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Loe raamatut: «Der Eroberer», lehekülg 11

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Allegorisches Gemälde

Aesop, der Staatskörper, und ein Gefolge von Weibern und Kindern

Aes. Welch ein Ungeheuer nähert sich mir! – Wer bist Du?

Der Staatsk. Ich bin der kranke Staat –

Aes. Wie siehst du aus! Ich kenne dich nicht mehr. Einst warst du ein blühender Jüngling; ich sah den May deiner lächelnden Tage. Dein majestätischer zierlicher Gang gab deiner reizenden Miene eine edle Grösse; dein wohlgestalteter Wuchs reizte die Augen. Deine jugendlich blühende Wange war ein beredter Zeuge von dem glücklichen Umlauf deines gesunden Bluts. Du warest von allen Menschen geliebt, bewundert, hochgeschäzt. Königinnen buhlten um deine Liebe, ein freundlicher Blick, ein Druck der Hand, ein sanftes Wort von deiner Lippe war ein Geschenk, eine Belohnung, um welche deine Günstlinge buhlten. Aber Ach! Wo sind izt deine Bewunderer, deine Freunde? Wie bist du von Alter und Krankheit entstaltet, mißhandelt! Faule morsche Knochen hängen nur durch eine welke Haut zusammen. Dein Athem stinkt, deine triefenden Augen liegen tief in dem kahlen Hirnschedel. Deine Kleider sind zerrissen, ein jammerndes Leichengefolge von Wittwen und Waisen schleichet dir nach, und zerfliesset in Thränen –

Der Staatsk. Ach! Ich bin das traurige Schlachtopfer des Ehrgeizes! So haben mich die unsterblichen Väter des Vaterlands mißhandelt. Hungrige Geyer verschlangen mein Fleisch, Ottern nagten mein Mark, und Tyger saugten mein Blut. Ich bin meinem Tode nahe. Vergebens suchten einige patriotische Aerzte meine Tage zu verlängern. Ich welke hin, meine Säfte sind vertrocknet.

Aes. Wo schleichst du denn hin?

Der Staatsk. Ein schwindelnder Projektant hat mir die Bäder verordnet. Ein anderer schlägt mir die Eselsmilch vor; aber ich denke auf mein Testament, die Esel und Eselinnen werden mir schwerlich helfen. Ich fühle meine Auflösung. Meine Wunden sind unheilbar. Leb wohl! Wir sehn uns nicht mehr!

Aes. Gute Nacht Vaterland!

Hofanekdoten

Flugwerk

Der Bruder der berufenen Gräfin Emilie, einer Exsängerinn, die der König vorzüglich wegen schnellen Füssen bewunderte, verließ die kleine Klasse des Pöbels, und wuchs vom kleinen Schmiedjungen bis zum Aufseher der königlichen Palläste, und Freyherrn von Altberg an. Da sich in zwey Monaten sein wunderbares Genie, und sein Originalgeschmack in den Künsten und Wissenschaften durch Wunder entwickelten, sah sich der König genöthiget, ihn in den Grafenstand zu erheben, und ihm den Vorsitz im Tempel der Musen anzuweisen. Er ließ sich malen, und der Maler sezte seinen Helden auf einen Wolkenwagen.

Verschwindung

Auch der Hof hat seine Verschwindungsmaschinen. Graf Tannenwald sprach zu dreist von der Menschlichkeit in Gegenwart des Königs. Die Höflinge entdeckten kleine Runzeln auf der majestätischen Stirne. Dieß war ein weissagender Wink für ihre Adleraugen. Sie eilten wie Füchse mit brennenden Schweifen zu den Neidern des Grafen. Man verfertigte in Eile unterirdische Fallen. Tannenwald gleitete aus, und verschwand.

Theatermalerey

Die Höflinge sind die ersten Erfinder der Theatermalerey. Sie vergrössern mit dreister Hand ihre Pinsel; ihre Geduld ist bald erschöpft, sie eilen hastig zum Zweck, und werfen ihre flüchtigen Gemälde nur verwägen hin. Doch in der Ferne halten die Augen ihre Malerey für Miniaturgemälde.

Episode

Losin hatte dem König lange und treue Dienste geleistet. Er stand am Gipfel des Glückes, und der Ehren, als endlich seine mächtigen Feinde am Hofe seinen plözlichen Sturz bereiteten. Er ward vom König zu einer wichtigen Unternehmung versandt; aber seine Gegner wusten die Sache so hämisch einzuleiten, daß er weder die nöthigen Kriegsleute, noch genug Geld und andere Bedürfnisse zur bestimmten Zeit erhielt. Alles gieng natürlich unglücklich. Das Glück selbst schien sich gleichsam mit seinen Widersachern zu vereinigen. Man schrieb alle Fehler dem Obersten Losin zu. Der Kriegsrath beurtheilte die Handlungen so streng, daß Losin zum Tode verurtheilt wurde. Seine Seele war zu groß, er würdigte sich nicht sich zu vertheidigen. Der König kennt mein Herz, und meine Dienste. Das war alles, was er dem erkauften Kriegsrath zur Antwort gab, und es näherte sich der Tag seines Todes. Niemals war unter dem Volk eine grössere Gährung. Losin war von edlen Bürgern geliebt, von allen Kriegern als ein Held bewundert. Man schloß die Kaufmannsgewölber. Die Handwerker verliessen ihr Gewerbe. Das Volk eilte zur Gerichtstäte. Die Biedermänner zerflossen in Thränen; die Väter erzählten den Söhnen mit Schluchzen seine Thaten, und die Mütter wuschen ihre Säuglinge mit Zähren, indem sie den Patrioten segneten. Selbst der Stab zögerte, und erwartete mit ängstlicher Ungeduld vom König ein gewünschtes Zeichen der Begnadigung; aber vergebens waren alle frommen Wünsche. Unter dem lauten Zuruf, und von Millionen Segen des zuschauenden Volkes begleitet stieg Losin auf das Blutgerüst; sein ruhiges Antlitz war nach seinem edlen Herzen gestimmt. Er grüßte liebreich seine Kriegsgefährten, und dankte der Versammlung des Volkes für die großmüthigen Zähren. Er erwartete mit offenen Augen den Tod, den er so oft in blutigen Schlachten für das Vaterland, und für seinen König verachtete. Schon rüsteten sich die Vollzieher der strengen Gerechtigkeit, als –18

Maschinenkomödie

Ein Hain am Gestade eines Stromes
Fritz, Lieschen, zu ihnen Amor

Fritz. Lieschen, setzen wir uns in das Gras –

Liesch. Aber sey nicht schlimm –

Fritz. Zu Zeiten einen Blick, und einen Kuß – Ich will fromm wie ein Turteltäubchen seyn –

Liesch. Geh, du bist ein loser Schurke! Der Ort ist einsam – Mein Herz – Ach mein Herz –

Fritz. Wann wird es ganz mein Eigenthum? – Wär ich reich! – O Liebe gieb mir eine Heerde!

Liesch. Fritz, sieh, es ziehen dort Wetterwolken über die blauen Gebirge. O diesem Winkel trau ich nie! Alle Stürme kommen daher!

Fritz. Es blitzt wirklich; auch der Donner schleicht schon ferne. Die Winde heulen. Sieh dort schwellen die Wogen empor –

Liesch. Wenn etwa unsere Fischer Schaden leiden. Sieh, was ringt dort mit den Wellen?

Fritz. Ein Kind!

Liesch. O das arme Kind! Hülfe! Geschwind Hülfe! – Nimm lieber Fritz ein Schiffchen! – O mein Fritz hundert Küsse!

Fritz. Nur hundert? – Willst du zweyhundert geben; so schwimme ich um den Knaben – weniger nicht –

Liesch. Geh, du bist ein Nimmersatt! – So geh nur —

(Fritz springt munter in die Fluten, und haschet den Knaben.)

Am. Hab Dank für die Hülfe! Begehrt eine Gnade!

Fritz. Wer bist du?

Am. Ich bin ein Geigenmacher, und reise auf meine Kunst.

Liesch. Ich muß für dich dreyhundert – nein zweyhundert will ich sagen – ja richtig zweyhundert Küsse zahlen, schenk mir aus Erkenntlichkeit eine Geige von deiner Arbeit, denn du bist so artig, daß deine Geigen viel Harmonie versprechen.

Am. Ich will Euch die Liebesgeige schenken. Singt mir indeß euer Lieblingslied. Ich beginne die Arbeit. Seht das Meisterstück. Wenn man sie spielt; so macht ihre Wunderkraft alle Zuhörer tanzen. Sammelt Geld, das sey euer Hochzeitgeschenk.

Scene Extempore

Amor verschwindet. Fritz und Lieschen erscheinen in der Stadt mit der wunderbaren Liebesgeige. Sie sehen viel Volk auf dem Markte, und hoffen Gewinn. Fritz geigt, alles tanzt. Sie eilen bis zum Gerichtsplatze. Das Volk, die Krieger beginnen zu tanzen. Die Freunde Losins spähen von ferne, nützen den glücklichen Augenblick, und bringen den Verurtheilten in Sicherheit. Der Pöbel tanzt fort. Fritz und Lieschen bereichern sich, feyern ihre Hochzeit, und kehren in das Dorf, wo noch jährlich alle gesunden Beine den Einfluß der magischen Liebesgeige fühlen.

Scene

Lusian. Marsis

Lus. Edler Marsis meinen Abschiedskuß!

Mars. Auch Lusian verläßt uns, da uns alle Patrioten fliehen –

Lus. Ich will als ein rechtschafner Mann zu Grabe gehen. Eduard mag seine chimärische Universalmonarchie selbst ausfechten. Ich bin ein Kerl, der sein Vaterland liebt, nie soll mich der Ehrgeiz zum Unmenschen machen! Wir fallen wie hungrige Tyger über unschuldige Nationen her; was sich nicht knechtisch beugt, wird mit Füssen getreten. Gott im Himmel, wir stinken von Menschenblut! – Leb wohl!

Mars. Warte noch, ich will dem Könige Vorstellungen machen –

Lus. Er hört niemand, als seine Speichellecker, seine Weiber, und seinen unersättlichen Ehrgeiz! – O die verdammte Eroberungssucht!

Quodlibet

 
Wenn lauter schlaue Spieler wären,
Wer würde der Gewinner seyn?
Wenn alle Mächtige die Welt zerstöhren,
Wer zieht den Vortheil ein?
Gewiß ist eine Welt zu wenig,
Weil alle Fürsten Helden sind.
Izt weht ein kriegerischer Wind.
Es kleidet sich ein jeder König
So furchtbar wie ein Herkules.
Die Großen sind izt lauter Krieger.
Ein jedes Königlein spielt einen Sieger,
Als wär er Alcibiades.
Die Fürsten grüßen auch mit Lächeln nur Soldaten,
Die dort im Feld die Aernde kühn zertraten.
Gar selten wird für den ein kalter Gruß beliebt,
Der seinen Staat beglückt, und Völkern Nahrung giebt.
Das eiserne Jahrhundert ist erschienen;
Die Erde scheinet mir ein Waffenhaus.
Man brüttet überall erwürgende Maschinen;
Werkzeuge, die nur zur Verheerung dienen,
Denkt izt der Witz der harten Menschen aus,
Die Erdensöhne zu zerstöhren,
Als wenn sie nur Insekten wären.
Wie wird die Menschlichkeit verhört,
Und die Vernunft geschändet und entehrt!
Sind denn die Großen ewig Narren,
Und bleibt ihr altes Steckenpferd
Der Lorbeer und ein Siegeskarren?
Dort hängt ein Räuber. Gute Nacht!
Du hast die Sache schlecht gemacht,
Muß man in Wäldern Solo fangen?
Du könntest izt am Hofe prangen,
Wärst du nur ein Politiker,
Und stünd um dich ein großes Heer.
Wer gab die höllischen Gesetze,
Daß jeder rauben kann, was ihm gefällt,
Wenn sich sein Nachbar nicht mit Macht entgegen stellt?
Das riecht nicht bloß nach Schulgeschwätze,
Es stinkt nach einem Höflingsbart.
Das bleibt so ein Geschmeis von Tygerart.
Sie zischen stäts den Fürsten in die Ohren,
Die ganze Schöpfung sey zu ihrer Lust gebohren.
O Himmel schmücke jeden Thron,
Mit einem weisen Salomon!
Und strafe nie die Welt mit herrschenden Genien,
Vor denen Myriaden Sklaven knien.
Ihr Nachbarn hört den feinen Fürsten nicht,
Der schmäuchelnd von Verträgen spricht,
Denn seine Majestät beliebt mit Euch zu scherzen,
Er hat das Gift in seinem Herzen.
Glaubt sicher, wenn er Euch nur Hochzeitlieder singt,
Daß er aus Neid schon euer Land verschlingt.
Große Lichter, kleine Kerzen!
Große Männer, harte Herzen!
War Attila des Adams ächter Sohn?
Wie, ehren Henker auch den Thron,
Die stäts nach Beute schielen?
Du Weib, bleib lieber ohne Frucht,
Die einen Helden trägt, den man gerecht verflucht.
Die Fürsten lieben sehr im Felde sich zu kühlen,
Und daraus folgert sich,
Daß sie wie Kinder gern Soldaten spielen;
So jagt man königlich!
Ein kleiner Edelmann hetzt seinen Haasen.
Seht, wie die Krieger froh auf unsern Weiden grasen!
Wir säen stäts, und kauen unsre Noth.
Die halbe Million der Menschenfeinde
Beraubet uns der Kinder und der Freunde,
Und frißt in Müßiggang recht trotzig unser Brod.
Wird denn der Pöbel ewig rasen?
Wie man die Thoren jauchzen hört!
Wenn der Monarch die armen Menschen tödtet,
Und manche Stadt wie ein Barbar zerstöhrt;
Indeß der Philosoph still seufzet und erröthet.
Wird wohl die Welt dadurch beglückt,
Wenn man auf einen Kopf zehn Kronen drückt?
Verewiget die Wahrheit mit dem Meissel;
Die Helden sind der Erde schwerste Geissel!
Das Bild des Titus und Aurelius
Verdient von Weisen einen Kuß.
Auf Alexander laßt uns speyen!
Stäupt Schmeichler, die dem Ehrgeiz Weihrauch streuen,
Den man verfluchen muß!
 

Scene

Eduard, ein Kämmerling, hernach Marsis

Edu. Lasset ihn nicht vor! Ich hasse seine Strenge; er ist ein harter unbeugsamer Mann! Fort! – Wer trit wider meinen Willen ein?

Mars. Ich habe oft den Zutrit begehrt; aber deine Diener verweigerten –

Edu. So war mein Befehl!

Mars. Das wollte ich aus deinem Munde wissen. Ich gehe wieder. Ich habe die Freystäte des Friedens verlassen, und bin hieher geeilt, dich zu sehen, denn du nanntest mich einst deinen Freund. Nur zwey Worte mein König, und dann mein Lebewohl, meinen Abschiedsgruß! – Ich bin hieher gekommen meinen königlichen Freund zu sehen; aber ich finde ihn nicht mehr. Jenen grossen Eduard kannte ich, dessen Herz der Thron der Menschlichkeit war; dessen Ohr beym Geschrey des Elendes sich herabneigte; dessen Augen von edlen Thränen sanft überflossen, wenn er seine Bürger leiden sah; Fürst, das war ein Mann! So einer kömmt nicht wieder! Er war die Zierde des Thrones, die Säule des Vaterlandes, und die Wollust seiner Völker! – Aber Ach! Er ist todt! – Du kennst denjenigen, der an seine Stelle trat –

Edu. Das ist dein Lieblingston, du veränderst dich nie —

Mars. Ich habe diese standhafte Denkungsart meinem Unglücke zu danken. Wär ich in Weichlichkeit erzogen, vielleicht würde mein Herz verzagt, und meine Seele weibisch. Ich weiß, daß niemand ohne Zittern sich dir nähert; doch ich bin ganz ruhig hieher gekommen, denn ich fürchte nichts, weil ich nichts zu gewinnen, nichts zu verlieren habe. Dieses Leben widmete ich tausendmal deinem Dienste, fast reut es mich –

Edu. Ich dulde deine Kühnheit. Ich will dich hören. Ich will bis zu dir herabsteigen. Was verweisest du deinem König? Denn ein Verweis drückt deine Zunge –

Mars. Wollte Gott, ich könnte itzt dein Lob absingen! Aber zum Schmäuchler bin ich nicht gebohren. Herr, ich verlasse ein kleines Landhäuschen, ich höre rings um mich das Gewinsel der Elenden. Da rufen die Waisen um Brod; dort ringen die Wittwen die Hände; die gedruckte Armuth seufzet in allen Winkeln; ich schleiche bestürzt in deine Burg; ich finde sie entvölkert; die treuen Diener sind vom Dienste geworfen; deine Freunde hast du verscheucht; weise thätige Bürger des Staats hast du des Landes verwiesen; der Patriot segnet weinend sein Vaterland, schüttelt den Staub von den Füssen, und eilet zur Gränze. Alles haßt dich; du hast die Liebe deiner Unterthanen verloren; du bist ein Tyrann einer gekränkten Familie, deren Thränen dich überall anklagen. Hörst du die Klagen deiner Kinder; weist du den Jammer –

Edu. Du sagst mir keine Neuigkeit. Ich habe meine Ausspäher –

Mars. Ausspäher? – Ich weiß nicht, ob die Ausspäher Despoten, oder die Despoten Ausspäher machen! – Im Kriege mögen sie gelten; aber im Frieden – Ein König muß wie ein Vater unter seinen Söhnen leben, sie müssen seinen Segen wie den Thau des Himmels fühlen —

Edu. Wer kann den Pöbel begnügen? Ich giesse meine Wohlthaten willkürlich aus; ich bin wie ein Gott; Er beglücket, wen Er will.

Mars. Alle haben gleiche Ansprüche, gleiches Recht! Du sagst Wohlthaten? – Wohlthaten! Das sind ja die Güter deiner Völker, die dir nur anvertraut sind, um sie mit Billigkeit zu vertheilen.

Edu. Ich bin Herr über meine Eroberungen –

Mars. Die Beute des Glücks, willst du sagen, aber mit wessen Kräften erwarbst du sie? Dein Arm allein? – O fürchte den Eigensinn des Glücks! Sieh, mitten unter deinen Siegesgeprängen geht das Vaterland zu Grunde!

Edu. Geh aus meinen Augen! Ich will dich vergessen –

Mars. Ich vertheidige das Recht der Menschlichkeit –

Edu. Deine Pflicht ist zu schweigen!

Mars. Ich eifre für deine Ehre –

Edu. Es ist schön den Donner, den man schleudern könnte, zurückzuhalten; aber geh meinem Jähzorne aus dem Wege! Eil! Entweich! Mein Bogen ist gespannt! Meine Pfeile –

Mars. Schrecken mich nicht! Denn ich bettle hier nicht um Gnaden. Durchbohr diese Brust, die sich so oft dem Feinde bloßstellte, um dein Leben zu beschützen; es reut mich keine That; aber dein Undank schmerzt mich. Du hast alles vergessen, du bist izt ein liebloser Egoist. Du lebst dir! Die ganze Welt soll dein Fußschemmel werden. Du tritst alles mit Füssen; verachtest alle Menschen, und liebst nur dich selbst! Du vergiessest Menschenblut wie Wasser, um deinen unersättlichen Ehrgeitz zu befriedigen. Du verwandelst die Welt in eine Brandstäte, um deinen Groll an jedem Nachbar zu weiden; aber zittere, es wacht eine Vorsicht, sie wird dich herabstürzen und demüthigen!

Trauerspiel

(Eduard zieht wüthend den Degen, und ersticht den Marsis. Die Wachen eilen herzu, und unterstützen den Sterbenden. Eduard sieht kaum seinen Freund bluten; so schleudert er den Degen weg, und steht versteinert. Plötzlich stürzt er sich in die Arme des Marsis)

Mars.

 
Ich sammle noch mein Fürst, die letzte Kraft,
Um dich als Freund und Unterthan zu segnen –
Ich sterbe –
 

Edu.

 
Sey verflucht du Mörderschwert.
Mein Freund, Du stirbst, ich habe Dich getödtet!
Vergieb mir Theuerster, wenn du vergeben kannst.
Ich bin dein Mörder, ich, der Dir das Leben dankt.
O Undank, schwarze That! Nein, keine Reue tilgt
Verbrechen aus, die unser Herz entehren.
Ich will dein Rächer seyn, ich selbst will mich bestrafen,
Und deine Wunde Freund, mit meinem Tode rächen!
 

(Er faßt den blutigen Degen, um sich zu durchbohren. Marsis sammelt die letzten Kräfte, und entreißt ihm das Schwert.)

Mars.

 
Halt ein, die Thränen sind mir theurer als dein Blut!
Die Thräne, die mein Mund begierig trinkt,
Verwäscht die kleine That, die schon vergessen ist.
Ich sterbe froh, wenn dich mein Tod belehrt.
O kehre schnell zurück, und such die edlen Gleise,
Die deine Tugend stäts mit kühnem Fuß betrat.
Erwähl die Menschlichkeit zur Zierde deines Thrones.
Bereue jeden Tag, den keine grosse That,
Die deiner würdig ist, dir schätzbar macht.
Die Güte muß aus jeder Handlung blicken.
Streck deine milde Hand auf Waisen aus,
Und lächle sanft der armen Wittwe zu.
Erheb die Künste hoch, ermuntre Wissenschaften.
Sey wie ein Gott durch lauter Gnaden groß.
Dann ist mein Blut bezahlt, dann fließt noch Segen
Aus meinem Grab auf Dich! Du wirst geliebt,
Als Mensch geliebt, und angebetet seyn.
Der gute Rath, der mir vom Herzen strömt,
Soll mein Vermächtniß seyn! Nimm hin mein Lebewohl.
Wie heiter, und wie froh ist meine Sterbescene.
Ich nehme Freund, die süsse Hofnung mit,
Mein Vaterland durch dich beglückt zu sehn.
Dieß ist mein Abschiedsgruß. Lebt wohl ihr Bürger!
Ihr Staaten lebet wohl, die meine Jugend sah!
Der letzte Schauer naht – Mein Blut erstarrt –
Auf! – Höher Geist! – Zu Gott! – Zu Gott! – Ich sterbe –
 

Edu.

 
Es ist geschehn! – O That! O schöne That!
Er segnet mich, und lehret seinen Mörder!
Der edle Glanz von seiner Tugend stralt,
Und schleudert mich herab von meiner Höhe!
Wie häßlich schein ich mir! Wie bin ich schwarz!
Gebrandmarkt ist die Hand von seinem Blute.
Ein jedes Laster steht izt vor mir auf,
Und klagt mich an; bang zittert mein Gewissen.
Kehr wieder theurer Freund, O komm zurück!
Von deinem Aug ein Blick bringt Leben in mein Herz.
Ich fühle nichts als Sturm; mein Busen kocht;
Wo soll ich Trost, wo soll ich Hülfe suchen?
Im Grabe nur allein will ich vergessen,
Daß ich ein Mörder bin, der seine Freunde würgt.
 

(Er sucht das Schwerdt; Die Höflinge halten ihn ab.)

 
Laßt mich! Zurück! Ich muß mit Marsis sterben!
 

(Indem er entkräftet auf die Leiche sinkt.)

 
Dieß sey der letzte Kuß, den mir dein blasser Mund
Zum Labsal giebt! Verzeih! Vergieb o Freund!
Die Thränen waschen Dich! Sieh meine Reue;
Nie soll ein Lächeln mehr die Stirne heitern!
Die schwarze Nacht des Grabes soll mich decken,
Und unbeweint will ich vergessen seyn!
 

(Man schleppt ihn gewaltthätig von der Leiche.)

Monolog

(Lusian, indem er einem Höfling nachschreyt.)

Er hat den edlen Marsis getödtet, sagst du? – Bravo! (Er schlägt in die Hände) Bravo Eure Majestät! – Bravo Meister Eduard! – Eine Säule von deiner Universalmonarchie hast du selbst wie ein zweyter Samson eingestürzt, das Dach fällt sicher auf dich, und zermalmet dich und deine Schmäuchler! – Gute Nacht wackerer Marsis! (lacht bitter) Das ist der Dank für so viele Dienste! Sechzig Schlachten hat er mit gefochten; sechzigmal hat er für dich geblutet, undankbarer König! – Soll man diesen gekrönten Ungeheuern dienen? – O wenn ich izt – Mäßige dich Lusian! – Hinunter steigende Galle! – Laß den Verstand siegen! Fort aus diesem Raubneste, wo die Tugend stirbt! – He Dibald! Sattle mein schnellstes Pferd! – Ich will fliegen! Wenn ich nur Flügel hätte – Eduard mag seine unendlichen Kriege selbst ausfechten. Er hat ein hübsches Stück Arbeit! – Hahaha! Kein Lebewohl von ihm! Ich hasse die Eroberer – Fort! Leb wohl du armes Volk – lebt wohl Freunde! – Mein Hohngelächter über Euch verächtlichen Hofschurken!

Laune

 
Flieh Satyr fern von mir, du bist ein loser Bube!
Wie oft jagt ich dich schon aus meiner Stube!
Du schleichst dich immer wieder ein,
Und spielest mir am Hofe tolle Streiche.
Izt soll der Schluß von unsrer Freundschaft seyn,
Weil ich nicht lange mehr im Staube keuche;
Von Städtern fern, und fern von Dir
Will ich mir dort in stillen Buchen
Den ächten Busenfreund, Horazens Nachbar suchen;
Der lacht und scherzt mit mir,
Nicht so wie wir aus weiter Kehle lachten,
Wenn wir uns beide lustig machten.
Wie oft durchwühlten wir das grosse Narrenhaus,
Und zischten die Bewohner aus!
Zuerst bespähten wir die grossen Staatsperücken,
Und fanden selten ein Gehirn.
Dann prüften wir des Höflings hohe Stirn,
Und schätzten sie viel kleiner als die Mücken.
Bey Fräulein suchten wir die keusche Jungferschaft,
Allein sie wohnt nicht mehr in Gold und Taft;
Wie morsch und wie verwelkt sind ihre Herzen!
Mit Weibern pflegten wir zu scherzen;
Wir haben sie ein bischen ausgehöhnt,
Weil jede gern den theuren Gatten krönt;
Sonst sind sie leidliche Geschöpfe.
Dann spürten wir um die gelehrten Köpfe,
Allein wir fanden Rauch und Wind.
Die Schmäuchler, die am Hofe häufig sind,
Verdienen sicher ein Gelächter,
Denn sie vergöttern oft den reichen Pächter;
Ein goldner Pavian scheint ihnen wie ein Gott.
Sie fühlten auch Herr Bruder, unsern Spott.
Die Kriecher wurden nicht verschonet;
Die Gleißner auch mit Streichen reich belohnet.
Mit einem Wort ich prüfte jeden Stand;
Es ist gewiß das ganze hübsche Land
Nichts weiter als des Tespis Karren,
Und stolz im Harlekinsgewand
Spielt jeder seinen Lieblingsnarren.
Izt bin ich endlich ihrer satt.
Ich hasse diese Schellenkappen.
Ich fliehe gähnend Hof und Stadt,
Und suche Menschen ohne Wappen.
Vielleicht schmückt die Natur das Land.
Ich wünsche Mutterwitz, natürlichen Verstand;
Ein gutes Herz, und reine Sitten
Find ich vielleicht in kleinen Hütten;
Und hab ich das, was brauch ich mehr?
Ich schliesse ruhig meine Tage.
Dieß ist, was ich mein Faun, dir sage!
Dieß merk, sonst sprech ich deutlicher.
Zu Zeiten will ich deiner noch gedenken,
Und unsrer Freundschaft Blicke schenken;
Mehr aber Satyr fodre nicht,
Man macht sich Feinde, wenn man sticht.
 
18.Deus ex Machina! Eine Geliebte des Königs rettete das Leben dieses würdigen Mannes. Jedoch ein Dichter sagt so etwas nicht ohne Schwung, er sucht Blumenkränze und arkadische Tändeleyen.