GLÜHENDER SAND

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Sari: Dan Taylor #4
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
GLÜHENDER SAND
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Glühender Sand
Dan Taylor – Band 4
Rachel Amphlett

übersetzt von Wolfgang Schroeder

© Copyright 2016 Rachel Amphlett

Keine Vervielfältigung oder Weitergabe ohne Genehmigung.

Die Namen, Charaktere und Ereignisse in diesem Buch werden fiktiv verwendet.

Jede Ähnlichkeit mit tatsächlich lebenden oder toten Menschen, Ereignissen oder Orten ist rein zufällig.

Impressum

Deutsche Erstausgabe

Originaltitel: BEHIND THE WIRE

Copyright Gesamtausgabe © 2020 LUZIFER-Verlag

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert

Übersetzung: Wolfgang Schroeder

Lektorat: Astrid Pfister

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2020) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-497-5

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Inhaltsverzeichnis

Glühender Sand

Impressum

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

KAPITEL 23

KAPITEL 24

KAPITEL 25

KAPITEL 26

KAPITEL 27

KAPITEL 28

KAPITEL 29

KAPITEL 30

KAPITEL 31

KAPITEL 32

KAPITEL 33

KAPITEL 34

KAPITEL 35

KAPITEL 36

KAPITEL 37

KAPITEL 38

KAPITEL 39

KAPITEL 40

KAPITEL 41

KAPITEL 42

KAPITEL 43

KAPITEL 44

KAPITEL 45

KAPITEL 46

KAPITEL 47

KAPITEL 48

KAPITEL 49

Danksagung

Über die Autorin

KAPITEL 1

Essaouria, Marokko

Dan Taylor griff nach dem Motorsportmagazin und tippte sich damit als Gruß an den Cafébesitzer gegen die Stirn, dann trat er, ohne zu ahnen, dass er verfolgt wurde, in den heißen nordafrikanischen Sommer hinaus.

Ein kurzes Frösteln durchlief seinen Körper, als dieser sich nach der Kühle in dem klimatisierten Café auf die Hitze einstellte. Die Markise vor dem Café bot nur wenig Schutz, da die Sonne die schmale Straße über die gegenüberliegenden Dächer hinweg in gleißendes Licht tauchte.

Er trat zur Seite, um ein Touristenpaar vorbeizulassen. Beide trugen Surfbretter unterm Arm und ihre amerikanisch klingenden Stimmen wurden rasch leiser, als ihre sonnengebleichten Köpfe in der Menschenmenge, die auf dem Bürgersteig unterwegs war, aus seinem Blickfeld verschwanden.

Eine Frau blieb jetzt auf dem Bürgersteig stehen und öffnete die Tür zu der Bäckerei, die neben dem Café lag, woraufhin der angenehme Duft von frisch zubereiteten Backwaren und Brot die Luft erfüllte.

Dan ließ seine Sonnenbrille auf die Nase rutschen und lief schnell über die belebte Straße auf ein Lebensmittelgeschäft zu.

Er blickte kurz auf seine Uhr.

Er musste innerhalb einer Stunde zurück im Hafen sein, denn wenn er zu spät kam, würde der Mann wieder verschwinden, den er kontaktiert hatte, um ihm eine neue Kraftstoffpumpe für sein Boot zu liefern, und es würde einen weiteren Monat dauern, ihn zur Rückkehr zu überreden.

Er stieß die Ladentür auf und ging auf den einsamen Kühlschrank an der Rückwand des Geschäftes zu, dessen Motor ein Todesröcheln ausstieß, während er einen aussichtslosen Kampf gegen die Sommertemperaturen führte.

Er holte einen Zwei-Liter-Plastikbehälter mit Milch und eine Flasche Wasser heraus und schloss sich der kurzen Schlange am Tresen an.

Die Hafenstadt war zu einem beliebten Anlaufpunkt für ihn geworden; bis vor Kurzem hatte es hier nämlich viel weniger Touristen als in Casablanca oder Fes gegeben, sodass jeder, der nach ihm suchte, in der Menge sofort auffallen würde.

Dan war jedoch kein Glücksspieler, deshalb behielt er, auch während er in der Schlange wartete, die Straße hinter den schmutzigen Scheiben die ganze Zeit über im Blick.

Er hatte in den letzten sechs Monaten einen deutlichen Anstieg der Touristenzahlen festgestellt, was darauf hindeutete, dass mindestens zwei britische Billigfluggesellschaften das kleine marokkanische Hafenstädtchen in ihre regulären Flugpläne aufgenommen hatten, und daher hatte er entschieden, dass es bald an der Zeit war, weiterzuziehen.

Es wäre allerdings zu gefährlich, sich entlang der afrikanischen Küste weiter nach Süden vorzuwagen, vor allem für jemanden, der unter dem Radar zu bleiben versuchte. Stattdessen gefiel ihm die Idee, den Atlantik zu überqueren und während des Sommers die karibischen Inseln zu erkunden. Dan machte sich gedanklich eine Notiz, mit den anderen Bootseignern im Jachthafen darüber zu sprechen. Denn falls ein anderes Boot plante, bald in Richtung Westen zu fahren, würde er versuchen, sich dem Trip anzuschließen.

 

Ein Bus rumpelte vorbei und hielt mehrere Meter hinter dem Laden an. Während er die Straße mit seinen Dieseldämpfen vernebelte, warteten einige Passagiere mit gelangweilten Gesichtern, während sich andere aufrichteten und sich ihre Handys vors Gesicht hielten, in dem Versuch, die Monotonie ihrer Reise zu verdrängen.

Die Bremsen knarrten, der Motor wurde auf Touren gebracht und der Bus fuhr weiter, weshalb Dans Aufmerksamkeit zu dem Mann hinter dem Tresen zurückkehrte.

Er lächelte und hielt die Milch und das Wasser in die Höhe.

»Wie geht es Ihnen, Mr. Dan?« Der Ladenbesitzer grinste und enthüllte dabei einen Mund, in dem drei Vorderzähne fehlten und die restlichen gelb vom Nikotin waren.

»Gut, Farouk.« Dan deutete auf seinen mageren Einkauf. »Heute nur das hier.«

Dan bezahlte, nickte zum Dank kurz und trat dann wieder in die Morgenhitze hinaus.

Der Hafen war fünfzehn Gehminuten vom Lebensmittelgeschäft entfernt, und als er sein Ziel erreichte, floss bereits reichlich Schweiß zwischen seinen Schulterblättern und an seiner Brust hinunter.

Der Wind änderte nun die Richtung und brachte den penetranten Gestank der Fischerboote mit sich, die ein Stück weiter entlang der Sqalas im Fischereihafen lagen – befestigte Uferpromenaden, die zeigten, dass die marokkanischen Herrscher der Hafenstadt vor einigen Jahrzehnten die portugiesische Bauweise übernommen hatten.

Die Boote lagen bereits seit Stunden im Hafen und ihr Fang war schon längst auf den Märkten verkauft worden, doch die Möwen schwebten immer noch auf der Suche nach Fischresten über den Masten herum, während die Netze repariert und die Boote für den nächsten Morgen vorbereitet wurden.

Dan hatte gerade das Eingangstor des Jachthafens erreicht, als das Handy in seiner Tasche zu klingeln anfing.

Er fluchte verhalten und ging in Gedanken schnell alle Drohungen durch, die er dem Ersatzteillieferanten entgegenschleudern würde, falls sich die Lieferung der Kraftstoffpumpe erneut verzögern sollte. Er nahm die Einkaufstüte in die eine Hand und drückte mit der anderen gegen das Stahlgittertor, das zum Betonsteg führte, dann zog er das Handy schnell aus seiner Tasche.

»Hallo?«

Das metallische Scheppern des Tores, als es wieder ins Schloss zurückfiel, übertönte die Stimme des Anrufers, und Dan blickte neugierig auf das Display.

Anrufer unbekannt.

Er versuchte es erneut. »Hallo?«

»Lange nichts mehr von dir gehört, Dan.«

Geschockt ließ er fast das Handy und seinen Einkauf fallen.

Er drehte sich auf den Zehenspitzen einmal im Kreis und beobachtete aufmerksam die Boote, die sich am Steg auf und ab bewegten, bevor er mit zusammengekniffenen Augen das Büro des Hafenmeisters und die Gebäude dahinter überprüfte.

Der Platz war bis auf einen etwa zwölfjährigen Jungen, der am Ufer fischte, verlassen.

»David? Wie zur Hölle bist du an diese Nummer gekommen?«

Seine Gedanken überschlugen sich.

Er war so vorsichtig gewesen, hatte sein altes Leben komplett hinter sich gelassen und war sogar so weit gegangen, sein Boot in Marseille neu registrieren zu lassen, bevor er im Schutz der Dunkelheit über das Mittelmeer bis zur marokkanischen Küste gefahren war.

Danach hatte er den Kopf unten behalten und allen Einheimischen, mit denen er sich seit seiner Ankunft angefreundet hatte, erzählt, dass er ein ehemaliger Exekutivbeamter sei, der von der Hektik in der Stadt die Nase voll gehabt hätte. Jemand, der sich neu orientieren wollte und gerade herauszufinden versuchte, was er in Zukunft mit seinem Leben anstellen sollte.

Mit trockenem Mund umklammerte er das Handy fester.

»Wie zum Teufel hast du mich gefunden?«

»Das erkläre ich dir später. Wir haben ein Problem.«

»Kümmere dich selbst darum. Ich bin im Ruhestand.«

»Wohl eher gelangweilt, oder?«, meinte David Ludlow und in seinem ansonsten ruhigen Tonfall schwang eine Spur Verachtung mit.

Dan stellte die Tüte zwischen seinen Füßen ab, dann richtete er sich auf und kratzte über die Stoppeln auf seiner Wange, während er in seinem Kopf eine angemessene Antwort zu formulieren versuchte.

Doch sein ehemaliger Chef unterbrach seine Gedanken:

»Ich habe einen Job für dich, der umgehend erledigt werden muss und der dich unter Umständen beim neuen Premierminister sogar in einem guten Licht dastehen lassen könnte.«

»Welcher neue Premierminister?«

»Liest du in der Zeitung auch noch etwas anderes als den Sportteil?«

Dan schluckte seine bissige Antwort herunter und stellte stattdessen im Kopf einige Berechnungen an.

»Ich muss auf See gewesen sein, als es passiert ist.«

»Okay.« David klang allerdings nicht überzeugt. »Dann hast du also in den letzten zwei Wochen nur die Fußball-Ergebnisse überprüft?«

»Warte mal kurz.« Dan hielt seine Hand in die Höhe und seufzte dann. »Woher wusstest du, wo du mich finden kannst?«

»Hi, Dan.«

Er schloss die Augen und fluchte. »Mel?«

Die Analytikerin kicherte am anderen Ende der Leitung.

»Verdammter Mist«, rief Dan. »Du hast einen Peilsender an meinem Boot angebracht, nicht wahr?« Er runzelte die Stirn. »Warte mal. Wenn du die ganze Zeit über gewusst hast, wo ich bin, warum bin ich dann nicht längst zurückgeschleift und verhaftet worden?«

»Weil wir niemandem gesagt haben, wo du bist«, antwortete David. »Was mich zu meinem aktuellen Problem bringt.«

»David, ich stehe hier bei über dreißig Grad in der Sonne und die Milch für meinen Kaffee wird gleich zu Butter. Wie schon gesagt, ich bin nicht interessiert.«

Dan beendete den Anruf, griff nach seiner Tüte und ging heftig fluchend in Richtung seines Bootes.

Die gute Laune, die er seit seinem Aufwachen an diesem Morgen verspürt hatte, war schlagartig verschwunden und durch Frustration und eine brodelnde Wut ersetzt worden, weil es für David trotz allem vollkommen in Ordnung war, aus heiterem Himmel anzurufen und seine Hilfe zu verlangen.

»Vergiss es«, murmelte er aufgebracht.

Dan zwang sich zu einem Lächeln und hob zur Begrüßung seine Hand, als er an einer zweiunddreißig Fuß langen Ketch mit Holzrumpf vorbeikam, deren deutsche Besitzer gerade einen gemütlichen Brunch unter einem dunkelblauen Sonnensegel genossen.

Er schluckte mit trockener Kehle, als er sich die Tasse Kaffee vorstellte, die er sich gleich kochen würde, sobald er in die relative Kühle seines eigenen Bootes zurückgekehrt war.

Trotz der Hitze sorgte der Hafen abseits der sich aneinanderdrängenden Gebäude der Stadt nämlich dafür, dass seine Nutzer mehr von den kühlenden Winden des Atlantiks abbekamen.

Er trottete weiter den Steg entlang und versuchte dabei, die Schweißtropfen zu ignorieren, die trotz des Kurzarmhemdes aus Baumwolle zwischen seinen Schulterblättern hinunterliefen. Seine Sandalen bewahrten seine Füße zwar davor, von der heißen Betonoberfläche unter seinen Sohlen verbrannt zu werden, aber diese wurden immer dünner, je weiter der Sommer voranschritt.

Er hielt jetzt am Ende des Steges an, ging in die Hocke und begann das Seil zu lösen, das sein Dingi an Ort und Stelle hielt, während es auf den leichten Wellen schaukelte, die gegen den mit Gummi verkleideten Rumpf des Bootes schwappten.

Er richtete sich auf und zog sich die Baseballmütze tiefer ins Gesicht, während er seine Hand erneut senkte. Doch dann verharrte er plötzlich mitten in der Bewegung.

Sein Boot lag noch ungefähr fünfzig Meter von seinem jetzigen Standort entfernt, aber selbst auf diese Distanz hin, konnte er sehen, wie die Steuerhaustür mit der sanften Bewegung des Bootes im Wasser auf und zu schwang.

Instinktiv griff er in seine Hosentasche und im selben Moment, als seine Finger die Bootsschlüssel berührten, ließ seine andere Hand die Einkaufstüte zu Boden fallen und fasste nach der Pistole, die versteckt unter seinem T-Shirt im Hosenbund steckte.

»Scheiße«, murmelte er leise.

Zuerst ein Anruf von David aus heiterem Himmel, und jetzt das.

Er bewegte sich langsam vorwärts, während er prüfend seinen Blick über die Schiffe gleiten ließ, die diesen Teil des Hafens säumten. Er hatte sein Boot absichtlich an dieser Stelle festgemacht, weil es hier ruhiger lag und vor neugierigen Blicken geschützt war.

Er schaute über seine Schulter zurück.

Die Jacht des deutschen Pärchens lag zu weit entfernt, als dass er sie ansprechen und fragen könnte, ob sie irgendjemanden in der Nähe des Bootes bemerkt hatten, der ihnen verdächtig vorgekommen war.

Allerdings hätten sie ihm bestimmt sofort davon erzählt, als er an ihnen vorbeigegangen war. So etwas machten Bootsbesitzer nämlich. Man verbringt seine Zeit damit, sich von Hafen zu Hafen treiben zu lassen, von Marina zu Marina, und musste dabei oftmals gefährliche Gewässer durchfahren, weshalb passte man aufeinander auf.

Er hatte gerade damit begonnen, sein Dingi zum Einsteigen näher an den Steg heranzuziehen, als ein einzelner weißer Blitz quer durch das Steuerhaus seines Bootes schoss.

Dan warf sich sofort zu Boden, während die Luft um ihn herum in Richtung der Explosion gesaugt wurde, unmittelbar bevor die folgenden Flammen allen verfügbaren Sauerstoff verschlangen und einen tosenden Feuerball ausspien.

Er spürte, wie die Druckwelle über seinen Körper hinwegfegte, und schützte seinen Kopf hastig mit seinen Armen.

Als das Brüllen der Explosion langsam verklang, ging ein Regen aus Holzsplittern und Glasfiberbrocken auf den Steg nieder, der allerdings direkt danach vom tückischen Prasseln der Flammen abgelöst wurde.

Dan hob vorsichtig den Kopf, zog ihn aber sofort wieder ein, als eine zweite Explosion durch die Treibstofftanks fegte.

Scheiße!

Er ging in die Hocke und nachdem er befriedigt festgestellt hatte, dass er sich nichts gebrochen hatte, stand er mit zitternden Knien auf und sah sich den Schaden genauer an.

Es dauerte allerdings nicht lange.

Innerhalb einer Minute begannen die immer noch brennenden Überreste des Bootes, das er einst von seinem Vater geerbt hatte, unter der Wasseroberfläche zu verschwinden.

Als das Klingeln in seinen Ohren ein wenig abgeklungen war, nahm er das Geräusch rennender Füße wahr.

Kampfbereit drehte er sich blitzschnell um, doch dann bemerkte er, dass es lediglich die anderen Bootsbesitzer aus dem Hafen waren, die mit besorgten Gesichtern auf ihn zu gerannt kamen.

Er ließ seine Pistole unauffällig im Hosenbund verschwinden und zerrte sein T-Shirt darüber.

»Dan. Oh mein Gott.« Der Deutsche fuhr sich mit einem betroffenen Gesichtsausdruck durch die Haare, während er auf die qualmenden Überreste des Bootes im Wasser starrte. »Geht es dir gut?«

»Ich bin okay. Danke, Markus.«

»Du bist doch versichert, oder?«

»Ich denke schon«, antwortete Dan, runzelte dann aber die Stirn, als er nachzurechnen versuchte, ob seine Versicherungspolice während seiner Abwesenheit aus dem Vereinigten Königreich vielleicht erloschen sein könnte. »Vielleicht.«

Innerhalb weniger Augenblicke hatte sich eine kleine Menge um ihn herum versammelt, die trotz aller nachdrücklichen Versuche, sie wieder in die relative Sicherheit ihrer eigenen Boote zurückzutreiben, darauf bestand, ihm Ratschläge zu erteilen und ihm Trost zu spenden, sowie im Fall einer reichen amerikanischen Witwe, ihm ein Dach über dem Kopf anzubieten … sogar mit Zusatzleistungen.

Als sein Telefon klingelte, nahm er den Anruf deshalb beinahe erleichtert entgegen und entschuldigte sich bei der Menge.

Er ging ein paar Schritte in Richtung des Hafenmeisterbüros zurück.

»Hallo?«

»Bist du in Ordnung?«, fragte David mit besorgter Stimme.

Dan schluckte die erste Antwort, die ihm in den Sinn kam, herunter und nahm stattdessen einen beruhigenden Atemzug, bevor er sagte:

»Abgesehen davon, dass ich gerade den liebsten Teil meiner Erbschaft verloren habe? Ja, mir geht es gut. Woher wisst ihr überhaupt davon?«

»Feed via Satelliten«, antwortete Mel.

 

Dan drehte sich um und starrte auf das qualmende Durcheinander, das einmal sein Zuhause gewesen war. »Da gibt es wirklich nettere Arten, mich zur Heimkehr zu bewegen und dafür zu sorgen, dass ich wieder für dich arbeite, David.«

»Das waren wir nicht«, antwortete David. »Gibt es vielleicht sonst noch jemanden, den du verarscht hast? Mal abgesehen von der britischen Regierung?«

»Wo soll ich da nur anfangen?«, antwortete Dan, und wusste, dass der Sarkasmus in seiner Stimme David dort erreichen würde, wo auch immer er dieses Mal sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte.

»Okay«, sagte David, »da du ja jetzt obdachlos bist, möchtest du mein Angebot vielleicht noch einmal überdenken?«

»Du verschwendest wirklich keine Zeit, oder?« Dans Blick blieb an der reichen Amerikanerin hängen, die gerade mit dem Finger auf ihn zeigte, ihre Sonnenbrille herunterschob und dann eine Augenbraue hochzog.

Dan schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben, der gerade seinen gesunden Menschenverstand zu verwirren drohte, und begann mit staksenden Schritten den Steg entlangzugehen, weg von dem Desaster, das einmal sein Boot gewesen war. Er nahm seine Sonnenbrille ab und rieb sich die Augen, dann setzte er die Brille wieder auf, wechselte das Telefon in die andere Hand und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar.

»Warum ich, David? Warum jetzt?«

Der andere Mann machte eine kurze Pause und die Stille schien sich über die ganzen Meilen auszudehnen, die zwischen ihnen lagen, bis er schließlich wieder sprach.

»General Collins’ Tochter wird in der von Marokko besetzten Westsahara vermisst.«

»Anna?«

Dan hatte Anna zuletzt vor einigen Jahren gesehen, als diese ihr Abschlussjahr an der Universität von Arizona begonnen hatte. Er erinnerte sich noch gut an die junge, langbeinige Blondine, der es praktisch vorherbestimmt gewesen war, die Herzen ihrer gesamten männlichen Kommilitonen zu brechen.

»Wie … wie geht es dem General?«, fragte er gepresst.

»Er ist mit seiner Weisheit am Ende«, antwortete David. »Angesichts der Art von Freunden, die er hat, und der Menge an Feuerkraft, die ihm zur Verfügung steht, kannst du dir wahrscheinlich selbst ausmalen, warum die Regierung Ihrer Majestät bestrebt ist, zu verhindern, dass er direkt an einer Such- und Rettungsaktion beteiligt ist.«

»Zur Hölle, ja.«

Der General leitete ein hervorragend organisiertes und äußerst leistungsfähiges Team von privaten militärischen Auftragnehmern. Dan hatte keine Ahnung, was David und seine Kollegen dem General versprochen haben könnten, um zu verhindern, dass dieser voller Angriffslust in Afrika auftauchte, aber lange würde es bestimmt nicht so bleiben.

»Weiß er, dass du mit mir redest?«, fragte Dan.

»Du warst sogar seine Idee«, antwortete David trocken. »Eigentlich warst du sogar mehr sein Ultimatum«, fügte er hinzu. »Schafft Dan Taylor dorthin oder ich gehe selbst – ich schätze mal, du verstehst.«

»In Ordnung«, sagte Dan. »Dann lass uns reden.«

»Triff uns in zwanzig Minuten im Argan Hotel«, erwiderte David.

»Ich werde da sein.«

»Großartig«, sagte Mel. »Soll ich schon mal den Wasserkocher anmachen?«

»Sehr komisch.« Dan beendete den Anruf und drängte sich an der kleinen Gruppe von Leuten vorbei, die noch immer auf den Liegeplatz seines Bootes zusteuerten.

Aus der Ferne erklang jetzt das verloren klingende Sirenengeheul des einzigen Feuerwehrfahrzeugs der Stadt.

Ein Mann, den seine Kleidung und die sonnenverbrannte faltige Haut als Einheimischen auswies, hielt seine Hand in die Höhe und stoppte Dan auf seinem Weg.

»Wo ist der Engländer?«

»Das bin ich«, antwortete Dan alarmiert.

Der Mann grinste und hielt ihm einen Karton entgegen.

»Neue Kraftstoffpumpe.« Er strahlte und hielt Dan ein Klemmbrett und einen Stift hin. »Einhundert Dollar, bei Lieferung. Unterschreiben Sie hier.«

Dan blinzelte den Kurier fassungslos an und blickte dann über seine Schulter zum anderen Ende des Steges, wo gerade der letzte Rest seines Bootes in den Wellen versank.

»Ich nehme mal nicht an, dass Sie eine Rückvergütung anbieten, oder?«