Loe raamatut: «Geologie der Alpen», lehekülg 4

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Abb. 2-8 ist kompiliert nach Frisch et al. (1993), Höck (1993) und Finger et al. (1993) und zeigt den großen Anteil, den die variszischen Intrusiva, die sogenannten Zentralgneise, an diesem Grundgebirgsblock ausmachen.

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2-8 Geologische Karte des Tauern-Kristallinaufbruches in den Ostalpen, kompiliert nach Angaben von Frisch et al. (1993), Höck (1993) und Finger et al. (1993). Das prä-triadische Kristallin erscheint in zwei Fenstern unter der Glockner-Decke. Altkristallin und die Zillertal-Venediger-Intursiva sind durch eine variszische Überschiebung auf die Habach-Storz-Gruppe zu liegen gekommen.

Die Zentralgneise sind in Finger et al. (1993) detaillierter beschrieben. Im Unterschied zum Schwarzwald sind diese variszischen Intrusiva alpin beträchtlich deformiert worden. Lammerer & Weger (1998) schätzten aufgrund strukturgeologischer Analysen, dass das Tauern-Massiv horizontal etwa auf die Hälfte der ursprünglichen Breite verkürzt wurde. Das mittels der U-Pb-Methode an Zirkonen festgestellte Alter der Intrusiva beträgt zwischen 310 |Seite 51| und 333 Millionen Jahren (314 bis 313 Millionen Jahre für die Badgastein-Hochalm-Metagranitoide, 320 bis 333 Millionen Jahre für die Granatspitz-Metagranite). Mit der Rb-Sr-Methode erhält man jüngere Gesamtgesteinsalter (Perm), dies höchstwahrscheinlich infolge einer alpinen Verjüngung (vgl. Finger et al. 1993).

2.3 Das prä-triadische Grundgebirge der Decken des Penninikums

Verglichen mit den Externmassiven, sind die Vorkommen von prä-triadischem Grundgebirge in den Kristallindecken des Penninikums alpin viel stärker überprägt und in kleinere Schollen zergliedert. Eine recht vollständige Abfolge des prä-triadischen Grundgebirges ist im Briançonnais der Ligurischen Alpen vorhanden und soll hier stellvertretend näher behandelt werden. Die Diskussion beruht auf der Arbeit von Cortesogno et al. (1993). Nach diesen Autoren können im Briançonnais zwei alpine Einheiten unterschieden werden: ein unterer Deckenkomplex, der dem externen Briançonnais zuzuordnen ist, und ein allochthoner oberer Deckenkomplex, welcher dem internen Briançonnais entspricht und aus einer Vielzahl kleinerer Elemente besteht.

Ähnlich wie beim Schwarzwald und den Externmassiven kann innerhalb des vor-spätkarbonen Grundgebirges eine Gruppe von polymetamorphen Gesteinen von einer jüngeren, monometamorphen Gesteinsserie, die nur eine variszische Überprägung aufweist, unterschieden werden.

Zur polymetamorphen Serie (vgl. Cortesogno et al. 1993) zählen Paragneise, die aus ursprünglichen Grauwacken, Peliten, sowie untergeordnet Quarziten, hervorgegangen sind. Karbonate fehlen. Diese Paragneise sind durchsetzt von sauren Magmatika, den älteren Orthogneisen und älteren Migmatiten. Die älteren Orthogneise liegen als mehrere Hundert Meter mächtige ehemalige Plutone und als Ganggesteine vor. Linsen von Augengneisen sind als vulkanische oder subvulkanische Gesteine (Meta-Rhyolite) zu deuten. Die älteren Migmatite bestehen aus 10 bis 100 Meter mächtigen Bändern von Orthogneisen innerhalb der Paragneise und enthalten nahezu monomineralische Biotit-Linsen. Als dritter Gesteinstyp sind die älteren Metabasite zu erwähnen. Diese liegen als Bänder von Amphiboliten vor und enthalten lokal Linsen von Ultrabasika und Eklogiten. Amphibolite und Eklogite besitzen eine tholeiitische Affinität, aber die sekundären Umwandlungen verhindern eine eindeutige geodynamische Interpretation.

In der jüngeren, monometamorphen Serie können nach Cortesogno et al. (1993) außer Paragneisen ähnliche Gesteinsserien ausgeschieden werden wie in der polymetamorphen Serie. Die jüngeren Orthogneise bauen größere Körper innerhalb der Deckenkomplexe auf. Die Intrusion dieser Granite erfolgte vor mehr als 327 Millionen Jahren (im Silur oder Devon). Demgegenüber kommen die jüngeren Metabasite als Linsen von Metagabbros vor, in denen lokal noch die magmatischen Kumulustexturen erhalten sind. Die jüngeren Migmatite sind selten und meist an die jüngeren Metabasite und die Eklogite innerhalb der älteren Metabasite geknüpft.

Die in den früher besprochenen Gebieten (Schwarzwald, Externmassive) |Seite 52| häufig auftretenden spät- und post-variszischen Intrusiva sind nach Cortesogno et al. (1993) in den Ligurischen Alpen nur selten anzutreffen. Beispiele solcher (bisher undatierter) Intrusiva sind der kleine Körper des Borda-Granodiorits und die Gänge des Rio-Castorello-Granophyrs.

Über diesen kristallinen Gesteinen folgt dann eine Abfolge von permokarbonen Sedimenten, die in tektonischen Gräben abgelagert wurden. Die Gräben bildeten sich anlässlich einer kontinentalen Extensionstektonik im Jungpaläozoikum, welche den gesamten südlichen Teil des variszischen Gebirges erfasste. Die sedimentäre Abfolge setzt ein mit Arkosen (Verwitterungsprodukt der entblößten jüngeren Orthogneise), die in eine konglomeratisch-sandig-tonige fluvio-lakustrische Sequenz überleiten, welche ebenfalls Kohleflöze (bzw. Graphitlinsen) enthält. Feinklastische Sedimente, stellenweise als graphitische Phyllite ausgebildet, schließen die sedimentäre Abfolge ab. Die Mächtigkeiten der einzelnen Schichten sind ein Abbild der Extensionstektonik mit synsedimentären Abschiebungen und variieren deshalb seitlich enorm.

Eingeschaltet in diese permokarbonen Sedimente sind aber auch Vulkanite, die in drei Pulsen gefördert wurden. Der Vulkanismus war hauptsächlich explosiv. Im späten Karbon wurden Ignimbrite und trachyandesitische Pyroklastika gefördert, die Letzteren stellenweise mit shoshonitischer Zusammensetzung. Der dritte Puls im späten Perm förderte wiederum hauptsächlich Ignimbrite.

Aufgrund einer regionalen Synthese, unterstützt von einer eingehenden Analyse der Gerölle in den klastischen Sedimenten, konnten Cortesogno et al. (1993) die Entwicklungsgeschichte des prä-triadischen Grundgebirges in Form einer Reihe von Momentaufnahmen skizzieren. Abb. 2-9 beruht auf dieser Arbeit.

In einer prä-silurischen Phase von Rifting (? Proterozoikum bis Ordovizium) wurden in einem Becken Arkosen und Tone abgelagert. Das Rifting führte auch zur Intrusion von Graniten und granodioritisch-leukogranitischen Gängen und, untergeordnet, synsedimentärem saurem Vulkanismus. Wichtiger waren basaltische Eruptionen, die ebenfalls schichtparallel eingelagert wurden (Abb. 2-9).

Eine erste Orogenese erfasste diese Gesteine im Zeitraum Ordovizium-Silur und führte zu der Aufschmelzung, die die älteren Migmatite andeuten, zur Bildung von Eklogiten in den älteren Metabasiten und zur Deformation und Umwandlung der Granite in die älteren Orthogneise. Anschließend wurden die metamorphen Gesteine exhumiert.

Im Silur und Devon kam es alsdann zur Ablagerung von mächtigen feinklastischen Sedimenten (Abb. 2-9). In der Tiefe drangen monzogranitische Plutone und Gänge ein, lokal auch basaltische und gabbroide Gänge.

Eine zweite, die variszische Orogenese überprägte die Gesteine amphibolitfaziell. Aus den Monzograniten entstanden die jüngeren Orthogneise, aus den basaltischen und gabbroiden Gängen die jüngeren Metabasite. Letztere wurden lokal aufgeschmolzen (jüngere Migmatite). Die Sedimente des Silurs und Devons wurden gefaltet. Durch Erosion wurden diese Sedimente aber weitgehend abgetragen. Abb. 2-9 zeigt den entsprechenden Zustand im frühen Karbon.

Die Zeit des späten Karbons und des Perms (Abb. 2-9) war dann gekennzeichnet durch die Ablagerung von vulkanosedimentären Serien in subsidierenden kontinentalen Gräben. Zuerst lagerten sich in Depressionen Arkosen ab. Anschließend erfolgte die Graben- bzw. Riftbildung, die mit explosivem Vulkanismus einherging. Die Füllung der kontinentalen Becken mit zum Teil grobklastischen Sedimenten im frühen Karbon erfolgte zeitgleich mit der Absenkung der Beckenböden. Im Perm bedeckten mächtige Lagen von Rhyoliten, Ignimbriten und Daziten die Grabenfüllungen und die Grabenschultern.

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2-9 Die geologische Entwicklungsgeschichte des kristallinen Grundgebirges im Briançonnais der Ligurischen Alpen. Umgezeichnet nach Cortesogno et al. (1993).

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2.4 Das prä-triadische Grundgebirge des Ostalpins

Im Ostalpin liegen mehrere größere Decken aus prä-triadischem Grundgebirge vor. In der Silvretta-Decke ist das kristalline Grundgebirge besonders gut aufgeschlossen und intensiv untersucht worden. Seine Entwicklung soll hier exemplarisch näher diskutiert werden. Dabei wird auf die Kompilation von Maggetti & Flisch (1993) zurückgegriffen.

Die ältesten Gesteine im Grundgebirge der Silvretta-Decke, Paragneise und Glimmerschiefer, sind als ehemalige klastische Sedimente, hauptsächlich Grauwacken und Tone, zu deuten (Maggetti & Flisch 1993). Untergeordnet sind Kalke und Mergel, die heute als Marmore und Kalksilikatfelsen vorliegen. Eingelagert – und möglicherweise gleichaltrig – in diese Metasedimente sind ehemalige tholeiitische Basalte (heute Amphibolite), die möglicherweise auf eine Entstehung in einem „Back-arc“-Becken hindeuten (Abb. 2-10). Das Alter dieser Gesteine ist proterozoisch, eventuell sogar archaisch.

Subduktionsprozesse deformierten die Gesteine (Abb. 2-10) und führten zu einer amphibolitfaziellen, später sogar zu einer eklogitischen metamorphen Überprägung. Am Ende dieser Episode, im späten Proterozoikum, drangen granitische, granodioritische und gabbroide Schmelzen in die nun metamorphen Sedimente. Das Kristallisationsalter beträgt nach Maggetti & Flisch (1993) 895 Millionen Jahre.

Eine erneute Gebirgsbildung, die mit einer zweiten, druckbetonten Metamorphose verknüpft ist, transformierte die spätproterozoischen Intrusiva zu Orthogneisen, den sogenannten älteren Orthogneisen. Das Alter dieser Metamorphose ist schwierig zu bestimmen; es dürfte aber jünger als die Intrusion der älteren Orthogneise und älter als die Intrusion der jüngeren Orthogneise sein und könnte deshalb mit dem panafrikanischen orogenen Zyklus korreliert werden. In diesem Zyklus wurden vor zirka 870 bis 550 Millionen Jahren eine Reihe von Gebirgen im ehemaligen Kontinent Gondwana gebildet.

Im späten Ordovizium, vor 451 Millionen Jahren, drangen saure bis intermediäre Schmelzen in die älteren Krustengesteine. Teile davon dürften bis an die damalige Erdoberfläche gelangt sein (vgl. Maggetti & Flisch 1993). Derartige ordovizische Magmatika sind in den Decken des Ostalpins recht verbreitet und wurden – trotz Altersgleichheit mit den kaledonischen Intrusiva – mit kontinentalem Rifting erklärt. Dies würde darauf deuten, dass zu dieser Zeit in den Riften auch Sedimentation stattfand. Die in Abb. 2-10 angeführten Karbonate und Tone sind als solche ordovizische Trogfüllungen gedacht.

Im Verlauf der variszischen Gebirgsbildung wurden die ordovizischen Magmatika zu den jüngeren Orthogneisen umgewandelt. Aber auch die anderen Gesteine wurden deformiert und metamorph überprägt. Die Metamorphose erreichte in den Gesteinen der Silvretta-Decke Amphibolitfazies. Der Temperaturhöhepunkt (600–650 °C bei Drücken von 5,5–7,5 kbar) fand nach Maggetti & Flisch (1993) vor 370 Millionen Jahren (im späten Devon) statt. Eine anschließende Dekompression zeigt sich im Wachstum von Andalusit bei 550–600 °C und nur 2–3 kbar; es folgte eine Einengungstektonik, die zur Ausbildung von kilometergroßen Schlingenfalten führte. Das Alter dieser jüngeren variszischen Deformationsphase wird auf 340 bis 310 Millionen Jahre (frühes Karbon) geschätzt.

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2-10 Die geologische Entwicklungsgeschichte des kristallinen Grundgebirges der ostalpinen Silvretta-Decke. Umgezeichnet nach Maggetti & Flisch (1993).

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Im späten Karbon und im Perm ist auch im Umfeld der Silvretta-Decke eine kontinentale Dehnungstektonik festzustellen (Abb. 2-10). Auf den Grabenschultern wurden krustale Gesteine exhumiert und entblößt, in den Gräben wurden Pyroklastika, saure Vulkanoklastika und Ignimbrite abgelagert. Eine ganze Anzahl von tholeiitischen Diabasgängen, die auch im Zusammenhang mit der Dehnungstektonik zu sehen sind, durchschlug das kristalline Grundgebirge.

2.5 Das prä-triadische Grundgebirge des Südalpins

Das Grundgebirge im nordwestlichen Teil der Südalpen ist von besonderem Interesse, weil es ein nahezu vollständiges Profil durch die Unter- und Oberkruste aufgeschlossen zeigt. Zwei Großeinheiten sind zu unterscheiden: die Ivrea-Zone und die Strona-Ceneri-Zone. Letztere wird auch als „Serie dei Laghi“ bezeichnet. Die Insubrische Störung trennt dieses Grundgebirge von den ostalpinen Decken (im Westen) und vom Penninikum (im Norden). Die Pogallo-Störung ist die Grenze zwischen der nordwestlich gelegenen Ivrea-Zone und der Strona-Ceneri-Zone. Die geologische Karte in Abb. 2-11 zeigt den Rahmen und die innere Gliederung dieses Grundgebirgskomplexes.

Die Ivrea-Zone enthält eine Gesteinsabfolge der unteren Kruste, die durch eine Reihe tektonischer Vorgänge an die Oberfläche gelangte. Von unten nach oben folgen ultramafische Gesteine, der „Basische Hauptzug“ und Paragneise (vgl. Abb. 2-12).

Die ultramafischen Gesteine umfassen Peridotite und Pyroxenite und stehen, wie in Abb. 2-11 ersichtlich, vor allem als kleinere Körper und Linsen längs der Insubrischen Störung an. Von den Peridotiten sind die Spinell-Peridotite und Lherzolithe in den Körpern von Baldissero und Balmuccia als Mantelderivate zu deuten (Intrusion von Schmelzen des oberen Mantels in die unterste Kruste). Der eigentliche Erdmantel ist noch etwas tiefer gelegen und wird als Ivrea-Körper bezeichnet. Die dichten Mantelgesteine sind für eine ausgesprochen positive Schwereanomalie verantwortlich, die sich längs des Ostrands der Westalpen erstreckt (siehe unten).

Zur Nomenklatur der Ultramafika:


Peridotit:> 40 % Olivin, daneben Pyroxene
Lherzolith:Pyroxene sind Orthopyroxen und Klinopyroxen
Harzburgit:Pyroxene sind nur Orthopyroxen
Dunit:> 90 % Olivin
Gabbro:Olivin + Pyroxen + Ca-Plagioklas
Norit:Olivin-Gabbro

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2-11 Geologische Karte der Ivrea- und Strona-Ceneri-Zone der Südalpen. Überarbeiteter Ausschnitt der Geologischen Karte der Schweiz 1:500 000.

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Der „Mafische Hauptzug“ enthält unter anderem zwei lagige Komplexe mit Duniten, Harzburgiten, Noriten und Gabbros. Zwischengelagert finden sich ultramafische Linsen (z. B. Spinell-Peridotit von Balmuccia). Die beiden lagigen Komplexe stellen wahrscheinlich denselben tektonisch repetierten Horizont dar. Ihre Entstehung durch magmatische Differenziation in der Unterkruste könnte in Zusammenhang mit der permischen Degranitisierung stehen.

Die Paragneise enthalten Kinzigite, d. h. amphibolitfaziell überprägte Biotit-Sillimanit-Paragneise. Die Paragneise dürften als ehemalige Metapelite zu deuten sein, die durch Degranitisierung chemisch verändert wurden. Die ordovizische Degranitisierung würde auch die kleineren Granitkörper sowie die Aplit- und Pegmatitgänge in der Serie erklären. Schließlich sind auch Amphibolite und amphibolitische Gneise als Einlagerungen in den Paragneisen zu verzeichnen.

Die Strona-Ceneri-Zone (bzw. die „Serie dei Laghi“) umfasst Gesteine der mittleren Kruste, und zwar hauptsächlich polymetamorphe Metasedimente. Im Nordwesten sind es vor allem psammitische und granitische Gneise, die als metamorphe Sandsteine gedeutet werden, während im Südosten Schiefer vorherrschen (pelitische Glimmerschiefer). Die Metasedimente sind von ordovizischen Graniten (Alter 466 Millionen Jahre) intrudiert worden, die heute als Orthogneise vorliegen. Daneben kommen Amphibolite in Lagen und Linsen zwischen den Gneisen und Schiefern vor.

Die Strona-Ceneri-Zone enthält auch post-variszische Intrusiva. Bekannt sind die Granite von Baveno (Alter 276 Millionen Jahre, d. h. frühes Perm) und Mt. Orfano (283 Millionen Jahre, frühestes Perm), die als Baustein abgebaut werden (heller rosaroter Granit).

Bei Manno (nördlich Lugano) gibt es ein kleines Vorkommen spätpaläzoischer Sedimente; diese enthalten einzelne Kohleflöze, die altersmäßig ins späte Karbon zu stellen sind (Westphalian A und B). Jüngere permische Vulkanite sind südlich Lugano aufgeschlossen: der Luganeser Quarzporphyr (Rhyolithe), der als Pflastersteine abgebaut wird, und Porphyrite (bzw. Andesite) von (?früh-)permischem Alter.

Die Gesteine der Krustenabfolge in der Ivrea- und Strona-Ceneri-Zone zeigen eine Entwicklung, die von proterozoischer Sedimentation über ordovizischen Magmatismus zur variszischen Gebirgsbildung und schließlich zu post-variszischem Magmatismus und Sedimentation reichen. Die folgende Diskussion basiert auf einer Synthese von Schmid (1993) und ist in Abb. 2-13 illustriert.

Um die Entstehung der metamorphen Sandsteine und pelitischen Glimmerschiefer in der Strona-Ceneri- und der Ivrea-Zone zu erklären, ist nach Schmid (1993) folgendes Szenario denkbar. Im späten Proterozoikum oder frühen Paläozoikum wurde an einer Subduktionszone, bei der eine ozeanische Platte unter eine kontinentale Platte tauchte, durch frontale Akkretion von Sedimenten ein Akkretionsprisma aufgebaut. Ein weiterer Teil der Sedimente gelangte in größere Tiefe und wurde durch basale Akkretion unten an die kontinentale Platte angefügt. Bei den Sedimenten handelte es sich um Sandsteine und Tonsteine. Die basale Akkretion führte auch dazu, dass einzelne Fragmente von ozeanischer Kruste in die Sedimentabfolge eingeschuppt wurden (Abb. 2-13). Die Sedimente im Bereich der basalen Akkretion wurden durch eine druckbetonte Metamorphose überprägt.

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2-12 Gesteinsabfolge im Krustenprofil Ivrea-Zone (untere Kruste) – Strona-Ceneri-Zone (obere Kruste).

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Im Ordovizium wurde in der oberen Platte ein hoher geothermischer Gradient erreicht, wie das eine erste Aufschmelzung von Gneisen, die auf 478 Millionen Jahre datiert ist (vgl. Schmid 1993 und Referenzen dort), und die gleichzeitige Intrusion von Graniten vor 466 Millionen Jahren in die nun metamorphen Sedimente andeuten. Möglicherweise fanden in der unteren Kruste zu dieser Zeit auch mafische Intrusionen statt (Gabbros vom Typ von Anzola).

Im späten Devon bis frühen Karbon verursachte dann die variszische Gebirgsbildung eine intensive Zerscherung der Krustengesteine. Die ordovizischen Granite wurden dabei in Orthogneise umgewandelt, die heute in der Strona-Ceneri-Zone als Bänder mit riesigen engen Falten, den sogenannten Schlingen, zu beobachten sind. Das Ende der variszischen Gebirgsbildung, angedeutet durch Abkühlung der Gesteine infolge Exhumation, dürfte nach Schmid (1993) in das Zeitintervall von 325 bis 310 Millionen Jahren vor heute fallen (frühes Karbon). Durch diese Exhumation wurde eine bis zu 30 Kilometer mächtige Gesteinssäule abgetragen und die tieferen Krustenteile, die Strona-Ceneri-Zone, an der Erdoberfläche entblößt. Interessanterweise weist die metamorphe Entwicklung der Ivrea- und der Strona-Ceneri-Zone markante Unterschiede auf. Während in den Gesteinen der Strona-Ceneri-Zone infolge der raschen Exhumierung die druckbetonten Paragenesen der variszischen Orogenese erhalten blieben, erfuhren die Gesteine der Ivrea-Zone durch die andauernd hohen Temperaturen eine Umwandlung, sodass die neuen Paragenesen mäßig hohe Drücke anzeigen. Offenbar waren während der variszischen Orogenese die beiden Krustenblöcke bereits entkoppelt. Eine Zone von Hochtemperatur-Myloniten, die heute längs der Pogallo-Störung zu erkennen sind, trennte die Strona-Ceneri-Zone von der Ivrea-Zone. Erstere bewegte sich aufwärts Richtung Erdoberfläche (Exhumation) und kühlte sich ab, letztere verblieb in größerer Tiefe und wurde aufgewärmt.

Eine weitere Phase von Magmatismus erfasste sowohl die Ivrea- als auch die Strona-Ceneri-Zone im späten Karbon und frühen Perm (Abb. 2-12). Die Intrusion von mafischen Schmelzen in die Unterkruste, heute als mafischer Hauptzug in der Ivrea-Zone zu finden, verursachte dort die Aufschmelzung von Metasedimenten (eine zweite Anatexis). Diese Schmelzen stiegen auf und intrudierten in die Oberkruste, die Strona-Ceneri-Zone, oder erreichten gar die Erdoberfläche. Beispiele dieser magmatischen Gesteine sind die bereits erwähnten frühpermischen Baveno- und Mont-Orfano-Granite sowie der permische Luganeser Quarzporphyr. Die magmatische Aktivität, die die gesamte Kruste erfasste, muss durch tief greifende tektonische Prozesse erklärt werden, die ebenfalls vom Erdmantel bis an die Oberfläche reichen. Transtensive Seitenverschiebungen („wrench tectonics“ von Schmid 1993 und Referenzen dort) wären eine gute Erklärung hierfür und reihen sich lückenlos in das Konzept der post-variszischen kontinentalen Dehnungstektonik, die bereits im Zusammenhang mit dem Schwarzwald, den Externmassiven, dem Penninikum und Ostalpin erwähnt wurde.

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2-13 Die geologische Entwicklungsgeschichte des kristallinen Grundgebirges der südalpinen Ivrea- und Strona-Ceneri-Zone. Umgezeichnet nach Schmid (1993).

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2.6 Paläozoische Sedimente in den Ost- und Südalpen

In den Ostalpen und Südalpen sind an mehreren Stellen paläozoische Sedimente und Vulkanite aufgeschlossen, die von der variszischen (und früheren) Orogenese nicht oder nur schwach überprägt wurden. Die Mächtigkeiten dieser Abfolgen betragen zum Teil mehrere Kilometer, sind aber, wie auch die einzelnen Schichtabfolgen, großen örtlichen Schwankungen unterworfen. Als typische Beispiele sind das Paläozoikum der Karnischen Alpen, die Grauwackenzone und die Innsbrucker Quarzphyllite ausgewählt.

Paläozoikum der Karnischen Alpen

In den Karnischen Alpen, die südlich des periadriatischen Lineaments liegen, findet sich die vollständigste fossil belegte Abfolge. Das stratigrafische Kolonnenprofil in Abb. 2-14 basiert auf der Kompilation von Schönlaub & Heinisch (1993). Über mächtigen Grauwacken und Tonschiefern folgen Vulkanite, Sandsteine und Tone, die sich seitlich verzahnen und dann von Kalken überlagert sind. Die weltweite Regression Ende Ordovizium verursachte Erosion und einen Sedimentationsunterbruch, sodass die silurischen Sedimente den ordovizischen diskordant aufliegen. Im Silur können mehrere Fazieszonen unterschieden werden, die unterschiedlichen Ablagerungsbedingungen entsprechen. Unter seichtmarinen bis pelagischen Bedingungen wurden Kalke abgelagert, während in tiefen, stagnierenden Beckenteilen schwarze Tone zum Absatz gelangten. Im Devon etablierte sich dann eine Karbonatplattform; die Subsidenzgeschwindigkeit nahm zu, war lokal aber unterschiedlich. Verbreitet bildeten sich Riffe, die sich aber zeitlich und örtlich verlagerten. Diese Sedimentationsbedingungen setzten sich bis ins frühe Karbon fort. Ein wichtiger Wechsel erfolgte dann beim Übergang in die Hochwipfel-Formation. Über (paläo) verkarsteten Karbonaten folgen noch im frühen Karbon plötzlich flyschartige Klastika, die mit der variszischen Gebirgsbildung zusammenhängen (vgl. Schönlaub & Heinisch 1993 und Referenzen dort). Sandige und pelitische Turbidite wurden an einem aktiven Kontinentalrand vom entstehenden Gebirge in einen Flyschtrog geschüttet. Die Sedimentation in diesem Flyschtrog reichte bis in das Serpukhovian (326 bis 318 Millionen Jahre).

Diskordant über den ordovizischen bis frühkarbonen Sedimenten folgt eine post-variszische Serie mit einem Transgressionskonglomerat, der Waidegg-Formation, an der Basis. Das Alter dieses Konglomerats ist Moscovian (310 bis 307 Millionen Jahre). Damit kann die variszische Gebirgsbildung in dieser Region auf das Zeitintervall zwischen 318 und 310 Millionen Jahren eingegabelt werden.

Die Sedimente über dem Transgressionskonglomerat (Auernig-Formation) enthalten Küstenkonglomerate, kreuzgeschichtete Sandsteine, bioturbierte Schluffe und Tone sowie Kalke. Die ganze Abfolge wird auch als Molasse (im Sinne von „post-orogenen“ klastischen Sedimenten) gedeutet. Nach Krainer (1993) sind sie als klastisch-karbonatische transgressive und regressive Zyklen bzw. Zyklotheme zu deuten. Die einzelnen Zyklen dauerten jeweils etwa 100 000 Jahre und sind wahrscheinlich durch eustatische Meeresspiegelschwankungen im Gefolge von Vereisungen von Gondwana verursacht. Als Umfeld der Sedimentation kann ein intramontanes Becken angenommen werden, das mit Sedimenten und Vulkaniten unterschiedlicher Herkunft gefüllt wurde.

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2-14 Die paläozoische Gesteinsabfolge der Karnischen Alpen (Ostalpin). Die vereinfachte Schichtreihe ist eine Kompilation basierend auf Schönlaub & Heinisch (1993).

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Die nachfolgenden Klastika des Perms (Pseudoschwagerina-Formation) bestehen zum Teil aus aufgearbeiteten Sedimenten aus dem stratigrafisch Liegenden (der Auernig-Formation). Offenbar verursachten tektonische Bewegungen (die sogenannte saalische Phase) signifikante Hebungen und Erosion an den Beckenrändern (vgl. Krainer 1993). Die permischen Sedimente wurden ebenfalls in intramontanen Becken bzw. Gräben abgelagert, werden aber im Zusammenhang mit den Permokarbon-Trögen im Abschnitt 2.7 besprochen.

Paläozoikum der Grauwacken-Zone

Nach ihrem geografischen Vorkommen unterscheidet man eine östliche (Steiern) und eine westliche Grauwacken-Zone (Salzburg-Tirol). Abb. 2-15 zeigt die Abfolge der östlichen Grauwacken-Zone, zusammengefasst nach Schönlaub & Heinisch (1993).

Eine fossilfreie Abfolge von Schiefern, Phylliten und Metapyroklastika folgt über einem dem kristallinen Grundgebirge aufliegenden Konglomerat. Lokal enthält dieses Konglomerat Gerölle von Orthogneisen, deren Kristallisationsalter auf 500 Millionen Jahre bestimmt wurde (spätestes Kambrium), was den darüberfolgenden Metasedimenten möglicherweise ein ordovizisches Alter zuordnet. Es folgt eine Serie mit Vulkaniten (Ignimbriten, Tuffen, Pyroklastika), der sogenannte Blasseneck-„Porphyroid“. Dieser ist lokal mit Kalken verknüpft, deren spätordovizisches Alter gesichert ist. Eine mächtige Tonschieferabfolge (heute als Metapelite vorliegend) schließt das Ordovizium ab und reicht bis ins Silur. Die durchgehende Abfolge des Ordoviziums zeigt nach Schönlaub und Heinisch (1993) keine Einflüsse bzw. Anzeichen einer kaledonischen Gebirgsbildung. Die Vulkanite vom Typ Blasseneck-„Porphyroid“ könnten mit dem pan-afrikanischen orogenen Zyklus korreliert werden.

Die basischen Vulkanite des frühen Silurs sind aufgrund geochemischer Daten als Intraplatten-Vulkanite zu deuten. Die folgenden schwarzen Tone und Orthoceras-Kalke sind in einem tektonisch ruhigen Milieu abgelagert worden.

Einen abrupten Wechsel gibt es mit den diskordant darüberfolgenden Kalkbrekzien, die als Produkt einer Verkarstung im frühen Karbon gedeutet werden (Schönlaub & Heinisch 1993 und Referenzen dort). Eine solche Verkarstung ließe sich durch Emersion im Vorland des variszischen Gebirges erklären: Durch die Auflast der Decken im Gebirge selbst wird die subduzierende Platte, Gondwana in diesem Falle, niedergedrückt. Die so verbogene Platte besitzt aber eine gewisse elastische Steifheit, wodurch sich als Reaktion im Vorland eine Aufwölbung bildet. Die Aufwölbung würde die Emersion und Verkarstung hinreichend erklären. Jedenfalls zeigt die sedimentäre Abfolge der Grauwacken-Zone eindeutig Anzeichen der variszischen Gebirgsbildung.

Paläozoikum der Innsbruck-Quarzphyllite

An verschiedenen Orten in den Ostalpen und Südalpen ist das Paläozoikum von phyllitischen, insbesondere quarzphyllitischen Sedimentabfolgen dominiert. Stellvertretend sei hier die Abfolge der Innsbruck-Quarzphyllite kurz behandelt. Die Darstellung in Abb. 2-16 gründet auf der Arbeit von Neubauer & Sassi (1993).

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2-15 Die paläozoische Gesteinsabfolge der östlichen Grauwackenzone (Ostalpen), zusammengefasst nach Schönlaub & Heinisch (1993).

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Quarzphyllite und Serizitphyllite des Ordoviziums enthalten Lagen von mafischen und sauren Vulkaniten. Diese Abfolge kann als Füllung eines „Back-arc“-Beckens im pan-afrikanischen orogenen Zyklus angesehen werden. Die jüngeren Teile (Silur?) der Quarz- und Serizitphyllite weisen Lagen von Marmoren auf, zuoberst folgt eine mächtige Abfolge von Dolomiten, die sicher vom späten Silur ins mittlere Devon reicht. Neubauer & Sassi (1993) interpretieren diese Abfolge als Produkt von silurischem Rifting und dem Aufbau einer Karbonatplattform auf einer Schwelle.

Aufgrund einer Korrelation der vielen Vorkommen von Quarzphylliten konnten Neubauer & Sassi (1993) folgende generellen Aussagen machen:

Eine mächtige klastische Sequenz wurde im Ordovizium in einem „Backarc“ -Becken zum pan-afrikanischen Plattenrand abgelagert. Einsetzendes Rifting im Silur bewirkte lithologische Unterschiede in den jüngeren „Quarzphylliten“ (konglomeratisch-sandig im Süden, tonig im Norden). Rifting ist angedeutet durch die Art des Vulkanismus und die Aktivität von synsedimentären Brüchen. Das Becken füllte sich im späten Silur bis frühen Devon mit Klastika von Schuttfächern und Karbonat-Tempestiten. Die Reife der Klastika deutet auf einen langen Transportweg und ein kontinentales Liefergebiet hin. Ab dem mittleren Devon bis ins frühe Karbon etablierte sich eine Karbonatplattform, möglicherweise auf einer Schwelle innerhalb des Beckens. Ab dem frühen Karbon wurde das Becken durch die variszische Gebirgsbildung geschlossen.

2.7 Das variszische Gebirge im ausklingenden Paläozoikum

Wie in den vorangehenden Abschnitten erwähnt, sind in den Alpen und deren Vorland an mehreren Stellen spät- und post-variszische Intrusiva in die älteren Gesteine des kristallinen Grundgebirges eingedrungen bzw. jungpaläozoische Vulkanoklastika lagerten sich darüber ab. Besonders eindrücklich kann dies in den Externmassiven der Alpen beobachtet werden (vgl. Abb. 2-3 bis 2-8). An anderen Stellen wurden im gleichen Zeitraum unterschiedliche Sedimente abgelagert. Im Bereich der Alpen sind solche Sedimentabfolgen namentlich im Ostalpin und Südalpin aufgeschlossen (vgl. Abb. 2-14 bis 2-16). Beim Vergleich und bei der Gegenüberstellung dieser Gesteinsverbände wird man aber unweigerlich mit dem Problem konfrontiert, dass diese Vorkommen mehrheitlich von jüngeren Gesteinen bedeckt sind und damit nur isoliert in einzelnen Schollen aufgeschlossen sind. Zudem sind diese Schollen im Verlaufe des Mesozoikums beim Zerbrechen von Pangäa und anlässlich der späteren, alpinen Gebirgsbildung in unterschiedlichen Richtungen über größere Distanzen gegeneinander verschoben und überschoben worden. Wie können nun diese Schollen mit ihren verschiedenartigen Gesteinsverbänden zu einem Bild eines variszischen Gebirges zusammengefügt werden?

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