Ein Opa unterm Weihnachtsbaum

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Ein Opa unterm Weihnachtsbaum
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Titel

Impressum

Ein Opa unterm Weihnachtsbaum

Über Petra Schier

Ein Opa unterm Weihnachtsbaum

Novelle

Petra Schier

Impressum

Ein Opa unterm Weihnachtsbaum

Novelle

ePub Edition, Version 2.0

Copyright © 2012 by Petra Schier

Lerchenweg 6, 53506 Heckenbach

www.petra-schier.de

Cover-Design: Judith Kühl

Cover-Abbildung unter Verwendung von Bildern der Plattform fotolia.com

© martina osmy @fotolia.com

© jan engel @fotolia.com

ISBN 978-3-96711-039-5

Alle Rechte vorbehalten.

Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin möglich.

Die Personen und Handlungen im vorliegenden Werk sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Erwähnungen von historischen bzw. realen Ereignissen, realen Personen oder Orten sind rein fiktional.

Ein Opa unterm Weihnachtsbaum

»Nein, Chester! Aus!«

Die drei Worte knallten wie Pistolenschüsse in meine Richtung und warfen mich beinahe um. Im Ernst, die Menschen machen sich keine Vorstellungen davon, wie weh uns Hunden laut kreischende Stimmen tun. Jedenfalls legte ich die Ohren an und ließ auch sofort die kleine Plastikpuppe fallen, die ich gerade auf dem Flurteppich hatte zerbeißen wollen. Dabei sah sie doch fast genauso aus wie die, die Herrchen Thomas mir zum Spielen gegeben hatte. Na gut, diese hier war ein bisschen kleiner und ich hatte sie in der Kiste auf dem Treppenabsatz gefunden. Wo war der Unterschied? In der Kiste lagen noch viele andere Spielsachen.

Frauchen Bettina riss die Plastikfigur an sich.

»Du Schlimmer«, rief sie. »Du hast Josef den Kopf abgebissen. Das geht doch nicht. Wie soll ich denn eine Krippe aufbauen ohne den heiligen Josef? Jetzt muss ich einen neuen besorgen.« Sie schüttelte streng den Kopf. »Noch nie ist mir ein Hund untergekommen, der so viel kaputtmacht. Hätte ich das gewusst …« Sie brachte den Satz nicht zu Ende, sondern warf, als ich sie mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen anstarrte, plötzlich das kopflose Plastikfigürchen beiseite und lachte los.

»Das glaubt mir kein Mensch!«, prustete sie. »Mein Hund hat den heiligen Josef gefressen! Du bist schon ein Schlimmer«, wiederholte sie.

Erleichtert, dass sie nicht mehr diese böse Stimme hatte, legte ich mich hin und zeigte ihr meinen Bauch. Der größte Vertrauensbeweis eines Hundes. Sie kraulte mich ein bisschen und lächelte sogar dabei. Ich liebe es, wenn Menschen mich anlächeln. Vor allem mein Frauchen.

»Du musst endlich aufhören, alles zu zerbeißen, was du findest«, sagte sie, gab mir einen Klaps und ging zurück in die Küche. Den heiligen Josef nahm sie mit. Was soll's. Ich hatte ja nun begriffen, dass ich den nicht haben durfte.

Auf das braune Gummi-Schweinchen hatte ich allerdings auch keine Lust, deshalb folgte ich ihr in die Küche. Möglicherweise gab es dort ja ein Leckerchen für mich.

Nach meiner Erfahrung muss ich in der Küche nur lange genug ausharren, um etwas zugesteckt zu bekommen. Nun ja, Erfahrung ist vielleicht ein wenig übertrieben, denn ich wohne erst seit etwas mehr als einem Monat hier. Vorher war ich im Gefängnis. Tierheim nennen die Menschen das wohl. Dort bin ich zur Welt gekommen und zwei lange Jahre musste ich warten, bis mich meine neue Familie befreit hat.

Es war nicht wirklich schlimm dort, wenn man von den öden Zwingern absieht und von dem Lärm. Immerhin durfte ich einmal am Tag mit einem unserer Wärter auf die Wiese oder in den Park. Aber hier gefällt es mir viel, viel besser. Gleich hinter dem Haus gibt es nämlich einen Garten mit großen Bäumen, die ich regelmäßig markiere. Am hinteren Zaun kann man außerdem herrlich in der Erde buddeln, auch wenn Frauchen das nicht so gerne mag und jedes Mal furchtbar schimpft. Hinter dem Zaun liegen Felder, über die ich mit Herrchen schon oft gerannt bin. Und sogar einen Bach haben wir in der Nähe, den ich manchmal zum Baden benutze.

Für dieses Hundeparadies bin ich meiner Familie sehr dankbar. Und dafür, dass sie die Ersten waren, die mich nicht ausgelacht haben, als sie mich sahen. Ich bin nämlich das, was die Menschen einen Mischling nennen. Mein Vater ist ein Schäferhund, und so sehe ich auch aus. Meine Mutter ist allerdings ein Cockerspaniel und von ihr habe ich nur eines geerbt: die großen Schlappohren. Dafür kann ich doch nun wirklich nichts, oder? Jedenfalls haben sie nicht gelacht, sondern mich auf die lange Fahrt mit in ihr Zuhause genommen. Mein Zuhause. Und weil sie das taten, habe ich beschlossen, der beste Familienhund zu werden. Sie sind jetzt meine Familie, mein Rudel.

***

In der Küche roch es merkwürdig. Süß und köstlich. Kekse! Frauchen war gerade dabei, welche zu backen. Aber da war noch etwas: Tannengeruch. Tannen in der Küche? Am Tisch neben dem Fenster saßen die beiden Kinder der Familie, Max und Maya, und hantierten mit grünen Zweigen. Genauer gesagt hantierte Max damit, denn er war der ältere, schon zehn Jahre alt. Maya war erst vier. Sie patschte ein ums andere Mal mit ihren kleinen Händen auf die Zweige und die bunten Kugeln, die ich dazwischen erspähen konnte. Neugierig, wie ich bin, stellte ich die Vorderpfoten auf Max‘ Stuhl und schnupperte über die Tischkante. Schließlich hatte ich noch nie erlebt, dass der halbe Wald bei uns in der Küche lag. Max lachte.

»Mama, guck mal, Chester will helfen, den Weihnachtsschmuck zu basteln.«

»Runter da, Chester«, rief Frauchen prompt, und ich ließ mich wieder auf den Boden plumpsen. »Helfen will er bestimmt nicht, eher ein Plätzchen abstauben.«

»Will ihm eins geben!«, rief Maya und grapschte erneut über den Tisch, diesmal in den Keksteller.

»Nein!« Frauchen war leider sehr streng. Enttäuscht ließ ich die Ohren hängen und legte Max den Kopf aufs Bein. Er lachte und Frauchen seufzte. »So ein Bettler.« Sie öffnete den Schrank unter der Spüle und holte einen Hundekuchen hervor.

Na bitte, besser als nichts! Während ich ihn unter dem Tisch verspeiste, lauschte ich dem Gespräch der drei, das sich um etwas drehte, dass sich Weihnachten nannte. Dieses Wort hatte ich schon gehört. Im Tierheim wurde uns an dem Tag, den die Wärter Weihnachten nannten, ein besonders leckeres Futter gegeben. Futter, dachte ich, das ist immer gut. Aber aus den Gesprächen erfuhr ich auch, dass es bei Weihnachten anscheinend um mehr als ums Schlemmen ging. Jedenfalls für meine Familie. Da war die Rede von Zweigen – die hatte ich ja schon gesehen –, von Wunschzetteln und Geschenken, von einem Baum und einer Krippe. Was das wohl zu bedeuten hatte? Es hörte sich sehr aufregend an. Bestimmt würde Weihnachten ein großer Spaß werden.

Beinahe wäre ich unterm Tisch eingeschlafen, doch Mayas helle Stimme riss mich wieder aus meinen Träumen.

»Bringt mir der Nikolaus die Minimaus?«

»Das weiß ich nicht«, antwortete Frauchen. »Die Minimaus ist ein großes Geschenk, da braucht der Nikolaus vielleicht ein bisschen Hilfe.«

»Ich will aber die Maus!«

Ich hob den Kopf. Diesen Ton kannte ich. Maya begann zu quengeln. Ich überlegte gerade, ob ich um meiner empfindlichen Ohren willen ins Wohnzimmer auswandern sollte, da schnitt Frauchen ihr bereits das Wort ab.

»Wenn du nicht lieb bist, wird der Nikolaus dir keine Maus bringen.«

»Und wenn ich lieb bin?« Nun klang Maya wieder weitaus ruhiger, aber auch ein bisschen ängstlich. Ich entspannte mich und legte den Kopf auf meine Pfoten.

Frauchen schien am Herd beschäftigt zu sein, denn es dauerte eine Weile, bis sie antwortete.

»Auch dann kann ich dir das nicht versprechen, mein Schatz. Die Minimaus ist ein großes Geschenk, da braucht der Nikolaus eine Menge Hilfe.«

»Und wenn ihm der Knecht Rupet hilft?«

»Knecht Ruprecht heißt das«, warf Max ein und schnaubte. »Der hilft dem Nikolaus nur, die bösen Kinder zu bestrafen, das weißt du doch, du Dummerchen. Der bringt keine Geschenke, sondern eine Rute, mit der er dich dann versohlt.«

»Max!« Frauchen drehte sich zu den Kindern um. »Lass deine Schwester in Ruhe und hilf mir lieber, die Plätzchen in die Dosen zu verteilen.«

»Ich will auch helfen!«, quietschte Maya und zappelte auf ihrem Stuhl.

»Also gut, leg bitte die Schokoladenplätzchen in diese Dose.« Es raschelte und klapperte auf dem Tisch. Wie gerne hätte ich eines von den Plätzchen probiert! Doch da war nichts zu machen. Die Kinder waren bereits eifrig dabei, die süßen Leckereien auf die Dosen zu verteilen. Frauchen ging wieder zum Herd und hantierte an den Knöpfen herum.

»Wir machen gleich noch leckere Karamelbonbons«, verkündete sie. »Ihr dürft abwechselnd rühren, wenn ihr wollt.«

»Ja, ich will, ich will, ich will!«, jubelte Maya, während Max nur brummte: »Nö, keine Lust. Mama, muss ich noch weiter helfen oder kann ich raus gehen? Der Schmuck ist doch jetzt fertig.«

»Na, dann geh mal. Wir schaffen das auch zu zweit, was Maya?« Frauchens Stimme klang belustigt. Max sprang auf und wäre mir beinahe auf den Schwanz getreten. Rasch rollte ich mich unter dem Tisch zusammen, doch da traf mich auch schon eines der Stuhlbeine am Rücken, als Max den Stuhl schwungvoll an den Tisch schob. Ich gab ein empörtes »Wuff!« von mir.

 

»Tschuldigung, Chester«, rief er und stob aus der Küche. Wenig später ging die Haustür.

Eine Zeit lang beobachtete ich Frauchen von meinem Platz aus, wie sie Sahne und Zucker in einen Topf goss. Wenig später entströmte demselben ein herrlicher süßer Duft. Mir lief das Wasser in der Schnauze zusammen.

»Wann darf ich denn rühren?«, fragte Maya und klapperte über mir mit dem Deckel einer Keksdose.

»Gleich, mein Schatz«, antwortete Frauchen. »Sobald ich alle Zutaten im Topf habe.«

In diesem Moment geschah zweierlei: Das Telefon klingelte und die Türglocke schellte. Ich sprang erschrocken auf. Meine Güte, da hatte ich mich derart von den süßen Düften einlullen lassen, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, wie jemand aufs Grundstück gekommen war! Das durfte mir doch nicht passieren. Mit einem extra dunklen und gefährlich klingenden »Wuff! Wuff!« schoss ich unter dem Tisch hervor. Dabei riss ich beinahe einen der Stühle um.

»Ach herrje!«, rief Frauchen und zog rasch den Topf von der heißen Herdplatte. Das Telefon bimmelte weiter. »Maya, bleib mal einen Moment sitzen, ja? Ich bin gleich wieder da.« Frauchen eilte aus der Küche, schnappte sich das Telefon, und während sie zu reden begann, öffnete sie die Haustür. Ich folgte ihr auf dem Fuß. Ein Mann mit einem großen Koffer stand vor der Tür und faselte etwas von Staubsaugern. Ich knurrte ihn grollend an. Er roch so komisch.

»Ruhig, Chester.« Frauchen strich mir kurz über den Kopf. »Was? Nein, da steht ein Vertreter vor der Tür und der Hund hat ihn angeknurrt«, sagte sie ins Telefon und lachte dann. »Na, ich weiß nicht. Einen Einbrecher würde er vielleicht freundlich begrüßen, solange der ein Leckerchen dabei hätte. Ich ruf dich zurück, meine Liebe.«

Frauchen legte das Telefon beiseite und sprach nun mit dem Mann an der Tür. Da er doch keine Bedrohung darstellte, trollte ich mich wieder in die Küche.

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