wir in einer Notsituation angefordert werden, dann kann die Navy keine große Rücksicht auf den Status der Vickers nehmen. Das bedeutet, Mister Kerner, dass dieser Flug, bei dem sich die neue Crew an ihr Schiff gewöhnen soll, jederzeit zu einem Kampfeinsatz werden kann. Ich werde die Fähigkeiten meiner Mannschaft also bestmöglich nutzen. Sie sind zwar für die Brücke qualifiziert, aber die Besetzung dort ist bereits vollständig. Ich kann Sie nicht einmal zusätzlich dazwischenquetschen, da Senior-Captain van der Dongen und sein Senior-Chief Huggins bereits als unsere Berater die Notsitze in Beschlag nehmen. Wie ich den Unterlagen entnehme, sind Sie als Antriebs-Ingenieur qualifiziert. Sie werden Ihren Dienst daher in der Maschinenkontrolle versehen und sich bei meinem leitenden Ingenieur, Chief Farling, melden. Ihr Quartier ist übrigens in Kabine 5-06, schräg gegenüber von meinem Quartier. Vermutlich werden Sie Ihr Gepäck erst verstauen wollen, bevor Sie bei Farling antreten.“

„Aye, Ma´ am. Danke, Ma´am.“

Frank Kerner salutierte den beiden Captains, wartete deren Erwiderung ab und machte dann eine perfekte Kehrtwendung.

Augenblicke später schloss sich die Kabinentür hinter seinem Rücken und der junge Lieutenant atmete mehrmals tief durch, bevor er seinen Seesack aufnahm und Kabine 5-06 aufsuchte.

Ein Zwei-Mann-Quartier. Für Offiziere schon durchaus ein Luxus, denn die Unterbringung der Crew eines Kreuzers war eher spartanisch. Mannschaften teilten sich Quartiere für jeweils acht Personen, wobei es keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern gab.

Frank Kerner stellte fest, dass sein Mitbewohner die untere Koje belegte. Er suchte den freien Teil des Schranks, öffnete seinen Seesack und verstaute die wenigen Utensilien.

Wenig später trug er ebenfalls den schlichten Bordoverall. Der rechte Ärmel zeigte das Emblem der Sky-Navy, doch der linke war noch leer. Frank würde sich erkundigen, wo er den Aufnäher für die Vickers bekam. Immerhin… Er war jetzt Offizier der Navy, hatte sein erstes Bordkommando in dieser Funktion und war bereit, seinen Dienst zu versehen.

€0,99

Žanrid ja sildid

Vanusepiirang:
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Objętość:
220 lk 1 illustratsioon
ISBN:
9783742749550
Kustija:
Õiguste omanik:
Bookwire
Allalaadimise formaat:
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