Loe raamatut: «Grundwissen Sportmanagement», lehekülg 2

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✱ Weiterführende Literatur

BMI (Bundesministerium des Innern), 2014: 13. Sportbericht der Bundesregierung/Deutscher Bundestag Drucksache 18/3523. Berlin. Downloadadresse: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2014/13_sportbericht.pdf?_blob=publicationFile

Horch, H. D./Schütte, N., 2003: Kommunale Sportverwaltung. Analysen zur Verwaltungsreform und zum Berufsfeld. Köln: ASS.

1.5.3 Der dritte Sektor – Vereine, Verbände, Stiftungen

Der dritte Sektor fasst alle nichtstaatlichen Organisationen zusammen, die nicht Erwerbszecken dienen. Sie sind im Sport von besonderer Bedeutung. Schließlich gehören über 90.802 Sportvereine mit 27.775.763 Mitgliedschaften (Stand 2013/ DOSB 2014, 1ff) und die diversen Sportverbände in diese Kategorie.

Die Definition, was ein Sportverein und was ein Sportverband ist, lässt sich trennscharf anhand ihrer Funktionen festlegen. Die Hauptfunktion eines Sportvereins ist die Ausübung von Sport. Sie entstanden, als Sportler sich zu Gruppen zusammenschlossen und diesem Zusammenschluss eine formale verbindliche Struktur gaben. Bald stellte man fest, dass man für Wettbewerbe einheitliche Regeln brauchte und auch für das Organisieren von Meisterschaften eine überparteiliche Instanz gebraucht wurde. So entstanden typischerweise die Verbände in Deutschland. Sie sind rechtlich nichts anderes als Vereine, nämlich eingetragene Vereine (e.V.). Im Lauf der Zeit übernahmen sie noch weitere Aufgaben. Verbände betätigen sich als sportliche Gerichtsinstanzen, bilden Schiedsrichter, Trainer und auch Sportmanager aus. Sie vertreten die Vereine und die Interessen des Sports gegenüber Dritten. Das sind vor allem staatliche Instanzen, von denen die Vereine Subventionen erhalten oder Sportanlagen nutzen. Aber auch gegenüber wirtschaftlichen Interessenten vertreten Verbände die Vereine, so z. B., wenn es um den Verkauf von Übertragungsrechten von Meisterschaften geht. Verbände sind unterschiedlich organisiert. Einige, wie der adh (Allgemeiner Deutscher Hochschulsportverband), haben nur juristische Personen, also keine lebendigen Personen, sondern nur Organisationen als Mitglieder. Im Falle des adh sind dies die einzelnen Hochschulsportorganisationen (adh 2015).

Vereinen und Verbänden ist gemeinsam, dass sie Non-Profit-Organisationen (NPO) sind. Der Begriff der NPO stammt aus der Wirtschaftswissenschaft. Die Organisation dient nicht dem Profit von Eignern, wie etwa der erwerbswirtschaftliche Betrieb. Sie können durchaus auch Profite erwirtschaften, aber diese werden nicht an die Anteilseigner (den sogenannten Shareholdern) ausgeschüttet. Diese Besonderheit wird auch als nondistributional constraint (Hansmann 1980) bezeichnet. Wenn kein Besitzer Profit machen darf, wohin gehen dann aber die Gewinne, die, wie eben festgestellt wurde, durchaus vorhanden sein können? Sie werden für die Mission der Organisation verwendet. Dies zeigt sich besonders deutlich bei der sogenannten Quersubvention. So werden in einem Verein Profite aus der Gastronomie genutzt, um Sportreisen für die Jugendabteilung oder Anschaffungen für Leistungssport zu ermöglichen.

Leider sind staatliche Organisationen ebenfalls nicht profitorientiert. Daher finden sich auch Autoren, die diese als Non-Profit-Organisationen bezeichnen. In diesem Lehrbuch wird er jedoch für private Organisationen reserviert.

Ein anderer Ansatz, der aus der Soziologie stammt, ist der der Voluntary Association bzw. der freiwilligen Vereinigung. Das Konzept stammt aus den USA (z.B. Sills 1968). Es wurde insbesondere durch die Arbeiten von Heinemann (1995) und Horch (1983, 1992) in Deutschland bekannt und spezifisch ausgebaut. Eine freiwillige Vereinigung ist nach Heinemann und Horch (1981) eine Organisation, die fünf Strukturbesonderheiten aufweist:


[1]Freiwilligkeit der Mitgliedschaft: Die Mitgliedschaft wird freiwillig und nicht durch Geburt oder durch Zwang erworben. Es besteht also die objektive Alternative der Nichtmitgliedschaft. Daher sind die Mafia (man kann nicht austreten) oder die Industrie- und Handelskammern (Zwangsmitgliedschaft) keine freiwilligen Vereinigungen.
[2]Autonomie: Die Organisation ist vom Staat und von Nichtmitgliedern unabhängig. Sie verfolgt in eigener Verantwortung ihre Ziele und Interessen.
[3]Interessenidentität: Die Interessen der Mitglieder und das Ziel der Organisation sind identisch. Die Organisation orientiert ihre Leistungen an den Interessen ihrer Mitglieder. Daher sind Betriebe keine freiwilligen Vereinigungen. Mitarbeiter sind in erster Linie Mitglied in einer Firma, um ihren Lebensunterhalt, also Geld, zu verdienen. Das Produkt der Firma spielt nicht die erste Rolle.
[4]Demokratie: Die Organisation hat eine demokratische Entscheidungsstruktur. Zumindest formal ist das Mitglied oberster Souverän. Es gibt auch keine Hierarchie wie in Unternehmen oder beim Staat.
[5]Ehrenamtlichkeit: Ehrenamtliche Mitarbeit ist das Arbeiten für die Organisation, ohne eine Gegenleistung insbesondere in Form von Geld zu erhalten. Es ist ein wesentliches Element in der Finanzierung der Vereinigung.

Diese Aufstellung an Besonderheiten wirkt zunächst plausibel, aber im zweiten Moment kommen Fragen auf: In vielen Sportvereinen finden sich bezahlte Kräfte, sie erhalten staatliche Subventionen, es kann einen Gruppendruck zur Mitgliedschaft in einem Verein geben, es regieren Präsidenten, die machen, was sie wollen usw. Diese Einwände sind richtig und werden in der Theorie der freiwilligen Vereinigung hinreichend berücksichtigt. Denn die fünf Strukturbesonderheiten bilden einen Idealtypus. Idealtypen sind ein analytisches Hilfsmittel. Sie dienen der begrifflichen Erfassung komplexer sozialer Sachverhalte. Durch Überspitzung und Isolierung von Merkmalen wird ein allgemeiner Begriff aufgebaut, mit dem Einzelfälle nach ihren Besonderheiten untersucht werden können. Idealtypen sind konstruierte Hilfsmittel und müssen deswegen nicht unbedingt in reiner Form in der Wirklichkeit vorkommen (Hempel 1980, 90). Je stärker die Eigenschaften zutreffen, umso eher handelt es sich um eine freiwillige Vereinigung mit ihren typischen Eigenschaften:


Je freiwilliger die Mitgliedschaft ist,
je autonomer von Staat und Wirtschaft die Organisation ist,
je größer die Interessenidentität von Organisation und Mitgliedern ist,
je ausgeprägter die Demokratie und
je stärker die Ehrenamtlichkeit ist,

umso mehr handelt es sich um eine freiwillige Vereinigung, umso eher hat die Organisation bestimmte Eigenschaften (Horch 1983). So gilt: Je stärker diese Eigenschaften sind, umso mehr wird die Organisation durch Personen (Personalisierung) bestimmt bzw. umgekehrt umso weniger durch formale Strukturen.

Wir konnten feststellen, dass es zwei verschiedene definitorische Einordnungen von Sportvereinen und -verbänden gibt. Beinhalten NPOs und freiwillige Vereinigungen die gleichen Organisationen im Sport? Obwohl beide weitgehend die gleichen Organisationen abdecken, findet sich dennoch ein Unterschied: Stiftungen sind NPOs, aber meist keine freiwillige Vereinigungen. Denn Stiftungen haben typischerweise keine demokratische Entscheidungsstruktur. Sie sind Widmungen von Vermögen für einen bestimmen Zweck, der von den Stiftern festgelegt wird, dem sogenannten Stifterwillen. Davon abgesehen sind Stiftungen oft keine Mitgliederorganisationen. Auch wenn viele von den Stiftern geführt werden, so gibt es auch Stiftungen, die erst im Todesfall der Stifter ins Leben gerufen werden. Die Organisation existiert mit ihrem Regelwerk und wird von ausführenden Treuhändern geleitet (Hof 1998).

Während Stiftungen im Sport bisher kaum wissenschaftlich gewürdigt wurden, sind Sportvereine ein zentrales Thema der Sportökonomie und des Sportmanagements. Für Fragen des Sportmanagements sind die sogenannten FISAS-Studien und in ihrer Folge die Sportentwicklungsberichte des DOSB wichtige Quellen. Die Abkürzung FISAS steht für Finanz- und Strukturanalyse. Durch sie steht eine Reihe von repräsentativen empirischen Erhebungen der deutschen Sportvereine zur Verfügung. Darüber hinaus beinhalten diese Studien auch wichtige theoretische Beiträge. Zu nennen sind die Studien von Schlagenauf (1977), Timm (1979), Heinemann und Schubert (1994) und von Emrich, Pitsch und Papathanasiou (2001).

Seit 2005 firmiert der Bericht nicht mehr unter dem Namen FISAS, sondern unter dem Titel Sportentwicklungsbericht für Deutschland (SEB). Im Turnus von zwei Jahren erscheinen seitdem die Berichte. Über den letzten Bericht kann man sich auf der Website des DOSB informieren. Aktuell ist der letzte 2015 erschienen (Breuer 2015). Eine ähnlich intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Sportverbänden sucht man vergeblich. Zu nennen sind aber die klassische Studie von Winkler und Karhausen (1985), die Berufsfeldforschung Sportmanagement im selbstverwalteten Sport von Horch/Niessen/Schütte (2003) und vor Kurzem von Fahrner (2005).

✱ Weiterführende Literatur

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) 1998: Handbuch Stiftungen. Wiesbaden: Gabler.

Horch, H.-D., 1983: Strukturbesonderheiten freiwilliger Vereinigungen. Analyse und Untersuchung einer alternativen Form menschlichen Zusammenarbeitens. Frankfurt a. M./New York: Campus.

1.5.4 Fazit

Die Einteilung der Vielfalt der Organisationen in drei Sektoren ist kein Selbstzweck. Typologien sind Vorformen von Theorien. Sie unterscheiden einen Merkmalsraum nach klaren Kriterien. Die Typen beschreiben zunächst den Merkmalsraum, aber in einem nächsten Schritt lässt sich vom Typ auf bestimmte Eigenschaften schließen: wenn Typ A dann X; Wenn Typ B dann Y usw. (Hempel 1980). Die Typen der Drei-Sektoren-Theorie lassen so auf bestimmte Eigenschaften der ihnen zugehörigen Organisationen schließen. So funktionieren moderne staatliche Organisationen nach bürokratischen Regeln und dienen hoheitlichen Aufgaben, etwa dem Umsetzen von Gesetzen oder der Landesverteidigung. Erwerbswirtschaftliche Betriebe dagegen folgen dem Profitziel und der daraus sich ableitenden Logik. Der „dritte Sektor“ – so wird von Wex (1999) argumentiert – besitzt ebenfalls eine eigene Logik und zwar die der Assoziationslogik. Die Organisationen des dritten Sektors dienen den zusammengeschlossenen Interessen – auch hier muss sich alles dieser Logik unterordnen.

Damit unterliegt auch das Management jeweils der jeweiligen Sektorlogik und muss berücksichtigt werden. Im Folgenden wird auf die verschiedenen Sektoren immer wieder eingegangen.

✱ Weiterführende Literatur

Heinemann, K., 2004: Sportorganisationen. Schorndorf: Verlag Karl Hofmann.

Wex, Th., 2004: Der Nonprofit-Sektor der Organisationsgesellschaft. Wiesbaden: Gabler.

1.6 Sportmanagement und Sportökonomie

1995 fand an der Deutschen Sporthochschule in Köln die Klausurtagung eines neuen Institutes statt, an der auch der Autor teilnahm. Auf der Tagung ging es auch um den Namen für das Institut. Sollte es Institut für Sportmanagement oder für Sportökonomie heißen? Die Antwort war damals genauso wenig einfach, wie sie heute ist. Man entschied sich für ein entschiedenes Sowohl-als-auch: Institut für Sportökonomie und Sportmanagement. Wie Pawlowski (2013) in einem Überblicksartikel schreibt, ist die Konfusion rund um die beiden Begriffe nach wie vor sehr groß.

Dabei hängt es vor allem davon ab, ob man ein enges oder ein weites Verständnis von Ökonomie hat. Das enge Verständnis grenzt alle nicht rein ökonomischen Fragestellungen konsequent aus, um sich nur um die eigenen Themen zu kümmern. Im Grunde geht es nur darum, ökonomische Theorien auf den Sport anzuwenden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Definition von Daumann (2011, 3):

„Sportökonomie ist die Anwendung des betriebswirtschaflichen und volkswirtschaftlichen Instrumentariums auf einzelne Bereiche des Sports.“

Diese puristische Perspektive führt aus Sicht des weiten Verständnisses dazu, dass wichtige Fragestellungen so nicht zu beantworten sind. Daher werden auch Begründungen und Einflüsse durch Variablen, die nicht rein ökonomischer Natur sind, nicht nur zugelassen, sondern geradezu gefordert. So argumentiert z. B. Heinz-Dieter Horch, wenn mit den Besonderheiten der Sportökonomie und des Sportmanagements argumentiert wird und ein eigenes Fach für gerechtfertigt anerkannt wird (Horch 1999, 7 und Horch in Horch/Schubert/Walzel 2015, 2f). Die gleiche Argumentation findet sich auch bei Granvogel und Perridon (2000, 4ff), die für eine Sozioökonomie – oder vielleicht besser ausgedrückt für ein sozioökonomisches Denken – plädieren.

Wenn man den weiten Begriff verwendet, verwischen die Grenzen zwischen Sportmanagement und Sportökonomie zusehends, die Schnittmenge von beiden wird beträchtlich. Nimmt man den engen Begriff, so bleiben zwei Bereiche über, die noch eine deutlich geringere und sehr kleine Schnittmenge haben. Denn der Begriff des Sportmanagements impliziert viele außerökonomische Faktoren, die aus der Psychologie genauso wie aus der Soziologie stammen. Nur reduziert auf eine puristische ökonomische Grundlage würden Faktoren und Tatsachen ausgeblendet, ohne die man Organisationen nicht steuern kann. Management ist im Kern ein Fach, das anwendungsorientiert ist und jede Variable berücksichtigen muss, die hilft, die Steuerung von Organisationen besser zu verstehen und zu optimieren. Dazu gehören eben auch Variablen z. B. aus der Persönlichkeitspsychologie ebenso wie kulturelle Variablen, mit denen sich die Soziologie beschäftigt.

✱ Weiterführende Literatur

Daumann, F., 2011: Grundlagen der Sportökonomie. Konstanz/München: UTB.

Heinemann, K., 1995: Einführung in die Ökonomie des Sports. Schorndorf: Verlag Karl Hofmann.

✱ Repetitorium


1.Warum ist es für die Wissenschaft des Sportmanagements wichtig zu wissen, was man unter Sport versteht?
2.Warum sind Hausfrauen bzw. Hausmänner keine Manager?
3.Was versteht man unter einem Sportmanager?
4.Welche Typen von Sportorganisationen unterscheidet die Drei-Sektoren-Theorie?
5.Warum wird hier der Begriff Sportökonomie nicht als der Oberbegriff zum Begriff Sportmanagement zugelassen?

1 Es sei nur auf die extreme Position der antiautoritären Erziehung hingewiesen, wie sie etwa Neil (1985, zuerst 1960) vertreten hat.

2 Siehe zu den Wandlungen des Sportbegriffs auch Bette (1999, 148f).


2 Geschichte des Sportmanagements

Eine profunde Arbeit über die Geschichte des Sportmanagements liegt bislang noch nicht vor. Einerseits ist das Fach noch zu jung, um danach zu verlangen, und andererseits sind die im Fach aktiven Wissenschaftler mehr an der Gegenwart als an der eigenen Geschichte interessiert. Hier wird auf die Geschichte eingegangen, weil dadurch noch deutlicher wird, was eigentlich ein Sportmanager ist und warum sich dieser Beruf entwickelt hat. Zudem werden einige Schlaglichter auf die Besonderheiten des Fachs geworfen.

Eine detaillierte Geschichte des Sportmanagements kann an dieser Stelle nicht geleistet, aber ein grober Überblick im Stile einer Strukturgeschichte kann gegeben werden. Hierzu soll zunächst die Ausdifferenzierung des Berufs des Sportmanagers beschrieben und anschließend eine kurze akademische Geschichte der Wissenschaft vom Sportmanagement dargestellt werden.

2.1 Ausdifferenzierung des Sportmanagers

Die Vorstellung, dass es Bewegung, Turnen, Spiel und Sport schon immer gegeben hätte, ist in der Sportwissenschaft weit verbreitet, sehr prominent vertreten von Diem (1960) in seiner Weltgeschichte des Sports. Dies soll hier nicht angezweifelt werden, aber man muss dennoch davon ausgehen, dass die kulturelle Einbettung von Bewegung, Turnen, Spiel und Sport sehr variiert. Typischerweise war der Sport zunächst kultisch in religiöse Zeremonien eingebunden und kein eigenes Feld. So waren die Olympischen Spiele der Antike vor allem eins, nämlich eine Feier zur Ehrung des Gottes Zeus, für den Wettbewerbe abgehalten wurden (Sinn 2004). Auch das Ballspiel der Maya wird heute als Teil religiöser Zeremonien angesehen (Eggebrecht/Eggebrecht/Grube 1992). Wenn es nicht Teil von religiösen Festen war, dann Teil der profanen Festkultur. Frühe Formen z.B. des Fußballs waren Wettbewerbe zwischen Dörfern im Rahmen von Festen. Ein Ball wurde genau zwischen beide Dörfer gelegt und alle Bewohner beteiligten sich daran, den Ball durch das Stadttor des anderen Dorfes zu treiben. Neben dieser frühen Form eines Sports für alle gab es auch große Sportevents, an denen nur die Elite, im Mittelalter der Adel, teilnehmen durfte. Das Paradebeispiel sind die Ritterturniere (Niedermann 1980). So unterschiedlich diese Veranstaltungen, diese Feste und Rituale auch sind, so haben sie doch etwas gemeinsam: Es gibt sie nicht, ohne dass sie jemand organisiert. Selbst die Vorformen des Fußballs, die uns heute wie eine ungeordnete Schlägerei vorkommen mögen, brauchten Personen, die den Ort und die Zeit festlegten sowie das Spielgerät bereitstellten. Sport kommt ohne ein Minimum an Organisation nicht aus. Es gibt nur eine extreme Ausnahme, wenn eine Person oder eine Gruppe spontan beschließt, Sport zu treiben, für den man keine Ausrüstung braucht. So kann man spontan ohne Kleidung in einem See schwimmen gehen. Ob man das früher als Sport verstanden hätte, ist unerheblich. Wichtig ist, dass man erkennt, dass jeder Sport – auch die frühen Formen – ohne einen Managementanteil nicht denkbar sind. Man kann den Sport nicht von seinen planerischen Voraussetzungen, von der benötigten Vorausschau trennen. Tatsächlich kann man alle Fayol‘schen Funktionen als wichtig für das Sporttreiben bezeichnen. Das bedeutet, dass das Sportmanagement so alt ist wie der Sport selber.

Man kann sich die – zugegebenermaßen akademische – Frage stellen, ob es Sportmanager schon vor der Moderne gab. Voraussetzung für eine positive Antwort ist, dass man die oben genannten Aktivitäten als Sport bezeichnen kann, was gerade bei den religiös-kultischen Handlungen nicht einfach zu unterstellen ist. Die Frage nach dem „ersten“ Sportmanager ist so faszinierend, wie sie auch niemals sicher zu beantworten ist. Sie kann im Rahmen dieses Lehrbuches nicht beantwortet werden. Wir können aber im Rahmen einer Strukturgeschichte aufzeigen, wo ein solcher historischer Sportmanager zu finden sein wird. Hierzu brauchen wir nur auf die Theorie der Differenzierung zurückzugreifen. Sie hat in der Soziologie eine lange Tradition (Spencer 1874–96, Durkheim 1893) und sie erklärt, wie Gesellschaften durch das Ausdifferenzieren immer komplexer wurden und durch Spezialisierung immer leistungsfähiger. In einfachen Gesellschaften sind nur wenige Positionen wie der Häuptling oder der Medizinmann ausdifferenziert worden. Beide bekleiden diese Ämter typischerweise noch neben dem Jagen und Sammeln und später neben Tätigkeiten in der Landwirtschaft im Rahmen ihrer Selbstversorgung. Erst ab einer gewissen Größe der Gesellschaften konnten so viele Ressourcen bereitgestellt werden, dass diese Positionen „hauptberuflich“, also in Vollzeit und mit Gaben der Gemeinschaft, erstellt werden konnten. Im Laufe der Geschichte wurden die Gesellschaften immer größer und immer mehr Spezialberufe von Tätigkeiten konnten entstehen, die vorher von allen selber gemacht wurden. Wenn jemand sich auf eine Tätigkeit Vollzeit konzentrieren kann, dann wird er zum Spezialisten und überholt den Alltagsmenschen, der für alles nur wenig Zeit entbehren kann. Wir können die gleiche Entwicklung im Sport verfolgen. Nehmen wir das Beispiel Fußball. Ursprünglich gab es nur Mitspieler, die diesen Sport in ihrer Freizeit spielten. Die Organisation, das Management, lag in der Gruppe bzw. bei einem informellen Anführer, aus dem sich später die Mannschaftsposition des Kapitäns entwickelte. Zunächst gab es nicht mal einen Schiedsrichter, sondern die Kapitäne beider Mannschaften mussten sich in strittigen Situationen einigen. Dass dies keinesfalls leicht gewesen sein kann, liegt auf der Hand. Soziologisch betrachtet liegt hier ein Inter-Rollenkonflikt vor: Die Rolle des Spielers, der solidarisch für seine Mannschaft einzustehen hat, egal ob im Recht oder im Unrecht, kollidiert mit der Rolle des unparteiischen Schiedsrichters. Die Position des Schiedsrichters musste erfunden werden. Gleichzeitig bahnten sich auch zwei wichtige andere Positionen an: Man brauchte einen Betreuer an der Seitenlinie und jemand musste das Training leiten. Der Coach, der Trainer war anfangs noch ein Mitspieler, der wohl meist auch der Kapitän war. Die zweite Position entstand vermutlich, als Gruppen sich zu Vereinen zusammenschlossen und mehrere Mannschaften umfassten. Dann konnte der Kapitän der Mannschaft nicht mehr automatisch der Anführer aller sein. Es musste ein Kapitän der Kapitäne her, der Vorsitzende. Der Funktionär des Vereins war geboren. Als es immer mehr Mannschaften gab, musste man sich auf einheitliche Regelungen und Spielansetzungen einigen. Es wurde die Gründung eines Verbandes notwendig. Auch dieser brauchte einen Vorsitzenden: Das Präsidentenamt in Sportverbänden entstand. Bemerkenswerterweise konzentrieren sich die Sportmanagement-Tätigkeiten nicht beim Vorsitzenden, sondern auch der Trainer übernimmt viele. So bedarf es der Vorausschau, um eine Mannschaft für die nächste Saison zusammenzustellen, Gegner wollen analysiert werden und Trainingslager organisiert. Gerade die Öffentlichkeitsarbeit ist immer noch ein wichtiges Arbeitsgebiet des Cheftrainers. Dies ist bis heute so (Horch/Niessen/Schütte 2003, 195ff). Die Positionen, über die gesprochen wurde, waren noch alle ehrenamtliche. Eine eigene Position als Manager konnte dann erst kommen, als die Managementaufgaben immer mehr anwuchsen und immer mehr Fachwissen verlangten, als man Vereine und Verbände nicht mehr aus der „Aktentasche“ heraus managen konnte. Zudem kam, dass Geld immer wichtiger und auch immer mehr wurde. Die Spielerposition professionalisierte sich, der Berufsfußballer trat auf den Plan. Und: Die finanziellen Aspekte wurden immer wichtiger. Es gab Chancen für mehr Einnahmen, deren Nutzung aber Experten erforderte, die auch zu den Geschäftszeiten zur Verfügung standen. Letztlich wurde die Position eines Managers notwendig, der den Trainer von Managementaufgaben entlastete und mehr Zeit für die Aufgaben aufbringen konnte als der ehrenamtliche Präsident.

Man könnte meinen, dass dies ein direkter und unaufhaltsamer Prozess der Verberuflichung der Spezialistenfunktion des Sportmanagens war. Dies war aber nicht der Fall. Zur Erklärung müssen wir etwas ausholen und zur Geschichte der modernen Olympischen Spiele wechseln. Erst mit in der Moderne kam es zu einer Wiederbelebung der Olympischen Idee durch Coubertin. Die ersten Spiele der Neuzeit fanden 1896 in Athen statt. Dabei zeichnete die olympische Bewegung aus, dass der Amateurismus ein zentraler Teil der Charta war. Sport galt als eine Angelegenheit von Gentlemen. Der Sport war eine tugendhafte Gegenwelt zum Kapitalismus und dies war mit dem korrumpierenden Broterwerb eines bezahlten Sportlers nicht zu vereinen. Dies mag heute seltsam erscheinen, hat jedoch einen sozialen Hintergrund. Die Moderne kam nicht von heute auf morgen, sondern war ein geschichtlicher Prozess, bei dem der Zusammenschluss von neuer Ordnung mit alter Ordnung langsam und nicht konfliktfrei stattfand. So wurde die alte agrarische Elite, der Adel, durch eine neue Elite, die neuen reichen Industriellen, herausgefordert. Mit Sport konnte die alte Elite ihre Sonderstellung gut untermauern. Sport sollte durch Gentlemen betrieben werden und eine tugendhafte Gegenwelt zum Kapitalismus sein, der keine Tugend kennt, sondern nur Gier. Die neureichen Industriellen wurden wichtig in der Gesellschaft und sie versuchten zunächst durch Anpassung, Teil der alten Eliten zu werden. Dies zeigte sich in Form des Lebensstils, sie bauten ihre eigenen Schlösser, oder – komplett in der Logik des alten Adels – heiraten adelig. So wurden aus den Krupps in Essen durch Heirat die von Bohlen zu Halbachs. Das Wort vom Industriebaron kam passend hierzu auf.

Sport war zunächst eine Sache der Reichen, die durch „sinnloses“ Verpulvern von Kraft und Zeit ihren Reichtum demonstrieren konnten. Kein Arbeiter wäre in der Lage dazu, nach einer 12-Stundenschicht noch Kraft für Sport aufzubringen. Arbeit war in der Regel noch schwere körperliche Arbeit. Freizeit gab es kaum. Die Reichen konnten dagegen ihre Ausnahmestellung durch Sport demonstrieren. Sie konnten ihre Kraft für Spiele verschwenden, die nichts zum Lebensunterhalt beitrugen und damit im weiteren Sinne nichts als Verschwendung waren. Diese Art von Verschwendung als Zeichen von Reichtum nannte Veblen demonstrativer Konsum (Veblen 1987, zuerst 1899).

Profisport war aus dieser Sicht eine zu verbietende Untugend und Amateurismus ein anzustrebendes Ideal. Dies hat den Profisport in vielen Bereichen lange verhindert. So war selbst der Männerfußball in Deutschland lange eine Sache von Amateuren und erst 1963 etablierte sich der Profifußball in Deutschland. (Havemann 2013, 79ff). Dies geschah auch, weil sich hinter den Kulissen die Bezahlung von begehrten Spielern längst eingeschlichen hatte. Denn auch im Sport gilt der Grundsatz „Erst kommt das Fressen und dann die Moral“ (Brecht 2004, 67). Vielen geht es vor allem darum, Erster zu werden. Die Moral kommt erst an zweiter Stelle. Natürlich waren solche Zahlungen abweichendes Verhalten und bei ihrer Aufdeckung hätten die Beteiligten sich verantworten müssen. Die Managementaufgaben lagen zunächst bei den Präsidenten der Vereine. Es entwickelten sich zwar kleine Jobs im Umfeld, etwa als Kartenverkäufer und in einfachen Buchhaltertätigkeiten.

Als erster bezahlter Sportmanager eines Vereins im Männerprofifußball gilt Robert Schwan (1965–1977) bei Bayern München. Es scheint aber eine Nebentätigkeit gewesen zu sein, da er gleichzeitig auch noch der persönliche Manager von Franz Beckenbauer war (Schütte 2008, 29). Noch 1975 war der Versuch einer Doppelfunktion als Präsident und als Manager von Peter Krohn beim HSV so ungewöhnlich, dass er von der Jahreshauptversammlung abgelehnt wurde (Seehase 1979). Er wechselte dann von dem ehrenamtlichen Präsidentenamt auf den gut bezahlten Managerposten. Es sollte bis 1998 dauern, bis der HSV mit Werner Hackmann den ersten bezahlten Präsidenten des Vereins wählte. Krohn ist für die Geschichte des Sportmanagements insofern eine wichtige Persönlichkeit, weil er einer der ersten war, der publikumswirksam modernes Management in den Sport einführte. Krohn ist gewissermaßen als Fußballfan aufgewachsen, sein Vater spielte in einer HSV-Meistermannschaft, und gleichzeitig war er ein Mann des Managements. Der studierte Betriebswirt war Manager beim Springer-Verlag und anschließend selbständig in der Werbung tätig. Er übertrug sein Marketingwissen auf den Fußballsport. Vermutlich als Erster versuchte er sich mit zielgruppenorientierten Maßnahmen. So ist sein Versuch, mehr Frauen in das männerdominierte Stadion zu bringen, indem er in rosa Trikots spielen ließ, legendär (Martens 2012).

Zudem zeigt sich darin, wie die traditionelle Welt des Sports auf die neue Wirtschaftslogik reagierte. Sie löste zuerst Kopfschütteln, Ablehnung und Lachen aus. Der Erfolg aber gab der neuen Methode recht (Martens 2012). Dass die Übertragung von Ideen und Methoden aus dem For-Profit-Bereich keine reine Angelegenheit bezahlter Manager wie Krohn war, zeigt das Beispiel von Günter Mast, dem damaligen Präsidenten von Eintracht Braunschweig. Er führte als erster 1973 gegen den wiederholten Widerstand des Deutschen Fußballbundes die Trikotwerbung ein. Er war ein Ehrenamtlicher (Spiegel Online 2011).

Das Amateurismus-Ideal hat im Fußball lange die Verberuflichung der Sportler und des Managements verhindert. Vermutlich war es auch lange Zeit vernünftiger, die vorhandenen Mittel in eine bessere Mannschaft zu investieren, als sie für die „Verwaltung“ zu verschwenden. Zudem kann ein Manager nur mit gut ausgestatteten Kompetenzen, also dem Recht zu entscheiden und Geld auszugeben, erfolgreich arbeiten. Dies bedeutete aber die Abgabe von Macht und Prestige vom Vorsitzenden des Vereins. Auch dies dürfte ein wesentlicher Grund für die relativ späte Ausdifferenzierung des hauptamtlichen Managers gewesen sein. Erst als die zeitliche und inhaltliche Überforderung der Präsidentenämter weiter zunahm und auch die Fußballabteilungen immer häufiger ausgegliedert wurden, war der Weg frei für den professionellen Manager.

Der (Männer-)Fußball kann hier stellvertretend für die Entwicklungen im selbstverwalteten Sport stehen, wobei er sich sehr viel weiter in Richtung Kommerzialisierung und Verberuflichung des Managements entwickeln konnte als es andere Sportarten bisher taten und vermutlich viele auch nicht tun werden. Es fehlt einfach an den treibenden Faktoren: hohe Einnahmen durch viele Zuschauer und damit Nachfrage von den Massenmedien, die für Übertragungsrechte zahlen. Die Aufmerksamkeit, die für Sponsoren verlockend ist, führt zu hohen Einnahmen, aber auch zu starkem Druck, diese zu befriedigen, wofür man wiederum ein gutes Management braucht. Der sportliche Druck nimmt zu, denn es geht dabei auch um Geld, da nur die oberen Plätze hohe Medieneinnahmen garantieren. Die Aussage basiert auf der Theorie der Professionalisierung von Non-Profit-Organisationen (Horch 1983, 1992, 1995, Michels 1957) und insbesondere auf der des Sports, wie sie etwa bei Heinemanns Professionalisierungsdruck- und -grenzen-Theorem zu finden ist (Heinemann/Schubert 1994, Schütte 2008, 39ff). Diese Theoreme gelten nicht nur für Vereine, sondern auch für die Verbände. Allerdings war es hier nicht nur der Markt, der zur Verberuflichung führte, sondern maßgeblich staatliche Interessen. Bei Verbänden entwickelte sich die Verberuflichung des Managements in Westdeutschland erst vor den Olympischen Spielen von München 1972. Damals steigerte sich das Interesse des Staats an vielen Medaillen bei Spielen im eigenen Land und besonders auch nach der Trennung der Olympiamannschaft in Bundesrepublik und DDR. Die Verberuflichung der Verbände erfolgte mithilfe von institutionellen – also dauerhaften – Stellenfinanzierungen in den Spitzenverbänden. Daher werden die Stellen in Verbänden auch heute noch an den öffentlichen Tarif angelehnt entlohnt (Winkler/Karhausen 1985).